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Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung durch Kosten der Wahrnehmung von Umgangsrechten

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Academic year: 2022

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Titel:

Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung durch Kosten der Wahrnehmung von Umgangsrechten

Normenkette:

SGB II § 7 Abs. 1, § 21 Abs. 6 S. 2 Leitsätze:

1. Ein im Einzelfall unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf für den Besuch pflegebedürftiger Verwandter verlangt Umständen, aus denen sich die Erforderlichkeit von über das übliche Maß hinausgehenden Fahrten ergeben. (Rn. 20 – 21) (redaktioneller Leitsatz)

2. Die Pflege zwischenmenschlicher Kontakte begründet keinen im Einzelfall unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarf. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Schlagworte:

Kostenübernahme, Besuchsfahrten, Pflegebedürftigkeit, fehlende Glaubhaftmachung, akute schwerwiegende Erkrankung, atypischer Bedarf, im Einzelfall unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf

Rechtsmittelinstanz:

LSG München, Beschluss vom 12.12.2017 – L 11 AS 850/17 B Fundstelle:

BeckRS 2017, 138106  

Tenor

I. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller begehren der Antragstellerin zu 1 mit ihrem erkrankten Vater sowie Kosten des Umgangs (Fahrt- und Übernachtungskosten) aller Familienmitglieder mit dem Vater der Antragstellerin zu 1.

2

Der am 1968 geborene Antragsteller zu 2 steht in Bedarfsgemeinschaft mit seiner am 1969 geborenen Ehefrau, der Antragstellerin zu 1, und drei am 2003, am 2005 und am 2007 gemeinsamen Kindern, den Antragstellerinnen zu 3 bis 5, seit 01.09.2015 im Bezug von Leistungen nach dem SGB II beim

Antragsgegner. Ihnen wurden zuletzt mit Bescheid vom 23.08.2017 vorläufig Leistungen für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis 28.02.2018 bewilligt.

3

Mit E-Mail vom 25.09.2017 beantragten die Antragsteller die Kostenübernahme für Fahrten der Antragstellerin zu 1 zu ihrem Vater. Dieser sei derzeit akut erkrankt und benötige Pflege durch seine Tochter. Die hierfür entstehenden Kosten betrügen zweiwöchentlich 75,00 €. Dies lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 26.09.2017 ab und führte zur Begründung aus, ein unabweisbarer laufender Bedarf bestehe tatsächlich nicht. Gegen die Ablehnung legten die Antragsteller am 05.10.2017 Widerspruch ein und legten dar, der Vater der Antragstellerin sei schwer erkrankt sowie hilfe- und pflegebedürftig. Die Pflege könne nur in Ergänzung mit einer persönlichen Betreuung durch die Antragstellerin zu 1 gewährleistet werden, da andere Personen nicht zur Verfügung stünden. Es müssten ein- bis zweimal monatlich

Fahrtkosten nach F. übernommen werden. Der Ablehnungsbescheid sei zudem nicht hinreichend bestimmt.

(2)

4

Die Antragstellerin zu 1 hat am 09.10.2017 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zum Sozialgericht Bayreuth gestellt. Zur Begründung hat sie ergänzend ausgeführt, ihr Vater habe im August 2017 einen Schlaganfall erlitten und sei seither rechtsseitig gelähmt. Seit 22.09.2017 oder 23.09.2017 befinde er sich in einem Pflegeheim in F.. Er sei 80 Jahre alt, pflegebedürftig und hilflos. Die Mutter der Antragstellerin sei aufgrund ihres Alters und ihrer gesundheitlichen Verfassung nicht in der Lage, ihn mit Nahrung zu versorgen. Es sei daher unumgänglich, dass die Antragstellerin zu 1 zu ihm fahre, Dinge regle und ihn mitversorge. Sie fahre „seither“ mindestens ein bis zweimal im Monat zu ihrem Vater. Die

Pflegebedürftigkeit werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dauerhaft bestehen. Die

Betreuung werde durch das Pflegeheim gewährleistet. Die Antragstellerin zu 1 ergänze diese Betreuung um notwendige Besuche. Zwar habe sie noch eine ältere Schwester; diese könne sich aber auch nicht um den Vater kümmern. Die Antragstellerin zu 1 habe eine Fürsorgepflicht; das Recht auf Fürsorge und Besuch ergebe sich aus der in Art. 1 des Grundgesetzes (GG) verankerten Würde des Menschen, die Pflicht des Staates zur Finanzierung dieser Besuche aus dem Sozialstaatsprinzip gem. Art. 20 Abs. 1 GG. Ihre Eltern bezögen beide nur eine kleine Rente und Grundsicherung im Alter; finanzielle Mittel zur Unterstützung der Besuchsfahrten stünden ihnen nicht zur Verfügung.

