Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 31–32⏐⏐3. August 2009 525
M E D I Z I N
(zum Beispiel bei kardiovaskulärer Manifestation) ist eine höhere Dosierung (2 × 2 g Ceftriaxon) offenbar günstiger. Wie Scheffold et al 2003 dargestellt haben, sollte bei chronischen Verläufen eine höhere Dosierung von Ceftriaxon – nämlich 2 × 2 g – gewählt werden (3).
Bestehen Bedenken gegen Ceftriaxon, kann alternativ Cefotaxim (3 × 2 g) verabreicht werden.
DOI: 10.3238/arztebl.2009.0524c
LITERATUR
1. Hunfeld KP, Ruzic-Sabljic E, Norris DE, Kraiczy P, Strle F: In vitro sus- ceptibility testing of Borrelia burgdorferi sensu lato isolates cultured from patients with erythema migrans before and after antimicrobial chemotherapy. Antimicrob Agents Chemother 2005; 49: 1294–301.
2. Scheffold N, Bergler-Klein J, Sucker C, Cyran J: Kardiovaskuläre Manifestationsformen der Lyme-Borreliose:Therapeutische Situation im chronischen Stadium problematisch. Dtsch Arztebl 2003; 100(14):
A 912–20.
3. Nau R, Christen H, Eiffert H: Lyme disease—current state of know- ledge [Lyme-Borreliose – aktueller Kenntnisstand]. Dtsch Arztebl Int 2009; 106: 72–81.
Prof. Dr. med. Pramod M. Shah Gutzkowstraße 69
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Interessenkonflikt
Der Autor hat Honorare für Vorträge und Beratung von den Firmen Sanofi-Aventis, Tanner-Cilag und Pohl-Boskamp erhalten.
Schlusswort
Wir bedanken uns für das rege Interesse an unserer Übersicht. Repellenzien, von Dr. Temmesfeld disku- tiert, sind begrenzt wirksam. Die Schutzwirkung gegen Zecken ist meist deutlich kürzer als gegen Mücken, so- dass die zur Verfügung stehenden Mittel in relativ kur- zen Abständen wiederholt aufgetragen werden müssen.
Besonders wichtig ist der Hinweis, Gelenkbeugen, In- terdigitalräume, Glutäalfalten und die Retroaurikularre- gion rasch nach Aufenthalt in mit Zecken besiedeltem Gelände gründlich zu inspizieren.
Wie von der Arbeitsgruppe von Prof. Hunfeld ge- zeigt und von Prof. Shah, beide Frankfurt, angespro- chen, kommt eine Persistenz anzüchtbarer Borrelien im menschlichen Organismus nach adäquater antibio- tischer Therapie einer Lyme-Borreliose vor (1). Dies ist aber nach leitliniengerechter Behandlung ein selte- nes Ereignis, und es ist ungeklärt, in welchem Prozent- satz dem Wirtsorganismus die vollständige Elimina- tion der durch antibiotische Vorbehandlung geschädig- ten Borrelien selbstständig ohne erneute Antibiotika- therapie gelingt. Auch mit Blick auf die Möglichkeit einer Reinfektion durch erneuten Zeckenstich würden wir einem Patienten mit klarer klinischer Krankheit- saktivität (zum Beispiel progrediente neurologische Symptomatik plus > 6 Monate persistierende Liquor- pleozytose oder persistierende Gelenkschwellung plus positive Borrelien-PCR im Gelenkpunktat) einen zweiten antibiotischen Zyklus, vorzugsweise aufgrund vorliegender in-vitro-Empfindlichkeitsprüfungen (2, 3) mit Ceftriaxon i.v. nicht vorenthalten.
Die von Prof. Shah vorgeschlagene Dosiserhöhung von Ceftriaxon auf 4 g/d i.v. befürworten wir nicht, weil bei dreiwöchiger Gabe dieser Dosis das Risiko der Prä- zipitation eines Kalziumsalzes von Ceftriaxon in der Gallenblase groß ist. Die minimalen Hemmkonzentra- tionen (MHK) verschiedener Borrelia-burgdorferi- Stämme gegenüber Ceftriaxon liegen bei 0,03 bis 0,06 g/L (2, 3). Bereits nach einer einmaligen Gabe von Ceftriaxon werden im ventrikulären Liquor bei Patienten ohne ZNS-Entzündung maximale Konzentrationen von 0,18 bis 1,04 mg/L (Median = 0,43 mg/L) erreicht (4). Damit liegen sie um etwa eine Zehnerpotenz über der MHK.
Die Ceftriaxon-Eliminationshalbwertszeit aus dem Liquor liegt bei etwa 17 Stunden (4), sodass mit wirk- samen Ceftriaxon-Konzentrationen über den gesamten Behandlungszeitraum zu rechnen ist.
Die von Dr. Haufs vorgeschlagene Abgrenzung des bunten europäischen, durch verschiedene Subspe- zies von B. burgdorferi sensu lato hervorgerufenen Er- krankungsspektrums vom uniformeren Krankheitsbild der nordamerikanischen Lyme-Borreliose (durch B.
burgdorferi sensu stricto hervorgerufen) halten wir für sinnvoll und wünschenswert. Ob sich hierfür der Be- griff „Non-Lyme“-Borreliose eignet, oder ob man die Erkrankung vielleicht „Eurasische“ Borreliose nennen sollte, wollen und können wir nicht entscheiden.
DOI: 10.3238/arztebl.2009.0525
LITERATUR
1. Hunfeld KP, Ruzic-Sabljic E, Norris DE, Kraiczy P, Strle F: In vitro sus- ceptibility testing of Borrelia burgdorferi sensu lato isolates cultured from patients with erythema migrans before and after antimicrobial chemotherapy. Antimicrob Agents Chemother 2005; 49: 1294–301.
2. Dever LL, Jorgensen JH, Barbour AG: In vitro antimicrobial suscepti- bility testing of Borrelia burgdorferi: a microdilution MIC method and time-kill studies. J Clin Microbiol 1992; 30: 2692–7.
3. Mursic VP, Wilske B, Schierz G, Holmburger M, Süß E: In vitro and in vivo susceptibility of Borrelia burgdorferi. Eur J Clin Microbiol 1987;
6: 424–6.
4. Nau R, Prange HW, Muth P et al.: Passage of cefotaxime and ceftria- xone into cerebrospinal fluid of patients with uninflamed meninges.
Antimicrob Agents Chemother 1993; 37: 1518–24.
5. Nau R, Christen H, Eiffert H: Lyme disease—current state of know- ledge [Lyme-Borreliose – aktueller Kenntnisstand]. Dtsch Arztebl Int 2009; 106: 72–81.
Prof. Dr. med. Roland Nau Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Christen Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Helmut Eiffert Geriatrisches Zentrum
Evangelisches Krankenhaus Göttingen-Weende Abteilung Neurologie und Medizinische Mirkobiologie Universität Göttingen
An der Lutter 24 37075 Göttingen E-Mail: rnau@gwdg.de
Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.