M 034/2010 VOL
Motion
Staub, Thun (FDP) Zumstein, Bützberg (FDP)
Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 08.03.2010
Gleichlange Spiesse für Täter und Opfer
Der Regierungsrat wird beauftragt:
- dafür zu sorgen, dass das Klagrecht für den Dachverband Berner Tierschutzorganisationen (DBT) bestehen bleibt
- oder falls nötig, für eine gleichwertige Alternative zu sorgen, damit rechtlich gleichlange Spiesse für Täter und Opfer weiterhin gewährleistet sind.
Begründung
Die Tierschutzanwaltsinitiative wurde auf eidgenössischer Ebene klar abgelehnt. Ein Argument der Gegner war, der Bund wolle den Kantonen keine Lösung aufzwingen, der Föderalismus sei hoch zu halten, dies sollte allerdings auch im umgekehrten Sinne seine Gültigkeit haben. Der Kanton Bern hat nämlich seit über 10 Jahren eine bewährte, unbürokratische und kostengünstige Lösung, die rechtlich gleichlange Spiesse zwischen Täter und Opfer gewährleistet. Der kantonale Tierschutzverband kann die im eidgenössischen Tierschutzgesetz festgehaltenen Rechte stellvertretend für die Tiere wahrnehmen. Dieser Lösung gingen ein Referendum von Tierschutzorganisationen gegen das kantonale Einführungsgesetz zur eidgenössischen Tierschutzgesetzgebung und eine Gesetzesinitiative mit dem Kernstück eines Beschwerde- und Klagerechts für Tierschutzorganisationen voraus. Die Initiative konnte dann dank einem ausgehandelten Kompromiss zwischen der damaligen Regierungsrätin Elisabeth Zölch und Vertreterinnen und Vertretern des DBT zurückgezogen werden, weil die nachfolgenden Gesetzesartikel ins Kantonale Landwirtschaftsgesetz (KLwG) integriert wurden.
Art. 13 Tierschutz
1 Der Kanton sorgt für einen wirksamen Vollzug der Tierschutzgesetzgebung.
2 Die Dachorganisation der bernischen Tierschutzorganisationen ist befugt, gegen Verfügungen und Entscheide im Bereich des Tierschutzes Beschwerde zu führen.
3 Im Strafverfahren stehen ihr die Rechte gemässArtikel 47 Absatz 2 Ziffer 1 des Gesetzes vom 15. März 1995 über das Strafverfahren (BSG 321.1) zu.
Nun ist das demokratisch erworbene kantonale Klagerecht massiv gefährdet, weil auf den 1. Januar 2011 die neue Strafprozessordnung in Kraft tritt.
2
Art. 104 (Parteien) der Schweizerischen Strafprozessordnung besagt:
1 Parteien sind:
a. die beschuldigte Person;
b. die Privatklägerschaft;
c. im Haupt- und Rechtsmittelverfahren: die Staatsanwaltschaft.
2 Bund und Kantone können weiteren Behörden, die öffentliche Interessen zu wahren haben, volle oder beschränkte Parteirechte einräumen.
Der Dachverband Berner Tierschutzorganisationen (DBT), dem das Klagerecht auf Kantonsebene eingeräumt wurde, ist keine Behörde, sondern eine privatrechtliche Organisation.
Aus demokratiepolitischen und tierschützerischen Gründen ist der Regierungsrat nun gefordert, eine Lösung zu finden, welche die rechtliche Situation der Tiere, respektive deren Stellvertretung, der kantonalen Tierschutzorganisation, nicht verschlechtert.
Die eingangs erwähnte gesetzliche Bestimmung hat sich seit über 10 Jahren in der Praxis bewährt. Das Kostenrisiko für einen Anwalt, der den Tierschutz vertritt, trägt der DBT. Mit den verankerten Rechten ging der DBT verantwortungsvoll um. Es kam nachweislich nicht, wie damals befürchtet, zu einer Flut von Beschwerden und Klagen.
Bekam der Kanton Bern noch vor Jahren schlechte Noten für den Tierschutzvollzug, haben diese Instrumente zu einer wesentlichen Verbesserung beigetragen.
Die Prävention hat im Tierschutz Priorität, sie nützt den Tieren am meisten. Deshalb muss dieses Gleichgewicht zwischen Vollzugsbehörde und Tierschutzverband oder einer gleichwertigen Alternative unbedingt erhalten bleiben.
Es wird Dringlichkeit verlangt.