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Archiv "Chlamydieninfektionen: Schnellerer Nachweis und gezielte Therapie" (12.02.1986)

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(1)

Z

u Beginn unseres Jahrhun- derts fand man in Konjunkti- valabstrichen von Neugeborenen und Trachompatienten zelluläre Einschlüsse. Dies war der Beginn einer etappenweisen Erforschung der Chlamydienerkrankungen.

Zur Zeit befinden wir uns in einer weiteren Phase gesteigerten In- teresses, bewirkt durch verein- fachte Nachweistechniken.

Zahlreiche Erkrankungen durch Chlamydien

Chlamydien verursachen zahlrei- che Erkrankungen bei Mensch und Tier. Die Familie der Chlamy- diaceae umfaßt zwei Arten: Chla- mydia psittaci und Chlamydia tra- chomatis. Chlamydia psittaci führt zu Erkrankungen des Respira- tionstraktes; Chlamydia tracho- matis verursacht Infektionen des Auges und Urogenitaltraktes so- wie Neugeborenenpneumonien.

Chlamydia trachomatis wird in mehrere Serotypen unterteilt, die sich den verschiedenen Krank- heitsbildern zuordnen lassen (Ta- belle 1). Diese Zuordnung ist aller- dings nicht absolut, Ausnahmen kommen vor.

Chlamydien: Bakterienähnlich Die Chlamydien wurden früher als große Viren angesehen. Beiden gemeinsam ist die obligat intra- zelluläre Vermehrung. Neuere Er- kenntnisse erlauben jedoch eine

verfeinerte Unterscheidung zwi- schen Viren und Bakterien, wes- halb man heute die Chlamydien als bakterienähnliche Organis- men bezeichnet und zu den Bak- terien zählt. Wie die Bakterien ha- ben die Chlamydien eine Zyto- plasmamembran; sie vermehren sich durch Zweiteilung, besitzen sowohl DNA als auch RNA und las- sen sich durch Antibiotika hem- men.

Defekte im Energiestoffwechsel zwingen die Chlamydien jedoch zum obligaten Zellparasitismus.

Während eines rund 48stündigen Entwicklungszyklus vermehren sich die 1 !Im großen Retikularkör- perchen, ehe sie zu den etwa 0,3 [im messenden Elementarkörper- chen kondensieren und durch Exozytose oder Ruptur der Zelle freigesetzt werden. Diese Ele- mentarkörperchen stellen die in- fektiöse Form des Erregers dar.

Infektionsmodus und Epidemiologie

Chlamydia trachomatis wird durch Kontaktinfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Beim Tra- chom spielen Schmierinfektionen mit dem Finger oder durch ge- meinsam benutzte Handtücher und Waschlappen, bei den Uroge- nitalinfekten sexuelle Kontakte die Hauptrolle.

Während die Trachomerkrankung praktisch nur in wärmeren Brei-

Sexuell übertragene Infektionen werden durch Chlamydia tracho- matis mindestens ebenso häufig verursacht wie durch Gonokok- ken. Im Gegensatz zu den Gono- kokken sind die Chlamydien gegen Penicilline grundsätzlich resistent, schnellere Nachweis- methoden ermöglichen jetzt aber eine gezielte Therapie mit Te- tracyclinen oder Erythromycin.

tengraden vorkommt, dominieren bei uns die urogenitalen Formen.

Chlamydieninfektionen hinterlas- sen keine dauerhafte Immunität, weshalb Reinfektionen möglich sind. Inapparente Infektionen kommen vor.

Bei Männern ohne Urethritis kann Chlamydia trachomatis in bis zu 7 Prozent nachgewiesen werden (1, 2, 3)*). Bei Frauen ohne Urogeni- talinfekte, welche zur gynäkologi- schen Untersuchung erscheinen, findet man in etwa demselben Prozentsatz Chlamydien im Zervi- kalabstrich (3, 4, 5). Auf Anti- körperuntersuchungen beruhen- de Durchseuchungsstudien wei- sen bei nicht-selektionierten Män- nern und Frauen in 20 bis 30 Pro- zent der Fälle auf eine früher durchgemachte Infektion hin; bei Prostituierten kann die Durchseu- chung erheblich höher liegen.

Chlamydien gehören zu den häu- figsten sexuell übertragbaren In- fektionskrankheiten. Doppelinfek- tionen mit Gonokokken sind in 20 bis 30 Prozent der Fälle nachweis- bar (6, 7, 8). Dabei steht die Go- norrhoe klinisch meist im Vorder- grund. Sie wird initial mit Penicil- lin behandelt, das allerdings die Chlamydien nicht beinflußt. Des- halb bleibt die Symptomatik be- stehen, es kommt zur sogenann- ten „Postgonokokken-Urethritis".

