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(1)Von Ernst Dämmann, Hamburg' Die Demonstrativa in den Bantusprachen erscheinen als Nomina xmd als Adverba

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(1)

Von Ernst Dämmann, Hamburg'

Die Demonstrativa in den Bantusprachen erscheinen als Nomina xmd

als Adverba. Letztere sind aber in der Regel der Bildung nach auch

Nomina und als solche noch kenntlich. Dadurch erübrigt sich im fol¬

genden die Unterscheidung zwischen Demonstrativpronomen und

Demonstrativadverb .

Bei der Bildung der Demonstrativpronomina spielt der sogenannte

Pronominalstamm eine entscheidende Rolle. In einigen Sprachen be¬

sitzt dieser von sich aus eine demonstrative Kraft, so daß er zum

Ausdruck des demonstrativen Verhältnisses gebraucht wird, z. B. im

Duala Kl. 2 bä, Kl. 3 mü. Kl. 5 di. Zuweilen verbindet sich der als

adjektivisches Demonstrativum gebrauchte Pronominalstamm so eng

mit dem vorangehenden Substantiv, daß er enklitisch wird, z. B. im

Matumbi (Ostafrika) Kl. 1 -yu, Kl. 2 -ba. Diese Art der Identität

zwischen Pronominalstamm und Demonstrativum ist allerdings selten,

außerdem kann sie ja stets nur ein Demonstrativverhältnis wieder¬

geben, während wohl fast ahe Bantusprachen mindestens zwei, oft

drei, zuweilen noch mehr Demonstrativverhältnisse kennen.

Da somit der Pronominalstamm allein nicht ausreicht, treten Er¬

weiterungen durch Affixe ein. Diese erscheinen als Prä- bzw. Suffixe,

z. B. als Präfix im Zulu Kl. 5 Mi (< *la ili), als Suffix im Suaheli

Kl. 5 nie, in kombinierter Form als Prä- und Suffix im Zulu Kl. 5

Idiyd. Der Ausdruck Präfix scheint mir in diesem Zusammenhang

etwas ungeschickt zu sein, da sich ihm zu sehr die Vorstellung der

Nominalpräfixe assoziiert. Ich schlage daher vor, ihn im folgenden

dmch die Bezeichnung Präformativ zu ersetzen.

Die Präformative lassen sich auf Grund der Bantulautgesetze auf

einige wenige Formen des Urbantu zurückführen. Die hauptsächlichsten

sind la, ya, yi, ti, ka sowie ein nasalhaltiges Präformativ. Dies erscheint

als reiner Nasal ohne Vokal sowie als ni und na. Es scheint aber nicht

möglich zu sein, alle nasalhaltigen Präformative auf eine Grundform

zurückzuführen. Einige Sonderheiten in Einzelsprachen bieten Schwie¬

rigkeiten. Dazu gehört im Makua das für alle Klassen von Kl. 2 an

gebräuchliche Präformativ pi. Die einfachste Erklärung ist dabei, es

dmch einen allerdings nicht erklärlichen Lautwandel auf *ti zmück-

' Dieser Aufsatz ist die um Weniges erweiterte Form eines Referates auf

dem Deutschen Orientalistentag in Marbmg 1950.

(2)

Das Demonstrativ in Bantu-Sprachen 639

zuführen, das in dem Präformativ thi von Kl. 1 erscheint. Das Prä¬

formativ u- im Makonde bildet ebenfalls eine Sonderheit. Da es zur

"Verstärkung gebraucht wird, sehe ich darin den Rest des Pronominal¬

stammes von Kl. 1. Durch die dadmch erfolgende Personifizierung

wird die Verstärkung bewirkt'.

