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Grundlagen der Analysis

Prof. Dr. Rainer Weissauer

Ruprecht-Karls-Universit¨at Heidelberg Fakult¨at f¨ur Mathematik und Informatik

Mathematisches Institut

Vorlesungsskriptum SS/WS 2011/12 Bearbeitungsstand: 11. Januar 2015

(2)

Ruprecht-Karls-Universit¨at Heidelberg Mathematisches Institut

Im Neuenheimer Feld 288

D-69120 Heidelberg, Deutschland Raum 205

weissaue@mathi.uni-heidelberg.de

http://www.mathi.uni-heidelberg.de/˜weissaue/

(3)

Vorwort

Dieses Skript richtet sich als Begleitmaterial der VorlesungH¨ohere Mathematik f¨ur Physiker II+IIIvorrangig an Studenten der Fachrichtung Physik. In dem zweisemestrigen Zyklus werden die f¨ur Physikstudenten relevanten Methoden der Analysis dargestellt.

Die Vorlesung deckt dabei in zwei Semestern mathematische Inhalte ab, die normalerweise in den drei Vorlesungen Analysis I–IIIdargestellt werden. Dabei werden notgedrungen Dinge ausgelassen, da auf die mathematische Strenge der Darstellung nicht verzichtet werden soll.

Kenntnisse aus der Vorlesung Lineare Algebra wurden vorausgesetzt. Die H¨orer der Vorlesung sollten n¨amlich die GrundvorlesungLineare Algebra Iim Semester davor geh¨ort haben.

Begleitend zu der Vorlesung und dem ¨Ubungsbetrieb wurden einmal w¨ochentlich in einer zus¨atzlichen Groߨubung Beispiele behandelt, die in der Vorlesung selbst aus zeitlichen Gr¨unden nicht diskutiert werden konnten.

Das vorliegende Skript folgt in seinem Aufbau keineswegs konsequent der Vorlesung. Auch innerhalb der einzelnen Kapitel wurden in der Vorlesung Teile des Stoffes manchmal geringf¨ugig umgestellt, um vom Timing die ¨Ubungsaufgaben so effizient wie m¨oglich mit der Vorlesung abzustimmen.

Kapitel V hat einen sehr speziellen Charakter. Hier werden an einer Stelle des Skiptes spezifi- sche Anwendungen der Analysis geb¨undelt, die in der Vorlesung und zum Teil in der Groߨubung gestreut vorgestellt wurden. ¨Ahnliches gilt f¨ur Kapitel XI. Das (noch ziemlich unvollst¨andige) Kapitel XII wurde in der Vorlesung ¨uberhaupt nicht behandelt. Es ist gedacht f¨ur interessierte Leser und gibt einen kleinen Ausblick.

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(5)

Inhaltsverzeichnis

Vorwort i

1 Der Konvergenzbegriff 1

1.1 Angeordnete K¨orper . . . 1

1.2 Die Euklidsche Norm . . . 4

1.3 Metrische R¨aume . . . 6

1.4 Folgen in metrischen R¨aumen . . . 7

1.5 Die geometrische Reihe . . . 9

1.6 Vollst¨andige metrische R¨aume . . . 10

1.7 Der Banachsche Fixpunktsatz . . . 11

1.8 Quaderschachtelung . . . 13

1.9 Reelle Zahlen . . . 16

1.10 Infimum und Supremum . . . 17

2 Stetige Abbildungen 21 2.1 Stetigkeit . . . 21

2.2 Eigenschaften stetiger Funktionen . . . 23

2.3 Der Zwischenwertsatz . . . 24

2.4 Dasε-δ-Kriterium . . . 25

2.5 Gleichm¨assige Stetigkeit . . . 26

2.6 Reellwertige stetige Funktionen . . . 27

2.7 Gleichm¨assige Konvergenz . . . 29

2.8 Vollst¨andigkeit vonCpXq . . . 30

2.9 Monotone Folgen stetiger Funktionen . . . 30

3 Integration 33 3.1 Vorbemerkungen . . . 33

3.2 Treppenfunktionen . . . 34

3.3 Das reelle Standardintegral . . . 36

3.4 Eigenschaften des Standardintegrals . . . 38

3.5 Der Logarithmus . . . 38

3.6 Das mehrdimensionale Integralş Rnfpxqdx . . . 40

3.7 Monotone H¨ullen . . . 41

3.8 Abstrakte Integrale . . . 42

(6)

4 Differentiation 45

4.1 Das Landausymbol . . . 45

4.2 Differenzierbarkeit . . . 46

4.3 Die Jacobi-Matrix . . . 49

4.4 Extremwerte . . . 50

4.5 Symmetrie der Hessematrix . . . 52

4.6 Lokale Maxima . . . 53

4.7 Der Hauptsatz . . . 54

4.8 Differentialgleichungen . . . 55

4.9 Stetig partiell differenzierbare Funktionen . . . 60

4.10 Der Umkehrsatz . . . 61

4.11 Substitutionsregel . . . 64

4.12 Differentialformen . . . 67

4.13 Beweis des Poincare Lemmas . . . 72

4.14 Satz von Stokes f¨ur Quader . . . 74

4.15 Potenzreihen . . . 76

5 Ausgew ¨ahlte Themen I 81 5.1 Wegintegrale . . . 81

5.2 Holomorphe Funktionen . . . 83

5.3 Vektorfelder I . . . 84

5.4 Vektorfelder II . . . 87

5.5 Partitionen der Eins . . . 89

5.6 Poissonklammer . . . 92

5.7 Variationsrechnung . . . 93

5.8 Satz von Darboux . . . 96

5.9 Kanonische Transformationen . . . 97

5.10 Harmonische Funktionen . . . 98

5.11 Harmonische Polynome . . . 99

5.12 Drehimpuls Operatoren . . . 102

5.13 Taylor Koeffizienten . . . 103

5.14 Orthogonale Gruppen . . . 104

5.15 Fourier-Graßmann Transformation . . . 105

5.16 Laplace Operatoren . . . 107

5.17 Maxwell Gleichungen . . . 108

6 Lebesgue Integration 111 6.1 Ubersicht . . . .¨ 111

6.2 Das Lebesgue Integral . . . 112

6.3 Der VerbandLpXq . . . 114

6.4 Vertauschungss¨atze . . . 115

6.5 Anwendungen . . . 117

6.6 Nullmengen . . . 118

6.7 Messbare Funktionen . . . 119

(7)

Inhaltsverzeichnis

7 Verallgemeinerte Funktionen 123

7.1 Basics . . . 123

7.2 Distributionen . . . 124

7.3 Faltung . . . 126

7.4 Coulomb Distribution . . . 128

7.5 Wellengleichung . . . 128

8 Hilbertr ¨aume 131 8.1 Vorbemerkung . . . 131

8.2 L2-R¨aume . . . 133

8.3 Satz von Fischer-Riesz . . . 134

8.4 Der FolgenraumL2pZq . . . 135

8.5 Orthonormalbasen . . . 136

8.6 Fourier Reihen . . . 137

8.7 Stone-Weierstraß . . . 139

8.8 Fourier Transformation . . . 140

8.9 Der harmonische Oszillator . . . 144

9 Integration auf Mannigfaltigkeiten 145 9.1 Untermannigfaltigkeiten mit Rand . . . 145

9.2 Randintegrale . . . 147

9.3 Der Satz von Stokes . . . 148

9.4 Standardintegral auf der Kugeloberfl¨ache . . . 149

9.5 Greensche Formel . . . 152

10 Kugelfunktionen 153 10.1 Der HilbertraumL2pSq . . . 153

10.2 Poisson Kern . . . 154

10.3 Orthogonalit¨at . . . 156

10.4 Harmonische Funktionen sind analytisch . . . 158

10.5 Entwicklung auf Kugelschalen . . . 159

10.6 Die Potential Gleichung . . . 160

11 Ausgew ¨ahlte Themen II 163 11.1 Kugelvolumina . . . 163

11.2 ¨Uberdeckungskompaktheit . . . 165

11.3 Residuensatz . . . 166

11.4 W¨armeleitungskern . . . 167

11.5 Spinordarstellung . . . 168

11.6 Oszillatordarstellung . . . 170

11.7 Spinor-Matrizen . . . 172

11.8 Heisenberggruppe . . . 173

(8)

Die Anwendungen in Kapitel V ben¨otigen gewisse Voraussetzungen ¨uber die Differentiation.

Die Abh¨angigkeiten sind wie folgt:

Leitfaden f ¨ur Kapitel V.

• 1.3ùñ5.14

• 3.4ùñ5.15

• 4.5ùñ5.3ùñ5.13

• 4.9 + 4.10ùñ5.4ùñ5.5ùñ5.6ùñ5.7ùñ5.8

• 4.12ùñ5.15ùñ5.16

• 4.14ùñ5.1ùñ5.2

• 4.13 + 4.14 + 5.15 + 5.16ùñ5.17

Im ersten Semester habe ich Kapitel I-IV behandelt (ausschließlich der Sektionen 4.14 und 4.15, die ich zu Beginn des zweiten Teils nach Kapitel VI bewiesen habe, da in diesen Ab- schnitten der Satz von der dominierten Konvergenz benutzt wird; man k¨onnte nat¨urlich hier die benutzten Vertauschungss¨atze auch erst einmal annehmen) und teilweise die Anwendungen 5.3-5.12. Die Behandlung der Abschnitte aus Kapitel V in der Vorlesung wurde meistens durch Ubungsaufgaben vorbereit und in der großen ¨¨ Ubung vertieft.

