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Tawaddud.
Von Josef Horovitz.
In seiner Übersetzung von Ticknors History of Spanish Lite¬
rature i) hat Gayangos gezeigt, dass die in Spanien noch heute vi^S
gelesene Historia de la doncella Teodor eine Nachahmung der
arabischen Geschichte von Tav^addud sei, die jetzt auch eiuen Be¬
standteil von 1001 Nacht bildet-). Die Geschichte verläuft beidemal
so , dass ein in Armut geratener Kaufmann , der eine sehr schöne
und sehr gelehrte Sklavin besitzt, diese — auf ihren eignen Rat
— verkauft. Sie ist sicher ihm so aus der Not zu helfen, da er
ihrer vielen Vorzüge wegen einen hohen Preis erzielen werde. Der
König, dem er sie zum Kauf anbietet, will sich erst davon über¬
zeugen, ob sie wirklich alle Vorzüge, die ihr nachgerühmt werden,
besitzt und lässt sie von mehreren Gelehrten einer eingehenden
Prüfung unterziehen. Sie besteht die Prüfung glänzend nnd der
König schenkt sie, von ihrem Geist und ihrer Schönheit entzückt,
ihrem früheren Herrn zurück. In der arabischen Porm der Ge¬
schichte nehmen die Berichte über das Examen einen sehr breiten
Raum ein und dieser Teil der Erzählung ist in der spanischen Version
völlig umgeändert''). Die älteste Gestalt der Historia hat Knust ■•)
nach einer Handschrift des 15. Jahrhunderts abgedruckt und er
hat auch ausführlich das Verhältnis seine': Textes zu dem der
späteren Drucke besprochen. Aus den Angaben, die Gayangos über
die in seinem Besitze befindliche ^^lVj iü^Lll X.jL\=>^) mai-ht, hat 1) u, 553 ff.
2) Vgl. M. J. Müller in den Sitzungsberichten der bayerischen AkaJi-lic, 1863, II, S. 38—40.
3) Der Passus que desides del yaser con las mugeres (ed. Knust ;)09) ist aus dem arabischen Original beibehalten (ed. Cairo [1302] II, 250), abor etwas umgeändert worden.
4) Mittheilungen aus dem Eskurial 507 — 517.
5) In der Handschrift von Gayangos lautet der N.ime der Heldin ständig j »O^j . Seit Müller nimmt man allgemein au , das spanische teodor sei aus
verlesen; man siolit jetzt, dass im Arabischen selbst der sonst, wie es scheint, uicht vorkommende Name — dass or heute iu Egypten als Titel einer
174 J. Horovitz, Tawatltlwl.
Knust richtig erkannt*), dass dieser (iestalt des arahischen Textes die spanische Version noch näher steht, als der, welche sie in 1001 Nacht
angenommen hat Die f layangos'sche Handschrift befindet sich jetzt '*)
im Besitze der Academia de la historia in Madrid und der Güte
des Herrn F. Oodera verdanke ich einige Auszüge, die es ermög¬
lichen, die Angaben von (iayangos nachzuprüfen und zu erweiteru.
Nach Gayangos ■') wäre die Geschiehte verfasst von Abu Bequer el
warrac, celebre escritor del segundo siglo de la hegira y autor de
lll ros cuentos y tratados por el mismo estilo; in der Handschrift
beisst es nur"*) |.LixP ^-yc olj^j-i jX-J j-ji i^'j und woher Gayangos
seine Angaben über das Zeitalter des Erzählers genommen hat, weiss
ich nicht. Von den übrigen Handschriften unserer Geschichte gelien
— soweit ich sehe — zwei den Isnäd an: in der Gothaer") lautet
er ,»A>tjj! ^y> ^^-i^ ^ y=^. j-?' i-:
(!) ^^^LJl und in der Cambridger") ^ CT*^/'' J-:'
^^jUaJ! »nd möglicherweise') ist der erste Name aus dem
des ^ OjLÜ. ^ CT*^J^' er? J^' ^"^standen, der
94 H. in Medina gestorben isf"). Natürlich ist dieser nicht der
Verfasser der (beschichte , die ei'st in viel späterer Zeit entstanden
sein kann. Ich glaube, dass die grosse Holle, die IbrähTm Ibn Sajjär
Zeitschrift benutzt wird, ist auf Hekanntschaft mit unserer Erzählung zurück¬
zuführen — schon die.se Umänderung sich hat gefallen lassen mUssen.
