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1 Unendliche Reihen

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Academic year: 2022

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(1)

VI Potenzreihenentwicklungen

1 Unendliche Reihen

1.1 Ein einfu¨hrendes Beispiel

Wir betrachten die unendlichegeometrischeZahlenfolge

hani ¼ 1; 0,2; 0,22; 0,23; . . . ðVI-1Þ

mit demBildungsgesetz

an ¼ 0,2n1 ðn 2 N*Þ ðVI-2Þ

Aus den Gliedern dieser Folge bilden wir sog. Partial- oder Teilsummen, indem wir Glied fu¨r Glied aufsummieren. Die erstenPartialsummenlauten dann wie folgt:

s1 ¼ 1

s2 ¼ 1 þ 0,2 ¼ 1,2

s3 ¼ 1 þ 0,2þ 0,22 ¼ 1,24

s4 ¼ 1 þ 0,2þ 0,22 þ 0,23 ¼ 1,248 ...

ðVI-3Þ

Wir fassen sie zu einer neuen (unendlichen) Folge, der sog.Partialsummenfolge

hsni ¼ s1, s2, s3, s4, . . . ðVI-4Þ

mit demBildungsgesetz

sn ¼ 1 þ 0,2 þ 0,22 þ 0,23 þ . . . þ 0,2n1 ¼ Xn

k¼1

0,2k1 ðVI-5Þ zusammen. sn ist dabei die n-te Partialsumme, d. h. die Summe der ersten n Glieder der Zahlenfolge (VI-1). Fu¨r die Partialsummenfolge hsni fu¨hren wir die neue Bezeich- nungUnendliche Reiheein und schreiben dafu¨r symbolisch1):

1 þ 0,2 þ 0,22 þ 0,23 þ . . . þ 0,2n1 þ . . . ¼ X1

n¼1

0,2n1 ðVI-6Þ

1) Zur Erinnerung: Summen enthalten immerendlich viele Summanden. Die gewa¨hlte (allgemein u¨bliche) Schreibweise fu¨r eine unendliche Reihe suggeriert, dass hier eine Summe mitunendlichvielen Gliedern (Sum- manden) gebildet wird. Dies jedoch ist allein aus zeitlicher Sichtnichtmo¨glich! Um Missversta¨ndnissen gleich vorzubeugen: Die bekannten Rechenregeln fu¨r Summen du¨rfennichtauf unendliche Reihen u¨bertragen wer- den (siehe hierzu die spa¨teren Ausfu¨hrungen u¨ber den Umgang mit unendlichen Reihen in Abschnitt 1.2.3).

L. Papula, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler Band 1, DOI 10.1007/978-3-8348-8285-1_6,

© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

(2)

Es stellt sich nun die Frage nach dem Summenwert einer unendlichen Reihe. Bei einer endlichen Reihe wird dieser durch Addition der endlich vielen Reihenglieder ermittelt.

Bei einer unendlichenReihe dagegen bilden wir den Grenzwert der Partialsummenfolge hsni und fassen ihn (falls er u¨berhaupt vorhanden ist) alsSummenwertder Reihe auf.

Wir kehren jetzt zu unserem Beispiel zuru¨ck und untersuchen, ob die Partialsummenfol- ge (VI-4) fu¨r n ! 1 konvergiert, d. h. einen Grenzwert besitzt. Zuna¨chst jedoch leiten wir eineBerechnungsformelfu¨r denSummenwert dern-ten Partialsumme

sn ¼ 1 þ 0,2þ 0,22 þ 0,23 þ . . .þ 0,2n1 ðVI-7Þ

her, die wir fu¨r die spa¨tere Grenzwertbildung beno¨tigen. Dazu wird die Partialsumme sn

beiderseits gliedweise mit 0,2 multipliziert und anschließend wie folgt die Differenz sn 0,2 sn gebildet:

sn ¼ 1 þ 0,2 þ 0,22 þ 0,23 þ . . . þ 0,2n1

0,2 sn ¼ 0,2 þ 0,22 þ 0,23 þ . . . þ 0,2n1 þ 0,2n

9

=

;

sn 0,2 sn ¼ 1 þ 0 þ 0 þ 0 þ . . .þ 0 0,2n

0,8 sn ¼ 1 0,2n

(die jeweils grau markierten untereinander stehenden Glieder heben sich bei der Diffe- renzbildung jeweils auf).

Wir lo¨sen jetzt diese Gleichung nach sn auf und erhalten damit eine einfache Berech- nungsformelfu¨r dien-te Partialsumme:

sn ¼ 1,25ð1 0,2nÞ ðVI-8Þ

Diese Formel liefert uns beispielsweise fu¨r n ¼ 5 bzw. n ¼ 10 die folgenden Sum- menwerte:

s5 ¼ 1,25ð1 0,25Þ ¼ 1,25ð1 0,00032Þ ¼ 1,2496

s10 ¼ 1,25ð1 0,210Þ ¼ 1,25ð1 0,000 000 102Þ ¼ 1,249 999 872

Selbstversta¨ndlich erhalten wir diese Werte auch auf dem direkten Wege, d. h. durch Aufaddieren der ersten 5 bzw. 10 Reihenglieder (bitte nachrechnen).

Fu¨r n ! 1 strebt die Partialsummenfolge gegen denGrenzwert lim

n! 1

sn ¼ lim

n! 1

1,25ð1 0,2nÞ ¼ 1,25 ðVI-9Þ

da lim

n! 1

0,2n ¼ 0 ist. Die unendliche Reihe (VI-6) besitzt somit definitionsgema¨ß den Summenwert s ¼ 1,25. Wir schreiben dafu¨rsymbolisch:

X1

n¼1

0,2n1 ¼ 1 þ 0,2þ 0,22 þ 0,23 þ . . . ¼ 1,25 ðVI-10Þ

Durch diese Schreibweise wollen wir zum Ausdruck bringen, dass sich die Partialsummen mitzunehmenderAnzahl von Gliedern immer weniger von der Zahl 1,25 unterscheiden.

(3)

1.2 Grundbegriffe

1.2.1 Definition einer unendlichen Reihe Wir gehen aus von einerunendlichen Zahlenfolge

hani ¼ a1, a2, a3, . . ., an, . . . ðVI-11Þ

und bilden aus den Gliedern dieser Folge wie folgtPartial- oderTeilsummen:

s1 ¼ a1 s2 ¼ a1 þ a2 s3 ¼ a1 þ a2 þ a3 ...

sn ¼ a1 þ a2 þ a3 þ . . . þ an ¼ Xn

k¼1

ak

...

ðVI-12Þ

Die Folge hsni dieser Teilsummen heißt dannUnendliche Reihe.

Definition: Die Folge hsni der Partialsummen einer unendlichen Zahlenfolge hani heißtunendliche Reihe. Symbolische Schreibweise:

X1

n¼1

an ¼ a1 þ a2 þ a3 þ . . . þ an þ . . . ðVI-13Þ

Anmerkungen

(1) an ist dasn-te Reihenglied.

(2) Der Laufindex n im Summensymbol kann auch bei der Zahl 0 oder einer ande- ren natu¨rlichen Zahl beginnen.

(3) Die Glieder einer unendlichen Reihe sind (reelle) Zahlen. Daher spricht man in diesem Zusammenhang auch von einerZahlenreiheodernumerischenReihe.

(4) Unter dem Bildungsgesetz einer unendlichen Reihe X1

n¼1

an versteht man einen funktionalen Zusammenhang an ¼ fðnÞ, aus dem sich die Reihenglieder in Abha¨ngigkeit von der natu¨rlichen Zahl n berechnen lassen. Die Zuordnung fðnÞ ¼ an kann auch als eine Funktion derdiskretenVariablen n aufgefasst wer- den (mit n 2 N*).

