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Archiv "Prävention: Familiäres Mamma- und Ovarialkarzinom" (17.05.2002)

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A

A1372 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 2017. Mai 2002

D

ie 12 Zentren des Verbundprojek- tes „Familiärer Brust- und Eier- stockkrebs“ der Deutschen Krebs- hilfe haben sich die Aufgabe gestellt, Frauen mit einer familiären Belastung für Brust- oder Eierstockkrebs umfas- send zu beraten und zu betreuen. Die Feststellung eines erhöhten Erkran- kungsrisikos wirft die Frage nach geeig- neten Vorsorgemaßnahmen auf. Ob- wohl bisher nur wenige Erfahrungen zur Wirksamkeit solcher Maßnahmen vor- liegen, besteht dringend Handlungsbe- darf angesichts der zur Verfügung ste- henden Möglichkeiten und erster Hin- weise auf ihren Nutzen. Auf Basis der gegenwärtigen Datenlage und der bis- herigen Erfahrungen aus dem Projekt der Deutschen Krebshilfe schlagen die Autoren ein strukturiertes Früherken- nungsprogramm vor.

Man schätzt, dass 5 Prozent aller Mamma- und Ovarialkarzinome auf- grund einer erblichen Disposition ent- stehen. Die Vererbung der Disposition

folgt einem autosomal dominanten Erb- gang, das heißt, die Veranlagung wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent an die Nachkommen weitergegeben. In den Jahren 1994 und 1995 wurden die Gene BRCA1 und BRCA2 entdeckt, die in rund 50 Prozent der erblichen Fälle Mutationen aufweisen (29, 54). Diese Mutationen können mit molekulargene- tischen Methoden identifiziert werden.

Eine genetische Untersuchung ist nur dann angezeigt, wenn die Familienanam- nese Hinweise auf eine genetische Bela- stung ergibt (Textkasten 1). Nach Identifi- kation einer Mutation bei einer Betroffe- nen ist für die gesunden Angehörigen, die

aus formalgenetischen Gründen ein er- höhtes Risiko für erblichen Brust-/Eier- stockkrebs haben, eine prädiktive geneti- sche Diagnostik möglich.

Beratung und Betreuung von Risikopersonen

Als Risikopersonen werden sowohl ge- sunde als auch erkrankte Frauen aus Fa- milien mit Verdacht auf erblichen Brust- und Eierstockkrebs angesehen, da so- wohl Gesunde als auch Erkrankte ein deutlich erhöhtes Risiko für Brustkrebs und Eierstockkrebs beziehungsweise ein Zweitkarzinom der Brust und der Eier- stöcke haben.

Eine Risikoperson soll nur in einem Zentrum betreut werden, in dem die gynäkologische, humangenetische und psychoonkologische Kompetenz vorhan- den ist. In einem solchen Zentrum für er- blichen Brust- und Eierstockkrebs findet eine multidisziplinäre Beratung nach den

Prävention

Familiäres Mamma- und Ovarialkarzinom

Vorschlag für ein strukturiertes Früherkennungsprogramm

Zusammenfassung

Rund 5 Prozent der Brust- und Eierstockkrebser- krankungen sind erblich bedingt und folgen ei- nem autosomal dominanten Erbgang. Der erb- liche Brust- und Eierstockkrebs tritt familiär gehäuft auf und ist durch ein frühes Erkran- kungsalter gekennzeichnet. Mutationen in den Genen BRCA1 und BRCA2 sind für rund 50 Pro- zent der Erkrankungsfälle verantwortlich und können mit molekulargenetischen Methoden identifiziert werden. Das lebenslange Risiko ei- ner Mutationsträgerin beträgt 80 bis 90 Prozent für Brustkrebs und 30 bis 60 Prozent für Eier- stockkrebs. Das Risiko für ein Zweitkarzinom der Brust oder der Eierstöcke liegt bei 50 Pro- zent. Aufgrund des hohen Erkrankungsrisikos der Mutationsträgerinnen ist ein standardisier- tes Früherkennungsprogramm (sekundäre Prävention) unter Einbeziehung der Sonogra- phie, Mammographie und Kernspintomogra- phie zu empfehlen, welches die speziellen Cha- rakteristika des erblichen Brust- und Eierstock-

krebses berücksichtigt. Zur Verhütung (primäre Prävention) des erblichen Brust- und Eierstock- krebses stehen operative und medikamentöse Optionen zur Verfügung. Die Inanspruchnahme einer Genanalyse sowie primär präventiver Maßnahmen hängt von der individuellen Situa- tion ab und verlangt eine interdisziplinäre Bera- tung und Betreuung.