5

Der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 10.10.2017 den Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Frage der Gewährung höherer Leistungen im Zeitraum vom 01.09.2017 bis 28.02.2018 sei Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bewilligungsbescheid vom 23.08.2017 geworden (Widerspruchsverfahren W /17, Bescheid vom 04.10.2017; hiergegen ist Klage zum Sozialgericht Bayreuth am 06.10.2017 erhoben worden - Aktenzeichen S 17 AS 610/17 - über die bisher noch nicht entschieden worden ist).

6

Am 03.11.2017 haben die Antragsteller weiter einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bezüglich Fahrt- und Übernachtungskosten der gesamten Bedarfsgemeinschaft einmal vierteljährlich und in den Ferien, Geburtstagen, Weihnachts- und Ostertagen gestellt. Sie haben sich darauf berufen, dass es der Familie nicht zumutbar sei, am selben Tag von B. nach F. und wieder zurück zu fahren. Für die günstigsten Unterkünfte für vier Personen seien ab 205,00 € pro Nacht zu zahlen. Sie haben einen Bescheid der AOK vorgelegt, wonach beim Vater der Antragstellerin zu 1 die Voraussetzungen für Pflegeleistungen nach dem Pflegegrad 2 erfüllt sind.

7

Der Antragstellerin zu 1 seien Benzinkosten für die Hinfahrt am 25.09.2017 und die Rückfahrt am 26.09.2017 in Höhe von insgesamt 160,98 € entstanden.

8

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

I. den Antragsgegner zu verpflichten, der Antragstellerin zu 1 vorläufig Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts mit ihrem Vater () am 25./26.09.2017 in Höhe von 160,98 € zu bezahlen,

II. den Antragsgegner zu verpflichten, der Antragstellerin zu 1 vorläufig monatlich Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts mit ihrem Vater () für eine Zugfahrt monatlich zu bezahlen,

III. den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragstellern vorläufig vierteljährlich sowie jeweils einmal in den Ferien, an Geburtstagen und zu den Weihnachts- und Ostertagen Kosten für die Ausübung des

Umgangsrechts mit dem Vater der Antragstellerin zu 1 ( und Übernachtungskosten) zu bezahlen.

9

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen.

10

Zur Begründung hat er noch ausgeführt, er verweise auf die früheren Verfahren S 17 AS 546/16 und S 17 AS 146/17 ER. Ein Anordnungsanspruch sei weiterhin auch nicht ansatzweise erkennbar. Es handele sich nicht um einen Bedarf der Antragstellerin bzw. der Bedarfsgemeinschaft, sondern allenfalls um einen solchen des pflegebedürftigen Vaters.

(3)

11

Der zulässige Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bleibt in der Sache ohne Erfolg.

12

Streitgegenstand sind höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende unter dem Gesichtspunkt der Kosten der Wahrnehmung von Umgangsrechten der Bedarfsgemeinschaft sowie im Besonderen der Antragstellerin zu 1 mit deren Vater.

13

Der Antrag ist zulässig; insbesondere zulässig ist die Änderung des Antrages auf einstweiligen

Rechtsschutz durch Einbeziehung der weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft vom 03.11.2017 und die Erweiterung, weil der Antragsgegner sich ohne Widerspruch auf den bezüglich der Aktivbeteiligten geänderten Antrag im Schriftsatz vom 10.11.2017 eingelassen hat (vgl. § 99 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und die Erweiterung des Antrages in der Hauptsache ohne Änderung des Antragsgrundes nicht als Antragsänderung anzusehen ist, § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG. Denn die Einbeziehung von Ansprüchen auf Mehrbedarfen für und Übernachtungskosten der gesamten Bedarfsgemeinschaft ist keine Änderung des dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zugrunde liegenden Lebenssachverhaltes.

14

Da eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen durch eine Erkrankung des Vaters der Antragstellerin zu 1 geltend gemacht wird, welche formal durch eine Änderung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides nach § 48 SGB X zu erreichen ist, wäre in der Hauptsache die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage statthaft. Damit ist einstweiliger Rechtsschutz durch eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu gewähren. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Eine solche Anordnung setzt sowohl einen Anordnungsanspruch (materielles Recht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird) als auch einen Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit im Sinne der Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, weil ein Abwarten auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zuzumuten ist) voraus.

Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung - ZPO).

15

1. Hinsichtlich des Antrages zu 1 fehlt es an einem Anordnungsgrund. Es ist nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Anhängigkeit des Eilverfahrens (hier: 09.10.2017) herbeizuführen. Dies ist Aufgabe des Hauptsachverfahrens (vgl. Bayer.

LSG, Beschl. vom 12.04.2010, L 7 AS 144/10 B ER; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, Rdnr. 29a und 35a zu § 86b). Ein Ausnahmefall einer in die Gegenwart fortwirkenden Notlage ist hier nicht ersichtlich.

