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Nationaler Kontaktpunkt fördert die verantwortungsvolle Unternehmensführung | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Academic year: 2022

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VERANTWORTUNGSVOLLES WIRTSCHAFTEN

16 Die Volkswirtschaft  7 / 2017

Die Aufgabe des NKP ist es, die Leitsätze bei den Unternehmen bekannt zu machen und de- ren Anwendung zu fördern. Interessengruppen oder Einzelpersonen können beim NKP vermu- tete Verstösse gegen die Leitsätze melden, wor- auf dieser ein Schlichtungsverfahren anbieten kann. Eingaben sind grundsätzlich beim NKP je- nes Landes einzureichen, in dem der mutmass- liche Verstoss stattgefunden hat. Ist dieses Land kein Unterzeichnerstaat der Leitsätze, kann die Eingabe im Land des Hauptsitzes des multina- tionalen Unternehmens eingereicht werden.

Ziel des Schweizer NKP bei der Behandlung von Eingaben ist, dass sich die Parteien in einem Mediationsverfahren auf eine zukunftsorien- tierte und mit den Leitsätzen vereinbare Lösung einigen. Der NKP agiert dabei – oft unter Bei- zug eines externen Mediators – als Vermittler.

Er ist also keine quasi-richterliche Instanz, die darüber urteilt, ob die Leitsätze verletzt worden sind. Mit Blick auf die für eine erfolgreiche Me- diation wichtige Vertrauensbildung zwischen den Parteien findet das Vermittlungsverfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.   Der NKP veröffentlicht jedoch einen begründeten Entscheid, ob er auf eine Eingabe eintritt, und nach einer erfolgten Mediation veröffentlicht er einen Abschlussbericht.

Für die Behandlung jeder Eingabe setzt der NKP eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der von der Thematik des jeweiligen Falls betroffenen und über entsprechendes Fachwissen verfügen- den Bundesstellen ein. Bei seiner strategischen Ausrichtung und Anwendung der Leitsätze wird

D

ie Organisation für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung (OECD) hat 1976 einen Verhaltenskodex für multinationale Unternehmen erarbeitet.1 Die letztmals im Jahr 2011 aktualisierten Leitsätze sind die weltweit umfassendsten multilateralen Verhaltensnor- men für eine verantwortungsvolle Unterneh- mensführung (Corporate Social Responsibility, CSR). Sie stellen Empfehlungen der Regierungen der 35 OECD-Mitglieder sowie 12 weiterer Staa- ten an die Unternehmen dar und finden überall dort Anwendung, wo diese ihre Geschäftstätig- keit ausüben (siehe Abbildung).

Die OECD-Leitsätze beziehen sich beispiels- weise auf das Unternehmensverhalten in Be- reichen wie Arbeitsbeziehungen, Umwelt, Men- schenrechte oder Korruptionsbekämpfung. Die Unterzeichnerstaaten der Leitsätze sind ver- pflichtet, einen Nationalen Kontaktpunkt (NKP) einzurichten. In der Schweiz ist das Sekretariat des NKP im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) angesiedelt.2

Nationaler Kontaktpunkt

fördert die verantwortungsvolle Unternehmensführung

Setzen multinationale Unternehmen mit Sitz in der Schweiz die OECD-Leitsätze für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung um? Dieser Fragestellung widmet sich der im Seco angesiedelte Nationale Kontaktpunkt. Im Fokus stand jüngst beispielsweise die Fifa.  Lukas Siegenthaler, Alexander Kunze, Nadja Meier

Abstract  Bei den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen han- delt es sich um einen umfassenden Verhaltenskodex für eine verantwor- tungsvolle Unternehmensführung. In der Schweiz fördert der Nationale Kontaktpunkt (NKP), dessen Sekretariat sich im Staatssekretariat für Wirt- schaft befindet, die Umsetzung dieser Empfehlungen durch die Unterneh- men. Werden dem NKP vermutete Verstösse gegen die Leitsätze gemel- det, kann er ein Schlichtungsverfahren anbieten. Der NKP behandelte in den letzten Jahren vermehrt komplexe Eingaben wie jene zur Fifa-Fussballwelt- meisterschaft 2022 in Katar. Der im April 2017 veröffentlichte OECD-Bericht zur Länderprüfung stellt dem NKP ein gutes Zeugnis aus und anerkennt des- sen professionelle Arbeitsweise.

1 Abrufbar unter Mne- guidelines.oecd.org 2 In der Schweiz sind Or-

ganisation und Zustän- digkeit des NKP seit 2013 in einer Verord- nung des Bundesrates geregelt, siehe Seco.

admin.ch/nkp; siehe auch Beitrag von Seco- Direktorin Marie- Gabrielle Ineichen- Fleisch auf Seite 10.

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FOKUS Im Fokus des Nationalen

Kontaktpunkts: Stadion-Baustelle in Katar, Austragungsort der Fussball-WM 2022.

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VERANTWORTUNGSVOLLES WIRTSCHAFTEN

18 Die Volkswirtschaft  7 / 2017

der NKP von einem Beirat beraten. Dieser be- steht aus der Seco-Direktorin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch und drei weiteren Mitgliedern der Bundesverwaltung sowie je zwei Vertreter von Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbänden, Nichtregierungsorgani- sationen (NGOs) und der Wissenschaft.

