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Infiltrationsbehandlung bei akuten muskelverletzungen: Sinn oder unsinn?

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Problemstellung: Muskuläre Probleme im Freizeit- und Spitzensport zählen zu den häufigsten Ursachen für Trainings- und Wettkampfpausen. Bis heute besteht kein allgemeingültiger Konsens über das Therapieregime bei Muskelverletzungen, und es existiert kein wissenschaftlich ausreichender Beweis für die Wirksamkeit der verschiedenen Therapieoptionen. Methoden: Es erfolgte eine Literaturre- cherche in der Ergänzung zu eigenen Erfahrungen in der Behandlung von Mus- kelverletzungen, um den Stellenwert der Infiltrationsbehandlung zu evaluieren.

Ergebnisse: Eine frühzeitige Erkennung des Verletzungsmusters und -ausmaßes ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Therapie. Die Diagnostik beruht auf Ana- mnese und klinischer Untersuchung, ergänzend kommen bildgebende Verfahren hinzu. Mögliche Therapieverfahren bei Muskelverletzungen sind vielfältig: PECH (Pause, Eis, Kompression, Hochlagerung)-Schema, Einnahme nicht-steroidaler Antirheumatika (NSAR), Krankengymnastik mit manueller Therapie, operative Therapie und die Injektionsbehandlung. Die Anwendung der Infiltrationsthera- pie ist Teil der Behandlung von Muskelläsionen; hierbei werden Kortikosteroide, autologe Blutprodukte (u.a. thrombozytenreiches Plasma), Actovegin / Traumeel angewendet. Während die Gabe kortisonhaltiger Präparate keine Rolle bei der Behandlung akuter Muskelläsionen spielen sollte, wird Lokalanästhetikum in der Akutphase zur Muskeldetonisierung und Schmerzreduktion angewandt. Die In- filtration mit autologen Blutprodukten, Actovegin oder Traumeel wird zumeist in der postakuten Phase durchgeführt. Diskussion: Die Infiltrationsbehandlung bei Muskelläsionen ist weit verbreitet und Bestandteil der täglichen Praxis sportme- dizinischer Tätigkeit. Dem gegenüber steht eine unzureichende, wissenschaftliche Datenlage, so dass vor diesem Hintergrund keine der praktizierten Infiltrationsbe- handlungen generell empfohlen werden kann. Hier ist dringend eine verbesserte, wissenschaftliche Datenlage erforderlich, bevor eine generalisierte Empfehlung für einen weiteren Patientenkreis gegeben werden kann.

Schlüsselwörter: Muskel, Verletzung, Infiltration, Therapie.

Objective: Muscular problems in leisure and elite sports represent the most com- mon causes for training and competition breaks. There is currently no general consensus concerning the treatment of muscle injuries and no scientific evidence for the efficacy of various treatment options. Methods: The focus of the present paper is injection treatment of muscle lesions. A literature review and our own ex- periences are presented. Results: Early recognition of the injury pattern and mag- nitude is the key to successful treatment. The diagnosis is based on the anamnesis and clinical examination, which can be complemented by imaging results. Multi- ple treatment options are available: manipulation of sacroiliac joint and rehabili- tation programmes, NSAIDs (meclofenamate and diclofenac) and intramuscular injections. The use of muscle infiltrations is an established procedure in sports medicine. Most often local anesthetics, corticosteroids, Actovegin/Traumeel and PRP (platelet rich plasma) are used. However, there are currently only few publica- tions; in particular, studies with larger numbers of cases and randomized studies are needed. Discussion: This systematic review highlights a lack of good quality studies on the treatment of acute muscle lesions. Common methodological limi- tations are the small number of participants, lack of an appropriate control group, lack of randomisation and lack of blinding of patients, therapists and assessors.

An improved scientific database is urgently needed before a generalized recom- mendation can be given.

Key Words: Muscle, lesion, infiltration, therapy.

SummAry ZuSAmmenfASSung

Gille J

1

, Bark S

1

, Riepenhof H

3

, Partenheimer A

2

Infiltrationsbehandlung bei akuten muskelverletzungen:

Sinn oder unsinn?

Infiltration Treatment in Acute Muscle Injuries: Fact or Fiction?