Schlüsselwörter: Familiäres Mamma- und Ova- rialkarzinom, BRCA1, BRCA2, Frühdiagnostik, Prävention

Summary

Prevention of Familial Breast and Ovarian Cancer: Proposal For a Structured Surveil- lance Programme

Approximately 5 per cent of the cases with breast and/or ovarian cancer are inherited as autosomal dominant trait. Hereditary breast and ovarian cancer is characterized by multiple

cases in the affected families and early onset of the disease. Mutations in the genes BRCA1 or BRCA2 account for about 50 per cent of the familial cases and confer an 80 to 90 per cent lifetime risk of breast cancer, a 30 to 60 per cent lifetime risk of ovarian cancer and a 50 per cent risk of a second carcinoma of the breast or the ovaries. Molecular analysis allows the identifi- cation of BRCA1 or BRCA2 carriers within affect- ed families. Due to the high penetrance of the mutations there is need for a surveillance pro- gramme including sonography, mammography and MRI of the breast. This accounts for the specific aspects of familial breast and ovarian cancer. Primary preventive strategies include preventive surgery and chemoprevention. Gene- tic analysis and preventive options depend on the individual situation and can only be recom- mended in an interdisciplinary setting.

Key words: hereditary breast and ovarian can- cer syndrome (HBOCS), BRCA1, BRCA2, surveil- lance, prevention

1Zentrum für Geburtshilfe und Frauenheilkunde (Kom- missarischer Direktor: Prof. Dr. med. Walther Kuhn) der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn

2Klinik für Frauenheilkunde mit Poliklinik (Direktor: Prof.

Dr. med. Matthias Wilhelm Beckmann) der Friedrich- Alexander Universität, Erlangen

3Frauenklinik und Poliklinik (Direktorin: Prof. Dr. med.

Marion Kiechle) der Technischen Universität, München

Rita Katharina Schmutzler

1

,

Matthias Wilhelm Beckmann

2

,

Marion Kiechle

3

(2)

Richtlinien der Bundesärztekammer statt (1). Diese beinhaltet:

>eine gynäkologische Beratung über Früherkennungsmaßnahmen und vor- beugende Behandlungsmöglichkeiten,

>eine humangenetische Beratung über das individuelle genetische Risiko, über die Möglichkeiten und Konsequen- zen einer molekulargenetischen Unter- suchung und Hilfestellung bei der Ent- scheidungsfindung für oder gegen die ge- netische Analyse,

>eine psychoonkologische Beratung zur Beurteilung der psychosozialen Si- tuation, zur Bewältigung der Situation und zur Hilfestellung bei Entscheidungs- schwierigkeiten.

Die Beratungen erfolgen nichtdirek- tiv und geben der Ratsuchenden umfas- sende Informationen für eine eigenstän- dige Entscheidung für oder gegen den Gentest. Eine molekulargenetische Un- tersuchung auf Mutationen in den Brust- krebsgenen BRCA1 und BRCA2 wird daher erst nach Abschluss der Beratun- gen, einer vierwöchigen Bedenkzeit und nach informierter Entscheidung der Rat- suchenden für den Gentest durchge- führt. Nicht in jedem Fall kann eine Mu- tation in der Familie identifiziert werden.

Eine prädiktive Gendiagnostik bei ge- sunden Frauen kann in der Regel nur bei nachgewiesener pathogener Mutation in der Familie erfolgen. Die molekularge- netischen Untersuchungen sind aufwen- dig und zeitintensiv. Sie dauern gegen- wärtig mehrere Monate.

Der Ratsuchenden wird außerdem ei- ne umfassende klinische und psychoon- kologische Betreuung angeboten, in die auf Wunsch auch Angehörige einbezo- gen werden. Diese Betreuung wird auch Frauen angeboten, die sich nicht für eine prädiktive genetische Diagnostik ent- schieden haben. Die möglichen präven- tiven Maßnahmen und die jeweils nöti- gen diagnostischen und therapeutischen Schritte müssen ausführlich besprochen werden.

Frauen mit erhöhtem Risiko für Mamma- und Ovarialkarzinom

Epidemiologische Studien belegen, dass Frauen mit an Mamma- oder Ovarialkar- zinom erkrankten Verwandten ersten oder zweiten Grades ein erhöhtes Risiko

haben, selbst an Brust- oder Eierstock- krebs zu erkranken (6, 37). Dies gilt ins- besondere, wenn die Erkrankung vor dem 50. Lebensjahr aufgetreten ist.

Nach internationalen Studien sind Mutationen im BRCA1-Gen in 45 Pro- zent aller Familien mit mindestens 4 Brustkrebsfällen und in 90 Prozent al- ler Familien mit zusätzlichem Eierstock- krebs nachweisbar (8). Mutationen im BRCA2-Gen liegen in 35 Prozent aller Familien mit mindestens vier Brust- krebsfällen vor. Zusätzlich kommt es zu einer Häufung an männlichem Brust- krebs (17). Trägerinnen einer Mutation im BRCA1- oder BRCA2-Gen haben ein stark erhöhtes Risiko für Brustkrebs, wobei Trägerinnen einer BRCA1-Muta- tion im Durchschnitt früher erkranken als Trägerinnen einer BRCA2-Mutation.

Für Trägerinnen einer BRCA1-Mutati- on liegt das Risiko für Eierstockkrebs

höher und das mittlere Erkrankungsal- ter niedriger als für Trägerinnen einer BRCA2-Mutation. Die altersspezifi- schen Penetranzen, die in internationa- len Studien erhoben wurden, sind in der Tabelledargestellt.