*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

Chlamydieninfektionen:

Schnellerer Nachweis und gezielte Therapie

Thomas Krech Aus dem Institut

für Medizinische Mikrobiologie und Virologie (Direktor: Professor Dr. med. Peter Naumann) der Universität Düsseldorf

(2)

Species Serotyp Erkrankung

C. psittaci keine Unterteilung Ornithose (Psittakose) C. trachomatis A, B, Ba, C Trachom

Einschlußkörperchen, (Schwimmbad-)Konjunk- tivitis, Urogenitalinfekte, Neugeborenenpneumonie D,E,F,G,H,I,J,K

C. trachomatis

C. trachomatis L-1, L-2, L-3 Lymphogranuloma venereum (L. inguinale) Tabelle 1: Erkrankungen durch Chlamydien beim Menschen (4)

Tabelle 2: Anteil der durch Chlamydia trachomatis verursachten Krankheitsbilder (modifiziert nach Taylor-Robinson (3))

Sichere ursächliche Beteiligung:

Unspezifische Urethritis bis zu 50%

Postgonorrhoische Urethritis bis zu 50%

Zervizitis rund 50%

Endometritis

Salpingitis bis zu 66%

Neugeborenenkonjunktivitis

Neugeborenenpneumonie 30 bis 50%

Pelveoperitonitis Perihepatitis Proktitis

Wahrscheinliche ursächliche Beteiligung bei:

M. Reiter Assoziation in etwa 40%

Epididymitis Prostatitis Bartholinitis Infertilität Endokarditis

Keine Anhaltspunkte für ursächliche Beteiligung bei:

Zervixdysplasie, Abort, Gastroenteritis und M. Crohn

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Chlamydieninfektionen

Infektionen

des Urogenitaltraktes

Beim Mann und seltener auch bei der Frau kann C. trachomatis zur sogenannten „unspezifischen Ure- thritis", auch „nicht-gonorrhoi- sche Urethritis" (NGU) genannt, führen. Im Einzelfall ist die Chlamy- dienurethritis klinisch weder von der Gonokokkenurethritis noch von Urethritiden anderer Genese unterscheidbar. Während die Go- Urethritis meist durch eine stark pu- rulente Sekretion imponiert, ist die Symptomatologie bei der Chlamy- dienurethritis diskreter (9).

Bei beiden Geschlechtern kann die Ausdehnung der Infektion auf den Analkanal zu einer Proktitis führen. Die Erkrankung wird durch homosexuelle Praktiken begünstigt. Chlamydien sind so- mit eine mögliche Ursache des

„Gay bowl syndrome".

Eine Komplikation stellt beim Mann die Epididymitis dar (10).

Wieweit Chlamydien mit dem Reiter-Syndrom ätiologisch in Verbindung stehen, ist noch un- klar. Ebenso ist ihre Bedeutung bei Prostatitiden ungeklärt. Bei der Frau ist die Zervizitis häufigste Manifestationsform einer Chlamy- dieninfektion. Bei Aszension in die Tuben kommt es zur Salpingi- tis. Ein Fortschreiten der Entzün- dung kann zu einer Perihepatitis (Fitz-Hugh-Curtis-Syndrom) füh- ren (11). Auch bei entzündlichen Prozessen im kleinen Becken so- wie bei Bartholinischen Abszes- sen (12) wurden Chlamydien nachgewiesen.

Die Bedeutung der Chlamydien bei Infertilität wird diskutiert. Es ist einleuchtend, daß eine Salpin- gitis oder Epididymitis zu Infertili- tät führen kann. Vorstellbar ist aber auch, daß die alleinige Anwe- senheit von Chlamydien im Geni- taltrakt ohne manifeste Infektion zu einer Störung des Milieus im Genitalsekret führt und dadurch die Funktion der Spermien beein- trächtigt. Erfolgreiche Partnerbe- handlungen mit Tetracyclin bei

positivem Chlamydiennachweis legen diesen Schluß nahe.

Das Lymphogranuloma venereum (L. inguinale) ist eine vorwiegend in Südostasien, Mittel- und Süd- amerika vorkommende, typische Geschlechtskrankheit, die bei uns selten gesehen wird. Das klini- sche Bild ist charakterisiert durch

eine inguinale Lymphknoten- schwellung. Mit Fortschreiten der Infektion kann das Rektum erfaßt werden, es bilden sich Fisteln und Strikturen.

