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Archiv "Arzneimittelhandel via Internet: Die nächste Runde ist eingeläutet" (23.06.2000)

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Dann sind Sie hier genau richtig.“

„Hier“ bedeutet in diesem Fall „im Internet“. Der Apotheker Jacques Waterval betreibt im niederländi- schen Kerkrade die van Wersch Apo- theke und bietet seit Anfang Juni sei- ne Dienste europaweit

auch über das Internet an. Die neue EU-Richt- linie zum elektroni- schen Geschäftsverkehr macht es möglich. Sie gewährleistet, dass Dienste der Informati- onsgesellschaft in der gesamten EU angebo- ten werden können, so- fern sie den im Land des Anbieters geltenden Rechtsvorschriften ent- sprechen. Da in den Niederlanden der Ver- sandhandel mit Medi- kamenten erlaubt ist, kann Waterval ganz le- gal seine virtuelle Apo- theke betreiben.

Vor allem in Deutschland wird nun diskutiert, ob der findige Apothe- ker seine Dienste auch auf dem deut- schen Markt anbieten darf. Hierzu- lande ist der Versandhandel mit Medi- kamenten verboten. Das Verbot wur- de erst 1998 im Arzneimittelgesetz verankert. Nach einem Urteil des Eu- ropäischen Gerichtshofes muss es den EU-Bürgern jedoch gestattet sein, Medikamente zum persönlichen Ge- brauch in einem anderen Mitglied- staat zu erwerben. Auf diese Rege-

lung, die auch in das deutsche Arznei- mittelgesetz eingeflossen ist, beruft sich Waterval. Der deutsche Markt ist für den Online-Apotheker attraktiv.

Er setzt darauf, dass Patienten und letztlich auch die Krankenkassen den, wie er selbst sagt, „um bis zu 40 Pro- zent niedrigeren Preisen“ nicht auf Dauer widerstehen können.

Die Kassen, allen voran der Bun- desverband der Betriebskrankenkas-

sen (BKK), plädieren seit längerem dafür, das Sparpotenzial zu nutzen, das der Versandhandel von Arznei- mitteln verspricht. Sie kritisieren, der Anteil der Vertriebskosten an den Arzneimittelausgaben der Gesetzli- chen Krankenversicherung sei mit rund 30 Prozent unverhältnismäßig hoch. Der klassische Vertriebsweg über Großhandel und Apotheke müs- se um zusätzliche Vertriebsformen er- weitert werden. Der Gesetzgeber könne zwar in Deutschland das Ver- sandhandelsverbot aufrechterhalten.

„Einrichtungen im Ausland, die Arz- neimittel nach Deutschland versen- den, kann er nicht verhindern“, sagt Wolfgang Kaesbach vom BKK Bun- desverband. „Langfristig muss das Verbot fallen.“ Da die Verbreitung des Internet nicht aufzuhalten sei, stel- le sich die Frage, wie Qualität und Si- cherheit der Arzneimittelversorgung gewährleistet werden können. Hier liegt das Problem. Abgesehen von den Risiken, die unseriöse Angebote ber- gen, haben die Mitgliedstaaten unter- schiedliche Regelungen der Verschrei- bungs- und Apothekenpflicht. Beim geltenden Herkunftslandprinzip be- steht die Gefahr, dass nationale Rege- lungen zur Arzneimittelsicherheit aus- gehöhlt werden. „Das darf nicht ge- schehen“, sagt Kaesbach. Für die Kas- sen sei das Projekt ohnehin erst attrak- tiv, wenn das deutsche Verbot falle oder, was denkbar wäre, der Europäi- sche Gerichtshof die Kassen verpflich- tet, die Kosten für Medikamente zu er- statten, die ihre Versicherten in einem Mitgliedstaat erwerben.