Mediation mit Fifa zeigt Wirkung

Seit seiner Errichtung im Jahr 2000 hat der Schweizer NKP 18 Eingaben erhalten, wobei die Zahl und Komplexität der Eingaben in den letz- ten fünf Jahren zugenommen hat. So hatte der Schweizer NKP beispielsweise als einer der ers- ten über die Anwendbarkeit der Leitsätze auf

Sportorganisationen sowie auf NGOs zu befin- den. Bei Eingaben zum Weltfussballverband Fifa und der Umweltorganisation WWF Inter- national, die beide in der Schweiz ihren Sitz ha- ben, erachtete er die Voraussetzungen zur An- wendung der Leitsätze aufgrund der konkreten Umstände als erfüllt und bot den Parteien daher eine Mediation an.

Die 2015 eingereichte Eingabe der Ge- werkschaft Bau- und Holzarbeiter Interna- tionale (BHI) gegen die Fifa machte Verstösse gegen die Menschenrechte von Wanderarbei- tern beim Bau der Infrastruktur für die Fuss- ballweltmeisterschaft 2022 in Katar geltend.

Der Mediationsprozess zwischen den Partei- en trug unter anderem dazu bei, dass die Fifa Geografische Bedeutung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen (2016)

  Unterzeichnerstaaten der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, die zugleich Gaststaaten der von den NKP-Eingaben betroffenen Unternehmensaktivitäten sind        Unterzeichnerstaaten der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen     

  Staaten im Prozess der Unterzeichnung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen    Gaststaaten der von den NKP-Eingaben betroffenen Unternehmensaktivitäten  

OECD (2015) / SHUTTERSTOCK / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

Bis Ende 2016 behandelten die Nationalen Kontaktpunkte insgesamt über 400 Eingaben, welche Unternehmensaktivitäten in über 100 Ländern be- trafen.

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FOKUS

Die Volkswirtschaft  7 / 2017 19 eine menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung an-

hand der OECD-Leitsätze und weiterer interna- tional anerkannter Standards vornimmt. Wei- ter werden Arbeitsinspektionen auf Baustellen durchgeführt sowie auf die Verbesserung von Beschwerdemechanismen für Arbeiter in Katar hingewirkt.3

Bemerkenswert ist, dass in Katar, dessen Rechtsordnung keine gewerkschaftlichen Akti- vitäten vorsieht, Mitglieder von internationalen Gewerkschaften künftig an gewissen Arbeits- inspektionen teilnehmen können. Die Parteien werden sich neun Monate nach Abschluss der Mediation erneut treffen, um die Umsetzung der Vereinbarung zu besprechen. Zur länger- fristigen Wirkung des Mediationsverfahrens trägt zudem die Teilnahme der Gewerkschaft BHI im neu geschaffenen Beirat der Fifa zu den Menschenrechten bei.

Gutes Zeugnis für Schweizer NKP

Anhand von sogenannten Peer Reviews über- prüft die OECD die Funktionsweise der Natio- nalen Kontaktpunkte. Diese werden auf freiwil- liger Basis durchgeführt und haben das Ziel, die NKP zu stärken. Als einer der ersten hat sich der Schweizer NKP einer solchen Prüfung unterzo- gen. Zu diesem Zweck haben Mitarbeitende der NKP aus Deutschland, Chile und Grossbritan- nien sowie des OECD-Sekretariats im Novem- ber 2016 die Schweiz besucht und Vertreter aus Bundesverwaltung, Wirtschaft, Gewerkschaf- ten, Nichtregierungsorganisationen und Wis- senschaft befragt.

Im jüngst veröffentlichten Prüfungsbericht4 anerkennt die OECD die professionelle Arbeits-

Lukas Siegenthaler Dr. iur., Leiter Ressort Internationale Investitio- nen und multinationale Unternehmen, Staatsse- kretariat für Wirtschaft (Seco), Bern

Alexander Kunze Wissenschaftlicher Mit- arbeiter, Ressort Interna- tionale Investitionen und multinationale Unterneh- men, Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), Bern

Nadja Meier

Wissenschaftliche Mit- arbeiterin, Ressort Inter- nationale Investitionen und multinationale Unter- nehmen, Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), Bern

weise des Schweizer NKP und betont dessen Ak- zeptanz und Bekanntheit bei den Unternehmen.

Positiv gewürdigt werden auch die seit 2013 er- folgten Anpassungen der Struktur des NKP, ins- besondere die Schaffung des Beirats bestehend aus Vertretern der betroffenen Interessengrup- pen. Die Empfehlungen der OECD beinhalten, dass der NKP bei der Förderung der Leitsät- ze noch enger mit NGOs zusammenarbeiten soll. Weiter sollen die Rolle des Beirats bei der Behandlung von Eingaben geklärt und in die Schlussberichte zu den Vermittlungsverfah- ren vermehrt substanzielle Informationen über die Ergebnisse der Verfahren beziehungswei- se Empfehlungen zur Umsetzung der Leitsätze aufgenommen werden.

Der NKP beabsichtigt, vermehrt an Anläs- sen unter anderen von NGOs teilzunehmen, um die Arbeitsweise des NKP und die Ergebnisse der Mediationsverfahren konkret aufzuzeigen.

Er wird auch die weiteren Empfehlungen in Ab- sprache mit dem Beirat umsetzen und der OECD bis im Frühjahr 2018 darüber berichten.

3 Abschlussbericht abrufbar unter Seco.admin.ch/nkp 4 Bericht abrufbar

unter Mneguidelines.

oecd.org

Referenzen

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