Durch die Arbeit des Verbundprojek- tes „Familiärer Brust- und Eierstock- krebs“ der Deutschen Krebshilfe liegen jetzt populationsspezifische Daten der deutschen Bevölkerung vor, die eine bes- sere Voraussage über das Vorliegen einer BRCA1- oder BRCA2-Mutation in ei- ner spezifischen Familie erlauben. Diese Ergebnisse beruhen auf der Analyse der Gene BRCA1 und BRCA2 in rund 1 000 Familien, die die in Textkasten 1 genann- ten Einschlusskriterien erfüllen (18). Fa- milien mit mindestens zwei an Mamma- karzinom erkrankten Frauen unter 50 Jahren weisen in 37 Prozent Mutationen in den Genen BRCA1 oder BRCA2 auf.

Treten Mamma- und Ovarialkarzinome in der Familie auf, dann erhöht sich die Nachweisrate auf 53 Prozent. Tritt hin- gegen nur ein Mammakarzinom vor dem 30. Lebensjahr, ein bilaterales Mam- makarzinom oder ein Mammakarzinom bei einem männlichen Familienmitglied auf, werden Mutationen in den Genen BRCA1 oder BRCA2 in weniger als 10 Prozent der Familien nachgewiesen.

Wird in einer belasteten Familie eine BRCA1- oder BRCA2-Mutation bei ei- ner Erkrankten an Brust- oder Eier- stockkrebs identifiziert, so kann eine prädiktive genetische Analyse Klarheit über das individuelle Risiko einer ge- sunden Frau aus dieser Familie bringen.

Für Frauen mit einer nachgewiesenen BRCA1- oder BRCA2-Mutation wird eine intensive Prävention für notwen- dig erachtet. Wird die in der Familie vorhandene Mutation bei einer gesun- den Frau der Familie ausgeschlossen,

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Indikationen für eine Analyse der Gene BR- CA1 und BRCA2

Für eine genetische Untersuchung kommen folgende Familien in Betracht:

>Familien mit mindestens zwei an Mamma- und/oder Ovarialkarzinom Erkrankten, davon eine unter 50 Jahren.

>Familien mit einer an einseitigem Mamma- karzinom im Alter von 30 Jahren oder früher Erkrankten.

>Familien mit einer an beidseitigem Mamma- karzinom im Alter von 40 Jahren oder früher Erkrankten.

>Familien mit einer an Ovarialkarzinom im Alter von 40 Jahren oder früher Erkrankten.

>Familien mit einer an Mamma- und Ovarialkar- zinom unabhängig vom Alter Erkrankten.

>Familien mit einem männlichen an Mamma- karzinom Erkrankten.

Textkasten 1

´ TabelleC´

Kumulatives Risiko für Brust-und Eierstockkrebs bei Frauen mit einer Mutation in den Genen BRCA1 oder BRCA2

BRCA1 BRCA2

MaCa (%) OvCa (%) MaCa (%) OvCa (%)

Bis 50. LJ 50 20 30 0,4

Bis 80. LJ 80–90 60 80 30

Trägerinnen einer BRCA1- oder BRCA2-Mutation haben ein hohes Erkrankungsrisiko. Das Erkrankungsalter ist bei Trägerinnen einer BRCA1- Mutation niedriger als bei Trägerinnen einer BRCA2-Mutation (9, 10, 13, 14, 39).

MaCa, Mammakarzinom; OvCa, Ovarialkarzinom; LJ, Lebensjahr

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sind spezielle präventive Maßnahmen nicht mehr erforderlich. Es gelten die allgemeinen Empfehlungen zur Krebs- früherkennung.

In Familien, deren Stammbaum auf einen autosomal dominanten Erbgang für Brust- oder Eierstockkrebs hinweist, kann eine negative Mutationsanalyse der Gene BRCA1 und BRCA2 ein erhöhtes Risiko jedoch nicht ausschließen. Es gibt starke Hinweise darauf, dass Muta- tionen in mindestens einem weiteren Brustkrebsgen für den größten Teil der BRCA1/2-negativen Familien mit meh- reren Betroffenen verantwortlich ist (43).

Das statistische Erkrankungsrisiko von Frauen aus solchen belasteten Fami- lien ist von verschiedenen Faktoren ab- hängig. Dazu gehören das Erkrankungs- alter in der Familie, die Organmanifesta- tion (Brust- oder Eierstockkrebs) und der Verwandtschaftsgrad zu den er- krankten Familienmitgliedern. Es kann für die einzelnen Familienmitglieder da- her unterschiedlich groß sein. Das indi- viduelle Risiko für das Vorliegen einer BRCA-Mutation kann mithilfe compu- terassistierter mathematischer Modelle berechnet werden (7, 35, 41). Diese ba- sieren auf umfangreichen Daten aus Fa-

milien mit einer erblichen Belastung für Brust- und Eierstockkrebs. Die Festle- gung eines Schwellenwertes für die Emp- fehlung präventiver Maßnahmen kann gegenwärtig nur arbiträr erfolgen. In den meisten derzeit laufenden Präventions- programmen werden bei einer Verdopp- lung des Lebenszeitrisikos auf 20 Prozent spezielle präventive Maßnahmen emp- fohlen.

Trotz der gegenwärtig noch begrenz- ten Erfahrungen steht außer Frage, dass Frauen aus betroffenen Familien ein Präventionskonzept angeboten werden sollte. Dies gilt sowohl für gesunde als auch bereits erkrankte Frauen aus bela- steten Familien. Es ist wünschenswert, dass dabei möglichst bald einheitlich vor- gegangen wird.