Infektionen am Auge

Die Trachomerkrankung scheint durch einen niedrigen Hygiene-

(3)

I

Nachteile

I

Vorteile

Methode Bewertung

Tabelle 3: Diagnostische Methoden zum Nachweis von Infektionen mit Chlamydia trachomatis

Direktnachweis mit Immunfluoreszenz (IF)

> Resultat in < 1 Std.

> einfacher Proben- transport

> Empfindlichkeit

> Falsch pos. Ausfälle

Für den geübten Untersu- cher als schnelldiagnosti- sche Methode geeignet Direktnachweis

im Enzym-Immuno- Assay (EIA)

> einfacher Proben- transport

> objektive Ablesung

> Empfindlichkeit

> Falsch pos. Ausfälle

> Testdauer ca. 5 Std.

Bei > 20 Proben/Test, Al- ternative zur IF. Resultat liegt in der Regel jedoch erst am folgenden Tag vor

> Bei optimaler Technik hohe Empfindlichkeit

> keine falsch pos.

Resultate

> Aufwendiger Proben- transport

> Untersuchungsdauer 2-3 Tage

Sind die Voraussetzun- gen zur Zellkultur gege- ben, sollte sie zumindest bei negativem Ausfall des Direktnachweises parallel geführt werden

Anzüchtung in der Zellkultur

Antikörpernachweis im Serum

> einfache Proben- gewinnung

> einfacheDurchführung

> geringe Aussagekraft bei unkomplizierten Infektionen

Bleibt als Suchtest speziellen Indikationen vorbehalten

standard begünstigt zu werden.

Sie ist weltweit die häufigste Ursa- che der Erblindung. Durch die In- fektion kommt es zur Konjunktivi- tis mit nachfolgender Narbenbil- dung. Dadurch wird ein multifak- torielles Geschehen eingeleitet, das durch Entropion, Trichiasis und Superinfektion zu einer Trü- bung der Cornea und zur Erblin- dung führt.

Neugeborenenkonjunktivitis, Einschluß-

körperchenkonjunktivitis

Die Quelle dieser benignen und normalerweise selbstlimitieren- den Einschlußkörperchenkon- junktivitis ist der Genitaltrakt.

Chronische Verläufe mit Narben- bildung sind selten.

Das Neugeborene erwirbt die In- fektion beim Durchtritt durch den Geburtskanal. Nach einer Inkuba- tionszeit von 5 bis 14 Tagen:

kommt es zu einer akuten eitrigen Bindehautentzündung, auch un- ter dem Namen „Einschlußblenor- rhoe" bekannt. Die Credösche

Prophylaxe ist unwirksam. Die Prävalenz wird auf etwa 2 Prozent aller Neugeborenen geschätzt (5).

C. trachomatis gehört somit zu den häufigsten Ursachen einer Neugeborenenkonjunktivitis.

Bei der Einschlußkörperchenkon- junktivitis des Erwachsenen han- delt es sich um eine follikuläre Entzündung der Augenbindehaut.

Ob das Synonym „Schwimmbad- konjunktivitis" den Übertragungs- modus richtig charakterisiert, ist fraglich; eine Übertragung durch sexuelle Kontakte ist jedenfalls die Regel.

Infektionen

des Respirationstraktes

Die häufigste respiratorische In- fektionsform durch C. trachomatis stellt die Neugeborenenpneumo- nie dar. Im Alter von 3 bis 12 Wo- chen kommt es, oft nach vorange- gangener Chlamydienkonjunktivi- tis, zu einer interstitiellen Pneu- monie. Eine Rhinitis oder Otitis media kann gleichzeitig vorhan- den sein. Die Häufigkeit wird auf

0,4 bis 2 Prozent (5, 13) aller Le- bendgeburten geschätzt und dürf- te die Ursache für etwa die Hälfte aller Neugeborenenpneumonien sein (13).

Die Bedeutung von C. trachomatis als Erreger von respiratorischen Infekten beim Erwachsenen ist unklar. Bei akuten Pharyngitiden konnte C. trachomatis nicht iso- liert werden (14). Hingegen wurde eine interstitielle Pneumonie als Folge einer Laborinfektion mit einem Lymphogranuloma-vene- reum-Stamm beobachtet (15).

