• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Amblyopie durch optische Deprivation im frühen Kindesalter" (29.11.1979)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Amblyopie durch optische Deprivation im frühen Kindesalter" (29.11.1979)"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Amblyopie

durch optische Deprivation im frühen Kindesalter

Elisabeth Schulz und Wolfgang Haase

Aus der Universitäts-Augenklinik und -Poliklinik Hamburg (Direktor: Professor Dr. Dr. h. c. Hans Sautter)

Eine vollständige oder partielle Verlegung der optischen Medien kann bereits im ersten Lebensjahr zu später irreparablen Amblyopien füh- ren. Neurophysiologische Studien an Tieren sprechen für eine hoch- empfindliche Phase während der ersten Lebensmonate. Beim Men- schen darf für schwere optische Behinderungen ähnliches angenom- men werden. Daher sind kongenitale Katarakte, Hornhauttrübungen, Lidtumoren, Ptosis und andere bereits im ersten Lebenshalbjahr augenärztlich zu beurteilen.

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Amblyopie — eine häufig mit Schie- len verbundene Schwachsichtigkeit

— ist ein zentrales diagnostisches und therapeutisches Problem bei Kindern.

Sie entsteht nicht nur durch perma- nente monokulare Suppression des Netzhautbildes eines in Schielstel- lung abweichenden Auges, sondern auch durch optische Deprivation (Behinderung) eines oder beider Au- gen bei Parallelstand.

Auslöser hierfür sind Faktoren, die die Pupille mehr oder weniger ok- kludieren oder die Modulations- übertragung herabsetzen, zum Bei- spiel Ptosis (Abbildung 1), Lidtumor (Abbildungen 2 und 3), Medientrü- bungen, zum Beispiel Katarakt (Ab- bildung 4), und Hornhauttrübungen sowie alle unkorrigierten höheren einseitigen oder beidseitigen Re- fraktionsanomalien (Darstellung 1) (4)*).

Je früher, länger und intensiver die- se optische Deprivation besteht, um so tiefer und letztlich sogar irreversi- bel wird die Amblyopie sein; dies

zeigen klinische Erfahrungen, und hierfür sprechen neurophysiologi- sche Befunde im Tierversuch an Katzen und Affen (1, 5, 7, 8).

Zur Dauer der störanfälligen (sensi- tiven) Phase beim Menschen kön- nen wir lediglich klinische Beobach- tungen heranziehen. So wissen wir, daß Kinder bis in das zweite Lebens- jahrzehnt hinein durch länger wäh- rende optische Deprivation nach perforierender Augenverletzung ei- ne Amblyopie entwickeln können und daß die Prognose für die Seh- schärfe — insbesondere bei einseiti- gen und totalen beidseitigen konge- nitalen Katarakten — trotz späterer Sanierung der optischen Medien und optischer Versorgung sehr un- günstig ist.

Es stellt sich somit die Frage nach Früherkennung und Frühbehand- lung dieser Störungen, und es ent- stehen somit auch diagnostische Anforderungen an Geburtshelfer, Kinderarzt und praktischen Arzt. Zu-

*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis.

FÜR SIE GELESEN

die Viren A, B und nonA-nonB schützten nicht vor einer erneuten Infektion mit einem nonA-nonB-Vi- rus mit kurzer Inkubationszeit. Man muß wohl davon ausgehen, daß es sich bei dem Erreger der nonA- nonB-Hepatitis um zwei Viren mit kurzer beziehungsweise langer In- kubationszeit handelt und daß keine Kreuzimmunität besteht.

Tsiquaye, K. N.; Zuckermann, A. J.: New human hepatitis virus, Lancet I (1979) 1135-1136, Lon- don School of Hygiene and Tropical Medicine, London WC1E 7HT