Das Kapitel XI bestand zum Teil aus ¨Ubungsmaterial, Themen der Groߨubung und der Vor- lesung. Kapitel XII und Teile von Kapitel XI wurden nicht in der Vorlesung behandelt, und sind gedacht als Lesestoff zur Anregung und weiteren Vertiefung.

Leitfaden f ¨ur Kapitel XI.

• 9.3 + 9.4 + 4.11ùñ11.1

• 11.2ùñ8.7

• 10.5ùñ11.3

• 5.13ùñ11.5ùñ11.7

• 8.8ùñ11.4

• 8.8ùñ11.6ùñ11.8

In der ersten Vorlesung habe ich Kapitel I-IV behandelt (ausschließlich Abschnitt 4.13 und 4.15) sowie Kapitel V (ausschließlich Abschnitt 4.13 und 4.15). In den Abschnitten 4.13 und 4.15 wird die Vertauschung von Limesprozessen ben¨otigt. Deshalb habe ich sie erst im Winter- semester nach dem Kapitel VI diskutiert, da die ben¨otigten Vertauschungss¨atze sich dann unmit- telbar aus dem Satz von der dominierten Konvergenz ergeben. Die erste H¨alfte von Abschnitt 4.12 hatte ich in der Vorlesung bereits im unmittelbaren Anschluß an Abschnitt 4.9 dargestellt, die zweite H¨alfte dann nach Abschnitt 4.11 um in der Zwischenzeit das Kalk¨ul in der Groߨubung und in den ¨Ubungsaufgaben etwas vertrauter zu machen.

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Inhaltsverzeichnis

Ein kurzer ¨Uberblick

In Kapitel I studieren wir denK¨orperRder reellen Zahlenzusammen mit den Euklidschen R¨aumenRn. Eine naive Definition der reellen Zahlen mit Hilfe von Dezimalbruchentwicklungen wird vermieden. Daß man reelle Zahlen durch eine Dezimalbruchentwicklung beschreiben kann, ergibt sich erst am Ende und eher beil¨aufig. Einer der Gr¨unde f¨ur diese Vorgehensweise ist, daß eine reelle Zahl mehrere Dezimalbruchentwicklungen besitzen kann wegen

0,999...“1.

Deshalb wird der K¨orper der reellen Zahlen wie in Mathematikvorlesungen ¨ublich axiomatisch eingef¨uhrt als einarchimedisch angeordneter Cauchy vollst¨andiger (pythagor¨aischer) K¨orper.

Dieser Zugang ist sehr nat¨urlich, denn es wird dabei automatisch der Begriff derkonvergenten beziehungsweiseCauchy konvergentenFolgen in metrischen R¨aumen eingef¨uhrt. Diese zentra- len Begriffsbildungen sind unverzichtbar und erweisen sich als grundlegend f¨ur alle weiteren Aussagen. Die wichtigsten Resultate des Kapitels, neben der Einf¨uhrung der reellen Zahlen, sind die S¨atze ¨ubergeometrische Folgen und Reihenmit demBanachschen Fixpunktsatz, dem Satz vonBolzano-Weierstraßund dasPrinzip der monotonen Konvergenz. Alle hier genannten Resultate sind ihrer Natur nach Konvergenzaussagen. Der Banachsche Fixpunktsatz ist n¨utzlich zur Bestimmung von Umkehrfunktionen und zur L¨osung von Differentialgleichungen, der Satz von Bolzano-Weierstraß h¨angt eng zusammen mit Extremwertproblemen. Diese S¨atze werden soweit m¨oglich in der Sprache dermetrischen R¨aumebehandelt, so daß sie dann sowohl f¨urR als auch f¨ur Euklidsche Vektorr¨aumeRngelten. Das Prinzip der monotonen Konvergenz erweist sich sp¨ater als das eigentliche Fundament der Integrationstheorie.

Im Kapitel II untersuchen wirstetige Funktionen, also Funktionen die anschaulich gesprochen keine Spr¨unge machen. Dies macht man am einfachsten pr¨azise mit Hilfe der Folgendefinition der Stetigkeit, die am Anfang des Kapitels II eingef¨uhrt wird

plim

nÑ8xn “ xq ùñ plim

nÑ8fpxnq “fpxqq.

Wir formulieren diesen Stetigkeitsbegriff sp¨ater mit Hilfe des sogenanntenε-δ-Kriteriumsum.

Ein Hauptgrund daf¨ur, daß sich dadurch erst der Begriff dergleichm¨assigen Stetigkeitmotiviert.

Dieser ist viel subtiler als der Begriff der Stetigkeit und wird erst in derε-δFormulierung richtig begreifbar. Gleichm¨assige Stetigkeit ist von grundlegender Bedeutung in vielen Bereichen der Mathematik. Ein zentrales Resultat ist der Satz von Heine, daß eine stetige reellwertige Funktion auf einem folgenkompakten metrischen Raum automatisch gleichm¨assig stetig ist. Daraus leitet sich sp¨ater z.B. die Integrierbarkeit stetiger Funktionen ab. Am Ende von Kapitel II besch¨aftigen wir uns mit (den f¨ur diesen Zeitpunkt) recht abstrakt wirkenden Aussagen ¨uber gleichm¨assige oder monotone Konvergenz von Funktionenfolgen auf einem (kompakten) metrischen Raum.

Diese abstrakten S¨atze werden die sp¨atere Grundlage zur L¨osung von Differentialgleichungen (gleichm¨assige Konvergenz) sein bzw. f¨ur die sp¨atere Begr¨undung der Lebesgue Integrations- theorie(monotone Konvergenz). Der Leser sollte daher diese Dinge zu diesem fr¨uhen Zeitpunkt einfach mit Geduld zur Kenntnis nehmen.

(10)

Im Kapitel III wird dasEuklidsche Integral ż

Rn

fpxqdx

definiert f¨ur eine stetige FunktionfpxqaufRnmit kompaktem (d.h. beschr¨anktem) Tr¨ager. Die Bedeutung des Integralbegriffes muß sicherlich nicht erl¨autert werden. Die grundlegende Idee ist, daß man stetige (oder allgemeinere) Funktionen durchTreppenfunktionenapproximiert um deren Integral zu definieren. Die explizite Berechnung von Integralen ist ein generell schwieriges Problem, und die wichtigste Methode daf¨ur ist der sp¨ater zu beweisendeHauptsatz. Im Kapitel III beschr¨anken wir uns daher auf die Diskussion deslogarithmischen Integralslogpxq “şx

1 dt t. Am Ende des Kapitels diskutieren wir eine Erweiterung des Integrationsbegriffs, welche auf demPrinzip der monotonen Konvergenzberuht. Dies bereitet einerseits die sp¨atere Einf¨uhrung der Lebesgue Integration vor, erlaubt es andererseits bereits Integrale

ż

A

fpxqdx

f¨ur nichtnegative stetige Funktionenf zu definieren, deren Definitionsbereich eine beliebige (!) kompakte TeilmengeAimRnist. Diese ¨Uberlegungen zeigen insbesondere, daß jede kompakte TeilmengeAĂRnein wohldefiniertes VolumenvolpAq “ş

Adxbesitzt. Dies wird im Kapitel IV beim Beweis der allgemeinenn-dimensionalenSubstitutionsformel f¨ur Integralebenutzt.

Kapitel IV ist dann der Differentialrechung gewidmet. Der Begriff einer differenzierbaren Funktion wird von Anfang an f¨ur beliebige Funktionen

f :RnÑRm

oder allgemeineref, definiert auf gewissen zul¨assigen Teilmengen desRn, eingef¨uhrt. Daß das Differential vonf in einem Punktξdes Definitionsbereiches

Dfpξq:RnÑRm

f¨ur die Funktionfpxqdie beste affin lineare Approximationfpξq `Dfpξqpx´ξqbeiξdarstellt, liefert rasch die wichtigsten S¨atze. Wir diskutieren dann dieKettenregel,Extremwertprobleme, beweisen denHauptsatzund wenden diesen an auf die Theorie der Differentialgleichungen einer Variable. Im Anschluß diskutieren wir die schwierigeren S¨atze der Analysis mehrerer Variablen, denSatz von der Umkehrfunktion und die Substitutionsregel f¨ur mehrdimensionale Integrale.

Unser Ziel ist es dabei so schnell wie m¨oglich den Begriff derDifferentialformeneinzuf¨uhren und zu motivieren. Erst mit Hilfe dieser Differentialformen kann man Verallgemeinerungen des Hauptsatzes der Analysis f¨ur h¨ohere Dimensionen ¨uberhaupt formulieren. Ein Teil dieses allgemeinen Hauptsatzes ist das Poincare Lemma (eine weitreichende Verallgemeinerung der Haupts¨atze der klassischen Vektoranalysis), ein anderer Teil ist derSatz von Stokes

ż

BQ

ω “ ż

Q

dω ,

der am Ende von Kapitel IV zuerst einmal nur f¨ur QuaderQ beweisen wird. F¨ur die meisten lokalen Anwendungen reicht dies bereits aus.