1) ib. CI3/14.
'2) Nach freundlicher Mitteilung des Direktors dor Madrider Bibliotecn n.nciiinal.
3) ib. S. 557.
4) Uie Handschrift beginnt: ^. ,i'~~» Loj j»->^' xj^LIS. äj^s»
lXaÄjJI ^.,j5jLS> 'iyi^S^. ^Uäii!; ^^jÄwbUjl^ («.sm %A LiijiA»-, dann;
AA^iiy? ^.,^5^1? ÄsbLs. ^5 ^.,1/ ^Mi iJl ^LiJ» ^ ol^jJ!
«J! *j o^.f^ -L^i J^y>^ j*'^ i'^ cri)'^^**'' er* J^'*^'
Uj, ^JiiXÄctj CJ"*^ ^^"^ oJl^j in^-r*
Ls» l^A-g v3 ty^**^ '^4; i^'^ii' &-:^Vl^ .^UJ.
-J! IJoJoi.
i.
5) Pertsch, Arab. Handscbr. I, 166/67.
C) Browne, Handlist 151; beide Handsehriften enthalten die spätere Form,
wie sie in 1001 Nacht vorliegt. Mr. Browne hatte die Güte mir über die
Cambridger Handschrift nähere Mitteilungen zu machen.
7) VVie Herr Prof. do Goeje vermutet.
8) Siehe Ibn Qutaibä, Ma'ärif, ed. Wüstenfeld, S 144, Index zu Tabari.
J. Horovitz, Tawiuldud. 175
an-Nazzam in der Erzählung spielt'), einen Schluss auf ihre Ent¬
stehungszeit gestattet. Dieser, den iJas'üdi"), Sahrastäni ■) und Ibn
Hallikän*) als hervorragenden mu'tazilitischen Dogmatiker erwähnen,
lebte noch unter Mu'tasiui und soll 231 gestorben sein. Die tre-
schichte wird also in der Mitte oder am Ende des dritten Jahr¬
hunderts entstanden sein , als sein Name noch in weiteren Kreisen
bekannt war.
Wenn man die Geschichte in 1001 Nacht liest, könnte m.m
auf die Meinung kommen, sie sei in Ägypten entstanden, weil
koptische Monatsnamen erwähnt werden;") diese Namen sind aber
erst bei einer späteren Umarbeitung hinzugekommen , die ältere
Recension kennt sie noch nicht.
Noch auf eine andere , nicht uninteressante Verschiedenheit
zwischen den beiden arabischen Recensionen möchte ich aufmerksam
niachen. In 1001 Nacht richtet IbrähTm an Tawaddud die Frage
Jjtl' r' (j^' ""^ damit eine Falle stellen , da
sie in Gegenwart des Chalifen dessen Stammvater nicht zurücksetzen
konnte. In der Gayangos'schen Handschrift ist von 'Abbäs gar
nicbt die Rede , sondern Tawaddud soll nur ttber die Vorzüge des
'AlT und seiner Söhne Hasan und Husain Auskunft geben. ')
Ausser der Gayangos'schen Handschrift scheint keine der in
europäischen Bibliotheken aufbewahrten Handschriften die fleschichte
in ihrer älteren Gestalt zu enthalten. Die Gothaer und Cambridger,
von denen ich es nach dem Isnäd zuerst vermutete, weichen inhalt¬
lich nicht von der Form, die 1001 Nacht bietet, ab, wenn auch
natttrlich in Einzelheiten diese wie alle anderen Handschriften unter¬
einander zahlreiche Varianten zeigen.
