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Energieaussenpolitik der Schweiz | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Globale Rahmenbedingungen

In ihrem World Energy Outlook prognosti- ziert die Internationale Energie-Agentur (IEA), dass die weltweite Energienachfrage bei unveränderter Politik (Referenzszenario) bis 2030 um mehr als 50% ansteigen wird. Andere Studien kommen auf ähnliche Ergebnisse.

Dieser Anstieg wird angetrieben durch das Weltbevölkerungswachstum von heute rund 6,7 Mrd. auf 10 Mrd. Menschen und den wirt- schaftlichen Nachholbedarf der Schwellen- und Entwicklungsländer, allen voran China und Indien. In Nordamerika dürfte der Ener- giebedarf ebenfalls weiter zunehmen, wäh- rend er sich in Europa und Japan im nächsten Jahrzehnt stabilisieren sollte.

Beim globalen Energiemix sind bis 2030 keine substanziellen Veränderungen zu er- warten: Die fossilen Energieträger Erdöl, Kohle und Erdgas werden auch künftig rund 80% des Bedarfs decken. Ebenso bleiben die Anteile der Kernenergie und der sogenannten nichtkommerziellen Biomasse (eingesam- meltes Brennholz und Dung in Entwicklungs- ländern) beinahe unverändert. Die erneuer- baren Energien (Wasserkraft und neue erneuerbare Energien wie Biomasse für Strom-, Wärme- und Treibstofferzeugung, Windkraft, Solarenergie und Geothermie) werden zwar kräftig wachsen. Doch selbst unter der Annahme einer grosszügigen Förde- rung werden sie bis 2030 kaum mehr als einige Prozente der Weltenergienachfrage decken können.

Energie in Europa

Basierend auf dem Vorschlag der EU-Kom- mission vom Januar 2007 haben sich die europäischen Staats- und Regierungschefs an ihrem Gipfel vom März 2007 auf einen ener- giepolitischen Aktionsplan für die Jahre 2007 bis 2009 geeinigt. Mit ehrgeizigen Zielen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen und zur Förderung erneuerbarer Energien bis

Energieaussenpolitik der Schweiz

Steivan Defilla Energieberater, Ressort Technologie-, Umwelt- und Energiepolitik, Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Bern

Jean-Christophe Füeg Delegierter für inter- nationale Energie- angelegenheiten, Bundesamt für Energie BFE, Ittigen b. Bern

Die Schweiz steht im Energiebe- reich vor grossen Herausforderun- gen: die kontinuierlich steigende Energienachfrage, die starke Ab- hängigkeit von Energieimporten, die begrenzten fossilen Reserven, der emissionsbedingte Klima- wandel und die anstehenden Ersatz- und Neuinvestitionen für die künftige Stromversorgung.

Der Bundesrat hat deshalb im Februar 2007 neue energiepoli- tische Grundsätze festgelegt, zu denen auch die Verstärkung der Energieaussenpolitik gehört.

Im nachfolgenden Artikel werden zuerst das globale Umfeld im Energiebereich sowie der euro- päische Energiemarkt und an- schliessend die weit reichenden Verknüpfungen der Schweiz mit dem europäischen Ausland skiz- ziert. Der Artikel schliesst mit ei- ner Auflistung der wichtigsten Handlungsfelder der schweizeri- schen Energiepolitik.

Die Schweiz ist vollständig in die europäischen Energiesysteme integriert: Einerseits fungiert sie als Drehscheibe und bedeutendes Transitland für Strom und Erdgas. Andererseits stammen die Importe von fossilen Energieträgern und Strom zu einem grossen Teil aus EU-Ländern. 14% der Stromimporte stammen dabei aus Frankreich. Im Bild: Kernkraft-

werk Meysse (Frankreich). Bild: Keystone

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2020 soll die Abhängigkeit Europas von im- portierten Energien verringert und der Weg zu einer «neuen industriellen Revolution» einge- schlagen werden. Darin enthalten sind zwei bindende Verpflichtungen:

– Erhöhung des Anteils erneuerbarer Ener- gien am EU-Energiemix auf 20% bis zum Jahr 2020.

– Reduktion der Treibhausgasemissionen um mindestens 20% unter das Niveau von 1990 bis zum Jahr 2020.

Ergänzt werden diese Verpflichtungen durch die Vorgabe, den für 2020 prognosti- zierten Gesamtenergieverbrauch durch Ein- satz von Effizienzmassnahmen ebenfalls um 20% zu reduzieren.