(11)

Inhaltsverzeichnis Im Kapitel VI wird dieLebesgue Integrationstheorieentwickelt. Diese Theorie, allem voran derSatz von der dominierten Konvergenzund derSatz von Beppo Levi, stellt die Grundlage f¨ur das sp¨atere Kapitel ¨uber Hilbertr¨aume dar. Beide S¨atze sind Vertauschungss¨atze, die garantieren daß unter gewissen Voraussetzungen Limiten mit der Integration vertauschen

nÑ8lim ż

fnpxqdx “ ż

nÑ8lim fnpxqdx .

Nur mit Hilfe dieser S¨atze sind die sp¨ater wichtigen L2pXq-Hilbertr¨aumedefinierbar. Kapitel VI ist zum Teil sehr technisch, aber letztlich auch sehr einfach. Zum Verst¨andnis ist hier ist vor allem Geduld erforderlich. Einige Beweise von Kapitel IV (Beweis des Poincare Lemmas und die Diskussion analytischer Funktionen) h¨angen bei dem von uns gew¨ahlten Zugang vom Satz der dominierten Konvergenz ab. Der abschliessende Abschnitt ¨ubermessbare Funktionenenth¨alt in kondensierter Form eigentlich alle wesentlichen Resultate von Kapitel VI.

Im Kapitel VII studieren wirDistributionen und bestimmenFundamentall¨osungen von der Laplace Gleichungund derD’Alembert Gleichung.

Das Kapitel VIII ist von Bedeutung f¨ur dieQuantentheorie. Aus diesem Grund geben wir einen kurzen ¨Uberblick ¨uber die Querverbindungen am Anfang des Kapitels. Im Kapitel VIII definieren wir den Begriff des (separablen) Hilbertraumes und beweisen in diesem Kontext die S¨atze ¨uberFourierzerlegung. Ein besonderer Augenmerk wurde dabei auf eine vollst¨andige und ausf¨uhrliche Diskussion derreellen Fourier Transformationgelegt. Es gibt einen engen Zusam- menhang zurQuantentheorie(Stichwortharmonischer Oszillator).

Im Kapitel IX diskutieren wir die Analysis auf eingebettetenMannigfaltigkeitenund bewei- sen in diesem Kontext denSatz von Stokes (und damit den Satz vonGauß) in der Sprache der Differentialformen. Das f¨ur uns wichtigste Beispiel einer eingebetteten Mannigfaltigkeit ist die pn´1q-dimensionaleSph¨areSn´1 im Euklidschen Raum Rn. Dieses Beispiel behandeln wir ausf¨uhrlich. Insbesondere definieren wir das rotationsinvariante Standardintegral1auf der Sph¨are und diskutieren dieGreenschen Formeln.

Im Kapitel X wenden wir die Ergebnisse aus Kapitel VIII und betreiben Analysis auf der Sph¨are unter Ber¨ucksichtigung der Operation der Drehgruppe. Wir finden in densph¨arischen Kugelfunktionen eine Hilbertraum Basis vonL2pSn´1q in beliebiger Dimensionnund bewei- sen diePoissonformel. Als Anwendung erhalten wir dieLaurent-Entwicklungvon harmonischen Funktionen auf Kugelschalen (Multipolentwicklungen) mit genauer Diskussion von Konvergenz- fragen, und beweisen damit als Spezialfall dieAnalytizit¨at harmonischer Funktionen. Dies um- faßt im Spezialfalln“2die Grundlagen derkomplexen Funktionentheorie.

1Die Sph¨areSn´1ist eine kompakte Teilmenge imRn. Das Standardintegral auf der Sph¨areASn´1ist nicht das in Kapitel III diskutierte Euklidsche Integralş

Afpxqdx, denn dieses ist identisch Null (die Sph¨are ist eine Nullmenge imRn). Das Standardintegral auf der Sph¨are schreiben wird deshalbş

Sn´1fpxqσn´1pxq.

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1 Der Konvergenzbegriff

1.1 Angeordnete K¨orper

Wir wiederholen an dieser Stelle den aus der Linearen Algebra bekannten Begriff desK¨orpers.

Es handelt sich dabei um einen Rechenbereich mit Multiplikation und Addition.

Genauer gilt: Ein K¨orper ist ein TupelpK,`,¨,0,1qbestehend aus einer MengeK, zwei Ver- kn¨upfungen`:KˆK ÑK, genanntAddition, und¨:KˆK ÑK, genanntMultiplikation, sowie zwei verschiedenen Elementen0(Nullelement) und1(Einselement) mit gewissen Eigen- schaften. So soll zum einen das TupelpK,`,0qeine abelsche Gruppe mit neutralem Element0 sein. D. h. man kann beliebige Elementea, b PK addieren, das heißt durch `verkn¨upfen, so daß gilta`b“b`aPKsowiea`0“a, und jede Gleichung

x`a“b

hat f¨ur gegebenesa, bPKeine eindeutige L¨osungx. Wir schreiben diese in der Formx“b´a.

Zum anderen soll die Menge der von Null verschiedenen ElementeK˚ Ň K eine abelsche Gruppe pK˚,¨,1q definieren. Insbesondere ist daher f¨ur alle a, b P K mita ­“ 0, b ­“ 0 die Gleichung

x¨a“b

eindeutig l¨osbar. Deren L¨osung schreiben wir als x “ a{b “ b¨a´1. F¨ur gew¨ohnlich lassen wir den Punkt f¨ur die Multiplikation meist weg und schreiben kurzabstatta¨b. Istb “0und a­“0, dann ist ¨ubrigensx“0die einzige L¨osung der Gleichungx¨a“b. Dies folgt aus dem Distributivgesetz, das in einem K¨orper erf¨ullt sein soll. Im Distributivgesetz wirdapb`cq “ ab`acgefordert f¨ur allea, b, cPKund es impliziert0¨a“a¨0“0f¨ur alleaPK.

Der Begriff des K¨orpers ist bereits aus der Linearen Algebra bekannt. Typische Beispiele sind:

der K¨orperQderrationalen Zahlen, der K¨orperRderreellen Zahlensowie der K¨orperCder komplexen Zahlen. F¨ur die Analysis spielt der K¨orperRder reellen Zahlen eine fundamentale Rolle. Seine Elemente stellen wir uns intuitiv vor als die Punkte auf einer l¨uckenlosen Geraden.

Wir sind von der Schule gewohnt in diesem K¨orper zu rechnen.

Eine sehr wichtige Eigenschaft des K¨orpers der reellen Zahlen besteht darin, daß dieser K¨orper eine Anordnung besitzt. Eine Anordnung ist eine Relation x ă y: Alle x und y aus einem K¨orperKlassen sich also in Bezug auf diese Anordnung vergleichen. Man setzt formal yąxôxăyund schreibt

xőy :ðñ xăyoderx“y.

(14)

Der Begriff der Anordnung ist auch in der Physik sehr wesentlich, wenn es um die Parametri- sierung der Zeit geht. Das Vorher und Nachher von Ereignissen spielt eine fundamentale Rolle bei der Kausalit¨at und dem physikalischen Begriff der Entropie.

Der Begriff eines angeordneten K¨orpers l¨asst sich mathematisch in axiomatischer Weise defi- nieren. Ein angeordneter K¨orperpK,ăqist ein K¨orperKzusammen mit einer ausgezeichneten TeilmengeP Ň K˚. Man nennt dannP den

”Kegel der positiven Zahlen“ des angeordneten K¨orpers. Dies ist ein eindimensionales Analogon des in der Physik auftretenden vorderen Licht- kegels im Minkowskiraum. Eine Zahlx P K nennt man negativ oder man schreibtx P ´P, wenn ihr negatives´xinP liegt.

Definition 1.1. Ein TupelpK, Pq bestehend aus einem K¨orperK und einer TeilmengeP vonK˚heißtangeordneter K¨orper, wenn

(1) K “P Y t0u9 Y ´9 P, d. h.Kzerlegt sich disjunkt inP,´P und Null.

(2) P ` P ŇP, d. h. die Summe zweier Zahlen ausP ist wiederum inP

(3) P ¨ P ŇP, d. h. das Produkt zweier Zahlen ausP ist wieder inP; also1PP gilt und wir schreibenxăygenau dann wenny´xPP gilt.

Die MengeP definiert damit eine RelationăaufK und wir schreiben auchpK,ăqanstelle vonpK, Pq, denn per Definition gilt

P “ txPK|0ăxu.

Aus dem ersten Axiom angeordneter K¨orper folgt f¨ur zwei Zahlenx, y P K entwederx ă y oderx“yoderyăxim ausschliesslichen Sinn. F¨ury “0folgt unmittelbar´P “ txPK | xă0u. Wir bemerken folgende Eigenschaft:

• Jedes Quadratx2einer ZahlxausK˚ist positiv, kurz: x2PP.

