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Archiv "K.-o.-Mittel" (15.05.2009)

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ressemitteilungen, die darüber berichten, dass Knock-out(K.-o.)-Mittel dazu genutzt werden, eine anschließende Straftat zu begehen, haben in letzten Jahren – ausgehend von den USA – zugenommen. Vor Jahren standen dabei Eigentums- und Raubdelikte im Vordergrund; bekannt sind in diesem Zusammenhang etwa die Verabreichung von Noludar-Tropfen (Methy- prylon) an alkoholisierte Opfer in Etablissements im St.

Pauli-Milieu oder einer Münchner Traditionsgaststätte.

Demgegenüber werden heute im Umfeld der Disco- und Rave-Szene überwiegend Sexualstraftaten verübt (1–5).

Drei einschlägige Fallbeispiele dazu sind im Internet- Supplement(eFallbeispiele) dargestellt.

Der Nachweis, dass K.-o.-Mittel verabreicht wur- den, ist häufig schwierig, weil sich die Opfer nach ei- ner mehr oder weniger langen Phase der Bewusstlo- sigkeit oder anterograden Amnesie nicht an den Vor- fall erinnern können, weil sie ferner Geschehensab- läufe zum Vorfallszeitpunkt aus der Erinnerung oder Befragung von Bekannten zu rekonstruieren versu- chen und weil sie sich erst zeitlich verzögert einem Arzt oder der Polizei anvertrauen. Aufgrund eines dar- aus resultierenden längeren zeitlichen Intervalls zwi- schen Vorfall und Asservierung einer Blut- und Urin- probe gelingt der chemisch-toxikologische Nachweis beigebrachter Substanzen daher oft nicht mehr.

Für den analytischen Nachweis kommt erschwe- rend hinzu, dass K.-o.-Mittel in der Regel in mög- lichst kleiner Dosierung das Opfer ausreichend sedie- ren sollen und bei entsprechender Kenntnis häufig auf Substanzen mit kurzen Eliminationshalbwertszeiten zurückgegriffen wird. Damit beim Opfer kein Arg- wohn erweckt wird, sollen die verwendeten Substan- zen dabei möglichst geruch-, farb- und geschmacklos sein, um sie unbemerkt zum Beispiel in einem Ge- tränk verabreichen zu können.

Erschwerend kommt zudem hinzu, dass Opfer, die eine Beibringung von K.-o.-Mitteln vermuten, häufig zum Vorfallszeitpunkt höhergradig alkoholisiert wa- ren (im eigenen Untersuchungskollektiv mehr als 40 %).

In manchen Fällen kann bereits die aus Trinkangaben berechnete Blutalkoholkonzentration zum Vorfalls- zeitpunkt eine Amnesie mit vollständigem Verlust der Erlebniskontinuität erklären.

Mit der Absicht, Anschlussstraftaten zu ermögli- chen, wurden früher auch häufiger flüchtige Substan- zen wie zum Beispiel Chloroform, Äther, aber auch Halothan verwendet (6).

ÜBERSICHTSARBEIT

K.-o.-Mittel: Häufigkeit, Wirkungsweise, Beweismittelsicherung

Burkhard Madea, Frank Mußhoff

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: K.-o.-Mittel werden eingesetzt, um Anschlussstraftaten – Raub oder Sexualdelikte – zu er- möglichen. Zwar haben Pressemitteilungen über die Ver- wendung von K.-o.-Mitteln zugenommen, belastbare epi- demiologische Daten zur Häufigkeit drogenassoziierter Se- xualdelikte existieren aufgrund der vermuteten hohen Dun- kelziffer naturgemäß nicht.

Methoden: Auf der Basis einer selektiven Literaturrecher- che zu „Drug Facilitated Sexual Assaults“ (DFSA) oder

„Drug Facilitated Crimes“ (DFC) werden Wirkungsweise und Nachweisfenster der häufigsten als K.-o.-Mittel verwendeten Substanzen dargestellt.

Ergebnisse: Die häufigste, bei Sexualdelikten nachgewie- sene Substanz ist nach wie vor Alkohol (circa 40–60 %), gefolgt von illegalen Drogen (Cannabis, Kokain). Nur in ei- nem vergleichsweise geringen Prozentsatz (circa 2 %) können bei Routineuntersuchungen unfreiwillig eingenom- mene Medikamente und Drogen nachgewiesen werden.

Hierbei stehen Benzodiazepine, gefolgt von anderen Hyp- notika, im Vordergrund. Die als Date-Rape Drug häufig ge- nannte Gamma-Hydroxybuttersäure (GHB, „Liquid Ecsta- sy“) wird in Europa relativ selten mit entsprechender Si- cherheit nachgewiesen. Das mag einerseits mit dem en- gen Nachweisfenster (für GHB im Blut 8 Stunden, im Urin maximal 12 Stunden) in biologischen Flüssigkeiten und an- dererseits mit dem physiologischen Vorkommen im Körper zusammenhängen. Gelingt bei dem begründeten Verdacht auf Beibringung von K.-o.-Mitteln in Urin und Blut kein Substanznachweis, bietet sich die Analyse einer Haarprobe circa vier Wochen nach dem Vorfall an, bei entsprechender Haarlänge kann auch eine längere Zeit zurückliegende Auf- nahme erfolgreich nachgewiesen werden. Verurteilungen wegen Beibringung von K.-o.-Mitteln mit Anschlussstrafta- ten sind in Europa vergleichsweise selten, vorwiegend we- gen im Verfahren auftretender Beweisprobleme.

Schlussfolgerung: Eine sorgfältige ärztliche Anamnese und Befunderhebung sowie Sicherstellung von Asservaten bildet die Basis für die Aufdeckung entsprechender Fälle.