Um den Werdegang der dmch die Präformative gebildeten Formen

zu verdeutlichen, wähle ich die Bildungen mit *ti. Man geht wohl nicht

fehl zu postulieren, daß dies Wort ursprünglich eine selbständige

Partikel gewesen ist und zum Ausdruck eines lokalen Hinweises gedient

hat. Als solche dürfte das Infix -s- des Zulu anzusehen sein, das unter

gewissen Bedingungen vor Lokativen erscheint, z. B. yisendlini ,,es ist

im Hause" < *yi — « — endlini. Es hat nie einen eigenen Vokal, da es

nur vor Lokativen mit anlautendem e oder o angewandt wird. Im

jetzigen Zulu scheint das Infix keine selbständige Bedeutung zu be¬

sitzen, was daraus hervorgeht, daß es bei zwei koordinierten Sub¬

stantiven nur im zweiten Gliede steht, z. B. endlini nasoßala ,,im Hause

und im Freien". Sein jetzt zwar formelhafter Gebrauch weist aber auf

eine ursprüngliche Bedeutung ,,da, dort" hin. Obiges Beispiel yise¬

ndlini wäre dann wörtlich zu übersetzen ,,es ist da im Hause". Im

Pedi führen Si, im Südsotho se, im Venda asi'^, die zum Ausdruck

der lokaldemonstrativen Kopula dienen, auf das gleiche *ti zurück.

Dieselbe Wmzel begegnet nun als Präformativ besonders in ost¬

afrikanischen Sprachen. Im Bonde und Zigula finden sich Wen-

dimgen wie Kl. 1 suyu^ ,,da ist er". Kl. 6 saya bzw. sayo „da sind sie".

Nach den Bantulautgesetzen steckt im ersten Bestandteil dieser Bil¬

dungen *ti, dessen Vokal sich jeweils dem des Pronominalstammes

assimiliert hat. Die so gebildeten Formen werden in den erwähnten

Sprachen nur beim Jagen bzw. Verfolgen von Mensch und Tier ge¬

braucht. Aber gerade in diesen Zusammenhang paßt die oben an¬

genommene Funktion von *ti hinein, einen lokalen Hinweis aus¬

zudrücken. Unbeschränkt in der Bedeutung und als demonstratives

Pronomen — nicht mehr zur Bildung eines demonstrativen Satzes —

findet sich *tt im alten Suaheli z. B. Kl. I suyu. Kl. 2 sawa. Kl. 9

siyo, dem im jetzigen Suaheli huyu, hawa und hiyo entsprechen. Mit

* Eingehend werden alle diesbezüglichen Fragen in meinem Aufsatz

,,Die Präformative der Demonstrativa in Bantusprachen" behandelt, der

in der ,, Zeitschrift für Eingeborenen-Sprachen" erscheinen wird und in

dem nähere I>iteraturangaben erfolgen.

^ Diese Form dürfte auf B. yaii zurückgehen. Sie enthält also zwei

Elemente, die auch gesondert als Präformative erscheinen.

' Ich habe zwar nur die Form suyo, welche die sog. zweite Demonstrativ¬

reihe kennzeichnet, gefunden. Aber man geht wohl nicht fehl, entsprechend der Analogie von Kl. ß {saya, aayo) die Form suyu als vorhanden anzunehmen.

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diesem anlautenden h begegnet das Präformativ dann z. B. im Digo

Nika und Pokomo, ohne daß überall eine Assimilation des Vokals

der ersten Silbe erfolgt. In Westafrika hat es im Noho und im Benga

in dem Präformativ te seine Spuren hinterlassen.

In ähnlicher Weise könnte man versuchen, die anderen, oben er¬

wähnten ursprünglichen Formen *la, *ya, *yi und *ka sowie die nasalen

Formantien in ihrem Werdegang zu verfolgen. Besonders bei *ya und

*ni läßt sich eine selbständige Bedeutung konstatieren, während sie

z. B. bei *la zu postulieren ist.

Wir sahen im B o n d e und Z i g u 1 a , daß die Demonstrativa mancher¬

orts als lokative Kopula fungieren, d.h. also, daß das lokative Verhältnis

einen Satz darstellt. Es entsteht nun die Frage, ob msprünglich alle

Demonstrativbildungen auf Sätze zurückgehen. Es würde dann eine

Wendung des Suaheli wie hiki kikapu auf ursprüngliches *tt ki kikapu

zmückzuführen sein und als ,,da er (der) Bastkorb" = ,,da (ist) er (der)

Bastkorb" wiedergegeben werden können. Dabei mag die Frage offen

bleiben, ob das in dieser konstruierten Form alleinstehende ki von

Anfang an vorhanden war oder ob es erst später unter einer Tendenz

zm Kongruenz hinzugetreten ist. Wenn auch heute im Suaheli das

Demonstrativ in der Regel dem Substantiv folgt, so ist seine Voran¬

stellung doch dmchaus möglich. Wann an die Stelle des kopulativen

Verständnisses das attributive getreten ist, d. h. also wann aus ,,da er

(der) Bastkorb" ,,der Bastkorb" (= dieser Bastkorb) geworden ist,

dürfte sich nicht mehr feststellen lassen. Daß die Entwicklung aber

diesen Weg gegangen ist, scheint mir in hohem Maße wahrscheinlich

zu sein. Sie ist dann äußerlich zum Abschluß gekommen, wenn das

Demonstrativ grundsätzlich nach dem Substantiv erscheint.