1

Klinik für Chirurgie des Stütz- und Bewegungsapparates, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Lübeck

2

Friederikenstift Hannover, Klinik für Unfallchirurgie, Hannover

3

Abteilung für Unfallchirurgie, Orthopädie und Sporttraumatologie, Berufsgenossenschaftliches Unfallkrankenhaus, Hamburg

eInLeITung

Muskuläre Verletzungen im Freizeit-und Spitzensport zählen zu den häufigsten Ursachen für Trainings- und Wettkampfpausen und stellen 30-55% aller Sportverletzungen dar (13,30). Zur Verdeut- lichung sei erwähnt, dass in einer professionellen Fussballmann- schaft mit einem Kader von 25 Spielern pro Saison 15 Muskelver- letzungen auftreten, die zu einer durchschnittlichen Abwesenheit von 223 Tagen, 148 verpassten Trainingseinheiten und 37 Spielen führen (6). Das Spektrum reicht von der einfachen Muskelüberlas- tung bis hin zu komplexen Muskelverletzungen. Je nach Sportart

werden unterschiedliche Muskelgruppen besonders häufig betrof- fen. Unabhängig von der Lokalisation werden Skelettmuskelver- letzungen oft unterschätzt, falsch interpretiert und nicht adäquat therapiert (20). Zur standardisierten Behandlung von Muskelver- letzung bedarf es einer exakten Klassifikation der Verletzung (19).

accepted: February 2013 published online: April 2013 DOI: 10.5960/dzsm.2012.061

gille J, Bark S, riepenhof H, Partenheimer A: Infiltrationsbehandlung bei akuten Muskelverletzungen: Sinn oder Unsinn? Dtsch Z Sportmed 64 (2013) 98-102.

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Klassifikation

Strukturelle Muskelläsionen können direkt (Kontusionen), indirekt (Zerrungen, Muskelfaserriss) oder verspätet (Muskelkater) entste- hen (9). Die Einteilung bei Kontusionen und Muskelfaserissen erfolg- te in der Vergangenheit in drei Schweregrade:

Grad I: Zerreißung von wenigen Muskelfasern mit geringer Schwel- lung und Schmerz sowie wenig Funktionsverlust;

Grad II: Größere Rupturen von mehreren Muskelfasern mit deutlich einschränkendem Funktionsverlust;

Grad III: Ausgedehnte Rupturen von Muskelfasern mit gleichzeitiger Faszienverletzung und deutlich eingeschränkter Funktion.

In einer aktuellen Umfrage unter international tätigen Sport- ärzten wurde deutlich, dass für Muskelverletzungen keine einheit- liche Terminologie verwendet wird (19). Zudem wurde in einem Konsensuspapier eine aktualisierte Klassifikation vorgeschlagen, die zunächst grob unterscheidet, ob die Muskelläsion durch eine direkte oder indirekte Gewalteinwirkung entstanden ist. Es erfolgt eine wei- tere Unterteilung in funktionelle bzw. strukturelle Muskelläsionen sowie in die Typen 1 bis 4 (Typ 1: ermüdungsbedingt, Typ 2: neuro- muskulär, Typ 3: partiell, Typ 4: (sub)total).

DIAgnOSTIk

Bei Muskelverletzungen ist eine frühzeitige Erkennung des Verlet- zungsmusters und -ausmaßes der Schlüssel zu einer erfolgreichen Therapie. Die Anamnese stellt ein genaues und richtungsweisendes Diagnostikum dar (12). Eine zweite Säule besteht in der klinischen Untersuchung. Bei der Palpation können oberflächliche und grö- ßere Muskelverletzungen, perimuskuläre Ödeme und ein erhöh- ter Muskeltonus nachgewiesen werden (19). Bei ausgedehnten Befunden können diese bereits bei der Inspektion detektiert wer- den (Abb. 1a und b). Die Anamnese und klinische Untersuchung kann durch eine bildgebende Diagnostik ergänzt werden. Folgende bildgebende Verfahren haben in der Diagnostik von Muskelverlet- zungen einen Stellenwert erlangt: Ultraschall, Magnetresonanzto- mographie (MRT) und Röntgen. Die Indikation zur Ultraschallun- tersuchung sehen wir bei jedem Verdacht auf das Vorliegen einer Muskelläsion, während wir eine MRT Untersuchung erst nach Durchführung einer Ultraschalluntersuchung und bei dem Ver- dacht auf eine höhergradigen Muskelschaden veranlassen. Vorteile der Ultraschalldiagnostik sind die unmittelbare Verfügbarkeit und die Möglichkeit der dynamischen Untersuchung von Muskulatur.