Dtsch Arztebl Int 2009; 106(20): 341–7 DOI: 10.3238/arztebl.2009.0341 Schlüsselwörter: Sexualdelikt, GHB-Missbrauch, Haarana- lyse, Drogenscreening, Benzodiazepin

Institut für Rechtsmedizin der Universität Bonn: Prof. Dr. med. Madea, Prof. Dr. rer. nat. Mußhoff

(2)

Das Spektrum der beigebrachten Substanzen hat sich in den letzten Jahren deutlich erweitert, wobei ge- rade die häufig genannte γ-Hydroxybuttersäure (GHB), auch als Liquid-Ecstasy bezeichnet, analy- tisch nur in einem äußerst engen Zeitfenster (8 h im Blut, 12 h im Urin) zu erfassen ist.

Für die Beibringung von Bewusstseinsbeeinträchti- genden Substanzen, mit dem Ziel, anschließend sexu- elle Handlungen durchzuführen, hat sich international inzwischen der Terminus „Drug Faciliated Sexual As- sault“ (DFSA) durchgesetzt.

Vom Täter erwünschte Wirkungen bei drogenasso- ziierten Sexualdelikten sind

>ein sedativer, hypnotischer, schlafinduzierender Effekt

>die Herbeiführung einer Verhaltensänderung beim Opfer

>eine anterograde Amnesie mit Erinnerungsver- lust

>die Erzeugung einer hilflosen Lage, die vom Tä- ter gezielt ausgenutzt werden kann.

Im Zusammenhang mit Sexualdelikten werden teil- weise jedoch auch Mittel zur Steigerung der sexuellen Appetenz und Herabsetzung des Hemmungsvermö- gens verabreicht (Amphetamine, Kokain).

Auf der Basis einer selektiven Literaturrecherche zu „Drug Facilitated Sexual Assaults“ (DFSA) oder

„Drug Facilitated Crimes“ (DFC) werden Wirkungs-

weise und Nachweisfenster der häufigsten als K.-o.- Mittel verwendeten Substanzen dargestellt, um mit derartigen Fällen befassten Kollegen Anhaltspunkte für die Gewinnung adäquater Asservate für chemisch- toxikologische Untersuchungen zu vermitteln.

Epidemiologie

Nach Berichten – vor allem aus den USA – haben dro- genassoziierte Sexualdelikte in den letzten Jahren ein- deutig zugenommen, wobei exakte epidemiologische Daten aufgrund des hohen Dunkelfeldes naturgemäß nicht existieren. Viele nachgewiesene Drogen werden allerdings freiwillig konsumiert, der Nachweis heim- lich beigebrachter Mittel gelingt nur selten (7, 8). GHB oder Flunitrazepam waren nur in 3 % der Fälle in einer US-amerikanischen Untersuchung nachweisbar (8).

Für das Münchner Institut für Rechtsmedizin konn- ten für den Zeitraum 1995 bis 1998 insgesamt 92 Fäl- le mit Verdacht auf Gabe eines K.-o.-Mittels regis- triert werden (3). Als Anschlussstraftaten stand dabei Raub mit 47,8 % deutlich vor Sexualdelikten (Verge- waltigung 13 %) und Tötungen (5,4 %) beziehungs- weise sonstigen Delikten.

Das Bonner Institut für Rechtsmedizin registrierte zwischen 1997 und 2006 einen Anstieg der Untersu- chungen zu berauschenden Mitteln bei Sexualstrafta- ten um das Zehnfache auf derzeit circa 40 bis 50 Fälle pro Jahr (5). In der Regel wurden chemisch-toxikolo- gische Untersuchungen sowohl bei Opfern als auch bei Tatverdächtigen durchgeführt.

Lediglich in 21 von 1 014 Fällen (2 %) konnten in Großbritannien zwischen 2000 und 2002 unfreiwillig eingenommene Medikamente nachgewiesen werden (9, 10). Nur bei der Hälfte der Fälle mit dem Nachweis unfreiwillig eingenommener Substanzen, also bei 1 % des gesamten Untersuchungskollektivs, kam es an- schließend zu einer Gerichtsverhandlung, die nicht immer mit einer Verurteilung endete. Von einer weite- ren Strafverfolgung musste abgesehen werden, weil entweder kein Tatverdächtiger ermittelt werden konn- te, ein Tatverdächtiger nicht greifbar war oder die Be- weislage nicht ausreichte (eKasten).

Bei den unfreiwillig eingenommenen, überwiegend sedierenden Substanzen standen – wie im eigenen Un- tersuchungskollektiv – Benzodiazepine im Vorder- grund (n = 12), gefolgt von anderen Hypnotika (Zo- piclon, GHB > 10 mg/mL in Urin, n = 3), Antihistami- nika (Diphenhydramin, n = 2), sedierende Antidepres- siva (n = 1) sowie andere illegale Drogen (Ecstasy, n = 3) (Tabelle 1).

Subjektive Symptomatik

In Abhängigkeit von der Pharmakodynamik der ein- gesetzten Substanzen werden von den Opfern einer K.-o.-Mittelgabe häufig folgende Symptome geschil- dert (11):

>ekliger, bitterer Geschmack eines vorher unauf- fälligen Getränkes

>Verwirrtheit

>Schwindel TABELLE 1

Detailangaben zu sedierenden Medikamenten (inclusive GHB) mit Nachweis in allen untersuchten Fällen sowie denen mit unfreiwilliger Einnahme