Antikörpernachweis

Alle Chlamydien besitzen ein ge- meinsames komplementbinden- des Gruppenantigen. Dadurch er- faßt die Komplementbindungsre- aktion gleichzeitig Antikörper ge- gen C. trachomatis und C. psittaci.

Etwas empfindlicher ist die indi- rekte Immunfluoreszenz. Der Wert der jeweiligen Nachweisme- thode ist abhängig von der Infek- tionslokalisation. Bei den meist auf die Schleimhaut begrenzten

(4)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Chlamydieninfektionen

Urogenitalinfekten kommt es nur unregelmäßig zur Bildung von meßbaren Antikörpern.

Bei Infektionen dagegen, die die Epithelbarriere durchbrechen, lassen sich Antikörper mit größe- rer Sicherheit entdecken, zum Beispiel beim Lymphogranuloma venereum und bei der Neugebo- renenpneumonie. Urogenitalin- fekte führen den Patienten oft erst recht spät zum Arzt, weshalb selbst bei meßbaren Antikörper- werten ein Titeranstieg oder eine Serokonversion nur selten erfaßt wird.

Ebenso lassen sich bei Reinfek- tionen keine Antikörperbewegun- gen nachweisen, da die Titer nach durchgemachter Infektion nur langsam wieder absinken. Anti- körper der IgM-Klasse sind meist nur kurzfristig zu beobachten und werden auch bei Patienten ohne nachgewiesene Chlamydieninfek- tion gefunden (16).

Erregernachweis

Die Anzüchtung von Chlamydien erfolgt in der Zellkultur (früher im

Hühnerei) mit anschließendem färberischen Nachweis der infi- zierten Zellen. Dazu eignet sich die Lugolsche Lösung, die Giem- sa- oder Giernenez-Färbung so- wie die Darstellung mit Fluores- zein-markierten Antikörpern.

Durch den Einsatz monoklonaler Antikörper wurde der Chlamy- diennachweis erheblich verein- facht und gelingt in Stunden. Län- gere Transportzeiten sind un- problematisch, da die Tests auf dem Nachweis von Strukturbe- standteilen auch toter Mikroorga- nismen beruhen. Hierzu sind die direkte Immunfluoreszenz und der EIA (Enzyme-Immuno-Assay, auf der Basis polyklonaler Antikör- per (17) ) kommerziell eingeführt.

Die meisten Erfahrungen liegen mit der direkten Immunfluores- zenz vor (Abbildung). Eigene Ver- gleichsuntersuchungen dieses

Verfahrens mit der Zellkultur er- brachten allerdings eine deutlich geringere Empfindlichkeit (etwa 70 Prozent) für die direkte Immun- fluoreszenz (18). Die Ergebnisse anderer Untersucher liegen je- doch zwischen 70 bis 95 Prozent (19, 20).

Grund der diskrepanten Resultate könnten die Aufbewahrungsdauer und -art (eingefroren oder bei + 4°

'C) der Probe bis zur Verarbeitung sowie die Herkunft der jeweiligen Abstriche (Urethralabstriche, En- dozervikalabstriche) sein. Die Ab- lesung des Tests setzt eine große Erfahrung voraus. Falsch positive

Abbildung:

Fluoreszenz-mi- kroskopische Auf- nahme einer mit Chlamydien infi- zierten Zellkultur, bei der die intra- zelluläre Lage- rung der leuch- tenden Erreger deutlich erkenn- bar ist; die Im- munfluoreszenz- färbung erfolgte mit monoklonalen Antikörpern

Befunde werden durch Kontami- nation mit Staphylococcus aureus verursacht und sind sowohl beim Immunfluoreszenz-Test (18) als auch beim EIA möglich**). Somit bleibt die Chlamydiendiagnostik vorläufig spezialisierten Laborato- rien vorbehalten.

Entnahme des

Untersuchungsmaterials

Urethral-, Endozervikal- und ge- gebenenfalls auch Analabstriche werden mit einem Watteträger durchgeführt, wobei durch kräfti- ges Drehen Zellmaterial gewon- nen werden muß, da die Erreger intrazellulär lokalisiert sind. Die Tupfer werden auf speziellen Ob- jektträgern abgerollt, die zum Di-

") Krech, Gerhard-Fsadni, unveröffentlichte Beobachtungen

rektnachweis in der Immunfluo- reszenz dienen. Ist ein gekühlter Transport innerhalb 24 Stunden gewährleistet, kann der Tupfer an- schließend in ein Chlamydien- Transportmedium gebracht wer- den, um Zellkulturen zu inokulie- ren. Ein analoges Vorgehen emp- fiehlt sich bei Konjunktivalabstri- chen.