Alkoholinduzierte Schleimhautläsionen

Um den Effekt einer akuten Alkohol- dosis auf Magen- und Duodenal- schleimhaut zu untersuchen, erhiel- ten sieben Alkoholiker mit primär unauffälligem endoskopischem Be- fund 1 mg/kgKG Alkohol in Form einer 35prozentigen Alkohollösung zu trinken. Nach drei Stunden wurde erneut endoskopiert und Gewebs- proben entnommen. Alle sieben Probanden zeigten ein ausgepräg- tes Erythem der Antrumschleimhaut mit vermehrter Verletzlichkeit, zwei wiesen erosive Defekte und Blutun- gen in Antrum und Korpus auf. Bei fünf der sieben Probanden fanden sich zusätzlich erythematöse Verän- derungen der Duodenalschleim- haut. Histologisch ließen sich bei vier Probanden subepitheliale Blu- tungen und eine Infiltration der La- mina propria mit Eosinophilen im Duodenum nachweisen. Da diese hi- stologischen Veränderungen vor der Alkoholexposition nicht nachweis- bar waren, muß der Alkohol als Schleimhautnoxe inkriminiert wer- den. Kontrolluntersuchungen nach drei Tagen zeigten eine unauffällige Schleimhaut, nach Gabe einer So- dalösung oder von Fleischextrakt waren keine Veränderungen erkenn- bar.

Gottfried, E. B.; Korsten, M. A.; Lieber, C. S.:

Alcohol-induced Gastric and Duodenal Le- sions in Man; Am. J. Gastroent. 70 (1978) 587-592; Alcohol Research Center and Section of Liver Disease and Nutrition; Bronx Veterans Administration Hospital and the Mount Sinai School of Medicine, City University of New York, New York

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 48 vom 29. November 1979 3193

(2)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Amblyopie

nächst ist vermehrte Aufmerksam- keit erforderlich. Liegen bei einem Neugeborenen partiell oder total ok- kludierende beziehungsweise depri- vierende Faktoren vor, das heißt wird die Pupille zeitweise oder stän- dig verdeckt, ist die Pupille nicht normal rot reflektierend im durchfal- lenden Licht und besteht Verdacht

auf Medientrübung, sollte ein Au- genarzt- hinzugezogen werden.

In Zusammenarbeit mit diesem muß geklärt werden, welche weiteren diagnostischen und therapeuti- schen Maßnahmen ergriffen werden müssen, ob zum Beispiel partiell ok- kludierende Tumoren oder Mißbil-

dungen einer beschleunigten Thera- pie bedürfen und welche Ambly- opieprophylaxe eventuell solche Maßnahmen hinausschieben kann.

Ab etwa einem Jahr sollten auch Re- f raktionsanomalien höheren Ausma- ßes diagnostiziert und korrigiert werden. Ebenso beginnt im frühen Vorschulalter die Entwicklung einer

Abbildung 1 (links oben): Kongenitale Ptosis rechtes Auge

Abbildung 2 (links): Hämangiom des rechten Unterlides.

Die Pupille wird bei Blicksenkung verdeckt

Abbildung 3 (links unten): Angiomatöser Tumor rechtes Oberlid und Orbita

Abbildung 4 (oben): Kongenitale Katarakt (zentraler Pul- verstar mit Reiterchen)

Abbildung 5 (unten): Subluxierte Linse (Pfeil = Linsen- äquator

3194 Heft 48 vom 29. November 1979 DEUTSCHES ARZ'TEBL ATT

(3)

Linsensubluxation bei entsprechen- der Disposition (Marfan-Syndrom, Homozystinurie, habituell-familiär) (Abbildung 5 und Darstellung 2). Auch hier muß durch entsprechende Korrektur der meist myopisch-astig- matischen Refraktion der Amblyo- pieentwicklung entgegengesteuert beziehungsweise bei hohem Sublu- xationsgrad operiert werden (6). Beim Vorliegen einer kongenitalen Katarakt sind brauchbare Sehschär- fenergebnisse bis zwei Drittel der Norm trotz Operation nur von Frey und Mitarbeitern berichtet und nur in den Fällen verzeichnet, bei denen eine Sanierung der optischen Me- dien innerhalb des ersten Lebens- halbjahres erfolgen konnte und eine entsprechende Nachbehandlung gewährleistet war.

An eigenen Patienten liegt uns noch keine ausreichende Beobachtungs- dauer vor. Die Mehrzahl der Patien- ten wurde uns jedoch erst nach dem ersten Lebenshalbjahr vorgestellt, oder die endgültige optische Sanie- rung der brechenden Medien konnte innerhalb der ersten sechs Monate nicht vollständig erfolgen. Die opti- sche Versorgung beim Säugling ist problematisch. Eine Brille wird in- konstant getragen, ist primär unge- nügend zentrierbar und wird bei physiologischer Blickrichtung eines liegenden Säuglings nach unten nicht in ihrer optischen Mitte benutzt.

Vorerst ist die Applikation von Kon- taktlinsen die Korrektur der Wahl.