Wirkstoffgruppe Bezeichnung Fallzahl Vorsätzliche Beibringung

Benzodiazepine Diazepam 44 3

Temazepam 24 6

Lorazepam 5 1

insgesamt 84 12

Andere Hypnotika Zopiclon 6 1

GHB etc. 2 2

(> 10 µg/mL im Urin)

insgesamt 8 3

Antihistaminika Diphenhydramin 6 2

insgesamt 14 2

Opiatanalgetika insgesamt 103 0

Antidepressiva insgesamt 7 1

Antiparkinsonmittel Procyclidin 2 0

Antiemetika Promethazin 4 0

Antipsychotika Thioridazin 3 0

Barbiturate Phenobarbital 1 0

Illegale Drogen Ecstasy N/A 3

Gesamt 226 21

(% der Fälle) (22 %) (2 %) modifiziert nach (10) GHB, Gammahydroxybuttersäure

(3)

>Benommenheit

>Schläfrigkeit

>Bewusstseinsstörung

>Bewusstlosigkeit

>Beeinträchtigung des Erinnerungsvermögens

>Gefühl, seine Handlungen nicht entsprechend dem Willen ausrichten zu können

>erniedrigte Herzfrequenz, Hypotonus

>Verlust der Muskelkontrolle

>Übelkeit

>Enthemmung.

Hierauf hat sich auch die Anamneseerhebung aus- zurichten (Kasten 1).

Amnesien spielen vor allen Dingen bei GHB und Benzodiazepinen eine Rolle, wobei insbesondere 1,4- Benzodiazepine wie Flunitrazepam ein höheres Am- nesiepotenzial aufweisen, als die 1,5-Benzodiazepine wie Clobazam (12). Amnesien können auch auftreten, ohne dass es zu einem Verlust des Bewusstseins ge- kommen sein muss. Im Zusammenhang mit Midazo- lam können sexuell getönte Phantasien auftreten.

Bei der körperlichen Untersuchung sind sorgfältig Verletzungen, insbesondere sexuell getönte Verlet- zungen wie zum Beispiel Hämatome an der Innensei- te der Oberschenkel oder Kratzspuren an den Brüsten, und Bagatellverletzungen zu dokumentieren. Ferner sind Asservate für weiterführende molekularbiologi- sche und toxikologische Untersuchungen sicherzu- stellen (Kasten 2).

Häufig benutzte Wirkstoffgruppen

Im Folgenden kann nur ein kurzer Abriss über die gän- gigsten Wirkstoffgruppen und Wirkstoffe gegeben werden, die potenziell als K.-o.-Mittel in Betracht kommen; ausführlichere Informationen finden sich bei Mußhoff und Madea (13). In der eTabelleist eine erweiterte Auflistung potenzieller Mittel zu finden.

Benzodiazepine

Die große Gruppe der Benzodiazepine wird therapeu- tisch als Tranquilizer, Antikonvulsiva, Hypnotika oder Sedativa eingesetzt.

Alle Vertreter aus der Wirkstoffgruppe der Benzo- diazepine unterliegen in Deutschland dem Betäu- bungsmittelgesetz (BtMG). Dort sind sie in der An- lage III (Verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel) aufgenommen. Der Gesetzgeber hat jedoch Höchstmengen pro abgeteilter Form zuge- lassen, bis zu denen die Betäubungsmittelverschrei- bungsverordnung nicht gilt.

In Kombination mit Alkohol oder Opioiden kann es zu einer Amnesie kommen, vor allem Flunitrazepam steht im Ruf einer Date-Rape-Droge. Besonders in den 1990er-Jahren wurden die damals farb- und ge- schmacklosen Tabletten zu diesem Zweck miss- braucht, indem sie Getränken beigemischt wurden.

Teilweise wurden hierzu bereits vorher Tabletten in Wasser aufgelöst. Deshalb änderte 1999 der Hersteller die Zusammensetzung, sodass die Tabletten seitdem eine bläuliche Farbe aufweisen, Flüssigkeiten verfär-

ben, klumpen und leicht bitter schmecken. In einigen Ländern sind jedoch nach wie vor die alten Tabletten verfügbar, von Generika-Herstellen und anderen Fir- men werden sie zudem häufig noch in der alten Form in den Handel gebracht.

Andere Hypnotika

Zopiclon, Zolpidem sowie Zaleplon zählen zu den nicht benzodiazepinen Hypnotika der neueren Gene- ration. Sie wirken anxiolytisch und schlafanstoßend beziehungsweise auch muskelrelaxierend. Insbeson- dere aufgrund des raschen Wirkungseintrittes inner- halb von 10 bis 30 min, aber auch durch die Auslösung von Amnesien und wegen ihrer begrenzten Nachweis- barkeitsdauer (kurze Halbwertszeiten) sind sie als K.- o.-Mittel geeignet.

Gamma-Hydroxybuttersäure, 1,4-Butandiol und Butyro-1,4-lacton

In der Medizin wird GHB nur noch selten als intra- venöses Narkotikum verwendet. GHB ist zudem zur symptomatischen Behandlung der Narkolepsie zuge- lassen (14).

Insbesondere seit Ende der 1990er-Jahre wird die Substanz verstärkt als Partydroge („Liquid Ecstasy“,

„Liquid E“, „Liquid X“, „Fantasy“) genutzt. Auf dem Schwarzmarkt ist GHB als hygroskopischer Feststoff

KASTEN 1

Anamneseerhebung bei Verdachtsfällen*

>> Wissentliche Einnahme von Alkohol, Medikamenten,

Drogen?

Wenn ja: Zeitpunkt und Dosis?

>> Wahrnehmung von verändertem Geschmack des

Getränks?

>> Getränk oder Lebensmittel angeboten bekommen?

>> Von wem wurde das Getränk serviert?

>> Getränk unbeaufsichtigt gelassen?

>> Plötzliche Zustandsänderung?

>> Dämmerzustand („wie in Watte gehüllt“)?

>> Gefühle der Willenlosigkeit und Reglosigkeit?

>> Sprachstörungen, Benommenheit?

>> Psychovegetative Auffälligkeiten?

>> Erinnerungsstörung?

>> Im Nachgang Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Herz-

beschwerden, Muskelschwäche?