Dies ist klar f¨urxPP nach dem dritten Axiom. Istxnicht inP, dann ist´xPP und damit p´xq2 PP nach dem ersten Axiom. Alsox2 PP wegenx2 “ p´1q2¨x2 “ p´xq2 PP. Hier haben wir benutzt´x “ p´1q ¨xundp´1q ¨ p´1q “ 1. Diese Eigenschaften gelten in jedem K¨orper [benutze dazu das Distributivgesetz].

Man sieht daher, daß der K¨orper der komplexen Zahlen keine Anordnung besitzen kann, denn

´1“i2ist ein Quadrat inC˚, aber liegt nicht inP wegen1PP.

Bemerkung 1.2. SeipK,ăq ein angeordneter K¨orper. Dann gelten wegen Definition 1.1 folgende Eigenschaften:

(1) Es gilt entwederxăyoderx“yoderxąy(im ausschließlichen Sinn) (2) Istxăyundyăz, dann istxăz.

(3) Istxăy, dann giltx`zăy`zf¨ur allezPK.

Beweis. (1) ist klar. Zu (2) beachte: Ausy´xPP undz´y PPfolgtz´x“ pz´yq ` py´xq PP`P ŇP. Zu (3) beachte: Ausy´xą0folgtpy`zq ´ px`zq “y´xą0und damit auchx`zăy`z.

(15)

1.1 Angeordnete K¨orper In einem angeordneten K¨orper definiert man den Betrag|x|eines Elementx PK wie folgt:

|x| “ 0gilt genau dann wenn x “ 0; und f¨ur x ­“ 0sei per Definition |x| “ x resp. ´x je nachdem obx P P oderx T P. Dann gilt nach Definition|x| P P f¨urx ­“ 0, und man sieht sofort

|x¨y| “ |x| ¨ |y|.

Nat ¨urliche Zahlen. Jeder angeordnete K¨orper enth¨alt die nat¨urlichen Zahlen in der Form N“ t0,1,2,3, . . .u–t0, 1, 1`1, 1`1`1, . . .u.

Beachte n¨amlich0 ă 1, und wegen Eigenschaft (3) folgt dann durch Addition 1 “ 0`1 ă 1`1—2und dann analog2“1`1ă3–1`1`1und so weiter. Die Zahlen0,1,2,3, . . . sind wegen Eigenschaft (2) paarweise verschieden. Die so definierte TeilmengeNŇKist unter Multiplikation und Addition abgeschlossen, wie man sofort mit Hilfe des Distributivgesetzes in K zeigt, und kann mit den nat¨urlichen Zahlen identifiziert werden. Wir benutzen folgende Notation: Das Produkt der erstennpositiven nat¨urlichen Zahlen sein!“n¨ pn´1q ¨ ¨ ¨2¨1.

Wegen der K¨orperaxiome liegen daher die ganzen ZahlenZ“ t. . . ,´2,´1,0,1,2, . . .uals paarweise verschiedenen Zahlen in einem angeordneten K¨orper, und damit auch die Quotienten a{bganzer Zahlenaundb ­“0. Also ist der K¨orper der rationalen Zahlen ein Teilk¨orper jedes angeordneten K¨orpers: Q Ň K. Insbesondere enth¨altK unendlich viele Elemente. Endliche K¨orper besitzen daher keine Anordnung.

Es stellt sich nun die Frage, ob die Anordnung die charakteristischen Eigenschaften der reellen Zahlen Rbereits vollst¨andig beschreibt. Das ist nicht der Fall, denn der K¨orper der rationalen Zahlen Qist auch ein angeordneter K¨orper, aber verschieden vom K¨orper der reellen Zahlen.

Wir wollen daher weitere Eigenschaften suchen, dieRcharakterisieren.

Definition 1.3. Ein angeordneter K¨orperpK,ăqheißtarchimedisch, wenn gilt: F¨ur jedes xPK existiert eine nat¨urliche ZahlnPNmit der Eigenschaftxăn.

Definition 1.4. Ein archimedischer K¨orperpK,ăq heißt pythagor¨aisch, wenn gilt: Jede Zahl ausP ist ein Quadrat inK.

Der K¨orperQder rationalen Zahlen ist archimedisch, aber nicht pythagor¨aisch.2ist positiv aber kein Quadrat inQ, weil die Gleichungn2“2m2keine ganzzahligen L¨osungenm, nbesitzt [Benutze die Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung].

F¨ur jede Zahly PP einesangeordnetenK¨orpers mity ě 14 gilt0 ăη ď 14 f¨urη :“1{16y.

Istηein Quadratη“ξ2, dann auchy“ p1{4ξq2. Dies zeigt uns sp¨ater in Lemma 1.24, daß ein vollst¨andiger archimedischer K¨orper auch pythagor¨aisch ist.

In einempythagor¨aischenK¨orper besitzt jede nicht negative Zahly PK eine eindeutig be- stimmte nicht negative Quadratwurzelx1`

?y, d.h. eine eindeutig bestimmte nicht negative L¨osungx“x1der Gleichungx2´y“0. [F¨ury“0ist das klar. IstyPP, gibt es eine L¨osung x1, daKpythagor¨aisch ist. Dann ist auchx2 “ ´x1eine L¨osung mitx2­“x1, und damit oBdA x1PP undx2 P ´P. In einem K¨orper hat aber die Gleichungx2´y “ px´x1qpx´x2q “0 dann h¨ochstens die L¨osungen x “ x1, x2.] DerAbsolutbetrag |x|einer Zahl x P K˚ kann daher in der Form|x| “`?

x2geschrieben werden.

(16)

1.2 Die Euklidsche Norm

Wir wollen f¨ur einen pythagor¨aischen K¨orperK dieNorm(oder auch L¨ange) eines Vektors imr-dimensionalen VektorraumKrdefinieren. Betrachte denr-dimensionalen Standardvektor- raum

Kr “ tpx1, . . . , xrq |x1, . . . , xrPKu

f¨ur einen pythagor¨aischen K¨orperK. Motivation: F¨ur einen beliebigen Punktx “ px1, x2, x3q im AnschauungsraumK3w¨urde der Satz von Pythagoras den Abstandρvonxzum Nullpunkt liefern durch die Formelρ2 “c2`x23“ px21`x22q `x23

x3

ρ

x2 x1

px1, x2, x3q

c K3

Dadurch motiviert, definiert man dieStandardnormoderEuklidsche Normf¨urx“ px1, .., xrq ausKrentsprechend als

kxk “ `

b

x21` ¨ ¨ ¨ `x2r.

Wegen Satz 1.5 istx21` ¨ ¨ ¨ `x2rě0, und daher existiert die (!) positive Wurzel aus dieser Zahl (siehe letzter Abschnitt von§1.1). Dies machtkxkwohldefiniert als Zahl inPY t0u ŇK, und }x} “0gilt genau dann wennx“0gilt (Satz 1.5). Beachte

kλ¨xk “ |λ|¨kxk

f¨ur alle Skalareλaus K, denn beide Seiten sindě 0 und haben dasselbe Quadrat. [Benutze Ubungsaufgabe]. Im eindimensionalen Fall¨ r“1istkxk“|x|.

Satz 1.5. SeiK pythagor¨aisch und ein Vektorx“ px1, . . . , xrq P Krgegeben. Dann gilt:

x21` ¨ ¨ ¨ `x2r PP oderx21` ¨ ¨ ¨ `x2r “0. Letzteres gilt genau dann, wenn x1 “ ¨ ¨ ¨ “xr“0.

(17)

1.2 Die Euklidsche Norm Beweis. Den Beweis reduziert man durch Induktion nachrauf den Fallr “2. Dieser Fall sei als ¨Ubungsaufgabe gestellt.

Definition 1.6. SeiKpythagor¨aisch. F¨urx, yPKrnennt man px, yq “x¨y“x1y1` ¨ ¨ ¨ `xryr dasStandard-Skalarproduktvonxundy.

Insbesondere giltx¨x“kxk2f¨urx“ px1, . . . , xrq PKr.

Satz 1.7(Ungleichung von Schwarz). Seienx, yPKr. Dann ist

|x¨y|őkxk¨kyk. Gleichheit gilt genau dann, wennxundyproportional sind.

Beweis. ObdA seix´t¨y­“0f¨ur alletPK(d. h.xundyseien nicht proportional). Dann gilt

0ăkx´tyk2, d. h.

0ă px´ty, x´tyq “ ÿr i“1

pxi´tyiq2 “kxk2´2tpx, yq `t2kyk2,

wegenpxi´tyiq2 “x2i ´2txiyi`t2yi2. Sei nun oBdAy­“0. Dann folgt t2´2tpx, yq

kyk2 `kxk2 kyk2 ą0

t2´2tpx, yq kyk2 `

ˆpx, yq kyk2

˙2

ą px, yq2

kyk4 ´kxk2 kyk2

ˆ

t´px, yq kyk2

˙2

ą px, yq2´kxk2¨kyk2 kyk4 . Setzt mant–kyk´2px, yq, dann folgtpx, yq2´kxk2¨kyk2 ă0.

Satz 1.8 (Dreiecksungleichung im Kr). Sei K pythagor¨aisch und seien x, y P Kr und λPK. Dann gilt}λ¨x} “ |λ| ¨ }x}, sowie}x} “0ðñx“0und

kx`ykőkxk`kyk.