(4)

& Beispiele

(1) Aus der unendlichen Zahlenfolge an ¼ 1

n

¼ 1, 1 2 , 1

3 , . . ., 1

n , . . . ðn 2 N*Þ

entsteht durch Partialsummenbildung die sog.harmonische Reihe X1

n¼1

1

n ¼ 1 þ 1 2 þ 1

3 þ . . .þ 1

n þ . . .

(2) Aus dergeometrischen Folge

han ¼ a qn1i ¼ a, a q, a q2, . . ., a qn1, . . . ðn 2 N*Þ

erhalten wir durch Partialsummenbildung die sog.geometrische Reihe X1

n¼1

a qn1 ¼ a þ a q þ a q2 þ . . . þ a qn1 þ . . .

(3) Die Glieder der unendlichen Reihe

2,1þ 2,01þ 2,001 þ 2,0001 þ . . . genu¨gen dem folgendenBildungsgesetz:

an ¼ 2 þ 0,1n ðn 2 N*Þ &

1.2.2 Konvergenz und Divergenz einer unendlichen Reihe

In dem einfu¨hrenden Beispiel haben wir denSummenwertder vorgegebenen unendlichen Zahlenreihe als Grenzwert der zugeho¨rigen Partialsummenfolge bestimmt. Dies fu¨hrt zu der folgenden Definition:

Definition: Eine unendliche Reihe X1

n¼1

an heißtkonvergent, wenn die Folge ihrer Partialsummen sn ¼ Xn

k¼1

ak einen Grenzwert s besitzt:

lim

n! 1

sn ¼ lim

n! 1

Xn

k¼1

ak ¼ s ðVI-14Þ

Dieser Grenzwert wird alsSummenwertder unendlichen Reihe bezeich- net. Symbolische Schreibweise:

X1

n¼1

an ¼ a1 þ a2 þ a3 þ . . . þ an þ . . . ¼ s ðVI-15Þ

Besitzt die Partialsummenfolge hsni jedoch keinen Grenzwert, so heißt die unendliche Reihedivergent.

(5)

Anmerkungen

(1) DerSummenwert einer unendlichen Reihe ist also definitionsgema¨ß der Grenzwert einer unendlichen Folge, na¨mlich der Grenzwert der Partialsummenfolge hsni. Die Konvergenz einer unendlichen Reihewird damit auf die Konvergenz einer un- endlichen Folgezuru¨ckgefu¨hrt (siehe hierzu Kap. III, Abschnitt 4.1.2).

(2) Eine konvergente unendliche Reihe besitzt also stets einen (eindeutigen) Summen- wert, einer divergenten unendlichen Reihe la¨sst sich dagegen kein Summenwert zuordnen. Ist s ¼ þ 1 oder s ¼ 1, so nennt man die unendliche Reihe auchbestimmt divergent.

(3) Eine unendliche Reihe heißt absolut konvergent, wenn die aus den Betra¨gen ihrer Glieder gebildete Reihe konvergiert. Eine absolut konvergente Reihe iststets kon- vergent, d. h. aus der Konvergenz der Reihe X1

n¼1

janj folgt stets die Konvergenz der Reihe X1

n¼1

an (die Umkehrung jedoch giltnicht).

& Beispiele

(1) Wir zeigen, dass die alsgeometrische Reihe2)bezeichnete unendliche Reihe X1

n¼1

qn1 ¼ 1 þ q1 þ q2 þ q3 þ . . . þ qn1 þ . . .

fu¨r jqj < 1 konvergiert, fu¨r jqj 1 dagegendivergiert.

Zuna¨chst bilden wir mit dern-tenPartialsumme

sn ¼ 1 þ q1 þ q2 þ q3 þ . . . þ qn1

die Differenz sn q sn und erhalten daraus eine einfache Formel fu¨r den Sum- menwertvon sn:

sn ¼ 1 þ q1 þ q2 þ q3 þ . . .þ qn2 þ qn1

q sn ¼ q1 þ q2 þ q3 þ . . . þ qn2 þ qn1 þ qn

9

=

; sn q sn ¼ 1 qn

snð1 qÞ ¼ 1 qn sn ¼ 1 qn

1 q ðq 6¼ 1Þ

(die jeweils grau markierten untereinander stehenden Summanden heben sich bei der Differenzbildung jeweils auf).

2) Eine unendliche Reihe heißtgeometrisch, wenn der Quotient zweier aufeinanderfolgender Gliederkonstant ist. Die hier vorliegende Reihe besitzt den Quotienten q.

(6)

Die Folge der Partialsummen sn besitzt dann fu¨r jqj < 1 denGrenzwert s ¼ lim

n! 1

sn ¼ lim

n! 1

1 qn

1 q ¼ 1

1 q lim

n! 1ð1 qnÞ ¼

¼ 1

1 q 1 lim

n! 1

qn

¼ 1

1 q ð1 0Þ ¼ 1 1 q da in diesem Fall lim

n! 1

qn ¼ 0 ist. Fu¨r jqj 1 dagegen divergiertdie Zahlen- folge hqni. Die unendliche geometrische Reihe besitzt somit fu¨r jqj < 1 den Summenwert

X1

n¼1

qn1 ¼ 1 þ q1 þ q2 þ q3 þ . . . þ qn1 þ . . . ¼ 1

1 q Zahlenbeispiel fu¨r q ¼ 1=3

X1

n¼1

1 3 n1

¼ 1 3 0

þ 1 3 1

þ 1 3 2

þ . . .þ 1

3 n1

þ . . . ¼

¼ 1 þ 1 3 þ 1

9 þ . . .þ 1

3 n1

þ. . . ¼ 1

1 1 3

¼ 1 2 3

¼ 3 2 (2) Auf eine geometrische Reihe sto¨ßt man auch bei der Lo¨sung der folgenden Auf-

gabe: Aus Halbkreisen soll, wie in Bild VI-1 dargelegt, eine Spiralegebildet wer- den, wobei die Radien von Halbkreis zu Halbkreis um jeweils 20 % abnehmen.

Welche Gesamtla¨nge L besitzt diese aus unendlich vielen Halbkreisen gebildete Spirale, wenn der Radius des 1. Halbkreises R ist?

1. Halbkreis

2. Halbkreis 3. Halbkreis

4. Halbkreis 5. Halbkreis

Bild VI-1 Zur La¨ngenberechnung einer Spirale, zusammengesetzt aus 1 vielen Halbkreisen

(7)

Lo¨sung: Die ersten n Halbkreise haben der Reihe nach folgende La¨ngen:

L1 ¼ pR, L2 ¼ pð0,8RÞ ¼ 0,8 pR,

L3 ¼ pð0,8 0,8RÞ ¼ 0,82 pR, . . ., Ln ¼ 0,8n1 pR

Damit betra¨gt die Gesamtla¨nge der ersten n Halbkreise ðwir bezeichnen diese Partialsumme mit LðnÞÞ:

LðnÞ ¼ L1 þ L2 þ L3 þ . . . þ Ln ¼

¼ pR þ 0,8 pR þ 0,82 pRþ . . .þ 0,8n1 pR ¼

¼ pRð1 þ 0,8þ 0,82 þ . . . þ 0,8n1Þ ¼ pR Xn

k¼1

0,8n1 Vergro¨ßert man die Anzahl n der Halbkreise beliebig, d. h. la¨sst man n ! 1 laufen, so entsteht einegeometrische Reihe(Quotient zweier aufeinander folgender Reihenglieder: q ¼ 0,8):

pRð1 þ 0,8 þ 0,82 þ . . . þ 0,8n1 þ . . .Þ ¼ pR X1

n¼1

0,8n1 DerSummenwertdieser Reihe entspricht der gesuchten La¨nge L der Spirale:

L ¼ pRð1 þ 0,8þ 0,82 þ . . . þ 0,8n1 þ . . .Þ ¼ pR 1

1 0,8 ¼ 5pR Die Spirale hat also, obwohl aus unendlich vielen Halbkreisen zusammengesetzt, eineendlicheLa¨nge!