Möglichkeiten der Prävention

Für Frauen mit einer nachgewiesenen Mutation in den Genen BRCA1 oder BRCA2 oder einem lebenslangen Er- krankungsrisiko von mindestens 20 Pro- zent gibt es erste Hinweise darauf, dass spezifische Maßnahmen zur Verhütung oder Früherkennung des familiären

Brust- oder Eierstockkrebses zu einer Reduktion der Morbidität und Mor- talität führen. Diese Daten wurden un- ter anderem im Verbundprojekt „Fami- liärer Brust- und Eierstockkrebs“ der Deutschen Krebshilfe gewonnen. Der- zeit kommen die im Folgenden beschrie- benen präventiven Maßnahmen in Be- tracht.

Primäre Prävention

Die primäre Prävention hat das Ziel, den Ausbruch der Erkrankung zu verhin- dern. Hierbei kommen die prophylakti- sche Mastektomie und die beidseitige prophylaktische Ovarektomie in Be- tracht. Eine wichtige Voraussetzung zur Durchführung prophylaktischer Opera- tionen ist die Möglichkeit der komplet- ten Organentfernung. Dies trifft für die Ovarektomie zu. Einschränkend ist aber zu berücksichtigen, dass das Bauchfell entwicklungsgeschichtlich aus dem glei- chen Keimblatt entsteht und ein Restrisi- ko der Entstehung eines extraovariellen Bauchfellkarzinoms von circa 3 Prozent besteht (5, 49). Nach einer ersten Unter- suchung bei Frauen mit einer BRCA1- Mutation reduziert die prophylaktische beidseitige Eierstockentfernung auch das Risiko für Brustkrebs (40). Hierbei ist allerdings die Hormonersatztherapie zur Reduktion des Osteoporoserisikos nicht berücksichtigt.

Durch die einfache Mastektomie mit Entfernung der Brustdrüse einschließ- lich des Lobus axillaris, der Brustwarze, der Pektoralisfaszie und einem Teil der Haut kann eine Reduktion des Drüsen- gewebes von 99 Prozent erzielt werden (11, 47). Bei der subkutanen Mastekto- mie werden nur 90 bis 95 Prozent des Drüsenkörpers entfernt. Somit bleibt ein bisher nicht definiertes Restrisiko für die Entstehung eines Mammakarzinoms be- stehen.

Ein alternativer Weg kann die medi- kamentöse Prävention sein. Zum Einsatz kommen Hormonpräparate, die in den Zielorganen einen wachstumshemmen- den Effekt haben. Der Einsatz kombi- nierter oraler Kontrazeptiva führt bei Frauen mit einer Mutation in den Genen BRCA1 oder BRCA2 zu einer Redukti- on der Inzidenz des Eierstockkrebses (31). Andererseits gibt es jedoch Hinwei- A

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Primäre Prävention: Voraussetzungen für die Durchführung einer prophylaktischen Mastektomie oder Ovarektomie

Ovarektomie

> Abgeschlossener Kinderwunsch

>Alter über 35 Jahre

> Interdisziplinäre Behandlung *1

>Nachgewiesene Mutation oder Verwandte 1. Grades aus einer Familie mit mindestens zwei an Brust- krebs Erkrankten vor dem 50. Lebensjahr oder an Brust- und Eierstockkrebs Erkrankten unabhängig vom Alter, in welcher der Gentest nicht durchgeführt*2wurde oder nicht informativ ist. *3 Mastektomie

>Alter über 25 Jahre

>Interdisziplinäre Behandlung *1

>Nachgewiesene Mutation oder Verwandte 1. Grades aus einer Familie mit mindestens zwei an Brust- krebs Erkrankten vor dem 50. Lebensjahr oder an Brust- und Eierstockkrebs Erkrankten unabhängig vom Alter, in welcher der Gentest nicht durchgeführt wurde*2oder nicht informativ ist.*3

*1Vor einer prophylaktischen Operation ist eine gynäkologische, humangenetische und psychoonkologische Beratung zur Klärung des individuellen Erkrankungsrisikos, der zu erwartenden Risikoreduktion und der Motivationslage erfor- derlich.

*2Ein Gentest wird nicht durchgeführt, wenn die Betroffene diesen nicht wünscht oder eine Kontraindikation (z. B. akute Belastungssituation oder unbewältigte Konflikte) besteht oder kein lebender Indexfall in der Familie vorhanden ist.

*3Ein nicht informativer Gentest liegt vor, wenn bei dem Indexfall der Familie keine Mutation oder eine nicht eindeutig krankheitsrelevante Mutation (unklassifizierte Variante) in den Genen BRCA1 oder BRCA2 nachgewiesen wurde. In diesen Fällen wird keine prädiktive Analyse bei den gesunden Ratsuchenden angeschlossen.