(18)

Beweis. Nach dem ¨Ubungsblatt 1 gen¨ugt eskx`yk2 ő`

kxk`kyk˘2

zu zeigen. Die linke Seite ist

px`y, x`yq “kxk2`2px, yq `kyk2, und die rechte Seite ist`

kxk`kyk˘2

“kxk2`2kxkkyk`kyk2. Die Behauptung folgt daher aus2px, yq ő2|px, yq|und der Schwarzschen Ungleichung

2|px, yq| ő2kxkkyk.

Folgerung. Die Funktion}.}:V Ñ Kdefiniert eineNormauf demK-VektorraumV, d.h.

es gilt: a)}x} ě0und}x} “0ðñx“0, b)}λx} “ |λ| ¨ }x}f¨ur alleλPKund allexPV, c)}x`y} ď }x} ` }y}f¨ur allex, yPV.

1.3 Metrische R¨aume

Im Folgenden seipK,ăqein fest gew¨ahlter archimedischer K¨orper (sp¨ater dann immer der K¨orper der reellen Zahlen).

Definition 1.9. SeiXeine beliebige Menge. Das TupelpX, dqmit einer Abbildung d:XˆXÑK, px, yq ÞÑdpx, yq

heißtmetrischer Raum(bez¨uglichK), falls f¨ur die Abbildungdgilt:

(1) (Positivit¨at)dpx, yq ŕ0f¨ur allex, yPXunddpx, yq “0gilt genau dann, wennx“y.

(2) (Symmetrie) F¨ur allex, yPXistdpx, yq “dpy, xq.

(3) (Dreiecksungleichung)dpx, zq ődpx, yq `dpy, zqgilt f¨ur allex, y, zPX.

Man nennt dpx, yq die Abstandsfunktion oder Metrik des metrischen Raumes pX, dq. In einem metrischen Raum gilt automatisch die folgendeuntere Dreiecksungleichung

|dpx, zq ´dpx1, zq| ődpx, x1q,

denn die Dreiecksungleichung dpx, zq ő dpx, x1q `dpx1, zq impliziertdpx, zq ´dpx1, zq ő dpx, x1q, und durch Vertauschung vonxundx1folgt daraus die Behauptung.

Ist}.}:V ÑKeineNormauf einemK-VektorraumV, dann definiertdpx, yq “ }x´y}eine Metrik aufV. [Beachtedpy, xq “ }y´x} “ } ´ px´yq} “ | ´1| ¨ }x´y} “ }x´y} “dpx, yq sowiedpx, zq “ }x´z} “ }px´yq ` py´zq} ď }x´y} ` }y´z} “dpx, yq `dpy, zq.]

Das f¨ur uns wichtigste Beispiel eines metrischen Raumes ist der archimedische K¨orper K selbst mit seiner Metrikdpx, yq “ |x´y|. Ist K ein pythagor¨aischer K¨orper und ist}.} die Euklidsche Normauf demr-dimensionalenK-VektorraumKr, dann definiert

dpx, yq “ kx´yk

die sogenannteStandardmetrikaufV “Kr. Den so definierten metrischen Raum nennt man denr-dimensionalenEuklidschen Raum.

(19)

1.4 Folgen in metrischen R¨aumen

1.4 Folgen in metrischen R¨aumen

Fast alle Aussagen der Analysis bauen auf den in diesem Abschnitt erl¨auterten Konzepten auf.

Wir beginnen mit dem Begriff einer Folge:

Definition 1.10. SeiXeine beliebige Menge. EineFolge inXist eine Abbildung x:N“ t0,1,2,3, . . .u ÑX.

Anschaulich l¨aßt sich eine Folge als eine unendliche

”Durchnumerierung“ von Elementen interpretieren. Dies wirkt sich auch auf die Notation aus: Statt einer Abbildungsbeziehung, also einer Auflistung der Art

0ÞÑxp0q, 1ÞÑxp1q, 2ÞÑxp2q,

...

verwenden wir Indizierungen zur Numerierung der betroffenen Elemente vonX, um die Folge zu beschreiben:

x“ px0, x1, x2, x3, . . .q.

Die Elementex0, x1, x2,etc. heißen dieFolgenglieder, bzw. kurz dieGliederder Folgex.

Bisher haben wir keine n¨aheren Anforderungen an die MengeXgestellt. Wir nehmen jetzt an, daßXein metrischer Raum ist. Wir wollen uns daher mit den Abst¨anden zwischen Folgegliedern befassen und durch folgende Definition insbesondere ganz bestimmte Folgen behandeln:

Definition 1.11. SeipX, dqein metrischer Raum. Eine Folgex0, x1, x2, . . . inpX, dqheißt Cauchyfolge, wenn zu jedemεą0ausKeine nat¨urliche ZahlN “Npεqexistiert, so daß f¨ur allen, mPN0gilt

n, mŕN ñ dpxn, xmq ăε.

Zur anschaulichen Bedeutung. Zun¨achst taucht hierbei die Zahl ε auf. Diese steht intuitiv gesprochen f¨ur etwas

”beliebig Kleines“. Man stellt sich dabei vor, dass egal wie kleinεgew¨ahlt wird, man trotzdem noch davon abh¨angende ZahlenNpεqwie behauptet finden kann. Man kann, wenn man nur weit genug mit dem Index geht, den Abstand zwischen Folgengliedern unter jede noch so kleine Schranke dr¨ucken. Anschaulich besteht das Wesen einer Cauchyfolge also darin, daß die Abst¨ande zwischen den Gliedern immer enger werden. Dies h¨angt substanziell von der gew¨ahlten Abstandsfunktiondab.

Definition 1.12. Eine Folgex0, x1, . . . inpX, dqheißtkonvergentgegen einen Grenzwert x P X, wenn zu jedem ε ą 0 einN “ Npεq P N0 existiert, so daß f¨ur allen ŕ Npεq gilt dpxn, xq ăε.

(20)

Zur Veranschaulichung. Wir fixieren einεą0und betrachten die offene Kugel Bεpxq “ tyPX|dpx, yq ăεu

umxmit dem Radiusε. F¨ur eine gegenxkonvergierende Folgexkliegen allexkmitkŕNpεq innerhalb vonBεpxq. Dies sind fast alle (d.h. alle bis auf endlich viele) Folgenglieder der Folge, insbesondere immer unendlich viele. Dass immer nur endlich viele außerhalb einer beliebigen offenenε-Kugel, also inXzBεpxqliegen k¨onnen, soll die folgende Graphik veranschaulichen:

x ε

x0 x1

x2

x3

xN´1 xN

xN`1

xN`2

Die Folgenglieder sammeln sich immer mehr in der N¨ahe vonx. Egal wie kleinεwird, alle bis auf h¨ochstens endlich viele Folgenglieder haben einen Abstand zux, der kleiner alsεist.

Nun nennen wir eine FolgepxnqnPN0 beschr¨ankt, wenn es y P X und einC P K gibt, so daß f¨ur allengiltdpxn, yq ő C. Diesen Begriff wollen wir im Folgenden mit den bekannten Begriffen der Cauchyfolge und der konvergenten Folge verkn¨upfen:

Lemma 1.13. Jede konvergente Folge ist eine Cauchyfolge. Jede Cauchyfolge ist beschr¨ankt.

Beweis. Zun¨achst beweisen wir die erste Aussage. Gegeben sei eine Folge pxnqnPN0 mit ihrem GrenzwertxPX. Dann istdpxn, xq ă 12εf¨ur allenŕN –Np12εq. Aus der Dreiecks- ungleichung

dpxn, xmq ődpxn, xq `dpx, xmq

folgt danndpxn, xmq ă 12ε`12ε, alsodpxn, xmq ă ε, f¨ur allen, m ŕ N. Somit istpxnqeine Cauchyfolge.

Kommen wir nun zum zweiten Teil. Im Falleε“1giltdpxn, xmq ă1f¨urn, m ŕN nach der Cauchyeigenschaft. Setze nuny –xN. Dann ist

dpxn, yq “dpxn, xNq ă1 f¨ur allenŕN. Also istdpxn, yq őCf¨urC“max`

dpx0, yq, . . . , dpxN´1, yq,1q.

Lemma 1.14. (Eindeutigkeit des Grenzwertes) Seix0, x1, . . . eine Folge inpX, dq, welche gegenxPXundy PXkonvergiert. Dann istx“y.

(21)

1.5 Die geometrische Reihe Beweis. Wir f¨uhren einen Widerspruchsbeweis. W¨aredpx, yq ą0, dann existiert wegen der Konvergenz der Folgexnf¨urε“dpx, yqeinN “Np12εqausN0so daßdpxn, xq ă 12εgilt f¨ur n ŕNp12εq. Analog existiert einM “Mp12εq PNmitdpxn, yq ă 12εf¨urněM. Aufgrund der Dreiecksungleichungdpx, yq ődpx, xnq`dpxn, yqund der Symmetriedpx, xnq “dpxn, xq folgt f¨ur allenŕmaxpN, Mqdann

dpx, yq ăε .

Wir erhalten einen Widerspruch zu der Annahmeε“dpx, yq. Es folgtx“y.

