Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen AUS DEN BUNDESLÄNDERN
BADEN-WÜRTTEMBERG
SPD gegen
Liquidationsrecht
In Baden-Württemberg soll leiten- den Krankenhausärzten in neu ab- zuschließenden Chefarztverträgen kein besonderes Liquidations- recht für ärztliche Leistungen mehr eingeräumt werden. Beste- hende Verträge werden jedoch nicht angetastet. Künftig soll die
„Funktion" des leitenden Kran- kenhausarztes nicht mehr auf Le- benszeit, sondern vielmehr auf acht Jahre beschränkt werden. Ei- ne Verlängerung sei zulässig. Im übrigen sollen „bewährte Pool- Regelungen" zur finanziellen Be- teiligung nachgeordneter Ärzte an den Privateinnahmen ihrer Chefs beibehalten werden.
Dies sieht ein Entwurf zur Ände- rung des Krankenhausgesetzes in Baden-Württemberg vor, den die SPD-Landtagsfraktion im März in die parlamentarische Beratung eingebracht hat.
Ein weiterer wesentlicher Punkt des SPD-Entwurfs: Die stationäre psychiatrische Versorgung soll künftig mit der Krankenhausbe- darfsplanung besser verzahnt wer- den, um eine regional gegliederte, gemeindenahe Versorgung der Bevölkerung sowohl im ambulan- ten als auch im stationären Be- reich sicherzustellen.
Artikel 1 des Entwurfs zur Ände- rung des Landeskrankenhausge- setzes (vom 16. Dezember 1975) schreibt ausdrücklich vor: „Be- sondere Krankenhausfachpläne (wie Psychiatrieplan, Pläne über Behandlungseinrichtungen be- sonderer Art und Rehabilitations- einrichtungen am Krankenhaus) sind Teil des Krankenhausbedarfs- plans."
Nach den Vorstellungen der So- zialdemokraten in Baden-Würt- temberg ließe sich durch ein re- gionalisiertes, integriertes Pla- nungssystem die auch von der
Psychiatrie-Enquete geforderte Verzahnung der allgemeinmedizi- nischen mit der psychiatrischen Versorgung erreichen. Die Inte- gration der Krankenhausbedarfs- mit der Psychiatrieplanung würde gleichzeitig helfen, überzählige allgemeinmedizinische Kranken- hausbetten abzubauen. Diese könnten den noch bestehenden Bedarf an Betten in der Psychiatrie decken (Stichwort: „interdiszipli- närer" Bettenausgleich).
Noch bestehende regionale Unter- schiede sollten durch eine abge- stufte Festlegung der jeweiligen Prioritäten beseitigt werden.
Wie nicht anders zu erwarten, stie- ßen die SPD-Pläne inzwischen auf Ablehnung seitens der Landesärz- tekammer Baden-Württemberg.
Die Kammer wertete den Vorstoß als einen Versuch, das persönliche Vertrauensverhältnis von Arzt und Patient zu untergraben. Im übri- gen seien besondere gesetzliche Änderungen nicht notwendig, da bereits heute Krankenhausfach- pläne Teil des gesamten Landes- krankenhausbedarfsplanes seien, heißt es in einer Entschließung.
Obwohl das Recht des Patienten, neben allgemeinen Krankenhaus- leistungen auch besonders bere- chenbare Leistungen in Anspruch zu nehmen, formal nicht einge- schränkt werde, werde aber das Liquidationsrecht für die ärztliche Wahlleistung (Chefarztbehand- lung) unzulässigerweise auf die In- stitution „Krankenhaus" übertra- gen. Die Kammer: „Eine solche Regelung wäre ein rechtliches Un- ding. Genausowenig wie der Kran- kenhausträger als Nichtarzt selbst ärztlich tätig werden kann, kann er auch nach der ärztlichen Gebüh- renordnung liquidieren".
Die Möglichkeit einer individuellen ärztlichen Betreuung im Privatbe- handlungsbereich müßte auch weiterhin durch einzelvertragliche Bindungen an einen leitenden Arzt ermöglicht werden. HC
BERLIN
Rettungshubschrauber für Berlin nicht sinnvoll
Durchschnittlich dauert es 7,3 Mi- nuten, bis in West-Berlin einer der fünf Notarztwagen nach einem Alarm einen lebensbedrohlich er- krankten Patienten an Ort und Stelle behandeln kann.
Dies ergab die Einsatzanalyse des Berliner Senators für Inneres, die empfiehlt, vorläufig weder einen sechsten Notarztwagen noch ei- nen Rettungshubschrauber anzu- schaffen.
In 85,6 Prozent der Alarmierungs- fälle benötigte der jeweils nächste Notarztwagen weniger als zehn Minuten, um beim Patienten ein- zutreffen.
Lediglich bei 96 von insgesamt 4610 Einsätzen (2,2 Prozent) konn- ten im Beobachtungszeitraum (1.
Januar bis 15. Mai 1978) die Pa- tienten erst nach mehr als 15 Mi- nuten versorgt werden.
Noch immer gibt es Kontroversen zwischen der Senatsverwaltung für Inneres und den Krankenhäu- sern wegen der Zahl der erforderli- chen Arztstellen. Die Kranken- hausleitungen (Rudolf-Virchow- Krankenhaus, Krankenhaus Neu- kölln und Klinikum Charlotten- burg) fordern sechs Arztstellen pro Notarztwagen, damit in jeder Situation schnellstens zum Ein- satzort gelangt.
Die Senatsverwaltung hält vier Stellen für ausreichend, weil nur knapp zwei Prozent der Einsätze zwischen Mitternacht und acht Uhr morgens erfolgen.
Das Klinikum Steglitz verfügt für seinen Notarztwagen über eine fünfte Arztstelle aus Forschungs- mitteln; die Leitung des Urban- Krankenhauses kommt nach eige- nen Angaben bisher mit vier Ärz- ten aus. zel
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 21 vom 24. Mai 1979 1463