Analysis 3 u. Funktionentheorie - Kompaktheit im metrischen Raum
PD Dr. B. Rummler Topologie τ , topologischer Raum (M, τ)
Def: Es seien M eine nichtleere Menge und P(M) die Potenzmenge von M. Wir nennen ein Sy- stem von Teilmengen τ ⊂ P(M) eine Topologie auf M, wenn τ den folgenden Eigenschaften genügt:
(τ i) /0 , M ∈ τ
(τ ii) I sei eine beliebige Indexmenge und ∀ α ∈ I sei O
α∈ τ. dann gilt auch: S
α∈IO
α∈ τ . (τ iii) Für endlich viele O
αj∈ τ , j = 1, ..., N , gerhört auch ihr Durchschnitt T
Nj=1O
αjzu τ.
das Paar (M, τ ) nennen wir einen topologischen Raum. Genügt τ zudem dem Trennungsaxiom:
(τ iv) ∀x, y ∈ M mit x 6= y existieren Elemente O
x∈ τ und O
y∈ τ so, dass x ∈ O
x, y ∈ O
ybei O
x∩ O
y= /0 gilt ;
so nennen wir (M, τ) einen Hausdorffschen topologischen Raum und τ Hausdorffsch.
Offene, abgeschlossene Mengen und Umgebungen im topologischer Raum (M, τ )
Def: Die Elemente von τ : O ∈ τ nennen wir offenen Mengen. Alle Mengen A ∈ P(M) mit A = O
C, O ∈ τ nennen wir abgeschlossene Mengen. Sei x ∈ M ein Punkt aus (M, τ ), jede Men- ge U ∈ P(M) mit x ∈ U, sowie ∃ O ∈ τ mit x ∈ O ⊂ U nennen wir eine Umgebung von x. Wir schreiben U = U (x).
Der metrische Raum (M, ρ(.))
Def: Eine Abbildung ρ : M × M → [0, ∞) nennen wir eine Metrik auf M, falls die folgenden Ei- genschaften gelten:
(i) ρ(x, y) ≥ 0; ρ(x, y) = 0 ⇔ x = y, (P
OSITIVITÄT) (ii) ρ(x, y) = ρ (y,x), ∀ x, y ∈ M , (S
YMMETRIE)
(iii) ρ(x, y) ≤ ρ (x, z)+ρ (z, y),∀x, y, z ∈ M. (D
REIECKSUNGLEICHUNG) das Paar (M, ρ (.)) nennen wir einen metrischen Raum.
Durch Metrik induzierter topologischer Raum (M, τ
ρ(.))
Def: Für alle x ∈ M und für alle ε > 0 erklären wir eine offene ε-Kugel um x durch:
K
ερ(x) := {y ∈ M|ρ (x, y) < ε}. Das System: β := {K
ερ(x)}
x∈M,ε>0ist ein System offener Mengen
bestehend aus den offenen ε -Umgebungen aller Punkte x von M. Beginnt man mit dem System
β und nimmt zu diesem System alle diejenigen Mengen dazu, welche durch die Operationen in
(τ ii) und (τ iii) erzeugt werden, so ist das Ergebnis dieses Prozesses eine Hausdorffsche Topo-
logie τ
ρ(.)auf M. Diese Topologie nennt man: die durch die Metrik ρ induzierter Topologie und
(M, τ
ρ(.)) den durch Metrik induzierter topologischer Raum.
Der normierte Raum (V, k.k)
Def: Gegeben sei ein linearer Vektorraum V über einem Körper K und eine Abbildung k.k : V → [0, ∞) ⊂ R mit den folgenden Eigenschaften:
(vni) kxk ≥ 0, ∀ x ∈ V ; kxk = 0 ⇔ x = o
V, (P
OSITIVED
EFINITHEIT) (vnii) kα xk = |α |kxk, ∀x ∈ V, α ∈ K , (H
OMOGENITÄT)
(vniii) kx + yk ≤ kxk + kyk (D
REIECKSUNGLEICHUNG).
Dann nennen wir die Abbildung k.k Norm auf V und das Paar (V, k.k) einen normierten Raum.
B
SP.
A: Sei V = R mit der Norm |x| =: kxk, ∀x ∈ R . Wir schreiben für das Paar ( R , |.|) =: E = E
1(Euklidischer Raum der Dimension 1).
B
SP.
B: Sei V = C mit der Norm |z| =: kzk, ∀z ∈ C . Wir schreiben für das Paar ( C , |.|) =: E
C= E
1C(komplexer Euklidischer Raum der Dimension 1).
Def: Der metrische Raum (M,ρ (.)) heißt vollständiger metrischer Raum, wenn jede Cauchy- Folge {x
j}
∞j=1⊂ (M, ρ(.)) in (M, ρ (.)) konvergiert.