Dieses Lemma rechtfertigt es vondem Grenzwert einer Folge zu sprechen. Daß eine Folge pxnqnPNgegen einen GrenzwertxPXkonvergiert, wird h¨aufig durch folgende Schreibweisen

nÑ8lim xn“x oder

xnÝÝÝÑ

nÑ8 x

angedeutet. Bei letzterer Schreibweise wird der AusdrucknÑ 8teilweise auch ¨uber den Pfeil geschrieben oder ganz weggelassen.

EineTeilfolgeeiner gegebenen FolgepxnqnPNist eine AuswahlpxnkqkPN, die ihrerseits auch wiederum eine Folge ist und deren Glieder allesamt auch in dieser Reihenfolge (jedoch mit beliebig großen L¨ucken dazwischen) Glieder der FolgepxnqnPN sind. Wir fordern dabei, daß kÞÑnkeine InjektionNãÑNist. Zum Beispiel ist die Folge

x0, x2, x4, x6, . . .

eine Teilfolge einer FolgepxnqnPN, bei der jedes zweite Glied (immer genau die mit ungeradem Index) herausgenommen wurde. Diesen Begriff werden wir in K¨urze (Satz 1.26) mit dem Be- griff einer beschr¨ankten Folge verkn¨upfen. Nicht jede beschr¨ankte Folge ist konvergent. So hat beispielsweise die Folgexn“ p´1qnkeinen Grenzwert, ist aber beschr¨ankt.

1.5 Die geometrische Reihe

Lemma 1.15. In einem archimedischen K¨orperKkonvergiert im Fall|q| ă1jede geome- trische Folgexn“C¨qngegen Null.

Beweis. Seiε ą 0gegeben. Nach Annahme gilt |q| ă 1und damit|q|´1 ą 1. Somit gilt

|q|´1 “1`xf¨ur einxą0. Die UngleichungdpC¨qn,0q ăεist dann ¨aquivalent zu C{εă p1`xqn.

Man zeigt nun leicht die Bernoulli Ungleichungp1`xqnŕ1`n¨xmittels Induktion nachn.

Im Falln“0undn“1ist dies trivialerweise richtig. Istnŕ1, dann istp1`xqngr¨oßer als 1`n¨x, wie die Induktionsannahmep1`xqn´1 ŕ1` pn´1q ¨xzeigt:

p1`xq ¨ p1`xqn´1 ŕ p1`xq ¨ p1` pn´1q ¨xq “1`n¨x` pn´1q ¨x2ŕ1`n¨x .

(22)

Das Archimedische Axiom garantiert die Existenz einer nat¨urlichen ZahlN ą pC{ε´1q{x.

F¨ur allenŕN gilt dann

C{εă1`n¨x . Daraus folgt wegen1`n¨xő p1`xqndas Lemma.

Dies hat die folgende Konsequenz: Die geometrische Reihe sn “ 1 `q `q2 ` ¨ ¨ ¨ `qn konvergiert f¨ur|q|ă1und hat in diesem Falle den Grenzwert

limnÑ8 řn

i“0qi1´q1 . Dies folgt aus der verallgemeinerten Binomialformel

p1´qq ¨ p1`q` ¨ ¨ ¨ `qnq “1´qn`1 ,

die man leicht durch Induktion nachnbeweist. Diese Formel zeigtsn´1´q1´q1´qn`1. Also d

ˆ

sn, 1 1´q

˙

“C¨ |q|n

f¨urC “ |q{p1´qq|. Aus dem letzten Lemma folgt daherdpsn,1´q1 q ă εf¨urn ŕ Npεq. Das zeigt die Behauptung. Analog zeigt man

Lemma 1.16. Im Fall|q| ă1konvergiert die geometrische Reihesn “ řn i“0

c¨qi in einem archimedischen K¨orperKgegen den Grenzwert 1´qc .

1.6 Vollst¨andige metrische R¨aume

Definition 1.17. Ein metrischer RaumpX, dqheißtvollst¨andig, wenn jede Cauchyfolge in pX, dqkonvergiert.

Definition 1.18. Ein metrischer RaumpX, dq heißtfolgenkompakt, wenn jede Folge aus pX, dqeine konvergente Teilfolge besitzt.

Ein folgenkompakter metrischer Raum ist automatisch vollst¨andig, denn eine Cauchyfolge xnkonvergiert gegenxgenau dann wenn eine Teilfolge der Cauchyfolge gegenxkonvergiert.

[Benutzedpx, xmq ďdpx, xnq `dpxn, xmqf¨urměnund geeignetexnaus der Teilfolge.]

Definition 1.19. Eine Teilmenge Aeines metrischen RaumespX, dq heißtabgeschlossen, wenn f¨ur jede inpX, dq konvergente Folge xn P A mit Grenzwert x “ limnÑ8xn P X gilt x PA. Der AbschlußAeiner TeilmengeA Ň Xist die kleinste abgeschlossene Menge1inX, welcheAenth¨alt. Eine TeilmengeAŇXheisstdichtim FallA“X.

1d.h. der Durchschnitt aller abgeschlossenen MengenY mit der EigenschaftAŇY ŇX; beliebige Durchschnitte abgeschlossener Mengen sind n¨amlich offensichtlich abgeschlossen.

(23)

1.7 Der Banachsche Fixpunktsatz Beispiel 1.20. Intervallera, bs, oder auchra,8q “ txPK|x ŕau, oderp´8, as “ tx P K|xőausind abgeschlossene Teilmengen inK.

Beweis. Wir zeigen pars pro toto, daß f¨ur eine Folgex0, x1, . . . von Zahlen inK mit dem Grenzwert xgilt: Aus xn ŕ af¨urn “ 0,1, . . . folgt auchx ŕ a. Dies sieht man wie folgt:

W¨arexăa, dann giltdpxn, xq ăεf¨ur fast allenbei Wahl vonε:“a´xą0. Anderseits gilt dann aber auch

dpxn, xq “xn´x“xn´a loomoon

ŕ0

`loaomo´onx

“ε

ŕε

f¨ur allen, und wir erhalten einen Widerspruch.

Analog sind Quader der GestaltA“ ra1, b1s ˆ...ˆ rar, brsabgeschlossene Teilmengen des Euklidschen RaumesRr.

Satz 1.21. Jede abgeschlossene TeilmengeAeines vollst¨andigen metrischen RaumespX, dXq versehen mit der eingeschr¨ankten Metrik ist ein vollst¨andiger metrischer RaumpA, dXq.

Beweis. Seixneine Cauchyfolge inpA, dq. Dann ist per Definitionxneine Cauchyfolge in pX, dXq. Nach Annahme existiert alsox “ lim

nÑ8xninpX, dXq. WeilAabgeschlossen ist, gilt xPA. Also ist per definitionemxPAder Grenzwert vonxninpA, dXq.

Satz 1.22. Jede folgenkompakte Teilmenge A eines metrischen Raumes pX, dXq ist be- schr¨ankt und abgeschlossen inpX, dXq.

Beweis. W¨areAnicht beschr¨ankt, g¨abe es eine Folgex1, x2, ...,ausAmitdX0, xnq ŕn.

F¨ur jede Teilfolgex˜neiner solchen Folge gilt erst rechtdX0,x˜nq ŕn. Somit bes¨assexnkeine konvergente (und damit beschr¨ankte) Teilfolge. Ein Widerspruch zur Folgenkompaktheit vonA!

Um zu zeigen, daß A abgeschlossen ist, betrachten wir eine beliebige Folge xn aus A mit GrenzwertxinpX, dXq. Jede Teilfolgex˜nder Folgexnkonvergiert gegen den Grenzwertxin pX, dXq. Nach Annahme istpA, dXqfolgenkompakt. Somit existiert eine konvergente Teilfolge

˜

xnder Folgexnmit einem GrenzwertainA. Aus der Eindeutigkeit des Grenzwertes (Lemma 1.14) folgtx“a. Somit istxPA, d.h.Aist eine abgeschlossene Teilmenge vonpX, dXq.

1.7 Der Banachsche Fixpunktsatz

Satz 1.23. SeipX, dqein vollst¨andiger metrischer Raum undF:XÑXeinekontraktive Abbildung eines metrischen RaumespX, dqin sich, d. h. es gebe eine reelle Konstante0ăκă1 mit

d`

Fpxq, Fpyq˘

őκ¨dpx, yq

(24)

f¨ur allex, y PX. Dann besitzt die AbbildungF einen eindeutig bestimmten Fixpunktx P X, d. h. einen eindeutig bestimmten Punktxmit der Eigenschaft

Fpxq “x .

Beweis. Wir m¨ussen die Existenz und die Eindeutigkeit des Fixpunktesx PX zeigen. Wir wollen mit der Eindeutigkeit beginnen. Seienxundξ Fixpunkte vonF. Aus der Kontraktivit¨at dpFpxq, Fpξqq ďκ¨dpx, ξqund der FixpunkteigenschaftFpxq “x,Fpξq “ξfolgt

dpx, ξq ďκ¨dpx, ξq.

W¨arex­“ξ, k¨onnte man durchdpx, ξq ą0teilen und erhielte den Widerspruch1ďκ.