>> Zeitintervall bis zur Meldung an die Polizei, Vorstellung

beim Arzt, Probennahme?

*in Anlehnung an (11, 14)

(4)

oder als farblose oder gefärbte Flüssigkeit erhältlich (wässrige Lösung von GHB-Salzen).

In niedrigen Dosen von circa 0,5 bis 1,5 g domi- niert der stimulierende Effekt, es wirkt anxiolytisch, leicht euphorisierend und sozial öffnend, allerdings kommt es ähnlich wie bei einem Alkoholrausch auch zu Beeinträchtigungen der Motorik (Tabelle 2). In höheren Dosen bis circa 2,5 g führt es analog zum Al- kohol zunächst zu einer Stimmungs- und Antriebs- steigerung, unter Umständen tritt eine aphrodisieren- de Wirkung hinzu. In noch höheren Dosen wirkt GHB stark einschläfernd. Überdosierungen können einen plötzlichen narkotischen Schlaf zur Folge haben, aus dem die betreffende Person kaum zu wecken ist.

GHB-Überdosen, das heißt Dosen, die zu einer uner- wünschten Narkose führen, sind verhältnismäßig un- problematisch, solange kein Mischkonsum mit ande- ren Drogen vorliegt.

Gefährlich ist die Kombination mit Alkohol, atem- depressiv wirkenden Medikamenten oder Benzodia- zepinen. Dabei kann es zu Übelkeit und Erbrechen kommen, was durch die narkotisierende Eigenschaft der Droge zum Erstickungstod durch Aspiration führen kann. Außerdem können lebensbedrohliche Atemdepressionen und Herzrhythmusstörungen auftre- ten. Wegen der mit anderen Substanzen übereinstim- menden einschläfernden Wirkung wird der Zustand der betroffenen Person von Sanitätern und Helfern oft falsch eingeschätzt. Meist wird eine Überdosierung von Benzodiazepinen oder Opiaten vermutet, wobei ei- ne Antagonisierung mit Flumazenil beziehungsweise Naloxon unwirksam ist. Eine Antagonisierung von GHB-Wirkungen mit Physiostigmin wird derzeit noch kontrovers diskutiert (14).

Butyro-1,4-lacton, oder auch Gamma-Butyrolacton (GBL) genannt, ist eine farblose Flüssigkeit mit schwachem Eigengeruch. GBL ist ein weit verbreitetes Lösungsmittel in der Industrie und wird auch als Farb- entferner, Graffitientferner, Reinigungsmittel und Na- gellackentferner verwendet. Darüber hinaus dient GBL auch als Ausgangsstoff zur Herstellung von Phar- mazeutika und Chemikalien für die Landwirtschaft. Im Gegensatz zu GHB wurde GBL bislang nicht als ille- gales Betäubungsmittel eingestuft, obwohl es als K.- o.-Mittel verwendet wird. Im Organismus wird GBL durch die 1,4-Lactonase zu GHB hydrolysiert. Die Plasmahalbwertszeit von GBL beträgt aufgrund ra- scher Metabolisierung zu GHB weniger als 60 sec, das heißt 5 min nach der Einnahme von GBL sind im Kör- per nur noch etwa 3 % GBL vorhanden.

1,4-Butandiol (BDO) wird in der Industrie als Weichmacher verwendet und ist auch ein wichtiges Zwischenprodukt bei der Synthese anderer Substan- zen, unter anderem von GBL. Auch BDO wird im Körper über eine Alkoholdehydrogenase beziehungs- weise Aldehyddehydrogenase zu GHB metabolisiert.

Daher kann man es ersatzweise als Droge/K.-o.-Mittel verwenden. Eine Wirkung setzt circa 5 bis 20 min nach oraler Aufnahme ein und hält circa 2 bis 3 h an.

Dosen ab 4 mL wirken wie GHB schlaffördernd.

Höhere Dosen können wie unter GHB zu einem ko- matösen Zustand und bei starker Überdosierung zum Tode führen.

Ketamin

Ketamin ist in Deutschland unter generischer Bezeich- nung im Handel. Es ist verschreibungspflichtig, unter- liegt jedoch nicht dem Betäubungsmittelgesetz. Man wendet Ketamin in der Anästhesie zu Narkosezwecken an, sowie bei der Analgesie und zur Behandlung des therapieresistenten Status asthmaticus. Außerdem fun- giert es als Hypnotikum. Aufgrund seiner dissoziativen, bewusstseinsverändernden Wirkung wird Ketamin auch als Rauschdroge beziehungsweise Partydroge verwendet; auch der Gebrauch als K.-o.-Mittel wird be- schrieben.

Anticholinerga

Von den Anticholinerga sind insbesondere Scopola- min oder auch Hyoscin und Atropin aus der Belladon- na-Familie bedeutsam. Scopolamin wirkt bei niedri- ger Dosierung leicht beruhigend und hemmend auf das Brechzentrum im Gehirn, bei höherer Dosierung wirkt es dämpfend und sorgt für einen Zustand der Apathie.

Antihistaminika

Insbesondere von den H1-Antihistaminika der ersten Generation besitzen einige Vertreter auch eine antago- nistische Wirkung an

>Muscarin-Rezeptoren (zum Beispiel Diphenhy- dramin)

>Dopamin-Rezeptoren (zum Beispiel Promethazin)

>Serotonin-Rezeptoren (zum Beispiel Promethazin) KASTEN 2

Ärztliche Maßnahmen und Asservate bei Verdacht auf Beibringung von K.-o.-Mitteln

>> Körperliche, inklusive gynäkologische Untersuchung

>> Detaillierte und sorgfältige Dokumentation von Verletzungen, insbesondere

auch von Bagatellverletzungen

>> Sicherung von möglichen DNA-Spuren/Abstriche

>> Sicherung von Proben für eine toxikologische Analyse (Körperflüssigkeiten

sollten unbedingt gekühlt gelagert werden, bei längerer Lagerung sind gewonnenes Serum und Urin tiefzufrieren):

– Blutprobe: 10 mL, ohne Citratzusatz – Urinprobe: circa 100 mL

– Unter Umständen eine Haarprobe nehmen: circa bleistiftdicke Haarsträh- ne, am Haaransatz mit einem Faden markieren, wenn kein Kopfhaar zur Verfügung steht ggf. auch Schamhaar. Haarprobe bei negativem Blut- und Urinbefund circa 4 Wochen nach dem Vorfall asservieren und trocken bei Raumtemperatur unter Lichtabschluss aufbewahren.