Textkasten 2

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se auf eine Erhöhung des Brustkrebsrisi- kos unter der Einnahme oraler Kontra- zeptiva (50). Daher sollten hormonelle Kontrazeptiva bei Frauen mit einer fami- liären Belastung zurückhaltend einge- setzt werden, eine Kontraindikation be- steht derzeit jedoch nicht. Antiöstroge- ne werden erfolgreich in der Prävention des Mammakarzinoms eingesetzt. Aller- dings scheinen besonders Frauen mit anderen Risikofaktoren als BRCA1/2- Mutationen von dieser Therapie zu pro- fitieren (12, 39, 52). Ein weiterer thera- peutischer Ansatz ist die ovarielle Sup- pression durch GnRH-Analoga.

Sekundäre Prävention

Ziel der sekundären Prävention ist eine Verminderung der Mortalität durch die Frühdiagnostik. Hierzu müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

>Die angewandten Untersuchungs- methoden müssen die Tumorerkrankung in einem frühen Stadium entdecken kön- nen.

>Die Therapie in Frühstadien der Er- krankung muss zu einer verbesserten Überlebensrate führen.

Für den sporadischen Brustkrebs konnte gezeigt werden, dass ein regel- mäßiges Mammographie-Screening ab dem 50. Lebensjahr zu einer verbesser- ten Frühdiagnostik führt, die mit einer Reduktion der Mortalität von 20 bis 30 Prozent einhergeht (16). Für Frau- en zwischen 40 und 50 ist ein Nutzen wahrscheinlich. Für Frauen vor dem 40. Lebensjahr wird eine Screening- Mammographie aufgrund der Paren- chymdichte der Brustdrüse nicht emp- fohlen. Bei Frauen mit einer erblichen Belastung für Brustkrebs wird die Mammographie in den derzeit laufen- den Früherkennungsprogrammen auf- grund des frühen Erkrankungsalters ab dem 30. Lebensjahr eingesetzt. Die bisherigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Mammographie nur in Kombination mit anderen Verfahren einen Nutzen in dieser Altersgruppe hat. Für den Eierstockkrebs konnte bisher keine effiziente Früherkennung etabliert werden. Mögliche Screening- methoden sind der transvaginale Ultra- schall und die Bestimmung des Tumor- markers Ca 125 (3, 23).

Tertiäre Prävention

Frauen, die bereits an Brust- oder Eierstockkrebs erkrankt sind und eine Mutation in den Genen BRCA1 oder BRCA2 tragen, haben ein deutlich er- höhtes Risiko für ein Zweitkarzinom der Brust beziehungsweise der Eier- stöcke (60 Prozent beziehungsweise 40 Prozent bis zum 70. Lebensjahr) (9, 13).

Dies scheint auch für erkrankte Frauen aus Risikofamilien mit negativem Mu- tationsnachweis zu gelten. Es konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass das Risiko für die Entstehung eines Zweit- karzinoms der Brust vom Ersterkran- kungsalter abhängig ist (51). Über ei- nen Beobachtungszeitraum von 10 Jah- ren entwickelten 40 Prozent der 124 Frauen, die vor dem 50. Lebensjahr er- krankten, ein Zweitkarzinom, hingegen nur 12 Prozent der 40 Frauen, die nach dem 50. Lebensjahr erkrankten. Frau- en, die bereits erkrankt sind, werden daher die gleichen Maßnahmen zur primären und sekundären Prävention empfohlen wie den Nichterkrankten.

Die üblichen Nachsorgeuntersuchun- gen sind hiervon unberührt.

Optionen zur primären Prävention

Prophylaktische Eierstockentfernung

Umfangreiche Untersuchungen bele- gen, dass die prophylaktische Ovarek- tomie das Risiko für Eierstockkrebs bei Frauen mit einer familiären Belastung für das Ovarialkarzinom reduzieren kann (38, 45). Die prophylaktische Ei- erstockentfernung unter Einbeziehung beider Eileiter kann daher unter be- stimmten Voraussetzungen empfohlen werden (Textkasten 2).

In einer Fallkontrollstudie konnte kürzlich gezeigt werden, dass auch durch eine Tubenligatur das Risiko ei- nes Ovarialkarzinoms bei Trägerinnen einer BRCA1-Mutation vermindert werden kann (32). Pathophysiologisch kann dies am ehesten auf eine Reduk- tion der ovariellen Funktion durch eine verminderte Blutzufuhr zurückgeführt werden.

Die Operation sollte durch Laparo- skopie und unter Mitentfernung der Ei-

leiter erfolgen. Aufgrund des Risikos einer extraovariellen Peritonealkarzi- nose soll der gesamte Peritonealraum gründlich inspiziert werden mit Durch- führung einer Spülzytologie und Ent- nahme von Biopsien (2).

Prophylaktische Brustdrüsenentfernung

Retrospektive Untersuchungen weisen darauf hin, dass bei Frauen mit einer fa- miliären Belastung für Brustkrebs das Erkrankungsrisiko durch eine beidseiti- ge Brustdrüsenentfernung vermindert werden kann (20, 21). Dies wurde in ei- ner ersten prospektiven Studie mit Trä- gerinnen einer BRCA1- oder BRCA2- Mutation bestätigt (27). Von 139 Muta- tionsträgerinnen entschieden sich 76 Frauen für die prophylaktische Mastek- tomie. Nach einem mittleren Beobach- tungszeitraum von drei Jahren waren acht Frauen aus der Gruppe, die sich gegen eine Brustdrüsenentfernung ent- schieden hatten, erkrankt. Hingegen trat kein Fall von Brustkrebs in der Gruppe von Frauen auf, die sich einer beidseitigen Mastektomie unterzogen hatten.