Weitere Punkte des Aktionsplans betreffen Beschlüsse zur Vollendung des Binnenmark- tes für Strom und Gas, einschliesslich der wirksamen Trennung von Erzeugung und Netzbetrieb (Unbundling) sowie Bekenntnis- se zur energiepolitischen Solidarität im Kri- senfall innerhalb der EU und zu den Zustän- digkeiten der Mitgliedstaaten bei der Festlegung ihres nationalen Energiemixes.

Zudem enthält der Aktionsplan Aussagen zur Versorgungssicherheit, zur internatio- nalen Energiepolitik sowie zur Verstärkung der Energieforschung, um neue Energie- technologien schneller wettbewerbsfähig zu machen.

Die Stromnachfrage in Europa wird in den nächsten 25 Jahren um über 50% ansteigen.

Nachdem in den letzten zehn Jahren Kapazi- tätsüberhänge abgebaut wurden, müssen in den kommenden 25 Jahren rund 60% des al- ternden Kraftwerkparks ersetzt sowie zusätz- liche Kapazitäten erstellt werden1. Das dafür erforderliche Investitionsvolumen beträgt rund 900 Mrd. Euro. Den Investoren zu schaf- fen machen dabei u.a. die unklaren klimapoli- tischen Rahmenbedingungen und der daraus abgeleitete CO2-Preis.2 Aber auch Auflagen zur Förderung der erneuerbaren Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung, die von der Energiedienstleistungsdirektive vorgeschrie- bene Reduktion der Nachfrage, die mangeln- de Akzeptanz der Kernenergie, Einschränkun- gen bei der Wasserkraft usw. bilden erhebliche Hindernisse (siehe Kasten 1).

Energie in den Beziehungen der Schweiz zu Europa

Die Bedeutung der europäischen Politik im Energiebereich ist für die Schweiz sehr gross, und wir können entsprechend von den An- strengungen der EU im Bereich der Energie- aussenpolitik profitieren. Faktisch ist die Schweiz vollständig in die europäischen Energiesysteme integriert und wird in einer

Vielzahl von EU-Studien zur Versorgungs- sicherheit als wesentlicher Bestandteil des europäischen Marktes dargestellt:

– Die Schweizer Erdöl- und Erdgas-Importe stammen teilweise aus EU-Mitgliedstaaten oder werden durch diese Staaten transpor- tiert.

– Die Schweiz ist eine Drehscheibe im euro- päischen Strommarkt: Die grenzüber- schreitenden Stromflüsse sind höher als unser Landesverbrauch und machen allein 20% des gesamten europäischen grenz- überschreitenden Stromverkehrs aus.

– Die Schweiz hängt zu etwa 14% ihrer Stromimporte von den Lieferverträgen mit der französischen Electricité de France (EdF) ab.

– Der Gastransit durch unser Land nach Ita- lien entspricht dem Fünffachen unseres Inlandsverbrauchs.

Am 8. November 2007 hat in Brüssel die erste Verhandlungsrunde zwischen der Schweiz und der EU im Strombereich stattge- funden. Hauptanliegen beider Seiten ist die Versorgungssicherheit im liberalisierten Um- feld. Die Verhandlungen sollen den Strom- transit, die Aufrechterhaltung der bestehen- den Langfristverträge, die Harmonisierung der Sicherheitsstandards, die gegenseitige An- erkennung der Herkunftsnachweise für Strom aus erneuerbaren Energiequellen und den Marktzugang beinhalten.

Bilaterale Energiebeziehungen der Schweiz

Der schweizerische Energiebedarf ist hin- sichtlich Ursprungsland im Bereich Erdöl besser diversifiziert als im Bereich Erdgas (sie- he Grafiken 1 und 2).

Durch langfristige Bezugsverträge mit In- vestitionscharakter kann die Schweiz seit rund 20 Jahren günstigen Strom aus französischen Kernkraftwerken beziehen. Als Transitland für Erdöl und Erdgas sowie als Standort für Erdgasspeicher ist Frankreich ein wichtiger Energiepartner für die Schweiz. Die Umset- zung der EU-Direktive 2004/67/EG durch Frankreich beeinträchtigt die Gasversor- gungssicherheit der Schweiz. Das französische Umsetzungsdekret sieht vor, dass auch die von Schweizer Firmen mitfinanzierten geologi- schen Gasspeicher in Frankreich in Notzeiten vorrangig den französischen Endkunden zur Verfügung stehen müssen.