Def: (Heine-Borelsche-Überdeckungseigenschaft) Ein topologischer Raum (M, τ ) heißt kompak- ter topologischer Raum, wenn es zu jeder offenen Überdeckung { O
α}
α∈I⊂ τ
ρ(.)von M endlich viele Indizes α
1, ...α
k∈ I gibt, so dass M ⊂ O
α1∪ O
α2∪ ... ∪ O
αkgilt. Eine Teilmenge K ⊂ M des topologischen Raumes (M, τ) nennen wir kompakte Menge in (M, τ ), wenn der topologische Raum (M, τ ∩ K) selbst kompakter topologischer Raum ist.
Def: (Bolzano-Weierstraß-Eigenschaft) Ein metrischer Raum (M, ρ(.)) heißt folgenkompakt, wenn jede Folge von Punkten in (M, ρ(.)) eine konvergente Teilfolge besitzt.
Es ist naheliegend auch diese Definiton auf Teilmengen metrischer Räume auszudehnen:
Def: Eine Teilmenge K eines metrischen Raumes (M, ρ(.)) heißt folgenkompakt, wenn sie als Teilraum (K, ρ
|K(.)) folgenkompakt ist, d.h. wenn jede Folge in (K, ρ
|K(.)) eine konvergente Teilfolge besitzt, deren Grenzwert in K liegt.
Satz: (Äquivalenz von Heine-Borelsche-Überdeckungseigenschaft und Bolzano-Weierstraß-Eigen- schaft) Im metrischen Raum sind die Heine-Borelsche-Überdeckungseigenschaft mit τ = τ
ρund die Bolzano-Weierstraß-Eigenschaft äquivalent.
Bew: (i :)(⇒) Wir zeigen zuerst, dass die Überdeckungskompaktheit von M die Folgenkom- paktheit impliziert: Angenommen {x
j}
∞j=1sei eine Folge in M, die keine konvergente Teilfolge besitzt. Insbesondere kann also kein x ∈ M Häufungspunkt von {x
j}
∞j=1sein. Für jedes x ∈ M existiert ein ε
x> 0 so dass K
ερx(x) nur endlich viele x
l∈ {x
j}
∞j=1enthält.
Da wir M ⊂ S
x∈MK
ερx(x) schreiben können genügen nach Voraussetzung endlich viele der K
ερx(x) um M zu überdecken. Daraus folgt aber, dass M nur endlich viele der x
jenthalten kann. Das ist ein Widerspruch!
2
(ii :)(⇐) Nun sei M folgenkompakt, wir zeigen:
Zu jedem ε > 0 existieren endlich viele Punkte x
1, . . . , x
N(ε)∈ M so dass wir M ⊂ S
N(ε)l=1K
ερ(x
l) sichern können. (Zu jedem ε > 0 existiert ein endliches ε-Netz: {x
1, . . . , x
N(ε)} - man sagt auch:
M ist präkompakt!) Wir nehmen nun an, dass dies falsch sei.
Dann gibt es ein ε > 0, so dass ∀N ∈ N und für jede Wahl der Netzpunkte {x
1, . . . ,x
N(ε)} S
Nl=1
K
ερ(x
l) ( M gilt.
Wir konstruieren nun induktiv eine Folge, welche keine konvergente Teilfolge enthält:
Dazu sei x
1∈ M beliebig gewählt. Weil mit obiger Annahme K
ερ(x
1) 6= M ist, gibt es ein x
2∈ M mit ρ (x
1, x
2) ≥ ε. Desweiteren gilt nach oben: K
ερ(x
1) ∪ K
ερ(x
2) 6= M, womit ein x
3∈ M existiert mit ρ(x
l, x
3) ≥ ε , ∀ l = 1, 2.
Induktiv konstruieren wir in dieser Art eine Folge {x
k}
∞k=1⊂ M mit ρ(x
l, x
k) ≥ ε , ∀ l < k. Gemäß dieser Konstruktion kann {x
k}
∞k=1keine konvergente Teilfolge besitzen, weil eine beliebig ausge- wählte Teilfolge nicht Cauchy-Folge ist. Damit ist die Behauptung gezeigt. D.h: Zu jedem ε > 0 exitiert ein endliches ε-Netz: {x
1, . . . , x
N(ε)} für M, also M = S
N(ε)l=1K
ερ(x
l) (∗).
Zeigen nun: M ist überdeckungskompakt: Wir nehmen dazu an, dass es eine offene Überdeckung { O
α}
α∈I⊂ τ
ρ(.)von M gäbe, aus der keine endlich Überdeckung von M ausgewählt werden könnte. Wir konstruieren nun mit (∗) Folge von ε-Netzen.
Wir starten mit ε
1= 1, N
1:= N(ε
1) und {x
11, . . . , x
1N1
}. Mindestens eine der M-überdeckenden, offenen Kugeln, wir wählen gleich K
ερ1(x
11), muss demnach nicht endlich durch Elemente aus { O
α}
α∈Iüberdeckbar sein.