Die prophylaktische Brustdrüsen- entfernung kann in gewissen Fällen als eine Option angesehen werden (Text- kasten 2). Um einen größtmöglichen präventiven Effekt zu erzielen, muss eine beidseitige Mastektomie unter Mitnahme der Pectoralisfaszie durch- geführt werden. Eine simultane Re- konstruktion sollte angeboten wer- den.

Chemoprävention

Die Chemoprävention ist Gegenstand intensiver Bemühungen zur primären Prävention des Mammakarzinoms.

Trotz der Hinweise auf einen positiven Effekt der Antiöstrogene in der ameri- kanischen Präventionsstudie (NSABP- P1) ist die Datenlage derzeit nicht ein- deutig, da die beiden europäischen Stu- dien dies bisher nicht bestätigen konn- ten (12, 39, 52).

Die jetzt publizierte Untersuchung zum BRCA-Mutationsstatus der 288 erkrankten Frauen in der NSABP-P1- Studie bestätigt die Vermutung, dass Trägerinnen einer BRCA1-Mutation nicht auf eine antiöstrogene Therapie A

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ansprechen, da BRCA1-Tumoren typi- scherweise Hormonrezeptor-negativ sind (24). Allerdings konnte die Inzi- denz der Mammakarzinome bei Trä- gerinnen einer BRCA2-Mutation, die überwiegend Hormonrezeptor-positiv sind, vermindert werden.

Antiöstrogene haben des Weiteren einen stimulierenden Effekt auf die Ei- erstöcke, welcher bei familiärer Bela- stung für Brust- und Eierstockkrebs als ungünstig angesehen wird.

Eine Alternative könnte der Einsatz von GnRH-Analoga zur Hormonde- pletion sein. Rationale ist die nachge- wiesene Reduktion des Rezidivrisikos bei Brustkrebs. Es konnte ferner ge- zeigt werden, dass die beidseitige pro- phylaktische Eierstockentfernung zu einer Reduktion der Brustkrebserkran- kungen bei BRCA1-Mutationsträge- rinnen führt (40). Wegen des Osteo- poroserisikos ist eine begleitende Hor- monersatztherapie oder die Gabe von Biphosphonaten zu diskutieren. Zur Klärung des Nutzens einer medika- mentös erzielten Hormondepletion bei Frauen mit einer familiären Belastung wurden daher drei Studien in Europa initiiert: Die Gabe von GnRH-Analoga in Kombination mit einer niedrig do- sierten Östrogengabe (low add back), mit dem Hormonersatztherapeutikum Tibolon oder mit Biphosphonaten. Die Studie zur Wirksamkeit von GnRH- Analoga und Biphosphonaten wird im

Rahmen des Verbundprojektes „Fa- miliärer Brust- und Eierstockkrebs“

der Deutschen Krebshilfe durchgeführt (GISS-Studie, www.kgu.de/zfg/forgiss).

Erste Ergebnisse sind frühestens in zwei Jahren zu erwarten.

Eine hormonelle Chemoprävention sollte nur im Rahmen kontrollierter Studien durchgeführt werden, da eine abschließende Bewertung dieser Maß- nahmen noch nicht möglich ist.

Begleitende Maßnahmen

Retrospektive Untersuchungen bele- gen, dass eine psychologische Unter- stützung zur Entscheidungsfindung und zur langfristigen Zufriedenheit mit dem operativen Vorgehen beiträgt (15, 20). Dem Wunsch einer Frau nach einer Brustamputation kann ein nicht real eingeschätztes Risiko zugrun- de liegen (28). Dies kann trotz eines umfassenden Aufklärungsgespräches über die Grenzen und Risiken dieser Operation der Fall sein (36). Daher sollte vor jeder prophylaktischen Ope- ration neben der gynäkologischen und humangenetischen Beratung über die Risiken und Chancen des Eingriffes auch ein psychotherapeutisches Ge- spräch zur Klärung der Motivationsla- ge stattfinden. Eine psychoonkologi- sche Begleitung in der prä-, peri- und postoperativen Phase ist wünschens- wert.

Vorschlag für ein strukturiertes Programm zur Früherkennung

Erste Untersuchungen legen nahe, dass regelmäßige Früherkennungsuntersu- chungen bei Frauen mit einem erhöhten Risiko für Brustkrebs in der Lage sind, die Erkrankung in einem frühen und heilbaren Stadium zu erkennen. Der Wert von Früherkennungsmaßnahmen für den Eierstockkrebs gilt dagegen als ungewiss, da es mit den gegenwärtigen Verfahren nicht möglich ist, Eierstock- krebs in einem frühen Stadium zu ent- decken.

Aufgrund der bisherigen Erfahrun- gen bei der Betreuung von Frauen mit einer familiären Belastung für Brust- und/oder Eierstockkrebs wurde ein eng- maschiges und intensives Früherken- nungsprogramm im Rahmen des Ver- bundprojektes „Familiärer Brust- und Eierstockkrebs“ der Deutschen Krebs- hilfe erarbeitet (42).