Bereits 2 Stunden nach der Verletzung kann mittels Ultraschall der Nachweis von Hämatom erbracht werden (22). Ein Nachteil wird in der schlechten Reproduzierbarkeit gesehen (16). Das MRT erlaubt die genaue Zuordnung, welcher Muskel verletzt ist und wo im Mus- kel die Verletzung liegt (Abb. 2a und b). Die hohe Sensitivität der MRT-Untersuchung erlaubt die Klassifikation verschiedener Typen von Muskelverletzungen (26). Ekstrand et al. konnten zeigen, dass Muskelläsionen ohne pathologisches MRT eine signifikant kürzere return-to-play Zeit hatten (7). Die Röntgenuntersuchung ermög- licht die Darstellung von Weichteilverkalkungen in der Muskulatur (17). Die Problematik der Röntgendiagnostik bei Verkalkungspro- zessen ist die zeitliche Verzögerung bis zur Ausbildung einer Ossifi- kation. Das Sichtbarwerden einer Verkalkung im Bereich der Mus- kulatur steht erst am Ende eines Degenerationsprozesses, so dass

die Verkalkung nicht direkt mit den Beschwerden korreliert (27). Bei offenen Muskelverletzungen können mittels Nativröntgen röntgen- dichte Fremdkörper ausgeschlossen werden (24).

THerAPIe

Es besteht bis dato kein allgemein gültiger Konsens über das The- rapieregime bei Muskelverletzungen und kein wissenschaftlich ausreichender Beweis für die Wirksamkeit der verschiedenen Therapieoptionen (21). Dies zeigt auch die Vielfalt der möglichen Therapieverfahren bei Muskelverletzungen: PECH (Pause, Eis, Kom-

Abbildung 2a: MRT-Untersu- chung des Oberschenkels 3 Tage nach akut einsetzen- dem Schmerz beim Sprinten.

Klinisch zeigte sich ein lokalisierter Druckschmerz bei unauffälliger Inspektion.

Die MRT-Untersuchung (Abb 2a: sagittal, 2b: axial;

PDW-Wichtung) erbrach- te den Nachweis einer Hamstringläsion (roter Pfeil) mit begleitendem Hämatom (Grad 2 nach Stoller) (26).

Abbildung 1a,b: Die Inspektion ist wichtiger Bestandteil der klinischen Untersuchung. Dargestellt ist der rechte Oberschenkel eines Fussballers in der Ansicht von vorne und seitlich, der seit längerer Zeit über belastungsab- hängige Schmerzen klagt. Bereits bei der Betrachtung fällt eine Retraktion der M. rectus femoris auf (blaue Pfeile).

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pression, Hochlagerung)-Schema (3), Einnahme nicht-steroidaler Antirheumatika (NSAR) (2), Krankengymnastik mit manueller Therapie (23), operative Therapie und die Injektionsbehandlung mit Kortikosteroiden, autologen Blutprodukten (u.a. thrombozy- tenreiches Plasma), Actovegin / Traumeel (23). Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Evidenz der relevanten Studien. Im Folgenden soll auf die Möglichkeiten der Injektionsbehandlung bei Muskellä- sionen eingegangen werden. Wie bei jeder anderen ärztlichen Therapie sollte der Patient über Art und Bedeutung der Diagnose sowie der vorgesehenen Therapie aufgeklärt werden. Durch Ar- beiten unter sterilen Kautelen ist die größtmögliche Sorgfalt auf- zubringen, Weichteilinfektionen zu vermeiden. Hinsichtlich des aktuellen WADA codes ist zu bemerken, dass sämtliche aufgeführ- ten Medikamente den aktuellen Regeln entsprechen und gegeben werden dürfen. Allerdings gibt es in einigen Sportarten Sonderre- gelungen zur Nutzung von „Nadeln“. Im Radsport und Rudersport gelten heute die gleichen Regeln wie auch zur Zeit der Olympischen Sommerspiele 2012 in allen Sportarten, die sogenannte „no-needle rule“. Diese bedeutet, dass jegliche Nutzung von Nadeln, sei es zur direkten Therapie (z.B. auch Akupunktur oder „dry needling“) oder Applikation eines Medikamentes einer Sondergenehmigung bedarf.

Lokalanästhesie

Die Infiltrationsbehandlung mit einem Lokalanästhetikum (LA) ist im Sport sehr weit verbreitet. Der breiten Anwendung von LA bei Muskelläsionen im Alltag steht ein Mangel an wissenschaftlicher Literatur gegenüber. Von verschiedenen Autoren werden frühe Injektionsbehandlungen bei Muskelverletzungen empfohlen ein- schließlich der Punktion eines Hämatoms (4). Die Techniken dif- ferieren hierbei erheblich: während einige zirkuläre Injektionstech- niken um die Muskelläsion herum favorisieren, empfehlen andere die Injektion entlang des verletzten Muskels mit 5-7 Nadeln oder direkt in die Muskelläsion hinein (20). Die Indikation zur LA-Infil- tration wird in einer Muskeldetonisierung und Schmerzlinderung gesehen. In den Abbildungen 3a,b,c sind die Schritte einer Infilt- rationsbehandlung bei akuter Muskelläsion dargestellt. Abgesehen von einzelnen Fallberichten, die zumeist von einer erfolgreichen Therapie berichten, gibt es nur wenige Ergebnisse in der Literatur, die sich auf eine größere Fallserie beziehen; randomisierte Unter- suchungen fehlen bisher. In einer retrospektiven Untersuchung von 100 Rugby-Spielern mit 307 Verletzungen und 1023 LA-Injektionen erfolgten Nachuntersuchungen von durchschnittlich 5 Jahren (21).

