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Freiflächen in Großstädten,

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kekte 6er Selelltckakt tür kommunale Sozialpolitik in Kiga.

k>ls. 33^ ^ ——

A l s Manuskript gedruckt für di e Mitglieder der Gesellschaft f ü r kommunale Sozialpolitik i n R i g a .

Die Kedentung iio«

Freiflächen in Großstädten,

Vortrag,

gekslten sm Z. >914 in cker Gesellsckaft für koniniun«le Sozialpolitik in Kiga

Dozent Architekt Scluarcl I^upffer.

VlI. Jalirgang.

Mg«.

D r u c k v o n W . F . H a c k e r . 1914.

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Ois keöeutung von?reikläcken in Srohitüäten.

Von Dozent Architekt E. Kupffer.

M o t t o : D e r K n a b e o h n e S p i e l p l a t z i s t der Vater des Mannes ohne Arbeit.

Joseph Lee.

Hochverehrte Damen und Herren!

Mit der letzten Jahreswende ist Riga in eine neue bedeutungs­

volle Phase seiner stets fortschreitenden Entwicklung getreten. Unsere alte Stadt ist gleichsam über Nacht zur Großstadt geworden. Die Volkszählung vom 5. Dezember 1913 ergab das überraschende Resultat, d a ß d i e E i n w o h n e r z a h l R i g a s e i n e h a l b e M i l l i o n b e r e i t s überschritten hat.

Nach den vorläufig abgestimmten Daten dieser Zählung betrug:

1913 — die Bevölkerung des Stadtgebietes innerhalb der

1905 projektierten Grenzen rund 507,000

die Bevölkerung des Patrimonalgebietes . . „ 9,000

dazu Schiffsbevölkerung „ 1,500

Im ganzen 517,500 Vergleicht man diese Zahl mit denen der früheren Volkszählungen, so sehen wir:

1897 — Bevölkerung des engeren Stadtgebietes . . . 256,000 des Patrimonialgebietes (inkl. Vororte) 25,000 Im ganzen 281,000 1881 — Bevölkerung des engeren Stadtgebietes . . . 179,000 des Patrimonialgebietes (inkl. V o r o r t e ) . . . 15,000 Im ganzen 194,000 Es ergibt sich hieraus ein rapides Wachstum der städtischen Be­

völkerung innerhalb dieser kurzen Zeiträume. In der Tat hat sich d i e E i n w o h n e r z a h l R i g a s i n d e n l e t z t e n 2 0 J a h r e n v e r ­ doppelt, da diese nach statistischer Berechnung 1893 ca. eine viertel Million betrug.

Solch plötzliches Emporschnellen der städtischen Bevölkerung ist charakteristisch für unsere Zeit; es findet seinen Ausdruck auch in dem

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benachbarten Deutschland, wo bei einem Wachstum der gesamten Einwohnerzahl in den Jahren 1871—1905

von 41,000,000 auf 61,000,000, die Stadtbevölkerung allein

von 15,000,000 auf 35,000,000

gewachsen ist, somit die ganze Zunahme der Bewohnnngszahl Deutsch­

lands (rund 20,000,000) ausmacht, während die Landbevölkerung in diesen 35 Jahren die konstante Zahl 26,000,000 aufweist.

Aber auch in anderen großen Städten unseres Reiches finden wir ähnliche Verhältnisse. So betrug die Einwohnerzahl Moskaus kurz vor der französischen Invasion (1812) 300,000; nach 60 Jahren (1871) war dieselbe aus das Doppelte gestiegen, und es genügten weitere 30 Jahre, um (1902) die Bevölkerung Moskaus wieder zu verdoppeln, also auf 1,200,000 zu bringeu.

Diese und ähnliche Zahlen reden eine eindringliche Sprache; sie zeigen uns nur zu deutlich, welche Riesenleistungen dazu gehören, um mit dem gewaltigen Anwachsen der städtischen Bevölkerung in der gedeihlichen Weiterentwicklung der Stadt selber Schritt zu halten.

