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it dem Insolvenzplan bietet die am 1. Januar 1999 in Kraft getretene Insolvenzordnung (InsO) ins- besondere Freiberuflern eine flexible Gestaltungsmöglich- keit zur Sanierung. § 1 InsO sieht als gesetzliches Ziel im Interesse der Volkswirtschaft auch den Erhalt des Unter- nehmens mit einem Insol- venzplan vor. Die Befreiung von Verbindlichkeit zugun- sten des „redlichen“ Schuld- ners ist erklärtes Regelungs- ziel. Den Betroffenen bleibt die Chance, ihre Selbststän- digkeit bei angemessenem Einkommen zu erhalten. Auf diesem Weg kann eine nach- haltige Entschuldung unter Beteiligung der Gläubiger mit Absicherung durch das Gericht erreicht werden.Vor dem Hintergrund der Gesundheitsreformen fällt es vielen niedergelassenen Ärz- tinnen und Ärzten zunehmend schwerer, die Finanzierung für die hohen Investitionen der Vergangenheit zu bedienen.
Die Kreditinstitute bestehen gerade gegenüber niedergelas- senen Ärzten entsprechend den getroffenen Vereinbarun- gen auf Erfüllung der Zins- und Tilgungsleistungen. Das führt häufig zu weiteren Rück- ständen, so zum Beispiel ge- genüber der Finanzverwaltung oder den Sozialversicherungs- trägern. Es entsteht bei zu- rückgehenden Umsätzen ein
„Teufelskreis“, der zunehmend enger wird.
Der Begriff Insolvenz ist zu negativ belastet
Ein Durchbrechen dieses Kreises gelingt nur mit außer- gerichtlichen Vergleichsver- handlungen oder dem offiziel- len Insolvenzverfahren. Ver- gleichsverhandlungen mit Kreditinstituten scheitern in- des regelmäßig an den gegebe- nen Sicherheiten. In der Regel sind die Banken nicht bereit, sich auf einen Teilverzicht der Forderungen einzulassen.
Die Alternative Insolvenz- verfahren ist nach wie vor ne- gativ belastet, wird sie doch vielfach gleichgesetzt mit ei- nem wirtschaftlichen Zusam-
menbruch oder einer Bank- rotterklärung. Die Erfahrun- gen in der Praxis seit Ein- führungen der Insolvenzord- nung zeigen aber, dass das In- solvenzverfahren und insbe- sondere das Insolvenzplan- verfahren als gesetzlich vor- gesehene Sanierung zuneh- mend von Gläubigern akzep- tiert werden.
Im Regelinsolvenzverfah- ren besteht die Möglichkeit, die selbstständige Tätigkeit aufrechtzuerhalten. Die sta- tuarischen Regeln sehen aber auch für Selbstständige nur den so genannten pfändbaren Einkommensanteil vor, der für allein stehende Personen ohne Unterhaltspflichten 940 Euro monatlich beträgt. Das in § 217 ff. InsO geregelte In- solvenzplanverfahren ermög- licht ein Abweichen von die- ser Regelung. Der Betrof- fene erhält Gelegenheit, die Gläubiger davon zu überzeu- gen, dass die Ausschüttung bei Aufrechterhaltung der Selbstständigkeit und ange- messenem Einkommen er- höht wird. Zudem besteht die Möglichkeit, den gesetzlichen Zeitraum (sechs Jahre) zu verkürzen. Die bisher erstell- ten Insolvenzpläne sehen meist eine vierjährige Dauer vor, da längere Zeiträume kaum akzeptiert werden.
Das Insolvenzplanverfah- ren wird durch einen so ge- nannten Eigenantrag des Be- troffenen in Gang gesetzt. Für einen Insolvenzantrag ist kei- ne unmittelbare Zahlungsun- fähigkeit erforderlich. Es ge- nügt, wenn die drohende Zahlungsunfähigkeit darge- legt wird. Dieser gesetzliche Tatbestand liegt vor, wenn sich aus dem Zahlenwerk er-
gibt, dass die bestehenden Verbindlichkeiten auch bei Fortsetzung der Selbststän- digkeit in naher Zukunft nicht mehr bedient werden können.