(3) Wir zeigen, dass die unendliche Reihe X1

n¼1

n ¼ 1 þ 2 þ 3 þ . . . þ n þ . . .

bestimmt divergent ist. Die fu¨r die Grenzwertbildung beno¨tigte n-te Partialsumme sn kann dabei nach der Formel

sn ¼ Xn

k¼1

k ¼ 1 þ 2 þ 3 þ . . . þ n ¼ nðn þ 1Þ

2

berechnet werden (diese Formel fu¨r die Summe der ersten n positiven ganzen Zahlen haben wir der Formelsammlung entnommen ! Kap. I, Abschnitt 3.4).

Beim Grenzu¨bergang n ! 1 erhalten wir hieraus:

s ¼ X1

n¼1

n ¼ lim

n! 1

sn ¼ lim

n! 1

nðn þ 1Þ

2 ¼ 1

Die Reihe ist somit –– wie behauptet –– bestimmt divergent.

&

(8)

1.2.3 ber den Umgang mit unendlichen Reihen

Die formale (symbolische) Schreibweise einer unendlichen Reihe in Form einer Summe aus unendlich vielen Summanden fu¨hrt ha¨ufig zu Missversta¨ndnissen. Eine unendliche Reihe darf na¨mlich nicht als eine Erweiterung des Summenbegriffes von endlich vielen Summanden auf unendlich viele Summanden aufgefasst werden! Denn die fu¨r endliche Summen (d. h. Summen mit endlich vielen Summanden) gu¨ltigen Rechenregeln gelten im Allgemeinennicht fu¨r unendliche Reihen. Bei einer (endlichen) Summe ist der Sum- menwert unabha¨ngig von der Reihenfolge der Summanden (diese du¨rfen bekanntlich be- liebig umgestellt werden) und auch unabha¨ngig davon, ob und wie Klammern gesetzt werden3). Bei einer unendlichen Reihe kann sich jedoch der Summenwert der Reihe (sofern er u¨berhaupt vorhanden ist)a¨ndern, wenn man z. B. die Reihenfolge der Glieder vera¨ndert oder Glieder durchKlammernzusammenfasst.

Ein einfaches Beispiel soll diese wichtige Aussage verdeutlichen. Wir unterstellen zu- na¨chst, dass die fu¨r (endliche) Summen geltenden Rechenregeln auch fu¨r unendliche Reihen (unendliche Summen)gu¨ltigsind. Dann aber mu¨sste derSummenwertder unend- lichen Reihe

1 1 þ 1 1 þ 1 1 þ . . .

unabha¨ngig vom eingeschlagenen Rechenweg sein4). Es bieten sich beispielsweise fol- gende Rechenvarianten an:

1. Variante:Wir setzen wie folgt Klammern:

ð1 1Þ

|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}

0

þ ð1 1Þ

|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}

0

þ ð1 1Þ

|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}

0

þ. . . ¼ 0 þ 0 þ 0 þ . . . ¼ 0

Der Summenwert der Reihe wa¨re somit s ¼ 0, daalleKlammern verschwinden.

2. Variante:Wir beginnen mit der Klammerbildung erstnachdem 1. Glied:

1 þ ð1 þ 1Þ

|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}

0

þ ð1 þ 1Þ

|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}

0

þ . . . ¼ 1 þ 0 þ 0 þ . . . ¼ 1

Wiederum verschwinden alle Klammern, die Reihe ha¨tte damit den Summenwert s ¼ 1.

Fazit: Wir erhalten also –– je nach dem eingeschlagenen Rechenweg –– unterschiedliche Ergebnisse!

Daraus folgern wir:

Die bekannten Rechenregeln fu¨r endliche Summen (endliche Reihen) gelten im Allgemeinennichtfu¨r unendliche Reihen (unendliche Summen).

3) Zur Erinnerung: Die Addition ist einekommutative und assoziativeRechenoperation (siehe Kap. I, Ab- schnitt 2.1).

4) Es handelt sich hier um eine sog.alternierendeReihe, bei der die Glieder laufend ihr Vorzeichena¨ndern.

Alle Glieder haben hier den gleichen Betrag (¼1).

(9)

1.3 Konvergenzkriterien

Bei einer unendlichen Reihe ergeben sich automatisch zwei Fragestellungen:

1. Ist die vorliegende unendliche Reihe konvergent, d. h. besitzt sie einen (endlichen) Summenwert oder ist sie divergent5)?

2. WelchenSummenwertbesitzt die unendliche Reihe im Falle der Konvergenz?

Zur 1. Fragestellung: Die Frage nach dem Konvergenzverhalten einer Reihe la¨sst sich in der Regel mit Hilfe von sog. Konvergenzkriterienbeantworten. Sie ermo¨glichen eine Entscheidung daru¨ber, ob eine vorliegende unendliche Reihe konvergiert oder divergiert (siehe hierzu die in den na¨chsten Abschnitten besprochenen Kriterien).

Zur 2. Fragestellung:DerSummenwerteiner konvergenten unendlichen Reihe la¨sst sich nur in wenigen Fa¨llen exakt bestimmen, meist leider nur na¨herungsweise unter erhebli- chem Rechenaufwand und mit Unterstu¨tzung von Computern. Der Summenwert wird dabei durch eine Partialsumme angena¨hert (Abbruch der Reihe, sobald die gewu¨nschte Genauigkeit erreicht ist).

Notwendiges Konvergenzkriterium

Fu¨r dieKonvergenz einer unendlichen Reihe X1

n¼1

an ist die Bedingung lim

n! 1

an ¼ 0 ðVI-16Þ

notwendig, nicht aber hinreichend6). Mit anderen Worten: Damit die unendliche Reihe konvergiert, mu¨ssen die Reihenglieder diese Bedingung erfu¨llen. Jedoch darf man aus

lim

n! 1

an ¼ 0 keineswegs folgern, dass die unendliche Reihe konvergiert. Es gibt Rei- hen, die die Bedingung (VI-16) erfu¨llen und trotzdem divergieren. Eine Reihe jedoch, die das notwendige Konvergenzkriterium (VI-16) nicht erfu¨llt, kann nicht konvergent sein und ist daher divergent. Mit einem notwendigen Konvergenzkriterium kann also nur die Divergenz, nicht aber die Konvergenz einer unendlichen Reihe festgestellt wer- den!

Wir erla¨utern dieses Kriterium an zwei einfachen Beispielen.

& Beispiele

(1) Sowohl diegeometrische Reihe X1

n¼1

0,2n1 ¼ 1 þ 0,21 þ 0,22 þ . . . þ 0,2n1 þ . . .

5) In den naturwissenschaftlich-technischen Anwendungen sind in der Regel nurkonvergenteReihen von Be- deutung.

6) Diese Bedingung besagt, dass die Reihenglieder eine sog.Nullfolgebilden.