Die Anpassung konventioneller Weichlinsen scheiterte meist an der täglichen Manipulationsnotwendig- keit

Die Erfahrungen mit hochhydrophi- lem Weichlinsenmaterial bei perma- nentem Tragen waren nicht voll be- friedigend (Tabelle 1). Durchschnitt- lich auf ein Fünftel der Gesamttrage- zeit mußte wegen Bruch, Verlust und Unverträglichkeit der Kontakt- linse verzichtet werden.

Immerhin gelang es, einige Kinder mit Kontaktlinsen so lange auszurü- sten, bis auf andere optische Kor-

4,0 RE FRAKTION

3,

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Amblyopie

dpt

L

ALTER

~~~---r---,----r---,----r--~~--~--~

2 3 4 5 6 7 8 9 10

Darstellung 1: Durchschnittliche Refraktionsbefunde bei einem unauffälligen Patient.engut im Kindesalter (Ch. Lahav-Gross, H. Kaufmann: Klin. Mbl. Augen- heilk. 164, 274)

VISUS

1.0 0.9 0.8 0,7 0.6 0,5 0.4 0.3 0,2 0.1 0,005

JAHRE

6 8 9 10 11 12 13 14 15

Darstellung 2: Präoperative Visusbefunde und postoperative Visusentwicklung bei operierten subluxierten Linsen im Kindesalter. - Aufgetragen sind Seh- schärfenbefunde, präoperativ, kurzfristig und langfristig postoperativ unter Berücksichtigung von Alter bei Operation und postoperativem Beobachtungs- zeitraum

rektu ren übergegangen werden konnte. Seit fast zwei Jahren stehen Silikonlinsen zur Verfügung, die mit insgesamt besserem Erfolg bei wei- teren zwölf Kindern eingesetzt werc den konnten. Bei zwei Fällen war wegen des Festsaugens der Kon- taktlinse und des Auftretens von Reizzuständen ein passageres Aus- setzen von wenigen Tagen erforder- lich. Verlust der Linse war in zwei weiteren Fällen zu verzeichnen. Wegen relativ kleiner Linsendurch- messer und Verlustgefahr sind an- dere sauerstoffdurchlässige Linsen-

typen (GAB-Linsen) bei Kleinstkin- dern kaum praktikabel.

Unproblematisch ist auch die Kon- taktlinsenversorgung bei aphaken Säuglingen nicht.

Es ergeben sich Probleme wegen nicht immer perfekt gelöster Benetz- barkeit der Silikonlinsen; oft ist eine hohe Dioptrienzahl erforderlich, die industriell bisher nicht gefertigt wer- den kann, schließlich sind Aniseiko- nie und Binokularfunktion in diesem Alter nicht meßbar. Angesichts der von manchen A11tnn:'!n bei perma-

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 48 vom 29. November 1979 3195

(4)

Zm Fortbildung Aktuelle Medizin Amblyopie

Tabelle 1: Kontaktlinsen - versorgte kongenitale Katarakte

Anzahl der Erstoperation

Katarakt Patienten bis 6 Monate bis 1 Jahr > 1 Jahr

einseitig 7 2 3 2

beidseitig 4 3 1 0

insgesamt 11 5 4 2

Durchschnittliches Alter bei Operation

durchschnittliche Dauer bis zur Sanierung der optischen Medien (bei Anwendung des Vitrektors)

durchschnittliche Dauer der Kontaktlinsenversorgung davon vorübergehend ohne Kontaktlinse = 20% der Zeit Kontaktlinsenverlust, -bruch (bei 20% unbemerkt)

Tabelle 2: Empfehlungen für das therapeutische Vorgehen

~ Angeborene Katarakte

~ Später erworbene Medientrübungen

nentem Tragen von Kontaktlinsen berichteten hohen Komplikations- quote, die wir allerdings nicht zu verzeichnen haben, sollten enge au- genärztliche Kontrollen gefordert werden (2).

Die Pflegepersonen sind anzuwei- sen, bei Verlust der Kontaktlinsen bei Reizsymptomen wie Licht- scheu, Tränenfluß und konjunktiva- ler Injektion umgehend auch außer- halb der vereinbarten Kontrollen den Augenarzt oder eine Klinik auf- zusuchen.

Wir meinen, auf Grund unserer Er- fahrungen die in Tabelle 2 aufgeli- steten Empfehlungen für das thera- peutische Vorgehen bei kindlichen Katarakten geben zu können.

Operative Therapie