Zwei Drittel des schweizerischen Gasbe- darfs werden bei Gaslieferanten aus Deutsch- land beschafft, und über 80% der Gaseinfuh- ren gelangen über Deutschland in die Schweiz.

Aufgrund seines strukturellen Stromdefizits ist Italien ein wichtiger Absatzmarkt für

Kasten 1

Vertrag von Lissabon

Der im Dezember 2007 unterzeichnete Ver- trag von Lissabon sieht u.a. eine verstärkte gemeinschaftliche Ausrichtung der Energie- politik in der EU vor. So sollen Versorgungs- sicherheit, Solidaritätsansätze, Interkonnek- tionen der Energiesysteme sowie das klima- politische Engagement der EU auf der Welt- bühne in den Vertrag aufgenommen werden.

Dadurch wird die energiepolitische Kompe- tenz der Mitgliedstaaten zunehmend nach Brüssel verlagert. Bisher konnte die EU im Energiebereich nur aufgrund ihrer Kompeten- zen zum Beispiel in den Bereichen der Wett- bewerbs-, Umwelt- sowie Aussen- und Sicher- heitspolitik (Gasp) oder den vier Freiheiten (Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehrsfreiheit) handeln.

Kasten 2

IEA-Notstandsplan

Laut dem IEP sind die Mitgliedstaaten der IEA zur Haltung von Erdöllagern verpflichtet, die mindestens 90 Tagen Netto-Importen entsprechen. Im Falle einer Versorgungs- lücke, die 7% des Verbrauchs der Mitglied- staaten überschreitet, sieht das IEP eine von den Mitgliedstaaten vereinbarte Aktivierung des Notstandplanes vor. Weitergehende Massnahmen sind bei einer 12%-igen Ver- sorgungslücke vorgesehen. Die konkrete Umsetzung der Massnahmen – wie z.B. die Drosselung der Nachfrage und die Freigabe der Pflichtlager – ist weitgehend Sache der Mitgliedstaaten. Der IEA-Notstandsplan wur- de bisher zweimal aktiviert: im Januar 1991 beim Ausbruch des ersten Golfkrieges und im September 2005, als der Hurrikan Katrina weite Teile der US-Erdölversorgung lahm legte.

1 Der Kapazitätsneubaubedarf beträgt 730 000 MW, was dem 43-fachen der heutigen Kraftwerkskapazität der Schweiz entspricht.

2 Die dramatischen Preisentwicklungen von CO2, Erdgas und Kohle der letzten drei Jahre zeugen von der Schwierigkeit, langfristige Investitionsentscheide zu treffen. Ab 2004 stieg der ans Erdöl gekoppelte Erdgas- preis im Verhältnis zu Kohle rapide an, wodurch die Attraktivität vormalig kostengünstiger Gaskraftwerke sank. Der Stromsektor ist vom EU-Emissionshandels- system ETS erfasst. Wegen zu grosszügigen Quotenallo- kationen während der Vorlaufperiode 2005–07 brach der CO2-Preis ein, der die stärkere Klimabelastung von Kohle hätte internalisieren sollen. Die Lehren aus der Vorlauf- periode wurden gezogen, und der CO2-Preis hat sich auf einem für Investoren annehmbaren Niveau eingepen- delt.

3 SR 0.747.224.10.

4 SR 0.730.1.

5 SR 0.730.0.

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transportiert. Die Niederlande und Belgien sind mit den Häfen Rotterdam und Antwer- pen sowie mit ihren Raffinerien ein wesentli- ches Glied in der Erdölversorgungskette der Schweiz. Die 1868 abgeschlossene und 1963 revidierte multilaterale Rheinschifffahrtsakte gewährt der Schweiz die völkerrechtlich ver- briefte Transitfreiheit auf dem Rhein.

Multilaterale Beziehungen im Energiebereich

Die IEA wurde 1974 von den Industriestaa- ten als Reaktion auf die erste weltweite Erdöl- krise gegründet. Sie basiert auf dem ebenfalls 1974 verabschiedeten Internationalen Ener- gieprogramm (IEP)4, das die Mitgliedstaaten zum Anlegen und koordinierten Einsatz von Erdöllagern bei Versorgungsengpässen ver- pflichtet. Seit ihrer Gründung haben sich die Tätigkeiten der IEA auf sämtliche Energie- träger sowie auf Energieverbrauch bzw. -effi- zienz ausgeweitet. In den letzten zwei Jahr- zehnten widmete sich die IEA zudem vermehrt den ökologischen und sozialen Komponenten einer nachhaltigen Energiepolitik, die 1993 in den so genannten «gemeinsamen Werten»

(Shared Goals) von den Energieministern verabschiedet wurden (siehe Kasten 2).

