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Fortgesetzter RückblickProvenienz­ und institutionsgeschichtliche Beiträge

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138 Institutionsgeschichte und Provenienzforschung Seit 2017 werden in den Jahresberichten Forschungs­

ergebnisse publiziert, die sich auf institutions­ und samm­

lungsgeschichtliche Themen beziehen: Nicht allein der Bestand eines Museums ist interessant, sondern auch sein Geworden­Sein, wozu die Herkunft des Vorhandenen ebenso gehört wie der Verbleib des Vorhandengewesenen. Diese Texte bieten nicht nur sorgfältige Einzelfallstudien, aus denen sich Epochen und Ereignisse rekonstruieren lassen, sondern sind auch als Anstoß zu verstehen, über die Ver­

gangenheit nachzudenken – und über deren Relevanz für Gegenwart oder Zukunft.

Martin Schawes Beitrag ›Van Eyck in Neuschwanstein‹

thematisiert nicht nur die Vorgeschichte des Genter Altares, der schon nach dem Ersten Weltkrieg als Kunstschatz und als nationale Identität verkörpernde Reparation verhandelt wurde, sondern er zeigt darin exemplarisch, wie solche Eigentumsannexionen in die Zukunft hinein vergiftend wei­

terwirken können: Was einst deutsches Sammlungsgut war und dann als Reparationsgut ausgehändigt werden musste, blieb mit Ansprüchen behaftet, sodass das nationalsozia­

listische Deutschland bestrebt war, diese Tafeln wiederum für sich zurückzuerobern: So generiert ein Eigentums(über­

tragungs)akt je einen neuen – und so weiter? Wie sehr bei solchen Wechselfällen der Geschichte die humane Sub­

stanz eines Kunstwerkes hinter dessen finanziellem oder gar ideologischem Wert verblasst, das macht dieser Text sichtbar. Schlussendlich wurden, wie der Aufsatz bezeugt, Kunstwerke zu Kriegsgefangenen, die man in Europa jahr­

zehntelang verschiffte. Dass dies auch mit der Münchner Sammlungsgeschichte und einem Namen wie dem des Ge­

neraldirektors Buchner verwoben war, berechtigt zur ein­

gehenderen Darstellung gerade im vorliegenden Kontext.

Auch der Text ›Jedem der Experten einen Judenhut auf­

stülpen‹ von Johannes Gramlich verdeutlicht, dass die Ereig­

nisse ab 1933 ihren geistesgeschichtlichen Vorlauf in der Weimarer Republik hatten, in der trotz aller Demokratie doch die ideologischen Kämpfe tobten. Konnten in jenen Jahren die Museen noch leidlich gedeihen und sich die Wissenschaft relativ frei entfalten, so weisen sie doch archetypisch vo­

raus auf spätere Kämpfe. Dass Neid ein übler Ratgeber war und dass nationalistische mit antisemitischen Argumenten rangen, dass eine ideologische Doktrin auch hier wie Stör­

feuer in die Kunstgeschichte eingriff, das wird aus dem Text sichtbar. Die damalige Debatte, ob und inwieweit Museums­

Fortgesetzter Rückblick

Provenienz­ und institutionsgeschichtliche Beiträge

Bernhard Maaz

Originalveröffentlichung in: Jahresbericht / Bayerische Staatsgemäldesammlungen 2017, S. 138-139

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139 Institutionsgeschichte und Provenienzforschung

fachleute in die Wertschöpfungskette des Kunsthandels in­

tegriert sein dürften, ist heute weitgehend gelöst: Beide bedürfen einander und des Austauschs, aber sie bedienen einander nicht im kommerziellen Sinne. Was man aus dem Text erkennt, ist der fachliche Zusammenbruch der Kunstge­

schichte am Ende des Nationalsozialismus: Die jüdischen Kunstkenner und ­gelehrten hatten den Holocaust gar nicht oder nicht in Deutschland überstanden, die übrige Kunstge­

schichte war durch den Krieg ausgezehrt und fast erloschen.

Auch das warf einen langen Schatten, nicht zuletzt hinsicht­

lich der Abkehr von manchen Kernaufgaben, die erst ein hal­

bes Jahrhundert später wieder in den Fokus rückten und zu denen die Fragen nach den Provenienzen der Kunstwerke und nach detaillierter Dokumentation gehörten. Doch vor allem das Thema der fundierten Kennerschaft ist bis heute ein heik­

les, denn der fachliche Exodus wirkte jahrzehntelang weiter.

Sicher darf man nicht die gesamte Fachgeschichte vor und nach 1945 allein aus der Katastrophe des National­

sozialismus erklären. Dennoch wirkten die Ereignisse weit in die Nachkriegszeit. Dass dann Museumsdirektoren zuweilen ihre diktatur­ und kriegsbedingt dezimierten Be­

stände aufzufüllen bestrebt waren, darf als Impuls hei­

lungsorientierter Sammlungsstrategien verstanden werden, wenngleich dabei in den Nachkriegswirren manches Geschäft besiegelt wurde, das man heute mit Missbilligung betrach­

tet. Aber es wäre nicht möglich gewesen, den Museen das enorme Gewicht zurückzugeben, das sie einst hatten, wenn nicht auch Kunstsammler ihren Teil beigesteuert hätten.

Die Sammlung von Sofie und Emanuel Fohn war ein solcher Baustein der Münchner Bestände, und sie war nicht zufäl­

lig eine von vielen, die hierher gelangten und nicht nach Berlin: Ebenso wie die altdeutschen Bestände, die die Ge­

brüder Boisserée einst zusammengetragen hatten, und wie die von Hugo von Tschudi eingeworbenen, postum in Mün­

chen verankerten Bestände der europäischen Moderne ge­

langte auch dieser Werkkomplex nicht in die Berliner Mu­

seen. Erstaunlich an Herkunft und Verbleib der Sammlung ist, dass sie zunächst auf Widerruf angelegt schien. Nicht minder verwunderlich, dass man dennoch in der Nachkriegs­

zeit nicht versuchte, die aus Museen stammenden Werke der ›Entarteten Kunst‹ in die Ursprungssammlungen zurück­

zuführen: So entstand – faktisch post festum – eine unwider­

rufliche Akzeptanz gegenüber den Ereignissen und den dadurch entstandenen veränderten Eigentumsverhältnissen.

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