Mit ε
2= 2
−1, N
2:= N(ε
2) und {x
21, . . . , x
2N2
} schreiben wir K
ερ1(x
11) = S
Nl=12(K
ερ2(x
2l) ∪ K
ερ1(x
11)).
Mindestens eine dieser Mengen, wir wählen gleich die Menge K
ερ2(x
21) ∩ K
ερ1(x
11) , muss wie- der nicht endlich durch Elemente aus { O
α}
α∈Iüberdeckbar sein. Ganz analog erhalten wir mit ε
3= 2
1−3, N
3:= N(ε
3) und {x
31, . . . , x
3N3
}, dass die Menge:K
ερ3(x
31) ∩ K
ερ2(x
21) ∩ K
ερ1(x
11) nicht end- lich überdeckbar ist.
In dieser Argumentation fortfahrend erklären wir Punkte ˜ x
kbei ε
k= 2
1−k, k = 1, 2, . . . derart dass T
mk=1K
ερk( x ˜
k) für kein m ∈ N endlich überdeckbar ist. Hier gilt zudem ∀ k ∈ N : K
ερ2( x ˜
k) ∩ K
ερ1( x ˜
k+1) 6= /0. Die Folge der Punkte { x ˜
k}
∞k=1ist offensichtlich wegen
ρ ( x ˜
k, x ˜
k+1) < ε
k+ ε
k+1< 2
1−kCauchyfolge und enthält wegen der Überdeckungskompaktkeit von m eine konvergente Teilfolge, welche mit { x ˜
k}
∞k=1übereinstimmen muss, d.h. { x ˜
k}
∞k=1→ x ˜
o. Aus der Überdeckung { O
α}
α∈Iwählen wir bei α
o∈ I ein O
αomit ˜ x
o∈ O
αo. Wegen unserer Voraussetzung gilt für die offene Menge O
αo6= M. Wir können somit sichern, dass ˜ x
okein Rand- punkt von O
αoist, also gilt: 2 · η := inf
x6∈Oαoρ ( x ˜
o, x) > 0
Für hinreichend großes k können wir nun sichern, dass: ρ ( x ˜
k, x ˜
o) < η und 2
1−k< η sind. Somit gilt: T
mk=1K
ερk( x ˜
k) ⊂ K
ερm( x ˜
m) ⊂ K
2·ηρ( x ˜
o) ⊂ O
αo.
Das ist ein Widerspruch zur Konstruktion der Punktfolge aus nicht endlich überdeckbaren Men- gen. Damit war unsere Annahme falsch und M ist somit überdeckungskompakt.
Def: (Präkompakter und vollständiger metrischer Raum) Es sei (M, ρ (.)) ein vollständiger me- trischer Raum (M, ρ(.)) und zu jedem ε > 0 existiert ein endliches ε -Netz: {x
1, . . . , x
N(ε)} so, dass M ⊂ S
N(ε)l=1K
ερ(x
l) gilt. Dann nennen wir (M, ρ(.)) vollständig präkompakt! Eine Teilmenge K eines metrischen Raumes (M, ρ (.)) nennen wir vollständig präkompakt, wenn K im Sinne des Teilraumes (K, ρ
|K(.)) vollständig präkompakt ist!
Satz: Jeder vollständig präkompakte metrischen Raum ist kompakt (, also überdeckungs- und folgenkompakt im metrischen Raum).
3
Bew: (i :)(⇐) Weil (M, ρ(.)) überdeckungskompakt ist, kann man zu jedem ε > 0 aus der Über- deckung {K
ερ(x)}
x∈Mein endliches ε-Netz: {x
1, . . . , x
N(ε)} so auswählen, dass M ⊂ S
N(ε)l=1K
ερ(x
l) gilt. Damit ist (M,ρ (.)) präkompakt.
Weil nach dem Äquivalenzsatz (M, ρ (.)) auch folgenkompakt ist, muss jede Cauchy-Folge {x
j}
∞j=1⊂ (M, ρ(.)) in (M, ρ(.)) auch eine in (M, ρ(.)) konvergente Teilfolge enthalten. Die Einzigkeit des Grenzwertes x
odieser Teilfolge liefert, weil {x
j}
∞j=1Cauchy-Folge: x
oist auch Grenzwert der Cauchy-Folge, also ist (M, ρ(.)) vollständig.
(ii :)(⇒) Zeigen nur: Jeder vollständig präkompakte metrischen Raum ist folgenkompakt.
Annahme: (M, ρ(.)) sei nicht folgenkompakt, d.h. es existiert in (M, ρ (.)) eine Folge {x
j}
∞j=1, die keine konvergente Teilfolge (keinen Häufungspunkt) in (M, ρ(.)) besitzt. Weil (M, ρ(.)) prä- kompakt ist, können wir zu der fix vorgegebenen streng monoton fallenden Nullfolge {ε
m}
∞m=1eine zugeordnetet Folge endlicher ε-Netze angeben. Diese sei: {{ x ˆ
m1, . . . , x ˆ
mN(εm)