(10)

als auch dieharmonische Reihe X1

n¼1

1

n ¼ 1 þ 1 2 þ 1

3 þ . . .þ 1

n þ . . .

erfu¨llen dasnotwendige Konvergenzkriterium(VI-16):

lim

n! 1

0,2n1 ¼ 0 bzw: lim

n! 1

1 n ¼ 0

Aber nur die geometrische Reihe ist konvergent, d. h. besitzt einen Summenwert, wie wir aus dem einfu¨hrenden Beispiel aus Abschnitt 1.1 bereits wissen (der Sum- menwert ist s ¼ 1,25). Die harmonische Reihe dagegen ist divergent, wie man zeigen kann (auf den Beweis wollen wir verzichten). Die Bedingung (VI-16) reicht also fu¨r die Konvergenz einer Reihenichtaus.

(2) Die unendliche Zahlenreihe

2,1þ 2,01þ 2,001 þ 2,0001 þ . . . mit demBildungsgesetz

an ¼ 2 þ 0,1n ðn 2 N*Þ

ist divergent, da die Reihenglieder das fu¨r die Konvergenz notwendige Kriterium (VI-16)nichterfu¨llen. Denn es gilt:

lim

n! 1

an ¼ lim

n! 1ð2 þ 0,1nÞ ¼ 2 þ lim

n! 1 0,1n ¼ 2 þ 0 ¼ 2 6¼ 0 Die Reihenglieder bilden alsokeineNullfolge.

&

Im Folgenden bescha¨ftigen wir uns mit den wichtigsten hinreichendenKonvergenzkrite- rien.

1.3.1 Quotientenkriterium

Bei der Untersuchung des Konvergenzverhaltens einer unendlichen Reihe erweist sich das folgende alsQuotientenkriteriumbezeichnete Kriterium als besonders geeignet:

Quotientenkriterium

Erfu¨llen die Glieder einer unendlichen Reihe X1

n¼1

an mit an 6¼ 0 fu¨r alle n 2 N* die Bedingung

lim

n! 1

anþ1

an

¼ q < 1 ðVI-17Þ

so ist die Reihekonvergent. Ist aber q > 1, so ist die Reihedivergent.

(11)

Anmerkungen

(1) Fu¨r q ¼ 1 versagtdas Quotientenkriterium, d. h. eine Entscheidung u¨ber Konver- genz oder Divergenz ist mit diesem Kriteriumnicht mo¨glich. Die Reihekann also konvergieren oder auch divergieren. In einem solchen Fall muss das Konvergenz- verhalten der Reihe mit HilfeandererKriterien untersucht werden.

(2) Das Quotientenkriterium liefert einehinreichendeBedingung fu¨r die Reihenkonver- genz. Sie ist jedoch nicht notwendig, d. h. es gibt Reihen, fu¨r die der Grenzwert

lim

n! 1

anþ1

an

nicht vorhanden ist und die trotzdem konvergieren.

(3) Ist die Konvergenzbedingung (VI-17) erfu¨llt, so ist die unendliche Reihe sogar ab- solut konvergent.

& Beispiele

(1) Wir zeigen anhand desQuotientenkriteriums, dass die unendliche Reihe X1

n¼1

1 ð2nÞ! ¼ 1

2!þ 1 4!þ 1

6! þ . . . þ 1

ð2nÞ! þ 1

ð2n þ 2Þ! þ . . . konvergiert. Mit

an ¼ 1

ð2nÞ! und anþ1 ¼ 1 ð2n þ 2Þ!

liefert das Kriterium (VI-17) den folgenden Wert fu¨r den Grenzwert q:

q ¼ lim

n! 1

anþ1 an

¼ lim

n! 1

1 ð2n þ 2Þ!

1 ð2nÞ!

¼ lim

n! 1

ð2nÞ!

ð2n þ 2Þ! ¼

¼ lim

n! 1

ð2nÞ!

ð2nÞ!ð2n þ 1Þ ð2n þ 2Þ ¼ lim

n! 1

1

ð2n þ 1Þ ð2n þ 2Þ ¼ 0 Dabei haben wir von der „ Zerlegung “

ð2n þ 2Þ! ¼ ð2nÞ!ð2n þ 1Þ ð2n þ 2Þ

Gebrauch gemacht (Bild VI-2). Die Reihe ist daher wegen q ¼ 0 < 1 konver- gent, besitzt also einenSummenwert.

(12)

(2) Das Quotientenkriteriumversagtbei derharmonischen Reihe X1

n¼1

1

n ¼ 1 þ 1 2 þ 1

3 þ . . .þ 1

n þ 1

n þ 1 þ . . .

Mit an ¼ 1

n und anþ1 ¼ 1

n þ 1 erhalten wir na¨mlich nach (VI-17):

q ¼ lim

n! 1

anþ1 an

¼ lim

n! 1

1 n þ 1

1 n

¼ lim

n! 1

n

n þ 1 ¼ lim

n! 1

1 1 þ 1

n

¼ 1

Mit diesem Kriterium la¨sst sich das Konvergenzverhalten der harmonischen Reihe nichtfeststellen (die Reihe ist –– wie bereits erwa¨hnt –– divergent).

(3) Die unendliche Reihe X1

n¼1

1

nðn þ 1Þ ¼ 1

1 2 þ 1

2 3 þ 1

3 4 þ . . .

. . . þ 1

nðn þ 1Þ þ 1

ðn þ 1Þ ðn þ 2Þ þ . . . istkonvergent, obwohl auch hier das Quotientenkriterium (VI-17)versagt:

q ¼ lim

n! 1

anþ1 an

¼ lim

n! 1

1 ðn þ 1Þ ðn þ 2Þ

1 nðn þ 1Þ

¼ lim

n! 1

nðn þ 1Þ ðn þ 1Þ ðn þ 2Þ ¼

¼ lim

n! 1

n

n þ 2 ¼ lim

n! 1

1 1 þ 2

n

¼ 1

(Faktor n þ 1 ku¨rzen, dann Za¨hler und Nenner gliedweise durch n dividieren).

Um die Konvergenz der Reihe nachzuweisen, zerlegen wir das n-te Reihenglied zuna¨chst in zwei Summanden (Partialbruchzerlegung). Der Ansatz lautet:

1 2 3 2 n 2 n + 1 2 n + 2 x

(2 n + 2)!

(2 n + 1) (2 n + 2)

(2 n)! · ·

Bild VI-2 Zerlegung des Ausdrucks ð2nþ2Þ! in ein Produkt mit dem Faktor ð2nÞ!

(13)

1

nðn þ 1Þ ¼ A

n þ B

n þ 1 ¼ ðn þ 1ÞA þ n B nðn þ 1Þ

Somit gilt nach Multiplikation mit dem Hauptnenner nðn þ 1Þ: ðn þ 1ÞA þ n B ¼ n A þ A þ n B ¼ ðA þ BÞn þ A ¼ 1

n ist hier einediskreteVariable mit n 2 N*. Wir erga¨nzen auf der rechten Seite den (verschwindenden) Summanden 0 n ¼ 0 und erhalten dann durch einen Koeffizientenvergleichzwei Gleichungen fu¨r die Unbekannten A und B:

ðAþ BÞn þ A ¼ 0 n þ 1 ) A þ B ¼ 0 und A ¼ 1 Somit lautet die Lo¨sung: A ¼ 1, B ¼ 1. Damit ko¨nnen wir die Reihe auch wie folgt schreiben:

X1

n¼1

1

nðn þ 1Þ ¼ X1

n¼1

1

n 1

n þ 1

Die ersten n Partialsummen lauten dann:

s1 ¼ 1 1 1

2 ¼ 1 1 2 s2 ¼ 1

1 1 2

þ 1 2 1

3

¼ 1 1 3

|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}

0 s3 ¼ 1

1 1 2

þ 1 2 1

3

þ 1 3 1

4

¼ 1 1 4

|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl} |fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}

0 0

...

sn ¼ 1 1 1

2

þ 1 2 1

3

þ . . . þ 1

n 1 1 n

þ 1

n 1

n þ 1

¼

¼ 1 1 2 þ 1

2 1

3 þ . . . þ 1

n 1 1 n þ 1

n 1

n þ 1 ¼ 1 1 n þ 1

|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}

0

In der n-ten Partialsumme sn treten die „ inneren “ Glieder 1 2, 1

3 , 1

4 , . . ., 1 n jeweilsdoppelt, aber mitunterschiedlichemVorzeichen auf und heben sich daher auf.