Die Behandlung mit LA erfolgte in den meisten Fällen jedoch nicht bei Muskelverletzungen, so dass aus dieser Untersuchung eine ab- schließende Bewertung nicht zulässig ist. Während ein Großteil

der befragten Spieler angaben, durch die Infiltration eine gute Be- schwerdelinderung erfahren zu haben, gaben 32% der Spieler an, Nebenwirkungen durch die LA-Infiltration gehabt zu haben. Inte- ressanterweise teilte die Mehrzahl der Spieler mit, die LA-Infiltra- tion auf eigenen Wunsch und nicht aufgrund der medizinischen Empfehlung durch den behandelnden Arzt erhalten zu haben.

Die Anwendung von LA zur Schmerzlinderung im Sport ist Teil der Sportmedizin und das wird auch in Zukunft so bleiben (4).

Es ist deshalb eine vordringliche Aufgabe, auf dem Boden einer ver- besserten, wissenschaftlichen Studienlage Empfehlungen ausspre- chen zu können, um (Kontra)-Indikationen der LA-Infiltration bei Muskelläsionen zu benennen.

Kortikosteroide

Kortisonhaltige Präparate haben bei der Behandlung frischer Mus- kelverletzungen keinen Stellenwert. Lokal applizierte Kortikoide unterbinden jegliche Körperantwort und wirken damit dem Heil- prozess entgegen (20). Steroide werden folglich in der Therapie muskulärer Verletzungen weder lokal noch systemisch eingesetzt.

Homöopathische und durchblutungsfördernde Medikamente:

Nach primärer LA-Infiltration bei akuten Muskelläsionen wird nachfolgend die Gabe von homöopathischen und durchblutungs- fördernden Medikamenten empfohlen; dies soll die Wundhei- lungsphasen positiv beeinflussen (11). Daher erfolgen autorenab- hängig auch weitere Injektionen z.B. am zweiten und vierten Tag nach Eintritt der Muskelverletzung (20). In einer Untersuchung von Lee et al. wurden 4 Patienten mit Grad I Hamstring-Läsion mit Actovegin®-Infiltrationen (Nycomed, Linz, Österreich) behandelt.

Im Vergleich zur Kontrollgruppen (20±4,45 Tage) konnten die Be- handlungsgruppe (12±2,94 Tage) signifikant schneller wieder ihre Abbildung 2b: Die axiale MRT-Untersuchung des Oberschenkels 3 Tage nach akut einsetzendem Schmerz beim Sprinten (grüner Pfeil).

Tabelle 1: Dargestellt ist die Evidenz der relevanten Studien; nach Sackett et al. erfolgt die Klassifikation der Evidenz.

Infiltration mit: Studie Design evidenz Anmerkungen

Lokalanästhesie Orchard et al. Retrospektive Fallserie Level IV Gemischte Studienpopulation

Lokalanästhesie Müller-Wohlfahrt Expertenmeinung Level V

Actovegin Lee et al. Level III Grad in Läsionen ohne Kontrollgruppe

AcS Wright-Carpenter Fallserie mit retrospektiver Kontrollgruppe Level III Kontrollgruppe nicht mit Placebo-Behandlung

PrP Hamid et al. Prospektiv randomisiert Level II Ergebnisse stehen noch aus

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sportliche Tätigkeit aufnehmen (13). Bei Grad II Muskelläsionen dauerte es im Durchschnitt 18,7±4,93 Tage bis zur Wiederaufnah- me sportlicher Aktivität; eine Kontrollgruppe gab es nicht.