Derzeit könnten nur freiwillig Versicherte, die die Kostenerstat- tung gewählt haben, von dieser Regelung Ge- brauch machen. Was die künftige Entwicklung angeht, sind die Kassen optimistisch. „Der Zug rollt“, sagt Kaesbach.

Den Zug stoppen würden am liebsten die Apotheker. Sie pochen darauf, dass die EU- Richtlinie zum elektro- nischen Geschäftsver- kehr den Mitgliedstaa- ten einräumt, nationale Versandhandelsverbote aufrechtzuerhalten. Die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apo- thekerverbände betont, dabei gehe es nicht um Bestandsschutz für die Apo- theken, sondern um den Gesundheits- und Verbraucherschutz. Neben Fehl- anwendungen oder der Gefahr von Arzneimittelfälschungen entfalle beim Versandhandel auch die persön- liche Beratung. Zudem habe der von den Kassen behauptete Spareffekt bislang nicht belegt werden können.

Das Bundesministerium für Ge- sundheit beantwortet die Frage nach A-1726 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 25, 23. Juni 2000

P O L I T I K AKTUELL

Arzneimittelhandel via Internet

Die nächste Runde ist eingeläutet

Die EU-Richtlinie zum elektronischen Geschäftsverkehr hat die Diskussion um den Versand- und Internethandel mit Arzneimitteln neu entfacht.

S

Ein niederländischer Apotheker bietet im Internet europaweit Arzneimittel an.

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den Auswirkungen der EU-Richtlinie auf das deutsche Versandhandelsver- bot knapp und eindeutig: „Der Ver- sandhandel mit Arzneimitteln bleibt verboten.“ Das mag rechtlich zutref- fen. Als grenzüberschreitendes Medi- um entzieht sich das Internet jedoch häufig einzelstaatlicher Kontrolle.

Außerdem wird dort längst legal und illegal mit Arzneimitteln gehandelt.

Betrachtet man die rasante Entwick- lung in diesem Medium, scheint es kurzsichtig, auf nationale Verbote zu pochen. Man läuft Gefahr, sich von den Ereignissen überholen zu lassen.

In Großbritannien hat das dazu geführt, dass sich die Royal Pharma- ceutical Society nach anfänglichem Widerstand auf einen Verhaltensko- dex geeinigt hat, der Qualitätsstan- dards auch für den Internethandel vorgibt. In den USA, wo der Versand- handel mit Arzneimitteln ebenfalls erlaubt ist, soll die Food and Drug Administration die Aufsicht über die Internet-Apotheken übernehmen, um die Spreu vom Weizen zu trennen.

Auf diese eher pragmatische Vor- gehensweise scheint auch die deutsche Pharmaindustrie einzuschwenken.

Der Verband forschender Arzneimit- telhersteller (VFA) weist darauf hin, dass sich eine zunehmende Nutzung des Internet beim Arzneimittelbezug kaum aufhalten lasse. Er fordert des- halb eine aktive Gestaltung der Rah- menbedingungen. Es müsse sicherge- stellt werden, dass keine Fälschungen, verfallene oder nicht zugelassene Pro- dukte eingeschleust würden. Proble- matisch findet der VFA auch die un- terschiedliche Preispolitik für Arznei- mittel in den EU-Mitgliedstaaten, die Wettbewerbsverzerrungen verursach- ten. Bei unveränderter Preispolitik ge- he der Bezug von Arzneimitteln in Niedrigpreisländern, wenn er in großem Stil ablaufe, vor allem zula- sten der forschenden Unternehmen.