(5)

Sie verfügen zudem über eine meist gute ZNS-Gän- gigkeit. Unter Ausnutzung solcher zentralnervösen Effekte werden solche H1-Antihistaminika heute ins- besondere als Antiemetika zur Behandlung der Reise- krankheit und als Schlafmittel angewendet. Aufgrund anticholinerger Eigenschaften sind H1-Antihistamini- ka der ersten Generation nicht zuletzt wegen der ein- fachen Verfügbarkeit prinzipiell als K.-o.-Mittel ge- eignet. Entsprechende Fälle mit Diphenhydramin oder Doxylamin sind beschrieben.

Muskelrelaxanzien und flüchtige Substanzen

Zahlreiche weitere Substanzen wie die Muskelre- laxanzien Carisoprodol oder Cyclobenzaprin wurden wegen ihrer sedierenden Eigenschaften bereits als K.-o.-Mittel verwendet. Dies gilt insbesondere auch für flüchtige Substanzen wie zum Beispiel Äther, Chloroform oder Lachgas. Da sie vergleichsweise schnell eliminiert oder abgeatmet werden, ist die zeit- liche Nachweisbarkeitsdauer sehr begrenzt.

Asservate müssen grundsätzlich in luftdicht ver- schlossenen Gefäßen sichergestellt werden, um einen weiteren präanalytischen Substanzverlust zu verhin- dern. Zum Nachweis bedarf es spezieller Analysen wie der Headspace-Gaschromatografie oder Festpha- senmikroextraktion.

Heute spielen als flüchtige Substanzen in der Party- szene „Poppers“ eine Rolle. Darunter versteht man in der Regel Amylnitrit, Butylnitrit, Isobutylnitrit oder Mi- schungen dieser drei Stoffe. Sie haben eine stark ge- fäßerweiternde Wirkung. Bei Inhalation setzen nach 5 bis 15 Sekunden psychische Wirkungen ein, bestehend aus einer Intensivierung von Empfindungen, die dosis- abhängig circa 10 Minuten anhalten können. Aufgrund der kurzen Wirkdauer dienen „Poppers“ eher nicht als K.-o.-Mittel, sondern wegen einer – ebenfalls nur kurz- zeitigen – sexuellen Stimulation als Aphrodisiakum.

Weitere als K.-o.-Mittel eingesetzte Substanzen sind vor allem die der Betäubungsmittelverschrei- bungsverordnung (BtMVV) unterliegenden Barbitu- rate, das Antihypertonikum Clonidin, das atypische Neuroleptikum Clozapin sowie Chloralhydrat.

Vermehrt werden bei Fällen von DFSA auch Stimu- lanzien wie Kokain, Amphetamin oder Ecstasy ge- nutzt. Einerseits kann es zu einer Steigerung der sexu- ellen Appetenz sowie einer Enthemmung kommen, andererseits wird von Tätern der Eintritt der Erschöp- fungsphase nach dem eigentlichen Rausch abgewar- tet, die sich durch große Müdigkeit mit langen tiefen Schlafphasen auszeichnet.

Chemisch-toxikologische Analyse

Die meisten der genannten Substanzen sind im Blut mehrere bis etwa 24 h nachweisbar; im Urin inklusive ihrer Metaboliten wenige Tage. Für GHB gilt die Be- sonderheit, dass es sehr schnell resorbiert wird, die maximale Plasmakonzentration wird bereits nach 20 bis 45 min erreicht. Die Halbwertszeit beträgt circa 30 min. Ein Nachweis im Blut ist für 8 h, im Urin für ma- ximal 12 h möglich (15, 16).

Aufgrund der im Blut und Urin nur kurzen Nachweisbarkeitsdauer, der häufig längeren Latenz zwischen Vorfall und Meldung bei der Polizei bezie- hungsweise bei einem Arzt sowie der im Zu- sammenwirken mit Alkohol und anderen Drogen häu- fig niedrigen Dosis von K.-o.-Mitteln zur Induktion einer Bewusstseinsbeeinträchtigung müssen je nach Fallgestaltung sowohl Blut als auch Urin als Untersu- chungsmatrix für eine chemisch-toxikologische Ana- lyse sichergestellt werden. Das Material ist zwingend zu kühlen, insbesondere bei GHB kann es ansonsten durch bakterielle Aktivität zu Konzentrationser- höhungen kommen.

Für orientierende Untersuchungen sollten so schnell wie möglich, spätestens innerhalb von 2 bis 4 Tagen, 100 mL Urin sichergestellt werden. Zusätzlich sollten ebenfalls so schnell wie möglich, am besten in- nerhalb von 24 h, mindestens 10 mL Blut (citratfrei) asserviert werden.