Nun zeigen wir die Existenz. W¨ahle hierzu ein beliebiges x0 P X und setze x1 “ Fpx0q, x2 “Fpx1q, . . . ,xn“Fnpx0qals Folge inpX, dq. Diese Folge ist beschr¨ankt, denn

dpx0, xnq ődpx0, x1q `dpx1, x2q ` ¨ ¨ ¨ `dpxn´1, xnq

“dpx0, x1q `d`

Fpx0q, Fpx1

` ¨ ¨ ¨ `d`

Fn´1px0q, Fn´1px1q˘ ődpx0, x1q `κdpx0, x1q ` ¨ ¨ ¨ `κn´1dpx0, x1q

ő dpx0, x1q 1´κ “C.

Als n¨achstes zeigen wir, daßxneine Cauchyfolge ist. Sei hierzu oBdAmŕn. Dann ist dpxn, xmq “d`

Fnpx0q loomoon

“xn

, Fnpxm´nq loooomoooon

“xm

˘őκndpx0, xm´nq loooooomoooooon

őC

őκnC.

Daκn ÝÝÝÑ

nÑ8 0, folgt daraus wie behauptetdpxn, xmq ăεfallsmŕ nŕNpεq. Die Cauchy- folgexnkonvergiert gegen einen GrenzwertxPX, denn nach Annahme istpX, dqvollst¨andig.

Es bleibt die Fixpunkteigenschaft vonxzu zeigen. Hierzu stellen wir fest d`

x, Fpxq˘

ődpx, xnq `d`

xn, Fpxq˘

ődpx, xnq `κdpxn´1, xq ődpx, xnq `dpx, xn´1q ă 12ε`12εăε

f¨ur n ŕ Np12εq, resp. n ´1 ŕ Np12εq. Ein solches n P N existiert nat¨urlich. Also gilt d`

x, Fpxq˘

ăεf¨ur alleεą0. Mit anderen Worten: Es giltd`

x, Fpxq˘

“0bzw.Fpxq “x.

Eine Anwendung. Sei0őηő1{4gegeben in einem vollst¨andigen archimedischen K¨orper K. W¨ahle einεinKmit0ăεőη. Dann ist

X “

„ 0, 1

2 ´ε

abgeschlossen im metrischen RaumpK, dq. Versehen mit der Metrik dpx, yq “ |x ´y|von pK, dqistpX, dqdaher vollst¨andig. Die Abbildung

Fpxq “x2`1 4 ´η

(25)

1.8 Quaderschachtelung ist kontraktiv aufX; beachted`

Fpxq, Fpyq˘

“ |x2´y2| “ |x`y| ¨dpx, yq őκ¨dpx, yqmit

|x`y| ő κ – 2p12 ´εq ă 1. Weiterhin giltFpxq ě 0undF ist monoton aufr0,12 ´εsmit Fp12 ´εq “ 12 ´ε´ pη´ε2q ď 12´ε, denn0ăεă1impliziertε2 ďεďη. Folglich ist

F:XÑX wohldefiniert wegenFpXq “Fpr0,12 ´εsq ŇX. Dies zeigt

Lemma 1.24. Ein vollst¨andiger archimedischer K¨orper ist pythagor¨aisch.

Beweis. Nach der Bemerkung auf Seite 3 gen¨ugt es zu zeigen: Jedes η P r0,14s ist ein Quadrat inK. Aus dem Banachschen Fixpunktsatz folgt die Existenz eines Fixpunktesx PX vonF. AusFpxq “xùñ px´12q2“ηfolgt dannη“ξ2f¨urξ“x´12 PK.

1.8 Quaderschachtelung

SeiKein pythagor¨aischer K¨orper. Im Euklidischen StandardraumKrder Dimensionrgelten dieSchachtelungs-Ungleichungen

maxi“1,...,r|xi|őkxkő?

r¨maxi“1,...,r|xi|

f¨ur einen Vektorx“ px1, . . . , xrq PKr. Beachte:maxi“1,..,r|xi|definiert auch eine Norm auf Kr, die sogenannteQuadernorm. Die Formel l¨aßt sich durch Quadrieren beweisen, denn

i“1,...,rmax |xi|2 ő|x1|2` ¨ ¨ ¨ `|xr|2 őr¨ max

i“1,...,r|xi|2 gilt aus offensichtlichen Gr¨unden.

Was bedeutet dies anschaulich? Die Normk¨kgibt den Abstand eines Punktes von Null an.

Wir betrachten die

”Kugel“ aller Punkte mit Abstand kleinergleich R vom Ursprung. Diese Kugel B liegt in einem Quader mit der Seitenl¨ange2R. Umgekehrt liegt der Quader mit der Seitenl¨ange?

r´1¨2Rin der KugelB

R

?R r

R

(26)

Sei nun

Q“ rc, dsr “ rc, ds ˆ ¨ ¨ ¨ ˆ rc, ds loooooooooomoooooooooon

rmal

.

ein w¨urfelf¨ormiger Quader imKrmit der Seitenl¨angelpQq “ |d´c|.

Lemma 1.25. F¨ur beliebige Punkteξ, ηaus einem QuaderQmit den Seitenl¨angenlpQqgilt dpξ, ηq ő lpQq?

r .

Beweis. Durch Verschieben des Quaders kann man o. B. d. A. annehmenη “0. Dann gilt dpξ, ηq “ }ξ} ő?

r¨ max

i“1,...,ri|und es gen¨ugt zu zeigen|ξi| ő |d´c|. Wegencőξi ődund cő0ődfolgt aber|ξi| őmaxpd,´cq őd´c“ |d´c|.

Satz 1.26(Bolzano-Weierstraß). Jede beschr¨ankte Folge im Euklidschen RaumpKr,k¨kq besitzt eine Teilfolge, die eine Cauchyfolge ist.

Beweis. Ist die Folgex0, x1, . . . beschr¨ankt inKr, so liegt sie in einer Kugel und damit auf Grund der Schachtelungsungleichungen in einem geeigneten Quader

Q“ ra, bsr “ ra, bs ˆ ¨ ¨ ¨ ˆ ra, bs loooooooooomoooooooooon

rmal

.

Hierbei istra, bs “ txPK|aőxőbuein geeignetes Intervall inK. Man teilt nun den Quader in2rTeilquader, indem man jedes der Intervalle ra, bsin zwei gleich lange Teile unterteilt. In mindestens einem der Teilquader m¨ussen unendlich viele Folgenglieder sein. Dies liefert eine Teilfolge x1,0, x1,1, x1,2, . . ., die vollst¨andig in einem der Teilquader liegt. Dieses Verfahren setzt man iterativ fort und erh¨alt eine absteigende Folge von Quadern:

Q0ŊQ1ŊQ2 Ŋ ¨ ¨ ¨ . Hierbei istQ“Q0.

Ink-ten QuaderQkliegt dann vollst¨andig enthalten die Teilfolgexk,0, xk,1, xk,2, . . . der Folge xk´1,0, xk´1,1, xk´1,2, . . . usw.

Diese Folgen ordnet man nun in einer Tabelle an:

x0,0 x0,1 x0,2 ¨ ¨ ¨ x1,0 x1,1 x1,2 ¨ ¨ ¨ x2,0 x2,1 x2,2 ¨ ¨ ¨ ... ... ... . ..

Diagonalfolgentrick. Man bildet jetzt die Diagonalfolgeξk –xk,kf¨ur allekPNund betrach- tet die dadurch neu entstandene Folgeξ0, ξ1, ξ2, . . .. Dies ist eine Teilfolge der urspr¨unglichen Folgex0, x1, . . ., und es giltξiPQnf¨ur alleiŕn. Ausi, jŕnfolgt daherξi, ξj PQn.

Die Seitenl¨ange der QuaderQnhalbiert sich mit jeder Unterteilung. Wir zeigen dies oBdA im Falln“0. Es giltlpQ0q “ |b´a|.

(27)

1.8 Quaderschachtelung

1

2pa`bq

a b

Q0

Wie in der Zeichnung angedeutet seiQ1eine der beiden Teilh¨alften vonQ0. Wegen lpQ0q “

#

a`b2

“ |b´a|{2, fallsQ1““a`b

2 , b‰

a`b

2 ´a

“ |b´a|{2, fallsQ1““ a,a`b2

ist die L¨ange von Q1 in beiden m¨oglichen F¨allenlpQ1q “ lpQ0q{2, halbiert sich also bei der Teilung. Durch Induktion folgt daherlpQnq “2´n¨lpQ0q “2´n¨|b´a|.

Aus Lemma 1.25 folgt f¨ur beliebige Punkteξi, ξj PQndann mit der KonstanteC“|b´a|? r die Ungleichungdpξi, ξjq ő 2Cn. Wir erstellen ein vorl¨aufiges Resumee: Wir haben eine Teilfolge ξ0, ξ1, . . . der gegebenen Folgex0, x1, . . . konstruiert, so daß f¨ur eine feste positive Konstante CinKgilt

dpξi, ξjq ő C 2n,

f¨ur allei, j ŕn. Wir wollen daraus ableiten, daßξi eine Cauchyfolge ist. F¨ur beliebigesεą0 m¨ussen wir zeigen, daß einN “Npεqexistiert mit

dpξi, ξjq ăε

f¨uri, j ŕNpεq. Dazu gen¨ugt esN PNw¨ahlen zu k¨onnen mit C

2n ăε

f¨ur allenŕN. Die Existenz einer solchen ZahlN PNfolgt aus dem Lemma 1.15 f¨ur die Wahl q “1{2.