Nun genügt es aber wohl keiner Sprache, nur eine, der Natur nach

dann sehr allgemein verstandene Demonstrativbezeichnung zu besitzen.

Die Umwelt des Sprechers ist so mannigfaltig, daß zur Vermeidung von

Mißverständnissen eine genaue Bezeichnung der demonstrativen Be¬

ziehungen nötig wird. Dabei mag in der einen Sprache das Gewicht auf

die Entfernung, in einer andern darauf gelegt werden, ob von der be¬

treffenden Person oder Sache bereits vorher gesprochen wmde. In

diesen Zusammenhang gehört auch die sogenannte Korrelation zu den

drei Personen. Diese demonstrativen Differenzienmgcn werden in den

Bantusprachen im allgemeinen nicht durch die Präformative, sondern

durch Suffixe zum Ausdruck gebracht. Bei diesen Bildungen bleiben

die Präformative in einigen oder gar in allen Reihen erhalten, vgl. im

Suaheli Kl. 5 hili, hilo, lile, wo in den beiden ersten Formen *ti steckt,

oder im Zulu Kl. 5 leli, lelo, leliyd, deren erster Bestandteil jeweils

msprüngliches *la enthält.

(4)

Das Demonstrativ in Bantu-Sprachen 641

Die Suffixe sind morphologisch mit einigen der erwähnten Prä¬

formative identisch. Die dritte Reihe des Zulu mit dem Suffix -ya

weist auf eine Urbantuform *ya. In anderen Bantusprachen treffen

wir die Suffixe -la, -lya\ -le, -ra, -da, -dya, -dja, vgl. Kl. 2 im Asu vala,

im Lamba walya, im Suaheli wale, im Digo hara, im Bonde vxida,

im Zigula wadya, im Zaramo wadja^. In allen diesen Suffixen ist

msprüngliches *la enthalten. Nasalhaltige Suffixe erscheinen in vielen

Sprachen ; weit verbreitet ist unter ihnen -no, z. B. im Digo Kl. 2 hano,

Kl. 5 rino. Demgegenüber scheint es in keiner Bantusprache Suffix-

bildxmgen mit *ti zu geben. Auch Bildungen mit ursprünglichem *yi

scheinen nicht oder nur in sehr geringer Anzahl vorhanden zu sein.

Jedenfalls berechtigen weder Formen des Herero wie Kl. 1 ingui.

Kl. 12 isui oder Formen des Beo wie Kl. 2 bi. Kl. 14 bwi noch das

Suffix -iko des Ntomba ohne nähere Untersuchung zm Annahme von

suffigiertem ursprünglichem *yi.

Es erhebt sich nun die Frage, warum einige Präformative in vielen

Sprachen als Suffixe erscheinen bzw. in Suffixen enthalten sind,

während andere nur als Präformative dienen. Meines Erachtens erklärt

sich dieser Unterschied daraus, daß *ti und *yi eine enge Verbindung

mit dem Pronominalstamm eingegangen sind, die als psychologische

und morphologische Einheit empfunden wurde. Gerade bei diesen

beiden Formen sind die Konsonanten starkem Wechsel unterworfen.

In *ti verändert sich in Ost- und Südafrika der anlautende Konsonant

imter dem Einfluß des sogenannten schweren t, und y ist sowieso einer

der flüchtigsten Laute der Bantusprachen. Aus diesen Gründen mag

früh die Selbständigkeit der beiden Partikeln geschwunden sein, und

sie standen somit nicht mehr zur Verfügung, als die Suffixbildung an

den Demonstrativen einsetzte.