Bei Neugeborenenpneumonien sollte der direkte oder kulturelle Nachweis aus respiratorischen Sekreten versucht werden. Sero- logische Untersuchungen müssen in wöchentlichen Abständen er- folgen.

Die Diagnose „Lymphogranuloma venereum" wird durch färberi- schen Nachweis (Immunfluores- zenz, Giemsa) und Anzüchtung der Chlamydien aus Lymphkno- ten-Punktatmaterial gesichert, wobei im gleichzeitig entnomme- nen Serum hohe Antikörpertiter vorhanden sind.

Therapie

Jede Art einer Chlamydieninfek- tion ist systemisch zu behandeln.

Um Reinfektionen zu vermeiden, müssen die Sexualpartner in die Untersuchung und Behandlung einbezogen werden. Im Gegen- satz zu Gonokokken sind Chlamy- dien grundsätzlich gegen Penicil- line resistent. Bei fortbestehender Symptomatik nach einer Go-Be-

• Fortsetzung auf Seite 404

(5)

lkoholkranke sind die Al- koholabhängigen (in der Bundesrepublik bekanntlich ein bis zwei Millionen) und die übrigen Alkoholgeschä- digten, deren Zahl noch schwerer zu bestimmen ist.

Die Schäden liegen auf kör- perlichem, psychischem und sozialem Gebiet. Dabei han- delt es sich nicht immer um die schwersten Störungen wie Demenz, Leberzirrhose, Ehescheidung und Kriminali- tät. Viel häufiger und sehr einschneidend sind auch psychische Unausgeglichen- heit, verkürzte Lebenserwar- tung, ein Verkehrsdelikt und Entfremdung von den Be- zugspersonen durch über-

mäßigen Alkoholkonsum.

Von den Alkoholabhängigen bleibt trotz verbesserter The- rapien der größere Teil krank; von den Alkoholge- schädigten wird praktisch keiner wieder gesund. Thera- pie reicht also nicht aus, Prä- vention ist vonnöten. Es geht um die (noch) Gesunden und ihr Risiko. Denn jeder, der Alkohol trinkt, ist gefährdet in Richtung Alkoholabhän- gigkeit oder/und Alkohol- schädigung.

Fast jeder trinkt Alkohol. Ei- ne kürzlich durchgeführte Erhebung ergab, daß 97 Pro- zent der befragten Männer und 96 Prozent der Frauen Alkohol zu sich nehmen. Die Quantität ist zwar sehr unter- schiedlich, meist aber hoch.

Für Männer wurde ermittelt:

an einem netten Abend trin- ken 30 Prozent 60 bis 100 Gramm Alkohol, 55 Prozent über 100 Gramm. Aber nur vier Prozent schätzten ihren Alkoholkonsum als hoch

oder sehr hoch ein. In der Sprechstunde hört man oft:

Ich trinke nicht viel. Wenn man nachfragt, sind es abendlich sechs bis acht Fla- schen Bier und noch etwas dazu.

Es gibt zu denken, wie wenig gegen die Entwicklung zum Alkoholismus hin getan wird, während für die Behandlung der eingetretenen Sucht- krankheit immer neue Insti- tutionen, auch in privater Trägerschaft, geschaffen werden.

Alkoholismus-Prävention ist eine Aufgabe nicht nur für Gesetzgeber, staatliche In- stanzen und Medien. Neben die Maßnahmen im großen muß die Vorsorge für den einzelnen treten. Prävention soll sich nicht nur an die Öf- fentlichkeit wenden, sondern mehr noch an den einzelnen So auch in der Sprech- stunde.

P

raktisch jeder Mensch F nimmt Alkohol zu sich.

Deshalb lohnt es sich, bei je- dem Patienten in der Sprechstunde zu erfragen, ob und wie weit er gefährdet ist. Mancher Patient wird al- lein schon durch die infor- mativ gehaltenen Fragen des Arztes nachdenklich. Die meisten sind zu einem ein- gehenderen Gespräch bereit.