Satz 1.27. In einem pythagor¨aischen K¨orper ist jede monoton wachsende, nach oben be- schr¨ankte Folge eine Cauchyfolge. Dies gilt ebenso f¨ur jede monoton fallende, nach unten be- schr¨ankte Folge.

Beweis. Wir betrachten nur den Fall der monoton wachsenden, nach oben durch eine Kon- stanteCbeschr¨ankten Folgen. Der umgekehrte Fall ist v¨ollig analog. Aus der Monotonie

xnőxn`1

der Folge folgt xn P rx0, Csf¨ur allen. Also ist die Folgexnbeschr¨ankt, und nach Satz 1.26 existiert damit eine Teilfolge x˜n der Folge, welche eine Cauchyfolge ist. D.h. f¨ur beliebiges εą0existiert einN˜pεqmit

dp˜xi,x˜jq “x˜i´x˜j ăε , @ i, jŕN˜pεq

(28)

wobei hier stillschweigendiŕjangenommen werden kann. W¨ahle nunN “Npεq ŕN˜pεqso groß, daß f¨ur allej ŕN “Npεqgilt

xj ďx˜N˜pεq und damit ´x˜N˜pεq ď ´xj .

Die Existenz einer solchen ZahlN folgt aus der Monotonie der Folgexj und der Tatsache, daß

˜

xieine Teilfolge der Folgexiist. Dies impliziert nat¨urlich auch f¨ur beliebigesi xiőx˜i.

F¨uriŕjŕNpεqgilt daher nach Wahl vonNpεqund wegen der Cauchyfolgeneigenschaft der Teilfolgex˜i

dpxi, xjq “xi´xj ő x˜i´x˜Npεq˜ ăε .

1.9 Reelle Zahlen

Konvergente Folgen sind Cauchyfolgen, wie wir gesehen haben, aber nicht jede Cauchyfolge ist konvergent. Beispielsweise istQein archimedischer K¨orper, der aber nicht vollst¨andig ist.

Jetzt kommt der Zeitpunkt, an dem wir permanent zu den reellen Zahlen ¨ubergehen wollen.

Definition 1.28. Wir fixieren ein f¨ur alle mal einen archimedischen vollst¨andigen K¨orper2 und nennen ihn denK¨orper der reellen Zahlen. Wir bezeichnen diesen K¨orper mitR. Folgen inRnennen wirreelle Folgen.

Als vollst¨andiger archimedischer K¨orper istRpythagor¨aisch. DaRper Definition vollst¨andig ist, sind inRdie Begriffe der Cauchyfolge und der konvergenten Folge ¨aquivalent. Solche Fol- gen sind immer beschr¨ankt und haben einen eindeutig bestimmten Grenzwert. Liegt die Folge in einem abgeschlossenen IntervallI, so ist auch ihr Grenzwert inIenthalten. Weiterhin enth¨alt jede reelle beschr¨ankte Folge eine konvergente Teilfolge und jede monotone beschr¨ankte Folge konvergiert. Zuletzt besitzt noch jede nach oben beschr¨ankte TeilmengeX Ň Reine kleinste obere SchrankesuppXq. F¨ur den Beweis der letzten Aussage sei auf den n¨achsten Abschnitt ver- wiesen. Aus den S¨atzen Satz 1.22, Satz 1.21 und Satz 1.26 folgt schliesslich die fundamentale Aussage

Satz 1.29. Eine Teilmenge Ades Euklidischen RaumesRrist folgenkompakt genau dann, wenn sie beschr¨ankt und abgeschlossen ist.

Wir wollen nun die Darstellung reeller Zahlen durch Dezimalbr¨uche betrachten. Nach dem Archimedischen Axiom ist jede nicht negative reelle Zahlykleiner als eine geeignete nat¨urliche

2Die Existenz eines solchen K¨orpers kann man aus den Peano Axiomen f¨ur die nat¨urlichen Zahlen ableiten.

(29)

1.10 Infimum und Supremum Zahln. Da nur endlich viele nat¨urliche Zahlen vornliegen, kann man obdAn´1 ď y ă n annehmen. Dann liegtx“y´ pn´1qim IntervallI0 “ r0,1q. Teilt manI0in 10 Teilintervalle, folgt analog

xPI1 “ ra0

10,a0`1 10 q

f¨ur eina0 P t0,1, . . . ,9u. Unterteilt manI1 wieder in 10 Teilintervalle und f¨ahrt so fort, erh¨alt man eine Approximation vonxdurch Zahlen

xn– a0

10 ` a1

100` ¨ ¨ ¨ `an´1

10n mita0, a1, . . . an´1 P t0,1, . . . ,9uund

xnďxďxn` 1 10n .

Daraus folgt dpx, xnq ď 101n, die Folge der xn konvergiert also gegen die gegebene Zahl x (Lemma 1.15). Man nennt dies dieDezimalbruchentwicklungvonxund schreibt (bekanntlich)

x”““ 0,a0a1a2. . .

Umgekehrt definiert jede solche Dezimalbruchentwicklung eine reelle Zahl im Intervallr0,1s, denn die dadurch definierte Folge rationaler Zahlen

xn– a0 10 ` a1

100` ¨ ¨ ¨ `an´1 10n ist monoton wachsend

xnďxn`1.

Es giltxn P r0,1s, dennxn ď 109 `1009 ` ¨ ¨ ¨ ` 109n109 ¨1´101´10´n´1 “1´10´n ď 1. Da die Folgexnmonoton wachsend und nach oben beschr¨ankt ist (hier durch 1), konvergiert sie nach Satz 1.27 und ihr Grenzwertx liegt im IntervallI “ r0,1s. Beachte x P r0,1q außer im Fall 0,9999...

1.10 Infimum und Supremum

Definition 1.30. SeiXŇReine nach oben beschr¨ankte, nichtleere Teilmenge. Man nennt Y –ty PR|xőyf¨ur allexPXu

die Menge der oberen Schranken vonX. Analog ist im Falle einer nach unten beschr¨ankten Menge die Menge ihrerunteren Schrankendefiniert.

Es bezeichneYc–RzY das Komplement einer TeilmengeY vonR.

(30)

Bemerkung 1.31. F¨ur die Menge Y der oberen Schranken einer nach oben beschr¨ankten nicht leeren MengeXŇRgelten folgende Eigenschaften:

(1)Y ­“ H

(2)Y ist abgeschlossen inR.

(3) F¨urξ PYcgiltξ őy f¨ur alley PY. Insbesondere gilt f¨ur konvergente Folgenan PYc mit Limesadaheraőyf¨ur alleyPY (dennp´8, ysist abgeschlossen).

Beweis. (1) gilt nach Annahme. Zum Beweis von (2) sei eine Folgeyn P Y gegeben mit

nÑ8lim yn “ y. F¨urx PX giltx őyn, d.h.yn P rx,8qf¨ur allenP N. Folglich isty P rx,8q und damityPY, dennx ďygilt f¨ur allex PX. (3)ξPYcbedeutetξ TY. Daraus folgt nach Definition vonY, daß es einx P Xgibt mitξ ă x. Ebenfalls nach Definition vonY gilt aber xőyf¨ur allexPXundyPY. Es folgtξ ăxďyund damitξőyf¨uryPY.

W¨ahle eina0 T Y und einb0 P Y. Ein solchesb0 existiert nach (1) unda0 existiert wegen X­“ H( z. B.a0 “x´1f¨ur einxPX):

YcQa0 b0 PY Setze nun durch Halbieren des Intervallsξ – a0`b2 0

a0 ξ b0

und f¨uhre eine Fallunterscheidung durch: Im Falleξ P Y setzeb1 – ξ unda1 – a0, im Fall ξPYcsetzea1 –ξundb1 –b0. Iteriert man dies f¨ur allenPN, so erh¨alt man

YcQan ő bnPY und nach Konstruktion gilt

a0 őa1őa2 ő ¨ ¨ ¨ őanőbnő ¨ ¨ ¨ őb2 őb1 őb0.

Somit ista0, a1, . . . eine monoton steigende, nach oben beschr¨ankte Folge und analogb0, b1, . . . eine monoton fallende nach unten beschr¨ankte Folge. Beide Folgen konvergieren also nach Satz 1.27. Setzt mana“ lim

nÑ8anundb“ lim

nÑ8bn, dann gilt

a0 ő ¨ ¨ ¨ őanő ¨ ¨ ¨ őaőbő ¨ ¨ ¨ őbnő ¨ ¨ ¨ őb0.

[Es giltaj ă bk f¨ur alle j, k P N. Daraus folgt a ő bk f¨ur alle k, und im Limes k Ñ 8 schliesslichaőb.] Wir behaupten nuna“b. Zum Beweis fixieren wir einεą0. Es gilt dann

0őb´aő|b´bn| loomoon

ă1 3ε

`|bn´an| looomooon

ă13ε

`|an´a| looomooon

ă1 3ε

ăε

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