Besteht ein längeres Intervall zwischen Vorfall und ärztlicher Untersuchung oder verliefen bei begründe- tem Verdacht auf die Beibringung von K.-o.-Mitteln chemisch-toxikologische Untersuchungen an Blut und Urin negativ, kommt die Untersuchung einer Haarprobe in Betracht. Hierzu wird circa 4 Wochen nach dem Vorfall eine Haarsträhne asserviert. Bei ei- nem durchschnittlichen Wachstum des Kopfhaars von 1 cm pro Monat würde ein Substanznachweis im kopf- nahen Segment bei fehlendem Nachweis in spitzenna- hen Segmenten auf eine Aufnahme zum Vorfallszeit- raum deuten. Viele potenzielle K.-o.-Mittel konnten bereits nach einer einmaligen Aufnahme später im Haar nachgewiesen werden (17–19). Problematisch ist der Nachweis von GHB, da dort eine Differenzie- rung zwischen noch endogenen Haarkonzentrationen und einer möglicherweise leicht erhöhten Konzentra- tion in einem bestimmten Segment nach exogener Zu- fuhr erfolgen muss (20, 21).

Es ist darauf hinzuweisen, dass konventionelle Un- tersuchungsstellen in der Regel nicht in der Lage sind, das gesamte infrage kommende Analysenspektrum abzudecken beziehungsweise Analysen mit der gebo- tenen Sensitivität vorzunehmen (22–24). Folglich

TABELLE 2

Missbräuchliche Anwendung von GHB*

Einzeldosis Effekt

1,0–2,0 g (p.o.) Entspannung, Anxiolyse, Euphorie, Sedierung

2,5–3,0 g (p.o.) Übelkeit, Erbrechen, Myoklonien, Bradykardie, Amnesie 3,0–4,0 g (p.o.) Bewusstlosigkeit

> 4,0 g (p.o.) Atemdepression, Koma

GHB, Gammahydroxybuttersäure p.o., per oral; *nach (25)

(6)

sollten nur spezialisierte Untersuchungsstellen invol- viert werden, die dann auch eine Beratung im Einzel- fall vornehmen können. Ganz besonders gilt dies für Haaranalysen nach Einmalaufnahme von Fremdstof- fen.

Rechtsfolgen

Mögliche Rechtsfolgen bei Einsatz von K.-o.-Mitteln sind

>§ 179 StGB (Sexueller Missbrauch widerstands- unfähiger Personen)

>§ 177 StGB (Sexuelle Nötigung, Vergewalti- gung)

>§ 224 StGB (Gefährliche Körperverletzung)

>§ 250 StGB (Schwerer Raub).

Nach § 177 Abs. 3 StGB stellt das Mitsichführen eines Werkzeuges oder eines Mittels, um den Wi- derstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwin- den, einen strafverschärfenden Tatbestand dar. Vom BGH wurde der Einsatz von K.-o.-Mitteln mit dem Ziel, einen zu erwartenden Widerstand eines Raub- opfers zu verhindern sogar als der klassische Fall des

„Beisichführens“ hervorgehoben. Demzufolge wäre bei entsprechenden Fällen für einen schweren Raub eine Freiheitsstrafe nicht unter 3 Jahren anzunehmen.

Ähnliches gilt in Analogie für die sexuelle Nötigung (§ 177 Abs. 3).

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskriptdaten

eingereicht: 6. 11. 2008, revidierte Fassung angenommen: 22. 12. 2008

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Klinische Kernaussagen

>Auch wenn belastbare epidemiologische Daten zur Häufigkeit drogenassoziier- ter Sexualdelikte fehlen, haben die Untersuchungszahlen, zum Beispiel in rechtsmedizinischen Instituten, in den letzten Jahren eindeutig zugenommen.

>Der Nachweis einer Beibringung von K.-o.-Mitteln ist häufig deshalb schwierig, da sich die Opfer nach einer mehr oder weniger langen Phase der Bewusstlo- sigkeit oder anterograden Amnesie nicht an den Vorfall erinnern können und sich erst zeitlich verzögert einem Arzt oder der Polizei anvertrauen.

>Die häufigste bei Sexualdelikten nachgewiesene Substanz ist nach wie vor Al- kohol (circa 40 bis 60 % der Fälle) gefolgt von illegalen Drogen (Cannabis, Ko- kain). Nur in einem vergleichsweise geringen Prozentsatz (circa 2 %) können bei Routineuntersuchungen unfreiwillig eingenommene Medikamente und Drogen nachgewiesen werden. Hierbei stehen Benzodiazepine, gefolgt von an- deren Hypnotika, im Vordergrund.

>Bei Verdacht auf die Beibringung von K.-o.-Mitteln sollten für orientierende Un- tersuchungen so schnell wie möglich 100 mL Urin sichergestellt werden, wei- terhin sollte so schnell wie möglich – am besten innerhalb von 24 Stunden – mindestens 10 mL Blut (zitratfrei) asserviert werden.

>Liegt ein längeres Intervall zwischen Vorfall und ärztlicher Untersuchung oder waren bei begründetem Verdacht auf die Beibringung von K.-o.-Mitteln che- misch-toxikologische Untersuchungen am Blut und Urin negativ, kommt die Untersuchung einer Haarprobe in Betracht, die circa 4 Wochen nach dem Vor- fall asserviert werden soll.

>Eine sorgfältige ärztliche Anamnese und Befunderhebung sowie Sicherstellung von Asservaten bildet die Basis für die Aufdeckung entsprechender Fälle.

(7)

22. LeBeau M, Andollo W, Hearn WL, Baset R, Cone E, Finkle B, Fraser D et al.: Recommendations for toxicological investigations of drug-faciliated sexual assaults. J Forensic Sci 1999; 44:

227–30.

23. Negrusz A, Gaensslen RE: Analytical developments in toxicological investigation of drug-faciliated sexual assault. Anal Bioanal Chem 2003; 376: 1192–7.

24. Papadodima SA, Athanaselis SA, Spiliopoulou C: Toxicological in- vestigation of drug-facilitated sexual assault. Int J Clin Pract 2007; 61: 259–64.