Dieses standardisierte Früherken- nungskonzept berücksichtigt auch die al- tersabhängige Effektivität der präventi- ven Maßnahmen. Daher ist neben der Mammographie ein altersabhängiger Einsatz additiver bildgebender Verfah- ren, beispielsweise Sonographie und Kernspintomographie, notwendig. Eine Zusammenstellung der bisher im Rah- men des strukturierten Früherkennungs- programmes entdeckten Mammakarzi- nome zeigt, dass die Mehrzahl der Karzi- nome in einem frühen und nodalnegati- ven Stadium diagnostiziert wurden (Pu- blikation in Vorbereitung).

Eine erste prospektive Untersuchung zur Effizienz der eingesetzten Diagnose- verfahren gibt Hinweise auf den Nutzen der Kernspintomographie als Screening- verfahren für junge Frauen mit einem hohen Risiko für Brustkrebs (25). In die- ser Studie wurden 192 asymptomatische Frauen aus Risikofamilien mit Tastunter- suchung, Mammographie, Ultraschall und Kernspintomographie überwacht.

Es wurden neun Mammakarzinome dia- gnostiziert, wobei sich in diesem Risiko- kollektiv die Kernspintomographie der Brust als sensitivste und spezifischste Methode erwies. In der gleichen Arbeit wurden diagnostische Kriterien erarbei- tet, die für eine effiziente Früherkennung wichtig sind. Neuere Ergebnisse aus lau- fenden Untersuchungen der Autoren

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Strukturiertes Früherkennungsprogramm Zielgruppen:

> Frauen mit einer nachgewiesenen pathogenen Mutation in den Genen BRCA1 oder BRCA2

> Frauen mit einem lebenslangen Risiko für Brust- oder Eierstockkrebs von mindestens 20 % und Aus- schluss einer pathogenen Mutation in den Genen BRCA1 oder BRCA2 oder Ablehnung des Gentestes.

Untersuchungen:

> Regelmäßige Selbstuntersuchung der Brust nach ärztlicher Einweisung*1

> Tastuntersuchung der Brust und der Eierstöcke alle 6 Monate*1

> Ultraschalluntersuchung der Brust (mindestens 7,5 MHz) alle 6 Monate*1

> Vaginale Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke (TVS) alle 6 Monate*2

> Tumormarker Ca 125 alle 6 Monate*2

> Kernspintomographie der Brust (MRM) alle 12 Monate*1,3

> Mammographie der Brust alle 12 Monate*3 Zeitraum:

*1Ab dem 25. Lebensjahr oder 5 Jahre vor dem frühesten Erkrankungsalter in der Familie lebenslang

*2Ab dem 30. Lebensjahr lebenslang

*3Aufgrund des dichten Drüsengewebes junger Frauen beginnt die Mammographie ab dem 30. Lebensjahr. Die Kernspintomographie endet in der Regel mit dem 50. Lebensjahr oder bei Involution des Drüsenparenchyms.

Textkasten 3

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deuten darauf hin, dass auch die Sono- graphie der Brust der Mammographie aufgrund der Parenchymdichte bei Frau- en unter 50 Jahren überlegen ist.

Für Frauen mit einer erblichen Bela- stung für Brustkrebs liegen auch erste internationale Ergebnisse vor, die den Nutzen einer intensiven Früherkennung bereits vor dem 50. Lebensjahr belegen (4, 26, 30, 48, 53). In diesen Studien wurde neben der Mammographie, die Selbstuntersuchung, die klinische Un- tersuchung und die Sonographie ange- wendet. Alle Untersuchungen belegen eine niedrige Sensitivität der Mammo- graphie in diesem jungen Risikokollek- tiv. In den neueren Untersuchungen kam daher die Kernspintomographie der Brust als zusätzliches bildgebendes Verfahren zum Einsatz, die zu einer ver- besserten Detektionsrate der Mamma- karzinome führte (4, 44, 48, 53). Die zur- zeit laufenden prospektiven Studien konzentrieren sich auf die Anwendung der Sonographie und Kernspintomogra- phie (33, 34). Auch zur hochauflösen- den Sonographie der Brust liegen erste internationale Daten vor, die auf einen Nutzen in diesem Risikokollektiv hin- weisen (53).

Das nachfolgend aufgeführte Früher- kennungsprogramm wurde auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen erarbeitet (Textkasten 3). Es erfordert ei- ne enge interdisziplinäre Zusammenar- beit von spezialisierten Diagnostikern und Therapeuten. Zur Qualitätskontrol- le der bildgebenden Verfahren sind eine standardisierte Befundung, eine Doppel- befundung und eine ergebnisorientierte Schulung erforderlich. Die ergebnisori- entierte Qualitätskontrolle ist aufgrund erster Hinweise auf charakteristische Kriterien der familiären Tumoren beson- ders bedeutsam (25). Die Abklärung su- spekter Brustläsionen muss ebenfalls durch ein standardisiertes und gestuftes Vorgehen erfolgen, um die Rate falsch- positiver Befunde zu minimieren (kurz- fristige Verlaufskontrollen, Stanzbiopsi- en). Nur dadurch kann in diesem Risiko- kollektiv eine hohe Sensitivität bei gleichzeitig hoher Spezifität gewährlei- stet werden. Aufgrund der histopatholo- gischen Besonderheiten sollten sämtli- che Biopsiepräparate durch ein referenz- pathologisches Institut zweitbefundet werden.