Die Suffixe der Demonstrativa gehen nun aber nicht nm auf m-

sprüngliche Präformative zurück. Es finden sich in ihnen auch neue

Bildungen. Dazu gehört vor allem das Suffix -o, das weiter verbreitet

ist als irgendein anderes Suffix und das anscheinend nur im Nord¬

westen des Bantusprachgebietes fehlt, vgl. Suaheli Kl. 2 hao. Kl. 5

hilo. Man könnte einwenden, daß in einigen Bantusprachen auch ein

Präformativ o- besteht, z. B. im Umbundu oder im Yombe. An

anderer Stelle habe ich aber darauf hingewiesen, daß dies Präformativ

entweder aus a u (letztes = sogenanntem Vorschlagsvokal oder

Artikel) oder sekundär aus a bzw. *ya entstanden ist. Es ist also nicht

msprünglich und ist nicht mit dem Suffix -o identisch.

Im Frühstadium der Bantusprachen ist bekanntlich der Laut o nicht

vorhanden gewesen, sondern er ist erst später durch Kontraktion ent-

^ ly ist Schreibung für palatales l. ' So nach Analogie erschlossen.

(5)

standen. Man würde dann auf eine Form *au liommen, die besser auf

ursprüngliches *yayu zurückgeführt wird. Man könnte diese Bildung

dann als eine sogenannte genitivische Verbindung auffassen und dem

ursprünglichen Possessivum der 2. Person gleichsetzen, cf. im Suaheli

die alte Form mkeo ,, deine Ehefrau". Dem oben erwähnten Suaheli¬

beispiel kikapu hiki entspricht mit dem Suffix -o die Wendung kikapu

hicho. Letzteres würde zurückzuführen sein auf Hi ki ya yu > *ti ki

au > */i ki o. Dabei ist es in diesem Zusammenhang belanglos, wann

*tt zu *si bzw. hi wmde. B. tt ki ya yu würde bedeuten ,,da er sein

(= esse) du" = ,,da er von du". Es drückt also das Demonstrativ mit

dem Suffix -o die Beziehung zm 2. Person aus. Zu dieser sprachlichen

Konstruktion stimmt treffend, daß die Bedeutung der so gebildeten

Pronomina ist, auf etwas Erwähntes, Bekanntes hinzuweisen, über das

der Angeredete schon im Bilde ist. Man sieht, daß sich hier die viel

erörterte Frage der Korrelation der Demonstrativa zu den drei Personen

auch in den Bantusprachen erhebt', auf die später eingegangen wird.

Nicht immer lassen sich die Suffixe in ihrem Werdegang und ihrer

Bedeutung so klar erkennen wie in diesem Falle. So haben z. B. -sa

im Soli (Rhodesien) und -so im Nkundo (Kongo) noch keine be¬

friedigende Erklärung gefunden.

Schließlich sei erwähnt, daß auch Zusammensetzungen von mehreren

Suffixen erscheinen, z. B. im Zulu, wo neben -ya auch -yana suffigiert

wird.

Es wurde oben bemerkt, daß vor allem die Suffixe zur Differen¬

zierung der demonstrativen Vorstellung dienen. Dabei erhebt sich jetzt

die Frage, in welcher Weise diese Differenzierung erfolgt. Eine Über¬

sicht über die Bantusprachen in ihrer jetzigen Form ergibt, daß min¬

destens jetzt kein alle umfassendes System vorwaltet.

In den klassischen Sprachen haben wir eine dreifache Differen¬

zierung, lat. hic, iste, ille, die wir als drei Stufen oder Reihen bezeichnen

können. In den Bantusprachen ist die Zahl der Stufen verschieden.

Manche von ihnen begnügen sich mit zwei Stufen, z. B. Bo und Noho

in Kamerun, Poto und Songe im Kongo, Nyamwezi und Makonde

in Ostafrika. Auf die Gesamtheit der Bantusprachen gesehen ist diese

Gruppe klein, wobei zugegeben werden mag, daß das vorliegende

Material einiger Sprachen, die zwei Stufen aufweisen, gering und alt

ist, so daß in Einzelfällen mit Änderungen gerechnet werden kann^.

^ In diesem Sinne wird in den Eingeborenensprachen in der Regel die

Bezeichnung Korrelation gebraucht, nicht im Sinne der lateinischen

Schulgrammatik zur Bezeichnung eines Verhältnisses tantus-quantus.

^ So könnte man aus dem Vorhandensein von Kl. 16 apa und apo sowie

von Kl. 18 amu und amo auf eine mindestens z. T. vorhandene 3. Beihe im

Makonde schließen.

