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Verantwortungsvolle Unternehmensführung – was macht der Bund? | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Academic year: 2022

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Die Volkswirtschaft  4 / 2020 37 UNTERNEHMENSSTANDARDS

Verantwortungsvolle Unternehmens­

führung – was macht der Bund?

Der Bundesrat unterstützt Firmen bei der verantwortungsvollen Unternehmensführung.

Dazu hat er zwei Aktionspläne verabschiedet.  Amina Joubli, Alexander Kunze

D

ie Debatte zur Konzernverantwortungs- initiative und der Klimawandel haben die verantwortungsvolle Unternehmens- führung in den gesellschaftlichen und poli- tischen Fokus gerückt. Auch in der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung der Ver- einten Nationen ist der Privatsektor ein wich- tiger Akteur. Doch welche Aktivitäten sind zielführend? Und: Welche Rolle kommt dem Bund zu?

Gesellschaft und Politik erwarten von Unternehmen verantwortungsvolles Han- deln im In- und Ausland. Zur Unternehmens- nachhaltigkeit gehören die Achtung der Men- schenrechte, würdige Arbeitsbedingungen, die Einhaltung von Umweltstandards sowie der Verzicht auf Korruption und Täuschung von Konsumenten. Heutzutage reagiert die Öffentlichkeit – nicht zuletzt über Social Media – schneller und vehementer auf ver- mutete oder tatsächliche Verstösse.

Gestiegene gesellschaftliche Erwartun- gen, der technologische Wandel sowie die Komplexität der internationalen Lieferketten stellen die Unternehmen vor neue Heraus-

Abstract  Die verantwortungsvolle Unternehmensführung steht in der Schweiz ver- stärkt im gesellschaftlichen und politischen Fokus. Mit der Verabschiedung der aktu- alisierten Aktionspläne zu Corporate Social Responsibility (CSR) sowie zu Wirtschaft und Menschenrechten bestätigt der Bundesrat sein Engagement zur Förderung der verantwortungsvollen Unternehmensführung für die Legislaturperiode 2020–2023.

Durch eine langjährige Verantwortungskultur und Innovationsbereitschaft hat die Schweizer Wirtschaft gute Voraussetzungen, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.

forderungen. Berücksichtigen Kunden nach wie vor Bijouterien, die aufgrund von Kinder- arbeit in der Goldlieferantenkette in den so- zialen Medien angeprangert werden? Füh- ren Banken weiterhin Unternehmen in ihren Portfolios, die nicht auf erneuerbare Ener- gien setzen? Wie können kleinere und mitt- lere Unternehmen (KMU) mit vertretbarem Aufwand über Nachhaltigkeit berichten oder eine menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung durchführen? Um Antworten auf solche Fra- gen zu finden, müssen sich Unternehmen mit einer Vielzahl internationaler Richtlinien und Standards der verantwortungsvollen Unter- nehmensführung wie auch mit sich ändern- den Wertehaltungen und Bedürfnissen von Kunden, Arbeitnehmenden und weiteren In- teressengruppen auseinandersetzen.

Zwei Aktionspläne

Zur Förderung der verantwortungsvollen Unternehmensführung hat der Bundesrat im Januar 2020 den Aktionsplan zur gesell- schaftlichen Verantwortung der Unterneh- men (Corporate Social Responsibility, CSR) und den Nationalen Aktionsplan für Wirt- schaft und Menschenrechte (NAP) verab- schiedet. Beide Pläne gelten für den Zeit- raum 2020 bis 2023. Der CSR-Aktionsplan stellt den Unternehmen eine breite Auswahl an Instrumenten zur Verfügung, um die Ein- haltung der Arbeits- und Menschenrechte, die Korruptionsprävention und den Umwelt- schutz zu verbessern. Er enthält 16 Massnah- men, die hauptsächlich die Nachhaltigkeits- berichterstattung und die Sorgfaltsprüfung zur verantwortungsvollen Unternehmens- führung betreffen. Gerade die Sorgfaltsprü-

fung ist eine Chance für die Unternehmen:

Sie ermöglicht ihnen, Risiken betreffend bei- spielsweise Wasserverschmutzung, Zwangs- arbeit in der Zulieferkette oder Bestechung von Amtsträgern zu erkennen. Auf dieser Ba- sis können sie geeignete Massnahmen er- greifen, wobei sie deren Wirksamkeit laufend überprüfen (siehe Abbildung auf S. 38) und darüber berichten müssen.

