[110] Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 42⏐⏐17. Oktober 2008
B E R U F
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eutsche Famulanten findet man an den exotischsten Plätzen dieser Erde. Immer wieder trifft dieses Interesse an fernen Län- dern und fremden Kulturen auch auf Gegenliebe im Gastgeberland. So machen sich jetzt Medizinstudieren- de in Kenia fit für den Gegenbesuch in Deutschland. Sie büffeln deutsche Vokabeln und üben regelmäßig in kleinen Grup- pen ihr Deutsch. Das Ziel:ein Platz im Austauschpro- gramm der Studentenverei- nigung „Die Bruecke“. Mit- hilfe dieses Programms kön- nen sie eine Famulatur an einem deutschen Kranken- haus absolvieren – das heißt, wenn sich genügend gastfreundli- che Deutsche finden, die sie für kur- ze Zeit bei sich aufnehmen.
„Die Bruecke“ ist der Name des offiziellen deutschen Klubs an der Universität Nairobi (www.uonbi.ac.
ke/student_orgs/Bruecke). Ziel der Vereinigung ist es, in Nairobi Stu- denten mit Interesse an der deutschen Kultur zusammenzubringen, das Er- lernen der deutschen Sprache zu för- dern und die Interaktion mit Mit- gliedern der deutschen Gemeinde in Kenia zu verstärken. Hierzu stehen Deutschkurse für interessierte Studie- rende auf dem Programm, zusätzlich monatliche Diskussionen zu verschie- denen Themen und – ganz deutsch – ein regelmäßiger Stammtisch.
Austausch: Hin und weg
Wie der Name „Die Bruecke“ nahe- legt, zielt der Verein darauf ab, eine Brücke zwischen den zwei Kultu- ren mit ihren unterschiedlichen Bräuchen und ihrem unterschiedli- chen Wissen (medizinisch und sozi- al) zu bauen. Dies wird, so hoffen die Studierenden, die sich in dem Klub engagieren, zu einem besserenVerständnis füreinander führen und die weitere Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Lehre ver- stärken.
Um diesen Brückenschlag zu er- reichen, organisiert der Klub Auf- enthalte von deutschen Studierenden in Kenia und bemüht sich um
Deutschlandaufenthalte für keniani- sche Studierende, die einen Teil ihrer Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland absolvieren wollen.
Denn das Medizinstudium in Kenia sieht eine Art Wahltertial an unter- schiedlichen Institutionen vor. Ziel hierbei ist es, die medizinischen Fähigkeiten des Studenten zu för- dern, vor allem in Techniken und Verfahren, die es in Kenia nicht gibt oder die (noch) nicht praktiziert wer- den. Am Ende des Austausches sollen die gewonnenen Erkenntnisse an Kommilitonen daheim weitergege- ben werden.
Dr. Martin Kollmann, Senior Lecturer für Augenheilkunde an der University of Nairobi und einer der Schirmherren des Programms, kennt die meisten Studierenden persön- lich: „Die Teilnehmer des Aus- tauschprogramms erhoffen sich, ihren Horizont in der medizini- schen Praxis zu erweitern. Dazu wollen sie sich mit neuer Techno- logie und innovativen Lösungsan- sätzen konfrontieren. Sie sind auf der Suche nach einer Gelegenheit, die deutsche Kultur, Tradition und
Geschichte näher kennenzulernen und natürlich ihre Deutschkennt- nisse zu verbessern.“ „Im Gegen- zug versuchen wir“, ergänzt Ga- briel Waari, Teilnehmer des Aus- tauschprogramms im vergangenen Jahr, „unsere Erfahrungen von der medizinischen Praxis in Kenia mit den deutschen Kommilito- nen zu teilen und hoffen, dass diese von der gesam- ten Austauscherfahrung eben- falls profitieren.“
Seit mehreren Jahren ver- bringen regelmäßig deut- sche Medizinstudierende im Rahmen des Programms ei- ne Famulatur oder ein Tertial des praktischen Jahrs in Nairobi. Das erste Ziel des Klubs, deutsche Medizinstudierende nach Kenia zu bringen, funktioniert dem- nach gut und ist erfolgreich. Das zweite Ziel, in vergleichbarer Wei- se kenianische Studierende nach Deutschland zu bringen, ist ungleich schwieriger realisierbar. Deshalb sucht „Die Bruecke“ Partner in Deutschland: Gruppen (zum Beispiel Fachschaften) oder Einzelpersonen, die bereit sind, das Austauschpro- gramm zu unterstützen. Insbesonde- re fehlen derzeit noch Gastgeber, die einem kenianischen Studieren- den für die Zeit seines Aufenthalts ein Dach über dem Kopf geben.
„Die Bruecke“ hofft, genügend Unterstützung zu erhalten, um in diesem Jahr sechs Medizinstudenten nach Deutschland entsenden zu kön- nen. Die Dauer des Austausches soll acht Wochen in den Monaten Okto- ber und November betragen. Der Ort ist nicht festgelegt und hängt von dem Wohnsitz des Gastgebers ab.
Interessierte wenden sich für wei- tere Infos bitte per E-Mail an: die bruecke@students.uonbi.ac.ke. I Johannes Menzel-Severing