Zwei Akzente sollte der Arzt in solchen Gesprächen ver- meiden: Daß er dem Patien- ten die Lebensfreude beein- trächtigen wolle und daß er nur Warnungen und Verbote im Sinn habe. Statt „Du darfst nicht" oder „Du sollst nicht" soll das Gespräch ge- tragen sein von der Devise

che eine bestimmte Menge Alkohol, um sich entspannen zu können, um gesellig zu sein, um gut zu schlafen. Die meisten Menschen wissen nicht, daß diese Effekte nicht von absoluten Mengen ab- hängig sind, sondern von der Gewohnheit und Gewöh- nung. Mancher Patient ist dankbar, wenn er die Erfah- rung macht, daß er auch mit kleinen Mengen Alkohol zu- frieden sein und gut schlafen kann. Mancher stellt überra- schend fest, daß der Schlaf nach kleinen Mengen oder ohne Alkohol sogar besser sein kann. Praktisch jeder, der den Versuch macht, be- stätigt, daß sein Befinden am Morgen und seine Leistungs- fähigkeit am Tage deutlich besser sind, wenn er am Vor- abend weniger getrunken hat.

nie meisten Menschen EJ hierzulande, nach unserer Erhebung 85 Prozent, halten es für selbstverständlich, ja unerläßlich, daß bei geselli- gen Anlässen Alkohol ge- trunken wird. Auch den mei- sten Ärzten dürfte das selbst- verständlich erscheinen.

Aber man muß nicht Absti- nenzler sein, um zu fragen, ob Geselligkeit und Alkohol zwangsläufig miteinander verbunden sind. Wenn der Arzt hierauf aufmerksam macht, stimmt mancher Pa- tient darin zu, daß er zum

Beispiel beim Frühschoppen zwischendurch auch einmal ein alkoholfreies Getränk nehmen könne. Das wird heute von der Gesellschaft weit öfter toleriert als früher.

Seltener hört man von unver- ständigen und spöttischen Reaktionen. In der Regel hört man dann auch die Al- koholproblematik des Spöt- ters selbst heraus. Interes- sant sind in diesem Zusam-

Alkoholismus

Prävention bei Gesunden

(6)

menhang die Erfahrungen mit alkoholfreiem Bier.

Alkoholfrei ist hier allerdings ein Rechtsbegriff, der nicht wörtlich zu nehmen ist. Die- ses Bier darf nämlich Alko- hol bis zu 0,5 Volumenpro- zent enthalten. Das aber ist weniger als ein Zehntel, ver- glichen mit „normalem"

Bier. Oft hört man den Ein- wand, dieses Bier schmecke schlecht oder allzu unter- schiedlich im Vergleich mit dem üblichen Bier. Es gibt jedoch wenigstens eine Mar- ke alkoholfreien Biers, die den Ansprüchen von Bier- trinkern genügen kann. Sol- ches Bier weist beinahe alle Eigenschaften des gewohn- ten Biers auf: es ist wohl- schmeckend und durstlö- schend, hat Nährwert und wirkt entspannend. Was (fast) fehlt, ist der Alkohol, den man aber bekanntlich in dieser Konzentration gar nicht schmeckt. Die übrigen Unterschiede sind nur gradu- eller Natur: alkoholfreies Bier enthält weniger Kalorien (ohne allerdings ein Diätbier zu sein), und die psychi- schen Wirkungen sind schwächer ausgeprägt, da es zwar Hopfen enthält, aber (fast) keinen Alkohol.

Diese beiden Unterschiede müßten eigentlich vorteilhaft bewertet werden, da sie un- erwünschte Gewichtszunah- me und ungewollte psychi- sche Beeinträchtigung ver- meiden helfen. Erfahrungs- gemäß reicht die entspan- nende Wirkung des alkohol- freien Biers den meisten durchaus, zumal diese ja auch durch die „äußeren"

Eigenschaften (Aussehen, Geschmack und so weiter) verstärkt wird.

Man sollte nun vermuten, Mein solches Getränk sei beliebt und weit verbreitet.

Das ist aber bisher nicht der Fall. Nach unseren Erhebun- gen (1984) kennt nur jeder Dritte alkoholfreies Bier,

noch weniger haben es pro- biert. Wer es kennt, beurteilt es jedoch recht gut. Er be- mängelt zwar dieses oder je- nes (unterschiedlich bei den einzelnen Produkten); selten aber (nur von jedem achten) wird der Alkohol vermißt. Die Einstellung ist also nicht durchweg negativ, die Vorur- teile sind anscheinend klei- ner als erwartet. Aber jeder zweite befürchtet, in Gesell- schaft Ablehnung zu erfah- ren, wenn er alkoholfreies Bier trinkt.

nanz anders reagieren Wir- te. Den meisten ist alko- holfreies Bier bekannt, aber kaum einer bietet es an. Wir- te äußern viel mehr Vorurtei- le und unterstellen diese auch den Konsumenten. Sie schätzen also die Einstellung ihrer Kunden falsch ein. Das mag mit eigenen Gewohn- heiten und Widerständen zu- sammenhängen.