(6)

Das Demonstrativ in Bantu-Sprachen 643

Häufiger ist das Vorhandensein von drei Stufen, Suaheli Kl. 5 hili, I

hilo, nie. Daneben kennt eine nicht unerhebliche Anzahl von Bantu¬

sprachen vier Stufen, wie das von van Warmelo bearbeitete Venda

oder das von Doke untersuchte Lamba. Vereinzelt erscheinen mehr

als vier Reihen, so besonders in ostafrikanischen Sprachen wie Ma¬

tumbi oder Ruanda.

Wie sind nun diese verschiedenen Erscheinungen zu deuten ? Wo nur

zwei Reihen vorhanden sind, scheint es sich um eine lokale Entfernung

zu handeln, die man durch das Demonstrativ ausdrücken möchte und

die als nah- bzw. fernweisend bezeichnet werden kann. Aber vielerorts

im Bantusprachgebiet hat sich anscheinend schon sehr früh das Be¬

streben herausgebildet, dmch eine Form des Demonstrativs die Be¬

ziehung zu etwas Bekanntem oder bereits Erwähntem herauszustellen.

Es wurde oben bereits auf das diese Funktion ausübende Suffix -o hin¬

gewiesen. So entstehen drei Reihen, die oft gar nicht in innerem Zu¬

sammenhang zu stehen scheinen, z. B. im Kinga ,, dieser", „dieser

erwähnte", ,, jener". Wenn erst einmal eine Dreierreihe vorhanden ist,

kann das Verhältnis der Reihen zueinander anders werden, als es z. B.

im Kinga ist. Man könnte geradezu sagen, daß es in eine logisch be¬

friedigendere Form gebracht werden kann.

Eine Möglichkeit ist, daß die drei Reihen die jeweilige geographische

Entfernung bezeichnen. Ähnlich wie im Deutschen (dieser, der da,

jener) wird für das Kanioka die Bedeutung der Reihen als die Nähe,

die Entfernung und die große Entfernung bezeichnend gegeben.

Eine andere Möglichkeit zur Ordnung besteht in der oben erwähnten

sogenannten Korrelation. So gibt z. B. Laman für das Kongo an, daß

Kl. 6 ema das bezeichnet, was nahe dem Sprecher, d. h. der 1. Person

ist, emo das, was nahe dem Angeredeten, d. h. der 2. Person ist, und

emana das, was vom Sprecher und vom Angeredeten entfemt ist, d. h.

also, was zur 3. Person gehört. Diese Korrelation der Demonstrativa ist

besonders in Kongosprachen belegt, findet sich aber auch im Süden und

im Nordwesten. Man könnte die Frage aufwerfen, ob die Korrelation

ursprünglich dem Bantu inhärent war, zumal da sie, vom allgemein¬

sprachwissenschaftlichen Standpunkt, wie auch das lateinische hic,

iste, ille zeigen, oft sprachlicher Frühzeit angehört. Die Gründe, die

gegen solche Annahme sprechen, sind jedoch:

1. Es würde schwer sein, die Zweierreihen zu erklären. Eine Redu¬

zierung von drei auf zwei Reihen anzunehmen ist unbefriedigend.

2. Auch die noch zu besprechenden Viererreihen würden sich schwer¬

lich aus ursprünglichem Dreierschema erklären lassen.

3. Endlich würde schwer zu erklären sein, warum ein logisch be¬

friedigendes System wie das der Korrelation aufgegeben wurde

42 ZDMG 100/2

(7)

und an seine Stelle ein inkonzinnes System treten konnte, das die

Nähe, die Ferne und die Erwähnung bezeichnet, wie es für das

Kinga gezeigt wurde.

Es scheint mir daher einleuchtender zu sein, das Dreiersystem min¬

destens in vielen Fällen als ein späteres, aus dem Zweierschema ent¬

standenes anzusehen.

