M E D I Z I N
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A1692 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 24⏐⏐16. Juni 2006
aus Sicht der Autoren nicht perfekt. Der Beitrag hatte zum Ziel, Resultate einer Untersuchung zu berichten. Den metho- dischen Schwierigkeiten unseres Unter- suchungsansatzes, den Grenzen für ein- deutige Definitionen, wurde der gesamte erste Absatz der Diskussion gewidmet.
Aber selbst in der redaktionell begrenz- ten Zusammenfassung ist nicht nur die zitierte Einzelfallbetrachtung (nur 27 Prozent der Akten vollständig und ein- wandfrei) angeführt, sondern auch, dass bei Anamnese und Untersuchung 69 Prozent dokumentiert und mangelfrei waren und so weiter.
Die große Bedeutung der patienten- bezogenen Dokumentation für die Pati- entenbehandlung und als Basis der Aus- wertungen durch zentrale Stellen be- zweifelt eigentlich niemand. Ihr Ist-Zu- stand war aber weder Abteilungen für Dokumentation und Informatik noch den datenverarbeitenden Zentralen be- kannt. So schien es geboten, diesen Ist- Zustand zu untersuchen. Die Ergebnisse stehen der Überprüfung durch neuerli- che Untersuchungen offen.
Wir wünschen uns,
>dass viele Ärzte und Entscheidungs- träger nicht nur die Zusammenfassung lesen
>dass die Ärzteschaft sich dazu auf- rafft, das dargestellte Dokumentations- problem (unvertretbar hoher Zeitauf- wand, ungenügende Ergebnisse) aufzu- greifen und zu lösen; Anregungen dazu sind in unserem methodischen Vorgehen (Doppel-Bewertungen) und in unserer Diskussion gegeben
>dass Politik und Gremien davon ab- lassen, Entscheidungen auf der Basis un- sicherer Daten zu treffen.
Die Kriterien für unsere Bewertungen entsprechen dem Standard eines für ärzt- liche Dokumentation und Berichte in seinem Bereich verantwortlichen Ober- arztes/Chefarztes und nicht – wie Herr Rado mutmaßt – dem Wunsch nach Ar- beitserleichterung beim Schlichtungsver- fahren.
Für die die Verfasser:
Dr. med. Hans Püschmann
Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der Norddeutschen Ärztekammern Hans-Böckler-Allee 3, 30173 Hannover
Die Autoren aller Diskussionsbeiträge erklären, dass kein In- teressenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
Die nichtalkoholische Fettleber (NASH), neuerdings auch NAFLD genannt, gilt heu- te als die häufigste Ursache eines chronischen Leberleidens. Einer neueren Kohor- tenstudie aus den USA zufolge weisen 34 Prozent der erwachsenen Bevölkerung eine exzessive Fettansammlung in der Leber auf, ohne dass ein Alkoholmissbrauch vor- liegt.
Die Autoren der Mayo-Klinik berichten über 420 Patienten, bei denen zwischen 1980 und 2000 die Diagnose einer Fettleber gestellt worden war und die im Mittel 7,6 Jahre nachbeobachtet werden konnten. In einem Beobachtungszeitraum von 3 192 Personenjahren waren 12,6 Prozent verstorben bei einer Übersterblichkeit im Ver- gleich zur Allgemeinbevölkerung von 34 Prozent. Die erhöhte Mortalität ging auf fortgeschrittenes Lebensalter, erhöhte Nüchtern-Glucose-Spiegel und die Entwick- lung einer Zirrhose zurück. 21 Patienten (5 Prozent) entwickelten eine Zirrhose, 13 (3,1 Prozent) Komplikationen ihrer Lebererkrankung, die in einem Fall eine Trans- plantation erforderlich machte. Zwei Patienten entwickelten ein hepatozelluläres Karzinom. Eine Lebererkrankung war die dritthäufigste Todesursache, in der Allge- meinbevölkerung von Minnesota liegen Lebererkrankungen jedoch erst an 13. Stelle.
Das absolute Risiko, an einer Lebererkrankung bei bekannter Fettleber zu sterben,
ist jedoch relativ niedrig. w
Adams L A, Lymp J F,Angulo P et al.:The natural history of nonalcoholic fatty liver disease: a population-based cohort study.
Gastroenterology 2005; 129: 113-121; E-Mail: angluhernandez.paul@mayo.edu
Prognose bei nichtalkoholischer Fettlebererkrankung
Referiert
Etwa zehn Prozent aller Brustkrebs- und 15 Prozent aller Eierstockkrebs-Erkrankun- gen sind autosomaldominant erblich und auf Mutationen in den BRCA1- und BRCA2-Genen zurückzuführen. Mutationsträgerinnen haben ein bis zu 80-prozen- tiges Risiko für Brust- und ein 20- bis 40-prozentiges Risiko für Eierstockkrebs. Selten liegen auch Mutationen im CHEK2- und TP53-Gen den entsprechenden Krebsfor- men zugrunde. Der Mutationsnachweis ist sehr bedeutsam. Betroffenen kann eine ef- fektive Nachsorge angeboten werden, und (noch) nicht betroffene Mutationsträger können geeignete Vorsorgeuntersuchungen vornehmen. Bei familiärer Belastung ist es daher üblich, beide BRCA-Gene bei einer Indexpatientin zu sequenzieren. Dass dieses Vorgehen für einen möglichst sicheren Mutationsnachweis nicht ausreicht, folgerten die Autoren. Sie betrachteten 300 familiäre Fälle mit Brust- und/oder Eier- stockkrebs, bei denen die Sequenzierung keine Veränderung in den BRCA-Genen ergeben hatte. Beide BRCA-Gene wurden nun unter Zuhilfenahme zusätzlicher Techniken untersucht. Zudem wurden auch die Gene CHEK2 und TP53 analysiert, die nicht routinemäßig untersucht werden.
Die Forscher entdeckten in zwölf Prozent der Fälle zuvor nicht identifizierte Muta- tionen in den BRCA-Genen (vor allem Deletionen und Duplikationen), bei fünf Pro- zent lagen Mutationen im CHEK2- und bei ein Prozent im TP53-Gen vor. Die Daten belegen, dass das alleinige Sequenzieren der BRCA-Gene bei familiären Erkran- kungsfällen nicht ausreicht. Wenn ein Mutationsnachweis durch dieses Verfahren nicht gelingt, sollten zusätzliche Untersuchungstechniken eingesetzt (vor allem die so genannte „multiplex ligation-dependent probe amplification“-Analyse) und weitere
Gene analysiert werden. shm
Walsh T, Casadei S, Coats KH et al.: Spectrum of mutations in BRCA1, BRCA2, CHEK2, and TP53 in families at high risk of breast cancer. JAMA 2006; 95: 1379–88; E-Mail: mcking@u.washington.edu