Der 1998 in Kraft getretene Vertrag über die Energiecharta5 ist ein multilaterales Sek- torabkommen, welches Handel, Transit, In- vestitionen und energierelevante Umwelt- aspekte regelt. Mitglieder sind 46 Staaten Westeuropas, die GUS sowie Japan; Pakistans Beitritt wird demnächst rechtsgültig. Russ- land, Belarus, Norwegen und Island haben den Vertrag bisher nicht ratifiziert. Im Bereich Handel wendet er die Regeln der WTO an.

Die WTO verbietet Ein- und Ausfuhrquoten.

Ein politisch motiviertes Embargo wie das Erdölembargo von 1973 (d.h. eine Ausfuhr- quote von null gegenüber einer bestimmten Ländergruppe) wäre WTO-widrig, solange es nicht vom UNO-Sicherheitsrat erlassen würde. Die WTO verlangt von Staatshandels- Unternehmen zudem, dass sie sich wie kom- merzielle Unternehmen verhalten.

In den frühen Neunzigerjahren wurde im Rahmen des Internationalen Energieforums (IEF) ein informeller «Energiedialog» zwi- schen Energieministern führender Industrie- staaten und der Organisation Erdöl exportie- render Länder (Opec) in die Wege geleitet, um sowohl kontroverse als auch gemeinsame In- teressen von Erdölkonsumenten und -produ- zenten zu erörtern. Zweck dieses Dialogs, der alle zwei Jahre stattfindet, ist vor allem die Vertrauensbildung, was sich bei der Bewälti- gung von möglichen Versorgungsengpässen (z.B. bei der Irak-Invasion) auszahlt. Die Schweiz nahm 2002 erstmals am IEF teil und schweizerische Stromexporte. Schweizer Fir-

men investieren zudem massiv in den italieni- schen Kraftwerkpark. Durch die Transitgas- Pipeline werden grosse Mengen Erdgas von der Nordsee durch die Schweiz nach Italien

Frankreich 861

Belgien 887

Niederlande 1924

Deutschland 3391

Italien 955 Nordsee 184

Lateinamerika 23 Lateinamerika 56

Nordsee Afrika 56 424

Mittelost 28 GUS 3 1

73

Afrika 195 Mittelost 229 GUS 201

Nordsee 231

Nigeria 1064

Afrika 632 Mittelost 242 GUS 1409 Nordsee

GUS 1053 600

Mittelost 738

Afrika 117

Lateinamerika 55

Nordsee 88 GUS 282

Mittelost 190

GUS 26 2 Mittelost 329 Afrika 32

7 Alger

ien 45 1

CH

Nordsee 37

Libyen 2691

Quelle: IEA / Die Volkswirtschaft Grafik 1

Schweizer Erdölimporte, 2005

Legende:

Dunkle Flächen: Rohöl Aufgehellte Flächen: Erdölprodukte Äusserer Kreis: Herkunftsländer Innerer Kreis: Lieferländer

Niederlande 2.

6

Niederlande 0.7 Norwegen 0.7 ssland 1 Ru

.8

Afr

b 2.aik

4

Nor wegen 3.5 Russland 2.

8 Afrikaa 1.6

Italien 5.5 Frankreich 10.5

Deutschland 51.9

Russland 9.5

Russland 23.4 Niederlande

13.5

Norwegen 15.0

CH Niederlande

22.6 Grafik 2

Schweizer Gasimporte, 2005

Legende:

Äusserer Kreis: Herkunftsländer Innerer Kreis: Lieferländer a Algerien

b Algerien (2,02), Nigeria (0,36), Libyen (0,04)

Quelle: VSG; IEA / Die Volkswirtschaft

(4)

2006 erstmals auf Bundesratsstufe. Vorläufig leistet die Schweiz keine Beiträge an das auf freiwilliger Basis finanzierte Sekretariat des IEF.