Viele Patienten sind dankbar für den Hinweis des Arztes auf dieses Alternativgetränk, insbesondere wenn sie weni- ger trinken wollen, die Ein- schränkung aber bisher schwerfiel. Diese Informatio- nen und Ratschläge gelten nur für „normale" Trinker, also für Gesunde. Bei Alko- holabhängigen muß das Vor- gehen anders sein. Hier hilft nur absolute Alkoholabsti- nenz. Kompromisse werden immer wieder versucht, be- währen sich jedoch nicht, auch nicht Versuche des kontrollierten Trinkens. Ge- tränke mit einem Restgehalt an Alkohol kommen für Ab- hängige natürlich nicht in Frage; aber auch absolut al- koholfreier Wein, Sekt usw.

sind zu vermeiden, da ihnen zu sehr das Odium des Trin- kens anhaftet. Was verhäng- nisvoll für den Alkoholabhän- gigen ist, kann für den Ge- sunden jedoch eine Brücke bedeuten, zum Beispiel ein alkoholarmes Getränk auf

dem Weg zum gemäßigten und kontrollierten Trinken.

Kontrolliertes Trinken gilt als das wünschenswerte Kon- sumverhalten. Es wird höher eingeschätzt als die Absti- nenz. Diese Einstellung geht von der Überlegung aus, wer seinen Konsum steuern kön- ne, sei freier als derjenige, der sich zu einem Verzicht gezwungen sähe. Trifft das zu? Gewiß gibt es auch frei gewähltes Nicht-Alkohol- Trinken (die Begriffe Ver- zichten und Abstinenz klin- gen in diesem Zusammen- hang fast negativ) und ande- rerseits Abhängigkeit von kleinen Mengen bei schein- bar kontrolliertem Trinken.

Jedenfalls sind die Maßnah- men des Arztes bei Gesun- den und Abhängigen unter- schiedlich, wie ja auch zwi- schen normalem und süchti- gem Trinken ein beträcht- licher Unterschied besteht.

Aber es gibt keine scharfe Grenze, sondern eine Stu- fenleiter des Trinkens: gele- gentlich — öfter — regelmäßig

— zunehmend — gewohnt — Gewöhnung — Abhängigkeit.

Jeder „Trinker" ist gefähr- det. Wo der einzelne Patient steht, muß der Arzt erfragen, um den „fortgeschrittenen Trinker" zu erkennen und zu behandeln.

W

er viel von den Gefahren des Alkohols spricht und wer sich aktiv hierum küm- mert, gerät leicht in den Ver- dacht, anderen Lebensfreu- de nehmen und Lebensquali- tät beeinträchtigen zu wol- len. Aber hängt Lebensquali- tät von Quantität ab? Wohl kaum, und gewiß nicht von Alkoholquantitäten.

Professor Dr. med.

Rainer Tölle

Klinik für Psychiatrie der Universität

Albert-Schweitzer-Straße 11 4400 Münster

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 7 vom 12. Februar 1986 (59) 403

(7)

• Fortsetzung von Seite 399 handlung muß daher an eine Dop- pelinfektion mit Chiamydien ge- dacht werden. Mittel der Wahl sind Tetracycline und Erythromy- cin (bei Erwachsenen zum Bei- spiel Doxycyclin 2 x 100 mg/die oder Erythromycin 2 x 500 mg/

die). Die Behandlungsdauer sollte mindestens 10 bis 14 Tage betra- gen. Während einer Schwanger- schaft muß Erythromycin einge- setzt werden. Bei Neugeborenen-

infektionen wird eine Behandlung mit Erythromycin (40 mg/kg/Tag) für 14 bis 21 Tage empfohlen (20).

Literatur im Sonderdruck, zu beziehen über den Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Thomas Krech Institut für Medizinische Mikrobiologie und Virologie der Universität Düsseldorf Moorenstraße 5, 4000 Düsseldorf

Untersuchung der Rupturstelle ist unergiebig, weil man ihr nicht an- sehen kann, ob sie spontan oder traumatisch entstand, vor allem aber, weil die Rißstelle bis zum Kreislaufstillstand von Blut um- spült wird. So sind gewebliche Veränderungen an dieser Stelle am wenigsten zu erwarten. Diese findet man vielmehr in den Rand- gebieten des Hämatoms.