1) Er ist der einzige Esaminator, der mit Namen genannt wird, aucli in der spanischen Version, die ihn als Abrahen el trobador kenut. Trobador ist ofl'enbar 'Übersetzung von |.LL3.
2) Murög ail-dahab, Pariser Ausg., VII, 371/72; vgl. VIII, 35, 30l'und 415.
3) ed. Cureton 1, 18. 4) I, 184 {Übers, von Slane).
5) ed. Cairo II, 252. 6) ed. Cairo II, 256.
7) Der Passus lautet: v^LL) ^\ . iS'j^ ^
,^y^ 2uyol j Us ^Ji^.J^^ oU^s»! L^* o^Lä . . . ^yjijjl
Litteraturen vgl. die Nachweise von Chauvin, Tawaddoude (Extrait de la revue
„Le mouvement" 1899).
unserer Geschichte in den orientalischen
176
Sähnäme 64, 48.
Von Paul Horn.
Das erste Mivrä" des Verses 64, 48 in VuUers' §ähnäme-Ausgabe
ist so , wie es dasteht , unmöglich , nur die in der Pussnote mit¬
geteilte Erleichterung der Perhenge giebt an sich einen Sinn. Näm¬
lich- „Deren (Pire^ün's Residenz Tammäsa's) Namen man auch Küs
nennt, doch weiss man ausser diesem Namen nichts Weiteres von
ihr". Die diese Erklärung stützende Angabe der Perhenge, Küs
(oder Küsän) sei eine Stadt in Mäzenderän, ist — wie öfter — erst
aus dem misshandelten Verse erschlossen, dessen ursprüngliche Gestalt
sich noch aus der von Vullers ganz ehrlich mitgeteilten Fassung
ij^j^ vM^^ L>'ii' erkennen lässt. Nämlich: L^i'
^jij.i^.j5>- ß, d. i. 0raetaona's als gar cahar-gdS
getreu ins Neupersische umgesetzter varana c.a&ru. gaosa , von
dem schon das Awesta nichts weiter als den Namen weiss. Leider
ersah ich nachträglich aus Justi's Handbuch unter varena, dass die
Emendation nur halb neu ist, da andere bereits ^ji^i erkannt haben ;
immerhin ist aber die wichtige Stelle erst .jetzt klargestellt.
Im äähnäme harren noch manche Verschreibungen ihrer Kor¬
rektur. So ist der »yi^lj (258, 266) der Räwak des Bund. 12, 35;
ijj.l oder (C. li.v, 1 v. u. ff.) ist eine Pahlawiverlesung aus
And&y d. i. Antiochia, das sonst als ^.JiXjl (statt Andek) erscheint
(lifl, 4 v. u.). sLs^i> (281, 35 u. ö.) steht statt ^.,Uy> (in
Bochärä), der mehrmalige ist natürlich stets der östliche Terek.
Die Stadt S±t^ in des Inderkönigs Keid Reiche (1823, 270) ist
Bcrüni's die f^^^i, über die Marquart, EränSahr 65 Anm. 1
Näheres in Aussicht stellt, sind mehrmals zu Balucen geworden
(ausser tft^r, 8 — vgl. Nöldeke, Tabari-Übersetzung 157 Anm. 3 —
anch itlf, 8 und Iv.,n, 6 v. u.). Die Pahlawiverlesung Loa* aus
Amid (nil, 1) ist wegen der Umsetzung von -md- in -nd- inter¬
essant. Pür das vom letzten Achaemeniden Därä erbaute J^yjj
(1784, 23), „über das man sich in Chüzistän freute", möchte ich
die Änderung .Ii^JjO» vorschlagen, das nach Jäqüt allerdings erst
von Ardasu- I herrührt.