16

2. Hinsichtlich des Antrages zu 2 ist ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, so dass es insoweit auf die Frage der Eilbedürftigkeit nicht ankommt. Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten

Mehrbedarf der Antragstellerin zu 1 sowie der übrigen Antragsteller ist § 21 Abs. 6 SGB II. Nach Satz 1 dieser Vorschrift wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein

unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Gemäß § 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II ist der Mehrbedarf unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

17

Zweifel an der grundsätzlichen Leistungsberechtigung der Antragstellerin zu 1 gemäß § 7 Abs. 1 SGB II sind weder geäußert, noch ergeben sich solche aus der Akte. Die der Antragstellerin zu 1 zu Zwecken des Besuches ihres Vaters dürften, ohne dass es darauf im Ergebnis ankäme, als Bedarf der Antragstellerin zu 1 zu qualifizieren sein. Anspruchsinhaber für seine Kosten ist der jeweilig Bedürftige, und geltend gemacht sind zumindest für die Vergangenheit Kosten, die die Antragstellerin zu 1 aufwendet, wie den vorgelegten Tankbelegen zu entnehmen ist.

(4)

18

Jedoch ist ein besonderer Bedarf nicht glaubhaft gemacht. Ein solcher Bedarf liegt vor, wenn er neben den durchschnittlichen Bedarfen, die mit der Regelleistung abgedeckt sind, in einer atypischen Lebenslage besteht (atypischer Bedarf). Die Atypik kann sich hierbei einerseits daraus ergeben, dass ein nicht durch die Regelleistung abgedeckter Bedarf geltend gemacht wird, andererseits auch daraus, dass der Bedarf an sich zwar mit der Regelleistung erfasst ist, er aber aufgrund besonderer Lebensumstände in atypischem Umfang anfällt (vgl. Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand: 05/2011, § 21 Rdnr. 75). Die vorliegend begehrten Fahrkosten sind dem Grunde nach in der Regelleistung des § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II enthalten. Hiernach umfasst der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts insbesondere Ernährung, Kleidung,

Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen

Bedürfnissen des täglichen Lebens zählen etwa Verkehrsleistungen und die Pflege von Beziehungen zu Verwandten und Freunden (vgl. Saitzek in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, Rdnr. 70 zu § 20). Die zu Besuchen bei einem erkrankten Elternteil (unter sozialhilferechtlichen Aspekten diskutiert in BSG, Urt. vom 20.04.2016, B 8 SO 5/15 ER) unterfallen thematisch und strukturell am ehesten den persönlichen sozialen Außenkontakten der Hilfebedürftigen (so auch SG Dresden, Beschl. vom 20.05.2006, S 23 AS 768/06 ER, juris, Rdnr. 41 m.w.N.).

19

Die Antragstellerin zu 1 hat jedoch trotz Aufforderung hierzu im Verfahren nicht glaubhaft gemacht, dass tatsächlich, wie vorgetragen, vermehrte Fahrten zu ihrem Vater erforderlich sind, weil eine akute

schwerwiegende Erkrankung vorliegt und die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben erforderlich wäre, die allein die Antragstellerin zu 1 erfüllen könnte. Dies wäre aber Voraussetzung für die Annahme eines atypischen Falles im oben genannten Sinne. Die Antragstellerin zu 1 hat geltend gemacht, dass bei ihrem Vater im August 2017 eine akute Erkrankung in Gestalt eines Schlaganfalls aufgetreten sei. Die

Antragstellerin zu 1 selbst ist jedoch nach dem Sachvortrag erstmals erst Ende September 2017 nach F.

gefahren, nachdem ihr Vater bereits aus dem Krankenhaus entlassen und in ein Pflegeheim eingezogen war (Datum des Einzuges laut Vortrag der Antragstellerin zu 1 22. oder 23.09.2017; Fahrt nach F. am 25./26.09.2017). Es ist in Anbetracht der zeitlichen Abfolge davon auszugehen, dass die akute Phase des Schlaganfalls des Vaters der Antragstellerin zu 1 bei Neuantragstellung hinsichtlich der beim Antragsgegner am 25.09.2017 bereits beendet war, als die erste Fahrt erfolgte.

20

Unklar und den vorgelegten Glaubhaftmachungsmitteln nicht zu entnehmen ist im Rahmen der Ausführungen zur Antragsbegründung auch, welche Zwecke mit den Fahrten der Antragstellerin zu 1 verfolgt werden. Einerseits wurde geltend gemacht, der Vater der Antragstellerin benötige unter anderem Pflege in der Form von Versorgung etwa mit Nahrungsmitteln. Andererseits ist auf gerichtliche Nachfrage mitgeteilt worden, dass Versorgung und Pflege durch das Heim erfolge. Versorgung und Pflege könnte ohnehin durch einen Besuch einmal (oder zweimal) pro Monat nicht sichergestellt werden. Weiter ist nicht einmal dargetan worden, warum die Schwester der Antragstellerin zu 1 sich „auch (?) nicht um den Vater kümmern“ kann.