Operation erstes Lebensjahr, falls dichte Trübung und Fixationsprü- fung am Fundus aus optischen Gründen unmöglich

Wenn mit konservativen Mitteln Fi- xation/Visus nicht erhalten werden können

Im Falle einer Medientrübung, wel- che die Kontrastübertragung redu- ziert, ist mit einer Amblyopie zu rechnen. Dies gilt im besonderen Maße für einseitige Befunde.

"Aufschieben" der Therapie auf ein späteres Lebensalter bedeutet funk- tionell praktisch Verzicht auf The- rapie.

Literatur

(1) Chow, K. L.; Stewart, D. L.: Reversal of structural and functional effects of Iangterm visual deprivation in cats, Exp. Neurol34 (1972) 409 - (2) Dreyfus, M.: Gefahren und Schädi- gungen beim Tragen von Dauerkontaktlinsen.

NOJ 2 (1978) 85-88- (3) Frey, T.; Friendly, D.;

Wyatt, D.: Re-evaluation of monocular cata- racts in children, Am. J. Ophth., Sept. 1973,381 - (4) Noorden, G. K.: ln Orthoptics past, pre- sent, future, Current concepts of amblyopia, 37-44 Stratton, New York 1976- (5) Noorden,

3196 Heft 48 vom 29. November 1979 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Nystagmus Strabismus

4 4

3 2

7 6

9 Mo (2-30 Mo) 4 Mo (0-16 Mo) 1 Mo

5 Mo (3-8 Mo) 1 Mo (0-2% Mo) 2 X

Weitere Versorgung

Hornhautkontaktlinse, eventuell Zusatzbrille. Okklusionsbehand- lung

Okklusion Penalisation

(Atropintropfen

+

optische Spe- zialkorrektur rechts : links)

G. K.: Experimental amblyopia in monkeys.

Further behavioral Observation and clinical correlation, lnvest. Ophth. 12 (1973) 721 - (6) Schulz, E.; Schroeder, W.: Zum Amblyopiepro- blem bei subluxierten Linsen, Tagung Rhein.- Main. Augenärzte 1978, Frankfurt/M. (im Druck) - (7) Wiesel, T. N.; Hubel, D. H.: The effects of visual deprivation on morphology and physiology of cells in the cats lateral geni- culate body, J. Neurophysiol. 26 (1963) 978 ff.- (8) Wiese, T. N.; Hubel, D. H.: Single-cell re- sponses in striate cortex of kittens deprived of vision in one eye, J. Neurophysiol. 26 (1963) 1003-1017

Anschrift der Verfasser:

Privatdozent Dr. med.

Wolfgang Haase

Dr. med. Elisabeth Schulz Universitäts-Augenklinik und -Poliklinik

Universitätskrankenhaus Eppendorf Martinistraße 52

2000 Harnburg 20

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wachsendes Bewusstsein für Gesundheitsförderung bereits im frühen Kindesalter, Beispiele.. 05.07.2012.. Gesundheitsförderung im frühen

Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass es die gewaltigen Mas- sen der Einzeller, der Pilze, und vor allem der Bakterien einschließlich der

Als Ursache für die Schäden nach einer Langzeitintubation ist nach den Angaben in der Literatur das Fehlen eines Lecks um den Tu- bus bei der Anwendung eines Beat- mungsdruckes

Auf korti- kaler Ebene ändert sich die Domi- nanzverteilung zwischen beiden Au- gen: Während bei Geburt etwa 90 Prozent der Neurone von beiden Au- gen aus erregbar sind, führt die

In der für niedergelassene Ärzte schwierigen Situation durch permanent steigende Kosten (auch die Tarife der Arzthelferinnen sind gestie- gen, Solidaritätsbeitrag,

Auch hier hat sich eine Kompro- mißlösung bewährt, daß vom weniger Geübten ein eher kleiner Blockungs- tubus gewählt wird und die Blok- kungsmanschette nur dann vorsichtig bis

Manche Universitäten werden für eine weitere Woche geschlos- sen, der Flughafen wird durch ein großes Zelt ersetzt, Bibliotheken wie die Biblioteca Nacional de Chile

Ich halte es nicht für red- lich und vor allem nicht den Tatsachen entsprechend, wenn der Eindruck erweckt wird, als ob die CSU mit all den Ungereimtheiten und