25. Stein M: Stellungnahme zur nicht geringen Menge von Gamma- Hydroxybuttersäure. Toxichem & Krimtech 2003; 70: 87–92.

Anschrift der Verfasser Prof. Dr. med. Burkhard Madea Prof. Dr. rer. nat. Frank Mußhoff

Institut für Rechtsmedizin der Universität Bonn Stiftsplatz 12, 53111 Bonn

E-Mail: b.madea@uni-bonn.de

SUMMARY K

Knnoocckk--OOuutt DDrruuggss:: TThheeiirr PPrreevvaalleennccee,, MMooddeess ooff AAccttiioonn,, aanndd MMeeaannss ooff DDeetteeccttiioonn

Background: Knock-out drugs are used to facilitate the commission of a crime, generally either robbery or sexual assault. Although media reports on the use of knock-out drugs have become more frequent, there are no robust epidemiological data on the incidence of drug- facilitated robbery or sexual assault, presumably because many crimes of these types do not enter into official statistics.

Methods: The authors describe the modes of action and toxicological means of detection of the substances most frequently used as knock- out drugs on the basis of a selective literature research on the terms

"drug-facilitated sexual assaults" (DFSA) and "drug-facilitated crimes"

(DFC).

Results: The most frequently used drug in cases of sexual assault is still alcohol (ca. 40% to 60%), followed by illegal drugs (cannabis, cocaine). The presence of involuntarily consumed medications and drugs of abuse is demonstrated by routine toxicological analysis only in relatively few cases (ca. 2%). The substances most commonly found are benzodiazepines, followed by other hypnotics. In Europe, the illegal substance gamma-hydroxybutyric acid (GHB, "Liquid Ecstasy"), often mentioned as a "date-rape drug," is only rarely detected with sufficient medicolegal certainty. This may be due to its rapid elimina- tion (it is detectable in blood for up to 8 hours, in urine for up to 12 hours) as well as its physiological occurrence in the body. If the toxi- cological analysis of blood and urine is negative in a case of suspec- ted DFSA, then the analysis of a hair sample about four weeks after the assault can detect the presence of drugs consumed at that time.

If the victim has long hair, it may be possible to detect knock-out drugs taken more than four weeks earlier. In Europe, convictions for drug- facilitated crimes are comparatively rare, mainly because of the diffi- culty of demonstrating conclusive evidence.

Conclusions: A careful medical history and physical examination and the careful taking of biological samples for toxicological analysis form the basis for the detection of drug-facilitated crimes.

Dtsch Arztebl Int 2009; 106(20): 341–7 DOI: 10.3238/arztebl.2009.0341 Key words: sex crimes, gamma-aminobutyric acid abuse, hair analysis, drug screening, benzodiazepine

Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:

www.aerzteblatt.de/lit2009

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de eFallbeispiele, eKasten und eTabelle unter:

www.aerzteblatt.de/artikel09m341

@

(8)

ÜBERSICHTSARBEIT

K.-o.-Mittel: Häufigkeit, Wirkungsweise, Beweismittelsicherung

Burkhard Madea, Frank Mußhoff

Fallbeispiele

Fall 1

Ein 40-jähriger Gastwirt unterhielt sich vor Schluss des Lo- kals noch mit seinen beiden letzten Gästen, einer 23 und ei- ner 25 Jahre alten Frau, die nach eigenen Angaben den letz- ten Bus nach Hause verpasst hätten. Der Gastwirt lud beide Frauen ein, bei ihm zu übernachten. Auf dem Heimweg ha- be man sich an einer Tankstelle noch zwei Flaschen Sekt besorgt. In der Wohnung habe man gemeinsam Sekt ge- trunken, dann setzte bei dem Wohnungsinhaber die Erinne- rung aus. Am nächsten Morgen wachte er nackt in seinem Bett auf, die Frauen waren verschwunden, aus der Woh- nung waren sämtliche Wertgegenstände entfernt.

Aus Scham meldete er erst abends den Vorfall bei der Po- lizei, wo eine Blut- und Urinprobe sichergestellt wurde; die beiden Frauen konnte er nur sehr schlecht beschreiben. Ei- ne chemisch-toxikologische Untersuchung wies eine Flu- nitrazepam-Aufnahme nach (7-Aminoflunitrazepam im Blut 50 ng/mL, im Urin positiv [nicht quantifiziert]).

Aufgrund von Videoaufnahmen an der Tankstelle konn- ten die beiden Frauen ermittelt werden. Im Rahmen einer Hauptverhandlung räumten sie ein, schon zu Hause ein Fläschchen vorbereitet zu haben, in dem 5 Tabletten Rohyp- nol in Wasser aufgelöst worden seien. Von dieser Lösung hätten sie eine unbekannte Menge dem Sekt des Woh- nungsinhabers beigemengt. Nach der Einnahme des Ge- tränkes sei es noch zum Geschlechtsverkehr mit einer der Frauen gekommen, woran sich der Mann allerdings nicht mehr erinnern konnte. Anschließend sei er nach Angabe der Frauen in einen tiefen Schlaf gefallen, was sie dazu ausge- nutzt hätten, um die Wohnung abzusuchen und Wertgegen- stände zu entfernen.

Fall 2

Ein junger Mann führte angeblich im Auftrag der Stiftung Warentest eine Testung von Alkopops und Bekleidung an freiwilligen Probanden durch, die hierfür eine Entschädi- gung erhalten sollten. Dazu sollte eine 30 Jahre alte Frau mehrere Alkopops probieren. Ein orangefarbenes Mischge- tränk habe ihr sehr bitter geschmeckt.