Nach welchen Gesichtspunkten ist nun das gar nicht selten ge¬

bräuchliche Vierersystem entstanden? Doke schreibt in einer An¬

merkung seiner Grammatik des Zulu, daß dies System zu den more

typical Bantu languages gehört und aus zwei gegensätzlichen Paaren

besteht. Ein Beispiel aus dem Lamba mag dies näher erläutern. Da

bezeichnet Kl. 5 ili „dieser" Gegenstände in verhältnismäßiger Nähe

zum Sprecher, daneben auch noch zu besprechende, ilyo „der da, jener"

Gegenstände in verhältnismäßiger Entfernung zum Sprecher, daneben

auch schon erwähnte Dinge oder stattgehabte Ereignisse. Letzteres ist

also die gegensätzliche Entsprechung zu ili. Uno ,,dies hier" wird ge¬

braucht von Gegenständen, die verhältnismäßig nahe beim Sprecher

sind und von ihm durch eine Geste bezeichnet werden können. Die

gegensätzliche Entsprechung lilya „das dort" bezeichnet Gegenstände

entfernt vom Sprecher, die sich aber noch in Sehweite befinden und

durch eine Geste bezeichnet werden.

Es ist unwahrscheinlich, daß ein solches Viererschema ursprünglich

ist. Meines Erachtens haben wir hier auch ein ursprüngliches Zweier¬

schema vor uns, ili, ilyo. Es ist hier nicht der Ort, darüber zu ent¬

scheiden, ob das Suffix -o psychologisch als auf das oben angeführte

*yayu zmückgehend empfunden wird oder als bloßes Formenelement

anzusehen ist. Die Formen 3 und 4 des Lamba, also Uno und lilya, ent¬

halten eindeutig die Suffixe -wo und Iya, die an den Pronominalstamm

getreten sind. In ihnen stecken wohl alte deiktische Elemente, die ur¬

sprünglich selbständig gewesen sind. Bei no halte ich eine Beziehung

zu dem Präformativ na nicht für ausgeschlossen, Iya ist durch Palata¬

lisierung aus altem *la entstanden. Man könnte beide als eine Art

emphatischer Pronomina ansehen, die an sich kein neues demonstratives

Verhältnis konstituieren. Wir hätten es also auch hier mit einem ur¬

sprünglichen Zweierschema zu tun.

Während oben gezeigt wmde, daß das Dreierschema dmch An¬

reicherung aus einem Zweierschema entstanden ist, kann auch mit der

Möglichkeit gerechnet werden, daß das Dreierschema aus einem

Viererschema reduziert wurde. Das alte Suaheli kennt neben den jetzt

geläufigen drei Reihen eine vierte mit dem Suffix -no, z. B. Kl. 1

suyuno. Heute ist die Reihe ungebräuchlich und nur noch in dem

Adverb mno < *muno ,,sehr" vorhanden, das ein altes Pronomen von

(8)

Das Demonstrativ in Bantu-Sprachen 645

Kl. 18 ist und msprünglich „dies Innere" = „hier drin" bedeutet hat.

Welche Reihe bei einer solchen Reduzierung fortfällt, ist nicht einheitlich.

Wo fünf oder mehr Reihen vorhanden sind, handelt es sich meines

Erachtens um Wucherungen sekundärer Art, die sich auf die jeweilige

Einzelsprache beziehen. In diesen Fällen müßte auch noch untersucht

werden, ob die eine oder andere Reihe nicht nur zum Zwecke der Hervor¬

hebung gebildet ist, also eine Art emphatisches Pronomen darstellt.

Es ist selbstverständlich, daß manche Bantusprache noch ihre spezi¬

ellen Probleme im Hinblick auf die Demonstrativa hat. Es lassen sich

aber einige Charakteristika aufzeigen, die als typisch für die Bantu¬

sprachen gelten . Kurz zusammengefaßt hat sich dabei folgendes ergeben :

1. Abgesehen vom reinen Pronominalstamm werden Demonstrativa

dmch Präformative gebildet. Diese stellten ursprünglich deik¬

tische Elemente dar. Ihre präzise Bedeutung ist heute ver¬

schwunden, sie sind zu Formantien geworden, welche oft nur das

demonstrative Verhältnis als solches bezeichnen.

2. Die spezielle Kennzeichnung des demonstrativen Verhältnisses

erfolgt meistens durch Suffixe. In ihnen erscheinen einige der

Präformative wieder.

3. Außerdem treten eigenständige Suffixe auf, von denen das am

weitesten verbreitete -o ist.