Die Partialsummenfolge hsni konvergiertfu¨r n ! 1 gegen den Grenzwert 1:

lim

n! 1

sn ¼ lim

n! 1

1 1

n þ 1

¼ 1

Die vorliegende Reihe ist somitkonvergentmit demSummenwert s ¼ 1. &

(14)

1.3.2 Wurzelkriterium

Ein weiteres nu¨tzliches Konvergenzkriterium ist das folgende sog.Wurzelkriterium.

Wurzelkriterium

Erfu¨llen die Glieder einer unendlichen Reihe X1

n¼1

an die Bedingung lim

n! 1

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi janj pn

¼ q < 1 ðVI-18Þ

so ist die Reihekonvergent. Ist aber q > 1, so ist die Reihedivergent.

Anmerkungen

(1) Fu¨r q ¼ 1 versagtdas Wurzelkriterium.

(2) Die Bedingung (VI-18) ist hinreichend, nicht aber notwendig fu¨r die Konvergenz einer Reihe.

(3) Ist die Bedingung (VI-18) erfu¨llt, so ist die unendliche Reihe sogarabsolut konver- gent.

& Beispiel

Wir zeigen mit Hilfe desWurzelkriteriums, dass die unendliche Reihe X1

n¼1

1 nn ¼ 1

11 þ 1 22 þ 1

33 þ . . . þ 1

nn þ . . . konvergiert. Mit an ¼ 1

nn liefert das Kriterium (VI-18) den folgenden Wert fu¨r q:

q ¼ lim

n! 1

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi janj pn

¼ lim

n! 1

ffiffiffiffiffiffiffi 1 nn

n

r

¼ lim

n! 1

ffiffiffiffiffi 1 pn

ffiffiffiffiffiffi nn

pn ¼ lim

n! 1

1 n ¼ 0

Aus q ¼ 0 < 1 folgt die Konvergenz der vorliegenden Reihe, die somit einen (end- lichen, aber noch unbekannten) Summenwert besitzt (Na¨herungswerte erha¨lt man durch Aufaddieren der Reihenglieder und Abbruch nach Erreichen der gewu¨nschten Genau- igkeit).

&

1.3.3 Vergleichskriterien

Das (noch unbekannte) Konvergenzverhalten einer unendlichen Reihe la¨sst sich ha¨ufig auch durch einenVergleichmit einer anderen Reihe, deren Konvergenzverhaltenbekannt ist, bestimmen. Kriterien dieser Art werden daher alsVergleichskriterienbezeichnet. Von Bedeutung sind dabei dasMajoranten-und dasMinorantenkriterium(ohne Beweis).

(15)

Vergleichskriterien fu¨r unendliche Reihen mit positiven Gliedern Das Konvergenzverhalten einer unendlichen Reihe X1

n¼1

an mit positiven Gliedern la¨sst sich oft mit Hilfe einer geeigneten (konvergenten bzw. divergenten)Vergleichs- reihe X1

n¼1

bn nach den folgenden Kriterien bestimmen:

Majorantenkriterium

Die vorliegende Reihekonvergiert, wenn folgende Bedingungen erfu¨llt sind:

1. Die Vergleichsreihe istkonvergent.

2. Zwischen den Gliedern beider Reihen besteht die Beziehung (Ungleichung)

an bn ðf ¨ur alle n 2 N*Þ ðVI-19Þ

Die (konvergente) Vergleichsreihe wird alsMajoranteoderOberreihebezeichnet.

Minorantenkriterium

Die vorliegende Reihedivergiert, wenn folgende Bedingungen erfu¨llt sind:

1. Die Vergleichsreihe istdivergent.

2. Zwischen den Gliedern beider Reihen besteht die Beziehung (Ungleichung)

an bn ðf ¨ur alle n 2 N*Þ ðVI-20Þ

Die (divergente) Vergleichsreihe wird alsMinoranteoderUnterreihebezeichnet.

Anmerkungen

(1) Es genu¨gt, wenn die Bedingung (VI-19) bzw. (VI-20) von einem gewissen n0 an, d. h. erst fu¨r alle Reihenglieder mit n n0 erfu¨llt wird.

(2) Mit dem Majorantenkriterium kann die Konvergenz, mit dem Minorantenkriterium die Divergenz einer Reihe festgestellt werden.

& Beispiele

(1) Wir zeigen, dass die unendliche Reihe X1

n¼1

1

n! ¼ 1 þ 1 2! þ 1

3! þ 1

4! þ . . . þ 1

n! þ . . .

konvergent ist. Eine konvergente Majorante zu dieser Reihe la¨sst sich wie folgt finden.

(16)

Das n-te Glied der Reihe kann auch als Produkt der Kehrwerte aller natu¨rlichen Zahlen von 1 bis n dargestellt werden:

an ¼ 1

n! ¼ 1

1 2 3 4 . . . n ¼ 1

1 1 2 1

3 1

4 . . . 1

n

Wir vera¨ndern dieses Produkt jetzt wie folgt: Die ersten beiden Faktoren werden beibehalten, alle weiteren durch die gro¨ßere Zahl 1

2 ersetzt. Es entsteht dann die Ungleichung

1 n! ¼ 1

1 1 2 1

3 1

4 . . . 1

n 1 1 2 1

2 1

2 . . . 1

2 ¼ 1

2 n1

" " " |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}

ðn 1Þ Faktoren dieseðn 2Þ

Faktoren werden durch 1/2 ersetzt

Somit erhalten wir fu¨r dasn-te Reihenglied die Abscha¨tzung (Ungleichung)

an ¼ 1 n! 1

2 n1

ðf ¨ur alle n 2 N*Þ

Dabei gilt das Gleichheitszeichen nur fu¨r die ersten beiden Glieder. Ab dem 3. Glied gilt sogar

an ¼ 1 n! < 1

2 n1

ðf ¨ur alle n 3Þ

Dies aber bedeutet, dass die Glieder der Reihe vom 3. Glied ankleinersind als die entsprechenden Glieder derkonvergenten geometrischen Reihe

X1

n¼1

1 2 n1

¼ 1 þ 1

2 þ 1

2 2

þ 1 2 3

þ. . . þ 1

2 n1

þ . . . (geometrische Reihe fu¨r q ¼ 1=2 mit dem Summenwert s ¼ 2; siehe hierzu Beispiel (1) in Abschnitt 1.2.2). Damit ist die Konvergenzbestimmung (VI-19) des Majorantenkriteriums erfu¨llt. Die geometrische Reihe fu¨r q ¼ 1=2 ist somit eine Majoranteder vorliegenden Reihe und diese daher konvergent(sie besitzt im bri- gen den Summenwert s ¼ e 1 1,7183.

