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Archiv "Drogenabhängigkeit: Unterversorgung und Fehlallokation" (03.11.2006)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 44⏐⏐3. November 2006 A2917

P O L I T I K

che Leistungen (circa 6 500 Euro pro Patientenjahr) zeigen wenig Ef- fizienz, solange die zentralen me- dizinischen Aufgaben nur unvoll- ständig verwirklicht werden. Verant- wortlich dafür ist nach der COBRA- Studie die zunehmende Segmentie- rung des Versorgungssystems. Der überwiegende Teil der substitu- ierenden Ärzte ist mit dem Manage- ment der modernen antiviralen Therapie fachlich und möglicher- weise budgetär überfordert. In wei- ten Bereichen des Landes fehlen die Zentren, die sich durch sucht- medizinische und infektiologische Kompetenz auszeichnen. Nur sol- che Zentren aber können als fachli- cher Kristallisationspunkt für die nicht spezialisierten Ärzte der je- weiligen Region dienen und sie bei der Behandlung unterstützen und anleiten.

Die weit auseinander liegenden Themen und Fertigkeiten bei dieser Patientengruppe – Psychiatrie und hoch spezialisierte Infektiologie – kommen in der medizinischen Bio- grafie von Ärzten selten zusammen vor. Umso mehr müssen diese ge- trennten Welten durch institutionali- sierte Kooperation gezielt vereinigt werden.

Für den Advisory Board der COBRA-Studie:

Dr. med. Jörg Gölz

Praxiszentrum Kaiserdamm Berlin

Suchtmedizinisch-infektiologische Schwerpunkt- praxis, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin (DGS e.V.)

Priv.-Doz. Dr. med. Markus Backmund Leiter der Abteilung für Suchtmedizin Krankenhaus München-Schwabing stellvertretender Vorsitzender der DGS e.V.

Prof. Dr. med. Markus Gastpar

Direktor der KIinik für Psychiatrie und Psychothera- pie, Universität Essen, Rheinische Kliniken Essen Leiter des Referates Sucht der DGPPN Prof. Dr. phil. habil. Hans-Ulrich Wittchen Direktor der Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Technische Universität Dresden

N

ach den Ergebnissen der COBRA-Studie (COst Bene- fit and Risk Appraisal of Substitu- tion Treatment) ist eine Neuorganisa- tion der medizinischen Versorgung Drogenabhängiger dringend erfor- derlich. In diese weltweit umfang- reichste Evaluation der Versorgungs- praxis substituierter Personen wur- den 2004 insgesamt 2 694 Betroffe- ne aus 223 repräsentativ ausgewähl- ten Praxen eingeschlossen. Mit ei- ner positiven Haltequote von mehr als 75 Prozent befanden sich zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung 1 631 Patienten nach wie vor in Substitution, zehn Prozent waren in- zwischen drogen- und substitutions- mittelfrei. Die Mortalität betrug ein Prozent – im Vergleich zu zwei Pro- zent in früheren Studien.

Nur sechs Prozent erhalten HCV-Kombinationstherapie

Alarmierend ist hingegen, dass 66,8 Prozent der Untersuchten eine chro- nische HCV-Infektion aufwiesen und 14 Prozent HIV-infiziert waren. Zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung wa- ren jedoch nur 30,4 Prozent der HCV- Infizierten spezifisch antiviral behan- delt worden; 65 Prozent bedürfen ei- ner spezifischen antiviralen Therapie.

Da die Kombinationstherapie für die HCV-Infektion schon fünf Jahre auf dem Markt ist, erhielten pro Jahr nur fünf bis sechs Prozent der HCV-infi- zierten Drogenabhängigen die not- wendige Behandlung.

Bei den HIV-Infizierten sind die Ergebnisse noch dramatischer: Nur 29,7 Prozent erhielten eine antiretro- virale Medikation, obwohl in Schwer- punktpraxen durchschnittlich 80 Pro-

zent der Patienten therapiebedürftig sind. Auch zum Zeitpunkt der Fol- low-up-Untersuchung war die Be- handlungsintensität ähnlich gering wie bei der Hauptuntersuchung. Da- mit deckt die Studie eine versor- gungspolitische Paradoxie auf: Ei- nerseits ist die Hauptindikation für eine ärztliche Vergabe von Opiaten an Heroinabhängige die „Sicherung des Überlebens“; auf der anderen Seite sind HIV- und HCV-Infektion neben der Intoxikation die häufigs- ten Todesursachen bei Drogenab- hängigen.

Für beide Erkrankungen gibt es exzellente Therapieoptionen. Sie werden bei Drogenabhängigen of- fenbar nicht in dem Umfang ange- wendet wie bei Patienten mit ande- rem Infektionsrisiko. Diese Unter- versorgung hat schwerwiegende Konsequenzen: Die niedrige Be- handlungsfrequenz schmälert die präventive Wirkung, die von einer totalen Unterdrückung der Viruslast (HIV) oder einer Viruseradikation (HCV) ausgehen könnte. Zudem vermindert die ausbleibende ärztli- che Reaktion bei den Patienten die Aufmerksamkeit für die eigene In- fektion und trägt durch entspre- chendes Verhalten (zum Beispiel ungeschützter Verkehr, Nadeltausch) zur erhöhten Übertragung von HIV und HCV bei.

Schwerpunktpraxen sind Kristallisationspunkte

Eine zweite Konsequenz ist die Fehlallokation großer finanzieller Ressourcen im medizinischen Ver- sorgungsbereich. Durchschnittlich befinden sich 70 000 Drogenabhän- gige in Substitutionsbehandlung.

Die finanziellen Mittel für Infra- struktur, Substitutopiate und ärztli-

DROGENABHÄNGIGKEIT

Unterversorgung und Fehlallokation

COBRA-Studie deckt gravierende Mängel bei der Betreuung substituierter Drogenabhängiger auf.

In Deutschland befinden sich durchschnittlich 70 000 Drogenab- hängige in Substitu- tionsbehandlung.

Foto:Vario Images

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