Ziel des vorgeschlagenen Konzeptes

Für Frauen mit einem familiären Risi- ko für Brust- oder Eierstockkrebs sind die allgemeinen Früherkennungsmaß- nahmen nicht ausreichend. Daher wur- den intensive Bemühungen auf die Eta- blierung eines speziellen Früherkenn- nungsprogramms gerichtet, welches den spezifischen Kriterien des familiären Brust- und Eierstockkrebses Rechnung trägt.

Es liegen Hinweise darauf vor, dass eine intensive Früherkennung unter Verwendung multimodaler, bildgeben- der Verfahren zur Diagnose früher Tu- morstadien und damit zu einer reduzier- ten Morbidität und Mortalität führen kann. Frauen mit einem hohen fami- liären Risiko sollte daher ein struktu- riertes Früherkennungsprogramm an- geboten werden.

Die Zielsetzung bei der Betreuung von Risikopersonen ist zweifach:

>Es soll eine standardisierte Präven- tion für Frauen aus Risikofamilien in hierfür spezialisierten Zentren, in denen die verschiedenen Disziplinen eng zu- sammenarbeiten, gewährleistet werden.

Hierdurch kann eine optimale Betreu- ung der Frauen auf der Basis der bisheri-

gen und zu erwartender Erkenntnisse er- reicht werden.

>Die präventiven Maßnahmen wer- den im Rahmen einer kontrollierten kli- nischen Studie durchgeführt und doku- mentiert. Hierdurch wird langfristig eine Betreuung dieser Frauen nach den Krite- rien der evidenzbasierten Medizin si- chergestellt.

Die Ratsuchenden im Verbundpro- jekt „Familiärer Brust- und Eierstock- krebs“ der Deutschen Krebshilfe neh- men das Angebot strukturierter präven- tiver Maßnahmen mit großer Akzeptanz an. Die Mehrzahl der Frauen empfindet das standardisierte Beratungs- und Be- treuungskonzept im Sinne einer aktiven Bewältigungsstrategie als Entlastung.

Manuskript eingereicht: 28. 5. 2001, revidierte Fasung an- genommen: 4. 1. 2002

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2002; 99: A 1372–1378 [Heft 20]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser:

Priv.-Doz. Dr. med. Rita Katharina Schmutzler Zentrum für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universität Bonn

Sigmund-Freud Straße 25 53105 Bonn

A

A1378 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 2017. Mai 2002

An den Universitäten Berlin, Bonn, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt, Heidelberg, Kiel, Leipzig, München, Münster, Ulm und Würzburg wurden im Rahmen eines überregionalen Verbundprojektes der Deutschen Krebshilfe Zentren für familiären Brustkrebs eingerichtet. Diese Zentren haben im Jahr 1996 ihre Arbeit aufgenommen und werden bis zum Jahr 2003 von der Deutschen Krebshilfe unterstützt. In den Zentren werden Frauen mit einem erhöhten Risiko für Brust- und Eierstockkrebs nach einem mehrstufigen interdis- ziplinären Konzept von Gynäkologen, Humangenetikern, Psychoonkologen, Molekulargenetikern und Ra- diologen beraten und betreut. Des Weiteren werden Standards zur Diagnostik, Prävention und Therapie des erblichen Brustkrebses erarbeitet.

Die Arbeitsgruppe „Klinik“ hat in mehreren Expertentreffen über die Möglichkeiten, Voraussetzungen so- wie Risiken und Chancen klinischer Maßnahmen bei familiärem Brust- und Eierstockkrebs beraten. Auf der Basis der gegenwärtig besten Evidenz und der bisherigen Erfahrungen wurden Empfehlungen zur Betreu- ung der betroffenen Frauen erarbeitet. Diese sind in die Publikation eingegangen.

Arbeitsgruppe Klinik: Bastert G, Bender HG, Beckmann MW, Caffier H, Crohns C, Deininger J, Dietl J, Dist- ler W, Estevez-Schwarz L, Hahn U, Herröder N, Hüttner C, Jackisch C, Jonat W, Kast K, Kaufmann M, Kem- pe A, Kiechle M, Krapfl-Gast A-S, Kreienberg R, von Minckwitz G, Nestle-Krämling C, Paepke S, Schmutzler RK, Schwarz-Boeger U, Untch M, Volm T

Aspekte der interdisziplinären Beratung und Betreuung wurden unter Mitwirkung der Sprecher der übrigen Arbeitsgruppen bearbeitet und integriert.

Sprecherin der Arbeitsgruppe „Humangenetik“: B. Schlegelberger Sprecher der Arbeitsgruppe „Molekulargenetik“: A. Meindl Sprecher der Arbeitsgruppe „Psychoonkologie“: W. D. Gerber Sprecher der Arbeitsgruppe „Radiologie“: C. Kuhl und A. Rieber

Verbundprojekt „Familiärer Brust- und Eierstockkrebs“ der Deutschen Krebshilfe

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