(17)

(2) Es la¨sst sich relativ leicht zeigen, dass die unendliche Reihe X1

n¼1

1 ffiffiffiffiffin

p ¼ 1 þ 1 ffiffiffiffiffi p2 þ 1

ffiffiffiffiffi p3 þ 1

ffiffiffiffiffi

p4 þ . . .þ 1

ffiffiffiffiffin

p þ . . .

divergent ist. Fu¨r jedes natu¨rliche n 1 gilt ffiffiffiffiffi pn

n und somit (nach Kehr- wertbildung) die Ungleichung

1 ffiffiffiffiffin p 1

n ðf ¨ur alle n 2 N*Þ

Vom 2. Reihenglied an sind die Glieder der vorliegenden Reihe sogar gro¨ßer als die entsprechenden Glieder derharmonischen Reihe

X1

n¼1

1

n ¼ 1 þ 1 2 þ 1

3 þ 1

4 þ . . . þ 1

n þ . . .

Die Bedingung (VI-20) des Minorantenkriteriums ist somit erfu¨llt. Aus der (be- kannten) Divergenz der harmonischen Reihe folgt dann die Divergenz der vorlie-

genden Reihe. &

1.3.4 Leibnizsches Konvergenzkriterium fu¨r alternierende Reihen

Wir bescha¨ftigen uns nun mit alternierenden Reihen, d. h. Reihen, deren Glieder abwechselndpositiv und negativ sind. Eine solche Reihe ist in der Form

X1

n¼1

ð1Þnþ1 an ¼ a1 a2 þ a3 a4 þ . . . ðVI-21Þ

mit an > 0 fu¨r alle n 2 N* darstellbar. Der Faktor ð1Þnþ1 ist dabeiabwechselnd positiv und negativ und bestimmt somit dasVorzeichen der Glieder. Es wird daher auch alsVorzeichenfaktorbezeichnet.

Fu¨ralternierendeReihen existiert ein spezielles vonLeibnizstammendes Konvergenzkri- terium. Es lautet (ohne Beweis):

Leibnizsches Konvergenzkriterium fu¨r alternierende Reihen EinealternierendeReihe vom Typ

X1

n¼1

ð1Þnþ1 an ¼ a1 a2 þ a3 a4 þ . . . ðVI-22Þ

mit an > 0 fu¨r alle n 2 N* istkonvergent, wenn die Reihenglieder die folgen- den Bedingungen erfu¨llen:

1: a1 > a2 > a3 > . . . > an > anþ1 > . . . 2: lim

n! 1

an ¼ 0 ðVI-23Þ

(18)

Anmerkung

Eine alternierende Reihe ist demnach konvergent, wenn die Betra¨ge ihrer Glieder eine monoton fallende Nullfolgebilden (hinreichendeKonvergenzbedingung).

& Beispiele

(1) Die alternierende Reihe X1

n¼1

ð1Þnþ1 1 n! ¼ 1

1! 1 2! þ 1

3! 1

4! þ . . .

istkonvergent, da die Betra¨ge ihrer Glieder einemonoton fallende Nullfolge bilden und somit das hinreichende Leibnizsche Konvergenzkriterium (VI-23) erfu¨llen:

1 1! > 1

2! > 1 3! > 1

4! > . . .> 1

n! > 1

ðn þ 1Þ! > . . . lim

n! 1

an ¼ lim

n! 1

1

n! ¼ lim

n! 1

1

1 2 3 . . . n ¼ 0

(2) Auch die sog.alternierende harmonische Reihe X1

n¼1

ð1Þnþ1 1

n ¼ 1 1 2 þ 1

3 1

4 þ . . .

konvergiert, da sie dieKonvergenzbedingungen(VI-23) erfu¨llt:

1 > 1 2 > 1

3 > 1

4 > . . . > 1 n > 1

n þ 1 > . . . lim

n! 1

an ¼ lim

n! 1

1 n ¼ 0 (3) Diealternierende geometrische Reihe

X1

n¼1

ð1Þnþ1 ¼ 1 1 þ 1 1 þ . . .

dagegen istdivergent, da siekeineder beiden imLeibnizschen Konvergenzkriterium (VI-23) genannten Bedingungen erfu¨llt:

an ¼ 1 f ¨ur alle n 2 N*

lim

n! 1

an ¼ lim

n! 1

1 ¼ 1 9

>=

>;

) Die unendliche Zahlenfolge han ¼ 1i istkeinemonoton fallende Nullfolge!

&

(19)

1.4 Eigenschaften konvergenter bzw. absolut konvergenter Reihen

Konvergente Reihen besitzen die folgenden bemerkenswerten Eigenschaften, die wir ohne Beweis anfu¨hren.

Eigenschaften konvergenter Reihen

1. Einekonvergente Reihe bleibt konvergent, wenn manendlich viele Glieder weg- la¨sst oder hinzufu¨gt oder aba¨ndert.

Dabeikannsich jedoch der Summenwert der Reihea¨ndern.

Klammern dagegen du¨rfen im Allgemeinen nicht weggelassen werden, ebenso wenig darf die Reihenfolge der Glieder vera¨ndert werden.

2. Aufeinander folgende Glieder einer konvergentenReihe du¨rfen durch eine Klam- mer zusammengefasst werden, wobei der Summenwert der Reihe erhalten bleibt.

3. Eine konvergente Reihe mit ausschließlich nichtnegativen Gliedern (d. h.

an 0 fu¨r alle n 2 N*) ist stetsabsolut konvergent.

4. Rechenregeln fu¨r konvergente Reihen

a) Einekonvergente Reihe darf gliedweise mit einer Konstanten c multipliziert werden, wobei sich auch der Summenwert s der Reihe mit dieser Konstan- ten multipliziert:

c X1

n¼1

an ¼ X1

n¼1

c an ¼ c s ðVI-24Þ

b) Zweikonvergente Reihen mit den Summenwerten sa und sb du¨rfen glied- weiseaddiert bzw. subtrahiert werden, wobei sich die Summenwerte addieren bzw. subtrahieren:

X1

n¼1

an þ X1

n¼1

bn ¼ X1

n¼1

ðan þ bnÞ ¼ sa þ sb ðVI-25Þ

Fu¨rabsolut konvergenteReihen gelten sogar (sinngema¨ß) die gleichen Rechenregeln wie fu¨rendlicheSummen! Die Glieder einer solchen Reihe du¨rfen beliebig angeordnet wer- den, eine solche Umordnung hat keinen Einfluss auf den Summenwert der Reihe. Fu¨r ein Produkt zweier absolut konvergenter Reihen mit den Summenwerten sa und sb gilt:

X1

n¼1

an

! X1

n¼1

bn

!

¼ X1

n¼1

cn ¼ sa sb ðVI-26Þ

(20)

Das Ausmultiplizieren erfolgtgliedweisewie beiendlichen Summenund kann z. B. nach dem folgenden Schema erfolgen:

b1 b2 b3 . . .

a1 a1b1 a1b2 a1b3 . . .

a2 a2b1 a2b2 a2b3 . . .

a3 a3b1 a3b2 a3b3 . . .

... ...

... ... a1b1

|ffl{zffl}

c1

þ ða1b2 þ a2b1Þ

|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}

c2

þ ða1b3 þ a2b2 þ a3b1Þ

|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}

c3

þ . . .