Häufige Anwendung bei akuten Muskeläsionen findet Trau- meel® (Biologische Heilmittel Heel GmbH, Baden-Baden, Deutsch- land), das eine Kombination aus biologischen und mineralischen Komponenten beinhaltet. Die Wirksamkeit von Traumeel bei akuten Muskelverletzungen wurde in einer randomisierte Studie untersucht. Unter der Anwendung von Traumeel-Salbe kam es zu einer signifikant besseren Reduktion der Schwellneigung und Schmerzen im Vergleich zur Placebo-Gruppe (5). Randomisierte Untersuchungen zur Traumeel-Infiltration bei Muskelverletzungen sind den Autoren nicht bekannt. Eine verbesserte, wissenschaftli- che Datenlage ist jedoch erforderlich, um die Akzeptanz der Trau- meel-Behandlung zu verbessern (25).

Thrombozytenreiches Plasma (PRP)

In der Theorie erlaubt die Anwendung von PRP eine konzentrierte Gabe von Wachstumsfaktoren in physiologischer Verteilung in der Hoffnung, eine verbesserte Muskelheilung in einem Gleichgewicht von Proliferation und Inhibition zu erreichen (11). Die Anwendung von PRP scheint einen positiven Effekt auf die reparativen Vorgänge zu haben, auch mit dem Ziel der Verminderung von Narbenbildung.

In vitro konnte gezeigt werden, dass PRP die Migration von Zellen stimuliert und eine myofibroblastische Differenzierung initiiert (18).

Untersuchungen am Tiermodell konnten zeigen, dass mit der Gabe von autologem, konditioniertem Plasma die Muskelheilung positiv beeinflusst werden konnte (29). Zur Dokumentation einer klinischen Wirksamkeit von PRP bei Muskelverletzungen in der klinischen Anwendung fehlen bisher wissenschaftlich hochwertige Studien.

Einzelfallberichte beschreiben zumeist eine restitutio ad integrum unter PRP-Infiltrationen (10,14). In einer Serie von 18 Sportlern mit verschiedenen Muskelverletzungen konnte unter der Anwendung von ACS (autologous conditioned serum) eine schnellere Wieder- aufnahme sportliche Aktivität von einer Woche gezeigt werden (28).

Einschränkend ist jedoch anzumerken, dass die Kontrollgruppe nicht mit Placebo, sondern mit einer Kombination aus Actovegin®

und Traumeel® behandelt wurde und die Auswertung retrospektiv erfolgte. Sanchez et al. zeigten in einer Posterpräsentation Ergeb- nisse der PRP-Behandlung von Hamstring-Läsionen; die Rehabilita- tionsphase konnte auf die Hälfte verkürzt werden; eine Publikation dieser Ergebnisse liegt bis dato nicht vor (15). Hamid et al. haben eine randomisierte Untersuchung aufgelegt, die eine PRP-Injektionsbe- handlung mit einem Rehabilitationsprogramm gegen ein Rehabilita- tionsprogramm als singuläre Behandlungsmassnahme testet (1). In die Studie wurden seit Februar 2012 erwachsene Sportler mit Grad- 2-Verletzung der Hamstring-Muskulatur eingeschlossen; die Ergeb- nisse der Nachuntersuchungen sollten bereits im Dezember 2012 vorliegen. Sowohl die experimentellen Ergebnisse als auch die ersten klinischen Untersuchungen legen nahe, dass eine PRP-Infiltration in der Behandlung von Muskelverletzungen hilfreich sein kann. Auf- grund der unzureichenden Datenlage kann hierzu jedoch zum aktu- ellen Zeitpunkt keine generelle Empfehlung ausgesprochen werden.

AuSBLIck

Die Infiltrationsbehandlung bei Muskelläsionen ist weit verbreitet und Bestandteil der täglichen Praxis sportmedizinischer Tätigkeit.

Dem gegenüber steht eine unzureichende, wissenschaftliche Da- tenlage, so dass vor diesem Hintergrund keine der praktizierten Infiltrationsbehandlungen generell empfohlen werden kann. Wir schließen uns der Forderung des IOC an, dass doppelt-verblindete, placebokontrollierte, randomisierte Studien durchgeführt werden sollten (8), um dem Mangel an „guten“ Studien entgegenzuwirken.

Angaben zu finanziellen Interessen und Beziehungen, wie Patente, Honorare oder Unterstützung durch Firmen: keine.

Abbildung 3a,b,c: Infiltrationsbehandlung bei frischem Muskelfaserriss der linken Wadenmuskulatur in der seitlichen Ansicht. Nach sukzessivem Setzen der Kanülen unter sterilen Kautelen (Abb. 3a) erfolgt die Punktion von Häma- tom (Abb. 3b) und dann die Infiltration mit Lokalanästhetikum (Abb. 3c).

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LITerATur

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Korrespondenzadresse:

PD Dr. Justus Gille Klinik für Chirurgie des Stütz- und Bewegungsapparates Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck E-Mail: sportmedizin@uksh.de

Referenzen

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