Auch der Bundesverband der Phar- mazeutischen Industrie, der in der Vergangenheit in erster Linie auf die Gefahren des Internethandels mit Arzneimitteln hingewiesen hat, steht mittlerweile auf dem Standpunkt:

„Nein sagen bringt nichts.“ Er hat eine Arbeitsgemeinschaft gegründet, die die internationale Situation und inter- nationale Sicherheitsstandards analy- sieren soll. Heike Korzilius

A-1727

P O L I T I K AKTUELL

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 25, 23. Juni 2000 ieder versucht eine Kasse,

Einfluss auf das ärztliche Verordnungsverhalten zu nehmen: Die AOK Brandenburg will ärztliche Verordnungen von physio- therapeutischen Leistungen einer vorherigen Genehmigung unterzie- hen. Dass dies rechtswidrig ist, be- stätigte das Sozialgericht Potsdam und untersagte am 24. Mai der AOK, die zum 1. April eingeführte Geneh- migungspflicht beizubehalten.

Damals hatte die AOK in einem Rundschreiben die in Brandenburg niedergelassenen Physiotherapeuten über die „Neuregelung“ informiert und sie aufgefordert, ärztliche Ver- ordnungen für Massagen und kran- kengymnastische Leistungen nur aus- zuführen, wenn eine Genehmigung durch die Kasse vorliege. Begründung der AOK: Auf diese Weise wolle man Doppel- und Mehrfachverschreibun- gen für einen Versicherten durch mehrere Ärzte unterbinden.

Genehmigungspflicht ist rechtswidrig

Dr. med. Peter Noak, stellvertre- tender Vorsitzender der Kassenärztli- chen Vereinigung (KV) Brandenburg, sieht darin etwas anderes, nämlich ei- nen Versuch der AOK, auf Kosten der Patienten Leistungen einzusparen. In den letzten Wochen wurden nach sei- ner Kenntnis bereits physiotherapeu- tische Leistungen durch die AOK ge- strichen. Für Noak ist das ein unhalt- barer Zustand: Das Verordnungsrecht des Arztes dürfe nicht eingeschränkt werden, meint er. Schon deshalb un- terstützt die KV den Protest des Deut- schen Verbandes für Physiotherapie –

Zentralverband der Physiotherapeu- ten/Krankengymnasten (ZVK) e.V.

Der hatte im April beim Sozial- gericht Potsdam gegen die AOK ge- klagt, nachdem verschiedene Ge- spräche unter Rechtsaufsicht erfolg- los geblieben waren. Anfang Mai teil- te auch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg – die Aufsichts- behörde der AOK – mit, dass es die selektive Genehmigungspflicht für physiotherapeutische Verordnungen

„mangels geeigneter Rechtsgrundla- ge als rechtswidrig“ erachte. Von auf- sichtsrechtlichen Maßnahmen sieht das Ministerium derzeit noch ab.

Zunächst ist der Antrag des ZVK auf Erlass einer einstweiligen Anord- nung gegen die AOK erfolgreich ge- wesen. In der Begründung des Ge- richts heißt es, dass der Krankenversi- cherungsträger rechtlich an die medi- zinische Erkenntnis des Kassenarztes gebunden ist. Die Regelungen des So- zialgesetzbuches sollen verhindern, dass eine Kasse aus wirtschaftlichen Überlegungen Leistungen verweigert.

Vier Wochen hat die AOK Bran- denburg Zeit, auf den Beschluss des Potsdamer Sozialgerichts zu reagie- ren. Hält sie an der eingeführten Genehmigungspflicht fest, wird das Ministerium als Rechtsaufsicht ein- schreiten, vermutet Heinz Christian Esser, Geschäftsführer des ZVK. Bei Widerspruch der AOK will der Ver- band vor dem Bundessozialgericht klagen. 1998 war ein ähnlicher Fall in Sachsen-Anhalt bekannt geworden:

Die AOK wollte Verordnungen für Personen in Pflegeheimen einer Ge- nehmigung unterziehen, musste dies jedoch nach drei Monaten zurück- nehmen. Dr. med. Eva A. Richter

Physiotherapie

„Keine Therapie ohne

vorherige Genehmigung“

Physiotherapeuten und Patienten klagen gegen die AOK Brandenburg, die ärztlich verordnete Leistungen nur nach Genehmigung bezahlen will.

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