Sind frühere Blutungen ausge- schieden, so kann die aktuelle Blutung zum äußeren Anlaß im Verhältnis der Vor-, Gleich-, oder Nachzeitigkeit stehen.

FÜR SIE GELESEN

Laser-Therapie

villöser Rektumadenome

Die Laserbehandlung von gastro- intestinalen Tumoren gewinnt zu- nehmend an Bedeutung, in erster Linie unter palliativen Gesichts- punkten. Villöse Adenome des Rektums haben eine relativ hohe Potenz der malignen Entartung.

Sie sitzen nicht selten der Mukosa breitbasig auf, so daß eine lokale Exzision mit der Diathermie- schlinge nicht immer gelingt. Bei alten Patienten mit einer sekreto- rischen Diarrhoe aus diesen Zot- tentumoren ist eine operative Re- sektion häufig nicht mehr mög- lich.

Die Autoren berichten über den Einsatz des Argon- und Neodymi- um-Lasers bei 56 Patienten. Bei 42 Patienten ließ sich bei einer 3- bis 24monatigen Nachbeobach- tungszeit eine vollständige Besei- tigung des Tumors nachweisen.

Bei allen symptomatischen Pa- tienten führte eine Fotokoagula- tion von 75 Prozent der Tumorflä- che zu einer klinischen Besse- rung.

Da bei diesem Behandlungsver- fahren eine vollständige histologi- sche Untersuchung des Tumors nicht möglich ist, empfehlen die Autoren den Einsatz des Laser nur (1) bei Patienten mit einem Lo-

kalrezidiv nach vorausgegange- ner konventioneller Behandlung, wenn eine Operation verweigert wird, (2) bei Patienten mit ernsten Kontraindikationen für eine Ope- ration und (3) bei kleinen Tumo- ren, die ansonsten einen großen chirurgischen Eingriff erforderlich machen würden.

Brunetaud, J. M.: Mosquet, L; Houcke, M.;

Scopelliti, J. A.; Rance, F. A.; Cortot, A.; Paris, J. C.: Villous Adenomas of the rectum. Results of Endoscopic Treatment with Argon and Nd:

YAG Lasers. Gastroenterology 89: 832-837, 1985.

Centre Multidisciplinaire de Traitement par Laser, INSERM Unit 279 and Clinique des Ma- ladies de L'Appareil Digestif, Höpital Regional, Lille, Frankreich.

Ursachen von Rupturen arteriosklerotischer Bauchaortenaneurysmen

Anhand zweier Fälle werden eini- ge Teilalspekte besonders im Hin- blick auf das methodische Vorge- hen bei der Untersuchung des Materials und die Folgen für die Praxis dargelegt.

Ist ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Ruptur und Trauma fest- stellbar, erhebt sich die Frage, ob der Unfall nicht auch Folge einer schleichenden Blutung sein könn- te. Blutungsverläufe über Stun- den und Tage sind keine Selten- heit, ebenso kommen mehrzeitige Blutungen vor. Eine histologische

Weiterhin könnte der Unfall als Folge der Blutung, die Blutung als Folge des Unfalls oder beide un- abhängig voneinander aufgetre- ten sein. Ein Kausalzusammen- hang zwischen beiden Ereignis- sen ist am ehesten wahrschein- lich.

Sollte der Unfall Ursache für die nachher einsetzende Blutung ge- wesen sein, findet sich ein freies Intervall. Die Wahrscheinlichkeit eines kausalen Zusammenhangs wird mit zunehmender Zeitdiffe- renz geringer. Ist umgekehrt die vorher auftretende Blutung Ursa- che des Unfalls gewesen, geht dies mit der Symptomatik einer Blutungsanämie einher. Es kommt zu Aufmerksamkeitsstö- rungen und eher leichteren Unfäl- len, da kein plötzlicher Bewußt- seinsverlust eintritt. Auch hier nimmt die Wahrscheinlichkeit ei- nes ursächlichen Zusammen- hangs mit der zunehmenden Zeit- differenz ab.

In gleicher Weise werden die ver- bleibenden möglichen Zusam- menhänge von Unfallereignissen und Blutungen dargestellt und an- hand der beiden eingangs er- wähnten Gutachtenfälle anschau- lich erläutert. Cas

Ramme, H., Mansur, A. M Die Kausalitätsver- hältnisse bei Rupturen arteriosklerotischer Bauchaortenaneurysmen. Lebensversiche- rungsmedizin 5/1985, 135-137.

H. Ramme, Melatengürtel 60-62,5000 Köln 30.

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