• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Apothekenmarkt: Konzerne in den Startlöchern" (07.03.2008)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Apothekenmarkt: Konzerne in den Startlöchern" (07.03.2008)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 107. März 2008 A485

S E I T E E I N S

V

ermutlich waren die Vorläufer von Drogerien kleine Giftküchen, in denen Alchimisten Heil- kräuter in brodelnden Bottichen zu Arzneien verarbeitet haben. Heute verkaufen moderne Drogeriemärkte vor allem Hygieneartikel, Billigschirme, Parfum und Kos- metik. Denn zuständig für den Vertrieb von Medika- menten sind schon lange die Apotheken.

Doch mittlerweile schicken sich die Drogisten an, zu den mittelalterlichen Ursprüngen ihrer Profession zurückzukehren. Während die Drogerieketten Ross- mann und dm ihren Kunden bereits seit Längerem über externe Kooperationspartner Medikamente anbieten, startete jetzt auch der Marktführer Schlecker mit seinen fast 11 000 Filialen in Deutschland in das Versandge- schäft mit Arzneimitteln. So bietet der Discounter ab so- fort rezeptfreie Apothekenartikel über das Internet an.

Noch in diesem Jahr sollen auch verschreibungspflich- tige Präparate über die konzerneigene Apotheke Vital- sana im niederländischen Heerlen vertrieben werden.

Die Versandapotheke wirbt mit Nachlässen von bis zu 45 Prozent gegenüber den unverbindlichen Preisemp- fehlungen für viele rezeptfreie Arzneimittel.

Ob die Kunden bereit sein werden, für diese Erspar- nis mehrere Tage auf ihr Medikament zu warten, ist fraglich. Bislang jedenfalls fristet der Versandhandel in Deutschland nur ein Nischendasein. Eher ist davon aus- zugehen, dass die Ketten den Versandhandel nutzen, um mittelfristig in das Vor-Ort-Geschäft mit Arzneimitteln einzusteigen. Nicht nur Drogerien, auch Einzelhandels- riesen wie Rewe rüsten sich für das neue Tätigkeitsfeld.

Noch ist den Konzernen der Markteintritt im großen Stil verwehrt. Doch das könnte sich ändern. Denn vieles deutet darauf hin, dass der Europäische Gerichtshof das deutsche Fremdbesitzverbot für Apotheken noch in die- sem Jahr kippt und damit Kapitalgesellschaften den Weg in den milliardenschweren Apothekenmarkt ebnet.

Außerdem hat die EU-Kommission in Brüssel Ende Ja- nuar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutsch- land eingeleitet, weil Apothekern hierzulande verwehrt ist, mehr als vier Filialen zu betreiben.

Wie die neue Apothekenwelt aussehen könnte, zeigt das Beispiel Tschechien: Nach US-amerikanischem Drugstore-Vorbild betreibt Schlecker dort bereits sieben Drogerien mit integrierter Apotheke. Die Preise von re-

zeptfreien Medikamenten liegen in den Märkten rund 15 Prozent unter denen der ortsansässigen Apotheken.

Auch in Großbritannien konnten Lebensmitteldiscoun- ter mit eingebundener Apotheke ihren Marktanteil we- gen niedrigerer Preise im Over-The-Counter-Bereich ausbauen.

Kenner der Branche meinen, dass die britischen Apo- theker die Einzelhandelsmultis selbst herausgefordert haben, als sie anfingen, in ihren Verkaufsräumen Le- bensmittel anzubieten. Mittlerweile ähneln auch deut- sche Apotheken häufig kleinen Drogerien oder Beauty- shops. Medikamente werden zwischen Wellnesspro- dukten, Gummibärchen und Tees offeriert und dadurch zu einer beliebigen Ware. Bei allem Verständnis für den Wettbewerbsdruck unter den Apotheken: Gerade vor dem Hintergrund des steigenden Arzneimittelmiss- brauchs ist dies eine gefährliche Entwicklung. Dass In- ternetapotheken Mengenrabatte für Medikamente in Form von Versandkostenbefreiungen und Gutscheinen offerieren, verschärft das Problem zusätzlich.

Wirklich heikel wird es, wenn Discounter in ihren Märkten Medikamente zu Dumpingpreisen anbieten dürfen. Ärztinnen und Ärzte sollten darauf vorbereitet sein, dass dann Arzneimittelmissbräuche und -falschan- wendungen zunehmen werden. Denn bei Fragen zu Ri- siken und Nebenwirkungen werden sich die Patienten kaum an die nette Dame an der Kasse wenden können.

Auf Ärzte kommt deswegen in Zukunft eine noch größere Verantwortung zu, ihre Patienten ausführlich über ihre Medikation aufzuklären.

APOTHEKENMARKT

Konzerne in den Startlöchern

Samir Rabbata

Samir Rabbata Redakteur für Gesundheits- und Sozialpolitik in Berlin

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Marktordnungsstelle Agrarmarkt Austria – Öffentliche Ausschreibung eines Vorstandsmit- gliedes4. Marktordnungsstelle Agrarmarkt Austria – Öffentliche Ausschreibung eines

Die vier bisherigen Unfall- versicherungsträger der öffentlichen Hand in NRW haben sich Anfang des Jahres 2008 zur Unfallkasse Nordrhein-Westfalen zusammengeschlossen. „Anleitung

Die Berührung eines unter Spannung ste- henden Metallteils eines defekten Be- triebsmittels durch einen Menschen bleibt beim genormten Stromerzeuger ohne Fol- gen, da der

Die Interessen der Feuerwehren werden in der Unfallkasse NRW im Feuerwehr- ausschuss und durch den themenverant- wortlichen Geschftsfhrer, Johannes Plnes, gebndelt.. Die

Im Schatten des historischen Rathauses bestimmen am Sonntag bereits zum 11. Mal Fahrräder das Bild. Foto: Stadt Kalkar0.. März Fachhandel für Türen, Tore und Zargen

pflicht besagt, dass die Apotheke die Pflicht hat, jedem Kunden nach jedem Geschäftsvorfall einen Bon auszuhändigen oder – so der Kunde es ausdrücklich möchte – auf

BRAKHAGE, Axel, Jena, Professor für Mikro- biologie und Molekularbiologie an der Universität Jena (Sektion Mikrobiologie und Immunologie) BRAUN, Volkmar, Tübingen, Professor Emeritus

[r]