& Beispiel

In Abschnitt 1.3.4 haben wir bereits gezeigt, dass die alternierende harmonische Reihe konvergent ist. Wir du¨rfen daher aufeinander folgende Reihenglieder durch eine Klam- mer zu einem (neuen) Glied zusammenfassen. Wir erhalten auf diese Weise eine neue Darstellungsform der Reihe:

X1

n¼1

ð1Þnþ1 1

n ¼ 1 1 2 þ 1

3 1 4 þ 1

5 1

6 þ . . . ¼

|fflfflffl{zfflfflffl} |fflfflffl{zfflfflffl} |fflfflffl{zfflfflffl}

¼ 1 1 2

þ 1 3 1

4

þ 1 5 1

6

þ . . . ¼

¼ 2 1 1 2

þ 4 3 3 4

þ 6 5 5 6

þ . . . ¼

¼ 1

1 2 þ 1

3 4 þ 1

5 6 þ . . . ¼

DasBildungsgesetzdieser Reihe lautet offensichtlich:

an ¼ 1

ð2n 1Þ 2n ðf ¨ur alle n 2 N*Þ Somit gilt:

X1

n¼1

ð1Þnþ1 1 n ¼ X1

n¼1

1

ð2n 1Þ 2n ¼ 1 2 X1

n¼1

1 ð2n 1Þn

Der Summenwert der alternierenden harmonischen Reihe hat sich dabei nicht gea¨ndert.

Wir werden in Abschnitt 3.2.2 zeigen, dass die Reihe den Summenwert s ¼ ln 2 besitzt (diese Reihe entsteht, wenn man die Logarithmusfunktion lnx um die Stelle x0 ¼ 1 in eineTaylor-Reiheentwickelt und fu¨r die Variable x dann den Wert x ¼ 2 einsetzt).

&

(21)

2 Potenzreihen

2.1 Definition einer Potenzreihe

Potenzreihenunterscheiden sich von den bisher behandelten Zahlenreihen dadurch, dass ihre GliederPotenzenund somitFunktioneneiner unabha¨ngigen Variablen x darstellen.

Definition: Unter einerPotenzreiheversteht man eine unendliche Reihe vom Typ PðxÞ ¼ X1

n¼0

anxn ¼ a0 þ a1x1 þ a2x2 þ . . . þ anxn þ . . . ðVI-27Þ Die reellen Zahlen a0,a1,a2, . . . heißenKoeffizientender Potenzreihe.

Zu einer etwas allgemeineren Darstellungsform der Potenzreihen gelangt man durch die Definitionsvorschrift

PðxÞ ¼ X1

n¼0

anðx x0Þn ¼

¼ a0 þ a1ðx x0Þ1 þ a2ðx x0Þ2 þ . . . þ anðx x0Þn þ . . .

ðVI-28Þ Die Stelle x0 heißt Entwicklungspunkt oder auch Entwicklungszentrum. Fu¨r x0 ¼ 0 erhalten wir die in den Anwendungen meist auftretende spezielle Form X1

n¼0

anxn („ Entwicklung um den Nullpunkt “). DieallgemeineForm (VI-28) kann dabei stets mit Hilfe der formalen Substitution z ¼ x x0 auf die spezielle Form (VI-27) zuru¨ckgefu¨hrt werden, so dass wir uns im Wesentlichen auf diesen Potenzreihentyp be- schra¨nken ko¨nnen.

& Beispiele

(1) PðxÞ ¼ X1

n¼0

xn ¼ 1 þ x1 þ x2 þ . . .þ xn þ . . .

(2) PðxÞ ¼ X1

n¼0

xn

n! ¼ 1 þ x1 1! þ x2

2! þ . . . þ xn n! þ . . . (3) PðxÞ ¼ X1

n¼1

ð1Þnþ1 ðx 1Þn

n ¼ ðx 1Þ1

1 ðx 1Þ2

2 þ ðx 1Þ3

3 þ. . .

&

(22)

2.2 Konvergenzverhalten einer Potenzreihe

Bei einer Potenzreihe PðxÞ ¼ X1

n¼0

anxn ha¨ngt der Wert eines jeden Gliedes und damit auch der Summenwert(falls er u¨berhaupt vorhanden ist) noch vom Wert der unabha¨ngi- gen Variablen x ab. Wir bescha¨ftigen uns daher in diesem Abschnitt mit dem Konver- genzverhalten einer Potenzreihe und untersuchen insbesondere, fu¨r welche x-Werte die Reihekonvergiert.

Konvergenzbereich einer Potenzreihe

Nach den Ausfu¨hrungen in Abschnitt 1.2.2 konvergiert eine Potenzreihe PðxÞ defini- tionsgema¨ß an einer Stelle x1, wenn die Partialsummenfolge

P0ðx1Þ ¼ a0

P1ðx1Þ ¼ a0 þ a1x1

P2ðx1Þ ¼ a0 þ a1x1 þ a2x21 ...

Pnðx1Þ ¼ a0 þ a1x1 þ a2x21 þ . . . þ anxn1 ...

ðVI-29Þ

einem Grenzwert, dem sog. Summenwert Pðx1Þ, zustrebt. Besitzt diese Folge jedoch keinen Grenzwert, so ist die Potenzreihe an der Stelle x1 divergent. Wir definieren da- her:

Definition: Die Menge aller x-Werte, fu¨r die eine Potenzreihe X1

n¼0

anxn konver- giert, heißtKonvergenzbereichder Potenzreihe.

Fu¨r x ¼ 0 konvergiertjedePotenzreihe und besitzt dort den Summenwert Pð0Þ ¼ a0. Es gibt Potenzreihen, die nurfu¨r x ¼ 0 konvergieren und solche, die fu¨r alle x 2 R konvergieren. Beispiele hierzu werden wir spa¨ter noch kennenlernen. Allgemein la¨sst sich zeigen, dass eine Potenzreihe stets in einem bestimmten, zum Nullpunkt symmetrisch angeordneten Intervall jxj < r konvergiert und außerhalb dieses Intervalls divergiert, wobei wir zuna¨chst einmal vom Konvergenzverhalten der Reihe in den beiden Randpunk- ten jxj ¼ r absehen wollen (Bild VI-3).

x = – r1 0 x = r2 x

Divergenz ? Konvergenz ? Divergenz

Bild VI-3 Konvergenzbereich einer Potenzreihe

(23)

Geometrische Deutung des Konvergenzbereiches

DerKonvergenzbereicheiner Potenzreihe la¨sst sichgeometrischwie folgt konstruieren.

Wir schlagen um den Nullpunkt der Zahlengerade (x-Achse) einen Kreis mit dem Ra- dius r, den sog. Konvergenzkreis (Bild VI-3). Er schneidet die Zahlengerade an den Stellen x1 ¼ r und x2 ¼ þr. Der Konvergenzbereichder Potenzreihe ist dann der im Innern des Konvergenzkreises liegende Bereich der Zahlengerade. Außerhalb dieses Bereichesdivergiert die Reihe. Der Radius r des Konvergenzkreises heißt daher in die- sem Zusammenhang auchKonvergenzradius.

ber das Konvergenzverhalten einer Potenzreihe in den beiden Randpunkten lassen sich jedoch keine allgemeingu¨ltigen Aussagen machen. Es gibt Potenzreihen, die in einem der beiden Randpunkte oder sogar in beiden Randpunkten konvergieren, und solche, die in keinem der beiden Randpunkte konvergieren. Zur Feststellung des Konvergenzverhaltens in den Randpunkten bedarf es daher stets weiterer Unter- suchungen.

ber das Konvergenzverhalten einer Potenzreihe (Bild VI-3) Zu jeder Potenzreihe X1

n¼0

anxn gibt es eine positive Zahl r, Konvergenzradius genannt, mit den folgenden Eigenschaften:

1. Die Potenzreihekonvergiertu¨berall im Intervall jxj < r.

2. Die Potenzreihedivergiertdagegen fu¨r jxj > r.

3. ber das Konvergenzverhalten der Potenzreihe in den Randpunkten jxj ¼ r lassen sich jedoch keineallgemeingu¨ltigen Aussagen machen. Es bedarf hier- zu weiterer Untersuchungen.

