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Das syrische Alte Testament
der Londoner Bibelgesellschaft.
Von Eberhard Nestle.
Diese im Jahre 1823 veröflFentlichte Ausgabe — andere Exem¬
plare mit lateinischem Titel haben die Jahreszahl 1824; s. S. 18
meiner Litteratura syriaca Nr. 7 — ist gegenwärtig so gesucht,
daß sie meist zu 30 M. ausgeboten wird. Um so mehr sind Bücher¬
liebhaber darauf hinzuweisen, was ich auch erst allerneuestens
gelemt habe, daß es zweierlei Exemplare dieses Druckes
gibt: die ursprünglichen, welche den 151. Psalm mit¬
enthalten, und geänderte, in welchen dieser entfernt ist und
die Seiten 449—452 = Signatur 5 V neugedruckt sind. An der
Parbe des Ersatzpapiers und dem Pehlen der Zahl „151" in der
Überschrift der S. 450 und von „Ps. 151" auf S. 451 können auch
Bibliothekare und Buchhändler, welche des Syrischen nicht kundig
sind, leicht sehen, ob sie ein ursprüngliches oder ein geändertes
Exemplar vor sich haben. Weiter wird sich wohl in den ursprüng¬
lichen Exemplaren am Schluß — der Text endigt auf ,8 E*
S. 705, letzte Seite weiß — oder vorne noch ein Blatt ,a 3"
finden mit der syrischen Bemerkung in 6 Zeilen:
„Wisse, Bruder in Christus, daß unsere Brüder, auf deren
Kosten dieses Buch des A. T.s gedruckt ist, das Gesetz haben,
nur die heiligen Bücher zu drucken, welche in den hebräischen
Handschriften sich finden. Deswegen findest du die Bücher nicht,
welche aus dem Griechischen übersetzt sind und in den Exem¬
plaren der Peschito (J^,.jt3j) sol) geschrieben sind. Und wenn
du einen Fehler findest in diesem Buch , so bitten wir von dir,
daß du ihn verbesserst und Nachsicht habest mit unserer Schwäche.
Folgt die Tafel, auf welcher sich alle Seiten finden, auf welchen
die Anfänge der Bücher stehen, die in diesem heiligen Buch
gedruckt sind."
Darunter noch einmal die genannte Liste, wie vome auf Bl. a 2.
Das Blatt a 3 gehört also an den Anfang. In meinem Exemplar,
das dem Herausgeber gehörte und seinen Eintrag ,S. Lee Aug. 9.
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32 Nestle, Das syrische Alte Testament.
1823 Londini' trägt, ist es hinten angebunden. Bei dieser Gelegen¬
heit sei darauf hingewiesen, daß das Buch trotz seines Formats
eigentlich Folio ist, je 4 Seiten bilden einen Bogen. Der Text
beginnt mit Signatur B, A fehlt, als für den Titel vorbehalten.
Wann diese Änderung vorgenommen wurde, weiß ich noch
nicht, wahrscheinlich aber sehr bald nach Ausgabe des Buchs. Denn
fast gleichzeitig ist dieselbe Änderung auch in der Separatausgabe
des syrischen Psalters vorgenommen worden , welchen die Gesell¬
schaft 1822 veröffentlichte. In meiner Litteratura habe ich die
beiden Ausgaben S. 19 unter Nr. 19 und 20 verzeichnet
19. . . . 1822 [pp. 251 cum ps. 151.]
20. . . . 1825 [pp. 249].
Hier ist also gleichzeitig das Titelblatt neugedruckt worden ;
denn sonst sind, soweit ich sehe, die Ausgaben identisch.
Mit dem 151. Psalm ist an beiden Orten auch die ihm voran¬
gehende Schlußschrift zum Psalter weggefallen:
,Zu Ende sind die 160 Psalmen; 5 Bücher; 15 Stationen;
60 Doxologieu; Worte aber 4832. Es gibt Leute, welche 12
andere hinzufügen. Wir brauchen sie nicht. Gott sei Lob in
Beständigkeit.'
Es ist schmerzlich zu denken, wieviel Geld dieser unschuldige 151. Psalm gekostet hat, d. h. die puritanische Ängstlichkeit, welche
ihn nicht mehr in der Bibel dulden wollte. Noch teurer kam der
englischen Bibelgesellschaft ihr syrisches N.T. von 1816, gegen
dessen unschuldige liturgische Bemerkungen die Trinitarische Bibel¬
gesellschaft noch im Jahr 1874 den in meiner Litteratura S. 23
unter Nr. 61 verzeichneten Kampf eröffnete.
Eine Monographie über den 151. Psalm wäre eine um so
dankenswertere Aufgabe, als Kautzsch ihn bei seinen alttestament¬
lichen Apokryphen vollständig vergessen zu haben scheint.
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Zur Inschrift des Mesa'.
Von Franz Praetorius.
In dem auf Zl. 7 mit ■'iny beginnenden Satze wird das
zweite Verbum, ai23''l (Zl. 8), allgemein als aTsn gedeutet: „Und
^Omri nabm das ganze (?) Land Medeba ein und wohnte darin
seine Tage und die Hälfte der Tage seines Sohnes, vierzig Jahre
lang'. Nehmen wir (wie in obiger Übersetzung) 'Omri als Subjekt
von att3"'T, so müssen wir uns mit einem unerhört schiefen Ausdruck
des beabsichtigten Gedankens abfinden ; nehmen wir aber Israel als
Subjekt von aci, so entsteht eine nicht minder unerträgliche Härte
und Unverständlicbkeit des Ausdrucks. Aus dieser Altemative ist
man bisher nicht herausgekommen.
Ich glaube , die Stelle deutet mit großer Wahrscheinlich! 'i
darauf hin, daß hier Terminus technicus ist: a-min „(eine
Besatzung) hineinlegen", pass, aiäirt; vielleicht auch a;ä^ „drinliegen
(von einer Besatzung)". Also: „Und 'Omri nahm das ganze (?)
Land Medeba ein und legte eine Besatzung hinein (aci'l) seine
Tage und die Hälfte der Tage seines Sohues, vierzig Jahre lang".
Die auch hier noch fühlbare, wenn auch wesentlich gemilderte
Schiefheit des Ausdrucks schwindet vollständig, sobald wir das
Passivum lesen : ,. . . und es ward eine Besatzung hineingelegt
(a«ji"i) seine Tage und die Hälfte der Tage seines Sohnes, vierzig Jahre lang". Oder auch: „und es lag eine Besatzung darin (ac;;])'.
Auch in dem auf Zl. 18 mit bNIC "pm beginnenden Satze
möchte ich lesen attäi"] (Zl. 19): „Und der König von Israel baute Yahas und legte eine Besatzung hinein bei seinem Kampfe mit mir."
Trotz des Suffixes in dem nun folgenden nisnaii.
In diesen beiden Stellen, in denen Me§a' von israelitischen
Königen spricht, bedient er sich des kurzgefaßten aci, ohne die
Besatzung näher zu bezeichnen. Anders, wo er von sich redet.
Nämlich Zl. 13: „ und ich legte als Besatzung hinein die Männer
•)-na und die Männer n'nntt".
Eines andern Ausdruckes bedient sich Mgsa' in dem Zl. 19 a. E.
mit aNai2 npNl beginnenden Satze. „Und ich nahm aus Moab
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