Während sie sich auszog um Kleidungsstücke anzuprobie- ren, wurde sie von außen unbemerkt vom Tatverdächtigen ge- filmt. Nach dem Konsum eines weiteren orangefarbenen Ge- tränkes habe sie sich plötzlich komisch gefühlt, das Bewusst- sein verloren und sich an das weitere Geschehen nicht erinnern können. Sie sei später tief schlafend, wiederum in anderer Be- kleidung, im Wohnzimmer der Großmutter des Tatverdächti- gen, zunächst nicht aufweckbar und unfähig zu gehen, aufge- funden worden. Die von ihr aufgenommene Alkoholmenge reichte bei der von der Geschädigten geschilderten Alkoholto- leranz nicht aus, um diese Symptomatik zu erklären.

Chemisch-toxikologische Untersuchungen zum Nach- weis von K.-o.-Mitteln wurden nicht veranlasst, die Polizei erhielt erst im Rahmen eines anderweitigen Ermittlungs- verfahrens Kenntnis von diesem Fall.

Fall 3

Ein 21 Jahre alter Mann wurde beschuldigt, der 23-jährigen Geschädigten in einer Bar Diphenhydramin in Bier verab- reicht zu haben, um sie widerstandsunfähig zu machen. Die Geschädigte habe sich plötzlich komisch gefühlt, die Erin- nerung sei verschwommen gewesen, sie habe sich nicht mehr in der Lage gesehen, ihr Verhalten nach ihrem Willen auszurichten. Es sei zu sexuellen Handlungen mit dem Tat- verdächtigen auf einer Toilette gekommen.

Am nächsten Tag klagte die Geschädigte über Übelkeit, Herzklopfen, Herzrasen. Chemisch-toxikologische Unter- suchungen an einer 39 Stunden nach dem Vorfall sicherge- stellten Blut- und Urinprobe verliefen negativ. Eine aus Trinkangaben errechnete Blutalkoholkonzentration zum Vorfallszeitpunkt konnte das von der Geschädigten geschil- derte Zustandsbild nicht erklären. In einer 8 Wochen nach dem Vorfall entnommenen Haarprobe war in den proxima- len 3 cm Diphenhydramin in einer Konzentration von 1,0 pg/mg nachweisbar. Der Haarbefund war folgendermaßen zu bewerten: Der angegebene Vorfall fällt in den Wachs- tumszeitraum der untersuchten Probe.

Bei der nachgewiesenen Konzentration ist nicht von ei- nem regelmäßigen, intensiven Gebrauch des Schlafmittels auszugehen, sondern es kommt eher eine gelegentliche oder gar einmalige Aufnahme beziehungsweise Gabe in Betracht.

Gegebenenfalls ist auf eine weitere Medikation zu achten, die die Befunde erklären kann.

(9)

eKASTEN

Strafverfolgung

>> In 21 von 1 014 Fällen (2 %) Nachweis unfreiwillig

eingenommener Medikamente oder Drogen

>> Nur in der Hälfte der Fälle anschließende Gerichts-

verhandlung

– Nicht in allen Fällen Verurteilung

>> Keine weitere Strafverfolgung, weil

– Kein Tatverdächtiger – Tatverdächtiger abgetaucht – Unzureichende Beweislage

modifiziert nach (10)

ÜBERSICHTSARBEIT

K.-o.-Mittel: Häufigkeit, Wirkungsweise, Beweismittelsicherung

Burkhard Madea, Frank Mußhoff

(10)

ÜBERSICHTSARBEIT

K.-o.-Mittel: Häufigkeit, Wirkungsweise, Beweismittelsicherung

Burkhard Madea, Frank Mußhoff

eTabelle

Wirkstoffe mit Eignung als K.-o.-Mittel (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

A

Annttiiddeepprreessssiivvaa// BBeennzzooddiiaazzeeppiinnee OOppiiooiiddee AAnnddeerree N

Neeuurroolleeppttiikkaa

Amisulprid 2-Hydroxyethylflurazepam 6-Acetylmorphin 1,4-Butandiol

Amitriptylin 7-Aminoclonazepam Alfentanil Alkohol

Benperidol 7-Aminoflunitrazepam Buprenorphin Amphetamine

Citalopram Acetamidoflunitrazepam Codein Atropin

Clozapin Alprazolam Dihydrocodein Cannabinoide

Chlorpromazin Bromazepam EDDP (Methadonmetabolit) Carisoprolol

Chlorprothixen Chlordiazepoxid Fentanyl Chloralhydrat

Clomipramin Clobazam Heroin Clonidin

Clotiapin Clonazepam Hydromorphon Flüchtige Narkosemittel

Desipramin Clorazepat Methadon Gammabutyrolacton

Dibenzepin Clotiazepam Morphin Gammahydroxybuttersäure

Dothiepin Desalkylflurazepam Nortilidin H1-Antihistaminika

Doxepin Diazepam Oxycodon Hyoszin

Fluoxetin Estazolam Oxymorphon Ketamin

Flupirtin Flunitrazepam Pentazocin Kokain

Fluvoxamin Flurazepam Pethidin Meprobamat

Haloperidol Hydroxybromazepam Phenazocin Pentobarbital

Hydroxyzin Ketazolam Pipamperon Phenobarbital

Imipramin Loprazolam Piritramid Propofol

Levomepromazin Lorazepam Propoxyphen Scopolamin

Maprotilin Lormetazepam Remifentanil Thiopental

Mirtazapin Medazepam Sufentanil

Melperon Midazolam Tilidin

Moclobemid Nitrazepam Tramadol

Nordoxepin Norclobazam

Nortriptylin Nordazepam

Olanzapin Oxazepam

Opipramol Prazepam

Paroxetin Temazepam

Perazin Tetrazepam

Promazin Triazolam

Promethazin Prothipendyl Quetiapin Reboxetin Risperidon Sertralin Sulpirid Thioridazin Tiaprid Trazodon Trimipramin Venlafaxin Zaleplon Ziprasidon Zolpidem Zopiclon Zotepin Zuclopenthixol

Referenzen

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