Der Energiesektor ist die wichtigste Emis- sionsquelle von Treibhausgasen. Energie- fragen spielen deshalb auch eine Rolle bei der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC).6 Der völkerrechtlich verbriefte Klimaschutz und die vom Kyoto-Protokoll vorgeschrie- benen Emissionsreduktionsziele sind ausser- dem wichtige Triebfedern der schweizeri- schen Energiepolitik: Das im CO2-Gesetz vorgeschriebene CO2-Emissionsreduktions- ziel von 10% ist vom Schweizer Kyoto-Ziel abgeleitet.

Die Internationale Atomenergie-Agentur (IAEA) der UNO wurde 1957 gegründet. Ziel war, die nuklearen Technologien möglichst schnell in den Dienst der Gesundheit und der Wohlfahrt der Menschheit zu stellen. Die Schweiz gehört der IAEA seit deren Gründung an. Mit Inkrafttreten des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NPT)7 und aufgrund ihrer Erfahrung bei der Kontrolle von nuklearen Aktivitäten wurde die IAEA mit der Kontrolle derjenigen Unterzeichner- staaten beauftragt, die mit ihrem Beitritt zum NPT auf die nukleare Rüstung verzichtet ha- ben. Seit rund zehn Jahren unternimmt die IAEA Anstrengungen, ihr Kontrollsystem durch die Einführung eines Zusatzprotokolls zu verstärken und zu erweitern.

Seit der Verabschiedung des «Action Plan on Climate Change, Clean Energy and Sustai- nable Development» durch den G8-Gipfel in Gleneagles im Jahr 2005 haben die multilate-

ralen Entwicklungsbanken8 und die Global En- vironment Facility (GEF) diverse neue Initiati- ven mit spezifischem Fokus auf die Förderung der nachhaltigen Energienutzung und -ver- sorgung entwickelt. Im deren Rahmen setzen sich die multilateralen Institutionen zum Ziel, ihre Investitionen in die Energieeffizienz und in erneuerbare Energien zu erhöhen. Dies soll in Einklang mit ihrer Aufgabe zur Senkung der Armut erfolgen. Die Schweiz beteiligt sich ak- tiv am Politikdialog zur Ausgestaltung dieser Initiativen und leistet fallweise auch finanziel- le Unterstützung bei der Umsetzung. Zudem soll die bilaterale Entwicklungszusammenar- beit mit der Energieaussenpolitik verzahnt werden (siehe Kasten 3).

Ziele der schweizerischen Energieaussenpolitik

Hauptziele der schweizerischen Energie- aussenpolitik sind:

Energieversorgungssicherheit: Das vorran- gige Ziel der Energieaussenpolitik ist die Sicherung von Energieimporten. Diese beinhaltet seitens der Energiepolitik die diplomatische oder völkerrechtliche Ab- stützung von privatwirtschaftlichen Pro- jekten und Verträgen, da die Schweizer Energieimporte gänzlich von der Privat- wirtschaft gehandhabt werden.

Wirtschaftlichkeit: Die Wirtschaftlichkeit der Energie umfasst einerseits offene und effiziente Energiemärkte, welche dazu bei- tragen, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Schweiz gestärkt wird. Anderer- seits sollen in offenen Energiemärkten die Preise verursachergerecht die gesamten Kosten – also auch beispielsweise die Kos- ten für Umweltbeeinträchtigungen – bein- halten (siehe Grafik 3).

Umweltverträglichkeit: Die Umweltver- träglichkeit bedeutet die klimafreundliche und effiziente Energienutzung und ist als energieaussenpolitisches Ziel eng mit dem Technologie-Export verbunden. Aussen- politisch kann dieses Ziel nur mit einem breiten Ansatz verfolgt werden, bei dem auch die Umweltpolitik, die Energie- forschungs- und -technologiepolitik, die Exportförderung sowie Aspekte der Frie- densförderung und der Entwicklungszu- sammenarbeit mit einbezogen werden.

Verzahnung mit der Entwicklungszusam- menarbeit: Seit Verabschiedung der «Mil- lennium Development Goals» im Jahr 2000 wurde klar, dass diese nur durch Überwindung der Energiearmut9 erreicht werden können. Daher erhält die Verzah- nung der Energieaussenpolitik mit der Entwicklungszusammenarbeit einen spe- ziellen Stellenwert.

Kasten 3

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Im Rahmen von multilateralen und bilate- ralen Programmen möchte das Seco in Part- nerländern den Zugang zu modernen Ener- giedienstleistungen erhöhen, die Nutzung von erneuerbaren Energien fördern und zur Steigerung der Energieeffizienz beitragen.

