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Archiv "Diskussion an der Bonner Universität" (07.12.2001)

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chen positiven Begründungen. Gerade in dieser negativen Bestimmung der Unverfügbarkeit verleiht er einer libe- ralen pluralistischen Gesellschaft ihre Fundamente. Das bedeutet nicht, dass die religiösen und philosophischen Be- gründungen dieser Menschenwürde deshalb irrelevant sind. Ganz im Gegen- teil wächst dieser von ihren Begründun- gen die eigentliche Lebenskraft zu. Dies trifft sicher in besonderem Ausmaß für den christlichen Glauben an die Gott- ebenbildlichkeit des Menschen sowie Kreuz und Auferstehung zu.

Einstieg in die verbrauchende Embryonenforschung

Wenn die Menschenwürde aber nun teilbar wird, verliert sie ihre einigende Kraft. Der Ausschluss bestimmter Per- sonen aufgrund bestimmter Kriterien führt zu einer Spaltung der Gesellschaft in diejenigen, die diese Kriterien erfül- len, und die anderen, die dies nicht kön- nen. Es kommt darauf an zu erkennen, dass der Grundkonsens der liberalen Gesellschaft durch die Forschung an hu- manen embryonalen Stammzellen – wie auch durch das therapeutische Klo- nen und die PID – gefährdet ist.

Aktuell zeichnet sich im ethischen Konflikt um die Forschung an humanen embryonalen Stammzellen die Tendenz ab, diesen durch Begrenzungen des Ver- brauchs an Embryonen zu neutralisieren.

In den USA entschied Präsident Bush, die staatliche Förderung der Forschung an humanen embryonalen Stammzellen auf bestimmte, schon vorhandene Stammzell- linien zu beschränken. In Deutschland hat sich der Nationale Ethikrat mehrheitlich hin zu einer Empfehlung zum Import vor- handener humaner embryonaler Stamm- zelllinien orientiert. Die Argumentation geht in beiden Fällen dahin, dass es ethisch schwer zu vertreten wäre, dieses einmal schon vorhandene Forschungspo- tenzial zu verwerfen. Dabei ist nicht selten die Neigung unverkennbar, den Zusam- menhang von humaner embryonaler Stammzellforschung und Embryonenver- brauch zu verschleiern. Die Befürworter dieser Lösung erhoffen sich, den Konflikt zwischen den Anliegen der „Lebensschüt- zer“ einerseits und der Zeitnot der For- schung andererseits im Sinne eines prag-

matischen Moratoriums zu entschärfen:

Forschung ja, aber nur an vorhandenen Stammzelllinien.

Diese Argumentation ist nur noch politisch bestimmt. Sie zeigt, wie sehr die angebliche Naturwüchsigkeit des biotechnologischen Fortschritts durch politische Entscheidungen gefördert wird. Aus ethischer Sicht muss jedoch darauf bestanden werden, dass die For- schung an importierten humanen em- bryonalen Stammzellen eine Teilhabe an der Verantwortung für die Tötung der entsprechenden Embryonen zwin- gend beinhaltet.

Die sich abzeichnenden Entscheidun- gen in Deutschland bedeuten den Ein- stieg in die verbrauchende Embryonen- forschung einschließlich des therapeuti- schen Klonens. Der geistige Widerstand gegen die Forschung an humanen em- bryonalen Stammzellen entspringt nicht einer „fundamentalistischen“, gar aus- schließlich konfessionell begründeten Gegenposition. Vielmehr sind die Geg- ner dieser Forschung Verteidiger der Menschenwürde, die die Grundlage des liberalen Rechtsstaats bildet. Mögli- cherweise ist der Einstieg in die verbrau- chende Embryonenforschung auch in

Deutschland nicht mehr abzuwenden.

Entgegen den Suggestionen ihrer Prota- gonisten handelt es sich dabei jedoch nicht um einen naturwüchsigen und un- abänderlichen „Fortschritt“, sondern um reversible politische Entscheidun- gen, auch wenn im Falle des Embryo- nenverbrauchs die Opfer nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

Auch nach der Empfehlung des Natio- nalen Ethikrats und der noch offenen Entscheidung der Politik: Der politische Konflikt um die Menschenwürde hat erst begonnen. Er muss in der Substanz eine Auseinandersetzung über die Grundlagen unseres Gemeinwesens und um die Inhalte und Ziele des „Fort- schritts“ sein.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2001; 98: A 3268–3270 [Heft 49]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift des Verfassers:

Priv.-Doz. Dr. med. Santiago Ewig

Oberarzt der Medizinischen Universitäts-Poliklinik der Universität Bonn

Wilhelmstraße 35, 53111 Bonn T H E M E N D E R Z E I T

A

A3270 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 49½½½½7. Dezember 2001

Nicht nur auf bundespolitischer Ebene ist die embryonale Stammzellforschung umstritten.

Die Absicht des Bonner Neuropathologen, Prof. Dr. med. Oliver Brüste, an importierten embryonalen Stammzelllinien zu arbeiten, stößt auch an der Rheinischen Friedrich-Wil- helms-Universität in Bonn auf Kritik. Zur Ge- winnung derartiger Stammzellen sei eine Vernichtung menschlicher Embryonen not- wendig, die durch künstliche Befruchtung erzeugt und dann nicht mehr in die Gebär- mutter der Frau übertragen worden seien, heißt es in einer von mehr als 20 Fakultäts- mitgliedern unterzeichneten Stellungnahme (abrufbar unter www.aerzteblatt.de). Damit würden diese zu einem Zweck missbraucht, der ihrer ursprünglichen Bestimmung, zur Geburt eines Kindes zu verhelfen, eindeutig widerspreche: „Die Forschung mit embryo- nalen Stammzellen, die aus dem Ausland importiert wurden, schließt eine ethische und – sinngemäß – auch eine rechtliche Billigung dieses verbrauchenden Umgangs mit Embryonen ein“. In der von Priv.-Doz.

Dr. med. Santiago Ewig, Priv.-Doz. Dr. med.

Axel Glasmacher und Prof. Dr. theol. Ulrich Eibach verfassten Stellungnahme wird dies als mit der Menschenwürde unvereinbar an- gesehen. „Das sich aus der Würde des Men- schen ergebende Recht auf Leben darf auch zu ,hochrangigen‘ therapeutischen Zwecken für andere nicht infrage gestellt werden.“

Andere Bonner Wissenschaftler unter- stützen das Vorhaben von Brüstle. Der zeigt sich optimistisch, die „Forschung allerspäte- stens zu Beginn des neuen Jahres auch in Deutschland aufnehmen zu können“. Zuvor müsse neben der lokalen Ethikkommission der Universität Bonn die Deutsche For- schungsgemeinschaft (DFG) die einzelnen Projektschritte begutachten und genehmi- gen. Zusätzlich werde der Bonner Leiter des Instituts für Wissenschaft und Ethik, Prof.

Dr. phil. Ludger Honnefelder, die Forschun- gen begleiten. Brüstle forderte die DFG auf, noch in diesem Jahr klar zum Import menschlicher Stammzellen Stellung zu be- ziehen. Dazu regte er einen Zweistufenplan

an (DÄ, Heft 48/2001). Kli

Diskussion an der Bonner Universität

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