21

Letztlich fehlt es also an der Glaubhaftmachung von Umständen, aus denen sich die Erforderlichkeit von über das bisherige Maß hinausgehenden Fahrten der Antragstellerin zu 1 nach F. ergeben würde. Im Rahmen des Verfahrens S 17 AS 146/17 ER war geltend gemacht worden, dass solche Fahrten einmal vierteljährlich stattfänden. Hierzu ist auch darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes unklar bleibt, ob die Antragstellerin zu 1 aktuell tatsächlich öfter als einmal vierteljährlich nach F. fährt; der bisherige Vortrag einer (Hin- und Rück-) Fahrt am 25./26.09.2017 belegt dies noch nicht.

22

3. Bezüglich des Antrages zu 3 ist weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund erkennbar.

Ein Anordnungsanspruch besteht nicht, weil es sich nicht um einen atypischen Bedarf handelt, der nach § 21 Abs. 6 SGB II zu decken wäre. Die Pflege sozialer Kontakte, ggf. auch zu in anderen Städten lebenden Angehörigen, ist gerade eine typische und auch für Bezieher von Grundsicherungsleistungen regelmäßige Sachlage (vgl. hierzu ausführlich LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. vom 19.12.2013, L 7 AS 1470/12, juris, Rdnr. 32). Die Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen zählt als Teilhabe am sozialen

(5)

(vgl. BVerfGE 125, 175).

23

Der soziale Kontakt mit Enkelkindern oder dem Schwiegersohn steht auch nicht unter einem besonderen, den Schutz sonstiger familiärer Kontakte übersteigenden grundgesetzlichen Schutz. Im Rahmen der Bestimmung des grundgesetzlichen Schutzes nach Art. 6 Abs. 1 GG wird das Verhältnis zwischen

Großeltern und Enkelkindern dem geschützten Familienbegriff nur unter entsprechender Gleichstellung mit anderen engen Angehörigen, wie z.B. Geschwistern, Onkeln und Tanten, Neffen und Nichten etc.

zugeordnet (vgl. Jarass in: Jarass/Pieroth, GG, Rdnr. 10 zu Art. 6).

24

Auch ist ein unabweisbarer Sondermehrbedarf nicht feststellbar. Die Kosten zur Pflege

zwischenmenschlicher Beziehungen als Teilhabe am sozialen Leben wurden als Kosten für Mobilität und Inanspruchnahme von Verkehrsmitteln sowie als Kosten für Nachrichtenübermittlungen bei der Berechnung des Regelbedarfs berücksichtigt. In welcher Form und in welchem Umfang mit den insgesamt im Rahmen des SGB II zur Verfügung stehenden Mitteln - ggf. auch unter Verschiebung einzelner Pauschalbeträge und unter Heranziehung etwaiger Ansparleistungen - Besuche realisiert werden, unterliegt der autonomen Entscheidung des Leistungsempfängers. Auch außerhalb des Bezuges von Grundsicherungsleistungen werden sowohl Besuchshäufigkeit als auch konkrete Besuchsausgestaltungen wesentlich von den finanziellen Möglichkeiten der jeweiligen Großeltern, der jeweiligen Eltern und der jeweiligen Enkelkinder abhängen (vgl. hierzu ausführlich LSG Niedersachsen-Bremen a.a.O., Rdnr. 38, welchen Überlegungen sich die Kammer nach eigener Prüfung vollumfänglich anschließt).

25

Auch an einem glaubhaft gemachten Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit eines Verfahrens des Eilrechtsschutzes fehlt es, weil ein nächster Besuchstermin der Antragsteller zu 2 bis 5 in keiner Weise konkretisiert wurde.

III.

26

Die Kostenentscheidung folgt aus einer analogen Anwendung des § 193 SGG; sie entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits.

IV.

27

Der mögliche Beschwerdewert des Verfahrens beträgt mindestens 1.005,98 €. Dies ergibt sich aus den im Antrag zu 1 geltend gemachten Kosten in Höhe von 160,98 €, den im laufenden Bewilligungsabschnitt noch beantragten der Antragstellerin zu 1 in Höhe von mindestens (5 Monate * 64,00 €) sowie den mit dem Antrag zu 3 verfolgten Besuchskosten der gesamten Bedarfsgemeinschaft in Höhe von (5 Personen * 64,00

€ zuzüglich Unterkunftskosten in Höhe von 205,00 €).

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