Anmerkungen

(1) Der Konvergenzbereich einer Potenzreihe besteht somit aus dem Intervall jxj < r, zu dem gegebenenfalls noch ein oder sogar beide Randpunkte hin- zukommen.

(2) Konvergiert eine Potenzreihenuran der Stelle x ¼ 0, so setzt man r ¼ 0.

(3) Einebesta¨ndig, d. h. fu¨ralle x 2 R konvergierende Potenzreihe besitzt den Kon- vergenzradius r ¼ 1.

Berechnung des Konvergenzradius

Wir wollen nun eine Formel herleiten, mit der wir den Konvergenzradius r einer Po- tenzreihe X1

n¼0

anxn berechnen ko¨nnen, wobei wir voraussetzen, dass sa¨mtliche Koeffi- zienten an von Null verschieden sind. Nach dem Quotientenkriterium (VI-17) konver-

(24)

giert die Reihe X1

n¼0

bn, wenn ihre Glieder die Bedingung

lim

n! 1

bnþ1 bn

< 1 ðVI-30Þ

erfu¨llen. Mit bn ¼ anxn und bnþ1 ¼ anþ1xnþ1 erhalten wir hieraus die folgende Konvergenzbedingungfu¨r unsere Potenzreihe:

lim

n! 1

bnþ1

bn

¼ lim

n! 1

anþ1xnþ1 anxn

¼ lim

n! 1

anþ1

an x

¼

¼ lim

n! 1 jxj anþ1

an

¼ jxj lim

n! 1

anþ1

an

< 1 ðVI-31Þ Durch Auflo¨sen dieser Ungleichung nach jxj erhalten wir schließlich

jxj < 1 lim

n! 1

anþ1

an

¼ lim

n! 1

1 anþ1

an

¼ lim

n! 1

an anþ1

¼ r ðVI-32Þ

wobei wir noch r ¼ lim

n! 1

an

anþ1

ðVI-33Þ

gesetzt haben. Die Potenzreihe X1

n¼0

anxn konvergiert somit fu¨r jxj < r, d. h. r ist der gesuchteKonvergenzradiusder Reihe.

Wir fassen dieses wichtige Ergebnis wie folgt zusammen:

Konvergenzradius einer Potenzreihe (Bild VI-3) DerKonvergenzradius r einer Potenzreihe X1

n¼0

anxnla¨sst sich nach der Formel r ¼ lim

n! 1

an

anþ1

ðVI-34Þ

berechnen (Voraussetzung: alle Koeffizienten an 6¼ 0 und der Grenzwert ist vor- handen). Die Reihe konvergiert dann fu¨r jxj < r und divergiert fu¨r jxj > r (siehe hierzu auch Bild VI-3). In den beiden Randpunkten x1 ¼ r und x2 ¼ þr ist das Konvergenzverhalten der Potenzreihe zuna¨chst unbestimmt. Es bedarf hier weiterer Untersuchungen.

(25)

Anmerkungen

(1) Der Konvergenzradius la¨sst sich auch nach der Formel

r ¼ 1

lim

n! 1

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi janj

pn ðVI-35Þ

berechnen, die man aus demWurzelkriterium(VI-18) erha¨lt.

(2) Die Formeln (VI-34) und (VI-35) gelten auch fu¨r den Konvergenzradius r einer Potenzreihe vom allgemeinen Typ X1

n¼0

anðx x0Þn. Diese Reihe konvergiert dann fu¨r jx x0j < r, d. h. im Intervall ðx0 r,x0 þ rÞ und divergiert fu¨r jx x0j > r, wa¨hrend das Konvergenzverhalten in den beiden Randpunkten x1 ¼ x0 r und x2 ¼ x0 þ r zuna¨chst unbestimmtist (Bild VI-4).

& Beispiele

(1) Wir untersuchen das Konvergenzverhalten dergeometrischen Reihe X1

n¼0

xn ¼ 1 þ x1 þ x2 þ . . . þ xn þ xnþ1 þ . . .

Mit an ¼ 1 und anþ1 ¼ 1 erhalten wir fu¨r denKonvergenzradius dieser Reihe nach Formel (VI-34):

r ¼ lim

n! 1

an

anþ1

¼ lim

n! 1

1

1 ¼ lim

n! 1 1 ¼ 1

Die geometrische Reihe konvergiert damit fu¨r jxj < 1 und divergiert fu¨r jxj > 1. Wir untersuchen jetzt das Konvergenzverhalten der Reihe in den beiden Randpunkten:

Randpunkt x1 ¼ 1: 1 1 þ 1 1 þ . . . Randpunkt x2 ¼ þ1: 1 þ 1 þ 1 þ 1 þ . . .

x

x – r0 x0 x + r0

Divergenz ? Konvergenz ? Divergenz

Bild VI-4 Konvergenzbereich einer Potenzreihe vom allgemeinen Typ X1

n¼0

anðxx0Þn

(26)

Beide Zahlenreihen sind divergent. Die erste Reihe wurde bereits im Anschluss an dasLeibnizsche Konvergenzkriteriumuntersucht und dort alsdivergenterkannt (siehe hierzu Abschnitt 1.3.4). Die zweite Reihe besitzt den Summenwert s ¼ 1 und ist daherbestimmt divergent. Die geometrische Reihekonvergiertdemnach im offe- nen Intervall 1 < x < 1.

(2) DerKonvergenzradiusder Potenzreihe X1

n¼0

xn

n! ¼ 1 þ x1 1! þ x2

2! þ . . . þ xn

n! þ xnþ1

ðn þ 1Þ!þ . . . betra¨gt nach Formel (VI-34) mit an ¼ 1

n! und anþ1 ¼ 1 ðn þ 1Þ!:

r ¼ lim

n! 1

an anþ1

¼ lim

n! 1

1 n!

1 ðn þ 1Þ!

¼ lim

n! 1

ðn þ 1Þ!

n! ¼

¼ lim

n! 1

n!ðn þ 1Þ n! ¼ lim

n! 1ðn þ 1Þ ¼ 1

Die Reihe ist daherbesta¨ndig konvergent, d. h. sie konvergiert fu¨r jedes reelle x.

(3) Wir untersuchen die Potenzreihe X1

n¼1

ð1Þnþ1 ðx 1Þn

n ¼ ðx 1Þ1

1 ðx 1Þ2

2 þ ðx 1Þ3

3 þ. . .

auf Konvergenz. Zuna¨chst bringen wir die Reihe mit Hilfe der Substitution z ¼ x 1 in die etwas „ bequemere “ Form

X1

n¼1

ð1Þnþ1 zn n ¼ z1

1 z2 2 þ z3

3 þ. . .

DerKonvergenzradiusdieseralternierendenReihe betra¨gt dann mit an ¼ ð1Þnþ1 1

n und anþ1 ¼ ð1Þnþ2 1 n þ 1 nach Formel (VI-34):

r ¼ lim

n! 1

an anþ1

¼ lim

n! 1

ð1Þnþ1 1 n ð1Þnþ2 1

n þ 1

¼ lim

n! 1

1 1 n 1 1

n þ 1

¼

¼ lim

n! 1

1 n 1 n þ 1

¼ lim

n! 1

n þ 1

n ¼ lim

n! 1 1 þ 1 n

¼ 1

Abbildung

Tabelle 1: Potenzreihenentwicklungen einiger besonders wichtiger Funktionen
Tabelle 1: Fortsetzung
Tabelle 2: Na¨herungspolynome wichtiger elementarer Funktionen Funktion Entwicklungszentrum 1

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