Weiter fördert der Bund den Dialog zwi- schen Interessengruppen wie Nichtregie- rungsorganisationen, Wirtschaftsverbän- den und Wissenschaft, um gemeinsame Lö- sungen (zum Beispiel zur Bekämpfung des Klimawandels) zu finden. Bei vermutlichen Verstössen gegen die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen bietet der Na- tionale Kontaktpunkt Mediationen zur Kon- fliktlösung an. So trug er zu zukunftsgerich- teten Lösungen zur Achtung der Menschen- rechte durch die Credit Suisse, die Fifa und Lafarge Holcim bei.

Der Bundesrat erwartet von Unterneh- men mit Sitz oder Tätigkeit in der Schweiz, dass sie internationale Standards und Prin- zipien der verantwortungsvollen Unterneh- mensführung einhalten. In erster Linie han- delt es sich dabei um die Leitsätze für multi- nationale Unternehmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- wicklung (OECD) sowie um die Leitprinzipi- en für Wirtschaft und Menschenrechte und den Global Compact der Vereinten Nationen.

Der Bund bringt sich aktiv bei der OECD und bei der UNO für international abgestimmte Rahmenbedingungen ein, unterstützt Unter- nehmen bei der operativen Umsetzung (sie- he Kasten), verbessert die Gouvernanz und die Unternehmenspraxis in Entwicklungs- und Transitionsländern für die Thematik und fördert die Transparenz beispielsweise durch Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Fokus auf Menschenrechte

Während der CSR-Aktionsplan breiter ge- fasst ist, konzentriert sich der NAP auf Ins- trumente zur Achtung der Menschenrech- te. Er basiert auf den drei Säulen «Staatliche Nachhaltiger Kakao

Bis 2025 sollen mindestens 80 Prozent der Schweizer Kakaoimporte aus nachhaltigem An- bau stammen. Langfristig soll die Gesamtheit der Importe Nachhaltigkeitskriterien nachweislich berücksichtigen. Dieses Ziel verfolgt der 2018 gegründete und vom Bund unterstützte Verein Schweizer Plattform für Nachhaltigen Kakao.

Der Verein umfasst bereits über 60 Akteure der gesamten Schweizer Kakaobranche. Er führt mit den beteiligten Akteuren einen Dialog und ent- wickelt innovative Lösungen für soziale und öko- logische Herausforderungen in der Kakaowert- schöpfungskette.

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Schutzpflicht», «Unternehmensverantwor- tung» und «Zugang zur Wiedergutmachung».

Beispielsweise unterstützt der Bund die Unternehmen bei der Umsetzung der men- schenrechtlichen Sorgfaltsprüfung, indem er in Zusammenarbeit mit Handelskammern, Wirtschafts- und Branchenverbänden Work- shops organisiert. Zudem fördert der Bund sektorielle und private Initiativen, welche die Umsetzung der menschenrechtlichen Sorg- faltsprüfung gemäss den UNO-Leitprinzipi- en für Wirtschaft und Menschenrechte zum Ziel haben.

Aufgrund erhöhter menschenrechtlicher Risiken in Hochrisikoländern arbeitet der Bund mit den Schweizer Botschaften zusam- men. Handlungsbedarf gibt es beispielswei- se bei der Kinderarbeit: Weltweit arbeiten ge- mäss der Internationalen Arbeitsorganisation über 150 Millionen Kinder.1 Um hier Gegen- steuer zu geben, möchte sich die Schweiz an der globalen Allianz 8.7 gegen Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Menschenhandel beteili- gen.

Für Schweizer KMU hat der Bund eine Broschüre publiziert, welche einen prakti- schen Überblick über die Chancen und Her- ausforderungen der verantwortlichen Unter- nehmensführung gibt. Die Broschüre er- klärt, welche Schritte zur Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfung auf Unternehmensebene notwendig sind.

Unternehmen sind gefordert

Viele Schweizer Unternehmen handeln schon heute verantwortungsvoll. Insbeson- dere grössere Unternehmen orientieren sich

1 Zahlen von 2016.

an international vereinbarten Instrumenten wie den OECD-Leitsätzen für multinationa- le Unternehmen oder den UNO-Leitprinzipi- en für Wirtschaft und Menschenrechte. Aber auch KMU handeln verantwortungsvoll, in- dem sie unter anderem Arbeitsplätze schaf- fen, flexible Arbeitsmodelle zur Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf anbieten und inno- vative nachhaltige Produkte entwickeln.