Schon beim Insolvenzan- trag sollte das zuständige Amtsgericht darauf hinge- wiesen werden, dass ein Plan- verfahren angestrebt wird.
Das Gericht kann bereits dann einen Verwalter aus- wählen, der mit diesem Ver- fahren Erfahrung hat.
Ausgehend vom Insolvenz- antrag des Betroffenen, wer- den zunächst Vorermittlun- gen durchgeführt. Regel- mäßig wird es zu einem Sach- verständigengutachten oder einer vorläufigen Insolvenz- verwaltung kommen. Nach Ablauf dieser Eröffnungs- phase (durchschnittlich drei bis acht Wochen) wird das Insolvenzverfahren eröffnet.
Das Gericht beraumt sogleich eine Gläubigerversammlung an. Diese Gläubigerver- sammlung ist für den weite- ren Verlauf des Verfahrens von entscheidender Bedeu- tung. Diese Versammlung entscheidet über die Erstel- lung eines Insolvenzplans und muss vom Betroffenen sorg- fältig vorbereitet werden. Die Gläubiger werden sich regel- mäßig für einen Insolvenz- plan entscheiden, wenn ihnen nachvollziehbar dargelegt wird, dass der Plan zu einer höheren Ausschüttung führen wird. Es bedarf deshalb der Auswertung der bisherigen wirtschaftlichen Ergebnisse und Darstellung der mögli- chen Alternativen.
In einem weiteren Termin wird der fertige Plan vorge- legt. Dieser Insolvenzplan
kann vom Verwalter oder dem Betroffenen erstellt und vorgelegt werden. Die Erstel- lung des umfangreichen Plans erfordert eine Darstellung der bisherigen Ergebnisse sowie Prognoserechnungen und Fi- nanzplanungen unter Berück- sichtung der insolvenzrechtli- chen Besonderheiten. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Verwalter nicht bereit oder in der Lage ist, ei- nen Plan zu erstellen, sollte der Betroffene frühzeitig die Erstellung eines solchen Pla- nes in Auftrag geben.
In einem weiteren Erörte- rungs- und Abstimmungster- min entscheidet die Gläubi- gerversammlung über den vorgelegten Plan. Die Ent- scheidung ist vorhersehbar, wenn der Termin sorgfältig vorbereitet wurde und den Gläubigern die Vorteile des Plans gegenüber dem star- ren Regelverfahren dargelegt werden können.
Sanierung ist im Interesse aller Beteiligten
Nach Bestätigung des Planes endet bereits das Insolvenz- verfahren. Der Betroffene muss jetzt nur noch sicherstel- len, dass die im Plan vorgese- henen Ausschüttungen für die Folgejahre ausbezahlt wer- den. Weitere Beeinträchtigun- gen bestehen nicht mehr.
Nach Ablauf des Plan-Zeit- raumes wird der von den Gläubigern im Plan erklärte Verzicht auf die Restforderun- gen wirksam. Sämtliche Schul- den sind damit erlassen.
Zusammenfassend bietet das Planverfahren damit die Möglichkeit der umfassenden Entschuldung unter Auf- rechterhaltung der Selbst- ständigkeit. Für die Dauer des Verfahrens bestehen al- lerdings Beeinträchtigungen.
Diese sollten indes mit dem Ziel der Entschuldung in Kauf genommen werden. Er- forderlich ist in erster Linie das Bewusstsein, mit dem In- solvenzplanverfahren ein ge- setzlich vorgesehenes Instru- mentarium im Interesse aller Beteiligungen zu nutzen.
Rechtsanwalt Burghard Wegener V A R I A
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A1382 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 2016. Mai 2003
Insolvenzplan
Chance zur Sanierung
Das Insolvenzplanverfahren bietet Ärzten die Mög- lichkeit, sich umfassend zu entschulden – unter Auf- rechterhaltung der Selbstständigkeit. Für die Dauer des Verfahrens bestehen aber Beeinträchtigungen.
Wirtschaft