4. In der Spezifizierung scheint mir das ursprüngliche Schema zwei

Beziehungen, die nah- und die fernweisende aufzuweisen. Dmch

Suffixe, die eine Art Emphase ausdrücken, entsteht das Vierer¬

schema. Das Dreierschema kann durch Anreicherung aus dem

Zweierschema oder durch Reduzierung aus dem Viererschema

entstehen.

5. Die Bedeutung der so entstandenen Reihen ist verschieden. Eine

Korrelation zu den drei Personen ist bisher nicht für den Gesamt¬

bereich des Bantu nachzuweisen.

Es galt im Rahmen dieser Untersuchung, die Demonstrativverhält¬

nisse in den Bantusprachen zu untersuchen. Wie weit dieselben oder

ähnliche Fragestellungen auch für andere afrikanische Sprachgruppen

gelten, bedarf einer gesonderten Untersuchung. Bereits 1891 unter¬

nahm A. W. Schleicher auf diesem Gebiet in seinen Afrikanischen

Petrefakten einen Versuch, der aber naturgemäß noch keine be¬

friedigenden Ergebnisse zeitigen konnte. Für die allgemeine Frage¬

stellung ist es darüber hinaus anregend und lohnend, die grundsätz¬

lichen Ausführungen über das Demonstrativum in Brockelmanns

Grundriß einer vergleichenden Grammatik der semitischen Sprachen

und in Brugmanns Arbeit über die Demonstrativpronomina der Indo¬

germanischen Sprachen zu beachten.

42*

(9)

innerhalb der austronesischen Sprachen^

Von Hans Kählee, Hamburg

Nach Prof. W. Schmidt^ werden die Idiome auf den zahllosen Inseln

von Sumatra bis nach der Osterinsel, von Formosa und den Philippinen

bis nach Hawaii und Neuseeland als austronesische Sprachen zu¬

sammengefaßt. Die Sprache von Madagaskar an der Ostküste von

Afrika gehört ebenfalls hierzu; die papuanischen Sprachen von Neu¬

guinea und die Sprachen der Halmaliera-Gruppe bilden jedoch selb¬

ständige Sprachfamilien. In wissenschaftlichen Kreisen hat sich weit¬

gehend noch die Gliederung in indonesische, mikronesische, melanesische

und polynesische Sprachen erhalten. Nach dem jetzigen Stand der

linguistischen Forschung läßt sich die Gruppe der mikronesischen

Sprachen jedoch nicht mehr aufrechterhalten. Die zu ihr gerechneten

Idiome sind melanesische, und nur das Pelau sowie das Chamorro sind

indonesische Sprachen, wie Thalheimers Untersuchungen* gezeigt

haben. Die melanesischen Idiome sind aus indonesischen Sprachen

hervorgegangen, jedoch mehr oder weniger stark mit papuanischen,

d. h. nicht-austronesischen Elementen durchsetzt.

Der Nestor der indonesischen Sprachvergleichung, der Niederländer

H. Keen, wies im Jahre 1886 in seiner bekannten Arbeit über die Fidji-

sprache* Zusammenhänge zwischen den polynesischen Dialekten und

indonesischen Sprachen nach. Die Untersuchungen wurden dann von

BuEOMANN in seiner Dissertation^ auf einige Lauterscheinungen, auf

die Attributkonstruktion, auf die Etymologie von ko und auf das ver¬

mutliche Bestehen von Verbalformen mit vorgefügten pronominalen

Elementen {vervoegde vormen der niederländischen Grammatiken) im

Tonga ausgedehnt.

^ Ein Vortrag, der anläßlich des Deutschen Orientalistentages im August

1950 in Marburg gehalten wurde.

^ P. W. Schmidt, Die sprachlichen Verhältnisse Ozeaniens. Mitt. d.

Wiener Anthrop. Ges., Bd. XXIX (XIX), 1899, p. 245.

^ A. Thalheimer, Beitrag zur Kenntnis der Pronomina personalia und

possessiva der Sprachen Mikronesiens. Stuttgart 1908, p. 96.

* H. Kern, De Fidjitaal vergeleken met hare Verwanten in Indonesie

en Polynesia. Letterk. Verh. der Koninkl. Akademie, Deel XVI, 1886.

' A. BuEGMANN, Syntaktische Probleme im Polj'nesischen mit be¬

sonderer Berücksichtigung des Tonganischen. Dissertation, Hamburg 1942.

Zeitschr. f. Eingeb.-Spr. Bd. XXXII.

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