Gleichzeitig ist die Liste der globalen He- rausforderungen lang: Die natürlichen Res- sourcen sind begrenzt, die Altersvorsorge ist angesichts der demografischen Alterung ge- fährdet, die gesellschaftlichen Erwartungen an Unternehmen steigen, und die Digitalisie- rung erfordert neue Arbeitsmodelle. Konkret müssen Schweizer Unternehmen zur Errei- chung der Ziele des Pariser Klimaabkommens beitragen, eine bessere Vereinbarkeit von Be- ruf und Familie sowie die Bedürfnisse der älte- ren Mitarbeitenden stärker berücksichtigen.

Auch die vierte industrielle Revolution mit der zunehmenden Digitalisierung birgt Chancen und Risiken für die verantwortungs- volle Unternehmensführung. Beispielswei- se entstehen im Dienstleistungssektor kom- plett neue Arbeitsformen. Da sogenann- te Cloud-Worker aus Entwicklungsländern vermehrt Routineaufgaben wie die Unter- nehmensbuchhaltung für Schweizer Firmen übernehmen, stellt sich für diese die Frage, wie würdige Arbeitsbedingungen sicherge- stellt werden können.

Innovation als Schlüssel

Bei der Lösung der zukünftigen gesellschaft- lichen Herausforderungen spielt Innovation eine entscheidende Rolle. Dies lässt sich am Beispiel Mobilität zeigen: Es reicht nicht, kon-

1 | Verantwortungsvolle Unternehmensführung verankern

in Strategien und Managementsystemen

2 | Bestimmen und Bewerten negativer Effekte in Geschäftstätigkeiten, Lieferketten und Geschäftsbeziehungen

6 | Leisten von oder Kooperation bei Wiedergutmachung, wo angemessen

3 | Beseitigen, Vermeiden oder Mindern negativer Effekte 4 | Nachverfolgen

von Umsetzung und Ergebnissen 5 | Kommunikation

über Umgang mit Effekten

BASIEREND AUF DER OECD DUE DILIGENCE GUIDANCE FOR RBC / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

Sechs Schritte der Sorgfaltsprüfung ventionelle Fahrzeuge verantwortungsvoll

herzustellen, sondern es geht vielmehr dar- um, ökologische, verkehrstaugliche und wirt- schaftliche Verkehrsmittel zu entwickeln. Da- bei sollen auch innovative Konzepte der ge- teilten Mobilität zum Einsatz kommen. Weiter ermöglicht etwa die Blockchain- Technologie eine bessere Rückverfolgbarkeit und mehr Transparenz bei Lieferketten, was eine effizi- entere Sorgfaltsprüfung ermöglicht. Eine He- rausforderung ist dabei der Datenschutz; zu- dem ist es für lokale Interessengruppen wie etwa Kakaobauern anspruchsvoll, die Daten- qualität zu gewährleisten.

Die Schweizer Wirtschaft hat gute Vor- aussetzungen, um diese Herausforderungen zu meistern. Sie ist innovativ und baut auf einer langjährigen Kultur von Verantwortung und Respekt auf. Entscheidend ist auch die Unternehmenskultur der einzelnen Firmen:

Die Vorbildrolle der Geschäftsleitung und des Verwaltungsrats, deren Bereitschaft zum Dia- log mit den externen Interessengruppen so- wie die Risikobereitschaft für Innovation sind zentral. Dies wird nicht zuletzt von den so- genannten Millennials, den zukünftigen Mit- arbeitenden, Führungskräften und Konsu- menten, erwartet.

Klar ist: Eine verantwortungsvolle Unter- nehmensführung stärkt die Wettbewerbsfä- higkeit und die Marktstellung eines Unter- nehmens, mindert potenzielle Reputations- risiken und ist eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltige wirtschaftliche, gesell- schaftliche und ökologische Entwicklung.

Alexander Kunze

Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Ressort Internationale Investitionen und multina- tionale Unternehmen, Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), Bern

Amina Joubli

Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Interna- tionale Arbeitsfragen, Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), Bern

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