Über die vom Seco gemeinsam mit der Unido in rund zwei Dutzend Entwicklungsländern aufgebauten Beratungszentren, die so ge- nannten Cleaner Production Centers, werden den Unternehmen Energiealternativen und - sparmöglichkeiten aufgezeigt und deren Um- setzung unterstützt. Damit wird gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Unternehmen gestärkt. Mittels öffentlich- privater Partnerschaften (PPP) werden im In- frastrukturbereich privatwirtschaftliche Mit- tel und Know-how im Hinblick auf die Bereit- stellung von nachhaltig erzeugter Energie so- wie den Technologietransfer mobilisiert. Aus- gebaut werden soll ausserdem die Förderung von Forschungs- und Technologiekooperatio- nen mit Entwicklungsländern für den Einsatz von erneuerbaren Energien. Dazu zählt auch die auf ökologischen und sozialen Mindest- kriterien aufbauende nachhaltige Produktion von biogenen Treibstoffen. Schliesslich soll über gezielte Ausbildung und Stärkung natio- naler Institutionen die Teilnahme einer grös- seren Anzahl von Staaten an den flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls der Klima- konvention ermöglicht werden.

Index 1981 = 100

BIP (real) Endenergieverbrauch Energieeffizienz

60 140 160

120

100

80

1981 1985 1990 1995 2000 2005

Quelle: BFE; BFS / Die Volkswirtschaft Grafik 3

Entwicklung des BIP, des Endenergieverbrauchs und der Energieeffizienz, 1981–2005

(5)

Handlungsbedarf auf verschienenen Ebenen

Die Versorgungssicherheit der Schweiz hängt unter anderem davon ab, ob auch in Zukunft eine ausreichende Inlandproduktion besteht, ob langfristige Bezugs- und Lieferver- träge mit Nachbarstaaten aufrechterhalten werden und ob effiziente Krisenmechanismen eingerichtet werden können. Bezüglich der EU stellt sich insbesondere die Frage, wie weit sich die Schweiz in Zukunft dem europäischen Energiemarkt annähern will. Die Schweiz kann ihre Annäherung auf ausgewählte Be- reiche beschränken oder ein umfassendes Abkommen im Strom- oder sogar Energie- bereich anstreben. Im Rahmen der Entwick- lungszusammenarbeit kann die Schweiz Energiemärkte in Schwellen- und Entwick- lungsländern stärken.

Die Wirtschaftlichkeit der Energieversor- gung wird wesentlich bestimmt durch den Integrationsgrad in den europäischen Bin- nenmarkt, d.h. die Beseitigung von Diskrimi- nierungen auf allen Märkten. Dazu gehört nicht nur der Marktzugang für Primärenergie und Energieerzeugnisse, sondern auch für Energieausrüstungsgüter, -dienstleistungen und -investitionen.

Im Bereich Umweltverträglichkeit haben Massnahmen, welche im Klimabereich natio- nal oder international beschlossen werden, direkte Auswirkungen auf die Energiepolitik.

Denn es ist vorwiegend an der Energiepolitik, die klimapolitischen Beschlüsse umzusetzen.

So hat beispielsweise der Entscheid, wie viele CO2-Emissionen im In- oder Ausland kom- pensiert werden müssen, direkte Auswirkun- gen auf den künftigen Bau von Energiepro- duktionsanlagen.

Im Bereich der Entwicklungszusammen- arbeit werden multilaterale Entwicklungs- banken und diverse UN-Organisationen im Energiesektor immer aktiver. Die Programme umfassen Projekte für die lokale Stromversor- gung (Energiezugang für die arme Bevölke- rung), zur Erhöhung der Energieeffizienz so- wie zur Förderung erneuerbarer Energien und des Transfers von so genannten sauberer Tech- nologie (Clean Technology). Die Schweiz prüft, wie sie sich – komplementär zu ihren bilatera- len Aktivitäten in diesem Bereich – verstärkt an der Umsetzung dieser Programme beteili-

gen kann.

6 United Nations Framework Convention on Climate Change.

7 Non-Proliferation Treaty.

8 Weltbank, EBRD, Interamerikanische-, Asiatische- und Afrikanische Entwicklungsbank.

9 Unter «Energiearmut» ist zu verstehen, dass rund 1,6 Mrd. Menschen keinen Zugang zu Elektrizität haben und 2,4 Mrd. Menschen für Koch- und Heizzwecke auf

«nicht-kommerzielle» Biomasse (d.h. eingesammeltes Holz und Dung) angewiesen sind.

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