Es ist darum ein zweifelhafter Vorzug einer Stadt, sich zur Groß­

stadt emporgerungen zu haben; und mit Recht nennt man eine solche den „Vernichtungsherd der Volkskraft", denn sie zieht die Land­

bevölkerung gewaltsam an sich, ohne ihr die notwendigen gesunden Lebensbedingungen zu gewähren. Nicht umsonst erschallt darum heute der eindringliche Ruf an die Städter: „zurück aufs Land", und wir sehen im Westen Europas eine mächtige Bewegung gegen das über­

mäßige Anwachsen der Großstädte, die ihren sprechendsten Ausdruck in der Bildung von Gartenstädten, namentlich in England und in Deutschland, gefuuden hat, wo auf dazu geeignetem Terrain die unab­

weisbaren Vorzüge des Stadtlebens in die mehr natürlichen Be­

dingungen ländlicher Umgebung hineingetragen werden.

Unzweifelhaft erwächst mit der Zunahme der Bevölkerimg einer Stadt, nmsomehr, wenn sie sich zu einer Großstadt entwickelt, was doch nicht aufgehalten werden kann, der Verwaltung solcher Städte eine Reihe ernster Pflichten und schwere verantwortungsvolle Auf­

gaben, welche sich nicht nur aus die zurzeit herrschenden Bedürfnifse beschränken sollen, sondern auch der Zukunft Rechnung tragen müssen.

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um eine normale Entwicklung vorzubereiten, durch weitaus schauende Maßnahmen die Bevölkerung aufzuklären und ihr die Möglichkeit einer gesunden Existenz zu verschaffe«.

D i e M i t t e l , w e l c h e e i n e r S t a d t i h r e n o r m a l e W e i t e r e n t w i c k l u n g gewährleisten und ihrer wachsenden Einwohnerschaft die gesunden Lebensbedingungen bis zu einem gewissen Grade garantieren, sind sehr verschiedener Natur. Die ganze Anlage der Stadt, ihre Planung, der Bebauungsmodus, der innere und der nach auswärts gerichtete Verkehr, die Lebensmittelversorgung, Wasferbeschaffuug, Beleuchtung, K a n a l i s a t i o n , d e r g a n z e k u l t u r e l l e Z u s c h n i t t u n d w i r t s c h a f t ­ lich e Haushalt der Stadt spielen hier eine mehr oder weniger aus­

schlaggebende Rolle. Der komplizierte Verwaltungsapparat einer jeden großen Stadt hat seit altersher mit diesen wichtigen Faktoren ge­

rechnet und sie in den Dienst der Kommune gestellt. Es kann aber schlechterdings nicht geleugnet werden, daß die Mehrzahl der europäischen Städte bei ihrem rapiden Wachstum mit deu genannten Mitteln — auch trotz der gewaltigen Aufwendungen für sie — nicht das erreicht haben, was zu ihrer gesunden Weiterentwicklung in jenem schnellen Tempo erforderlich ist. Einseitige Wirtschaftspolitik, unzulängliche Bauregelu, partikularistische Strömungen haben es in vielen Fällen verschuldet, daß die Entwicklung mancher Stadt einen ungewünschten Verlauf nahm, sich vielfach festrannte und vor nnüberwindbare Schwierig­

keiten gestellt fah.

Ein Hauptgrund für die unnormale und ungesunde Entwicklung^

art einer modernen Stadt ist das materielle Interesse ihrer Bewohner, das heute mehr denn je auf den Gewinn durch Zuwachs des Boden­

wertes gerichtet ist und feinen krassen Ausdruck im gegenwärtigen Bodenwucher, der übertriebenen Grundstückspekulation findet. Es ist hierin ohne Zweifel der Krebsschaden für eine gedeihliche Weiter­

entwicklung unserer Städte zu seheu, der jede fruchtbringende kommunale sozialpolitische Arbeit erschwert und die Leistungsfähigkeit der städtischen Gemeinschaft unterbindet. Solange hierin nicht auf gesetzgeberischem Wege Wandel geschaffen wird, indem der Wertzuwachs städtischen Grund und Bodens nicht zum größeren Teil Privatpersonen in den Schoß fällt, sondern der Kommune zugute kommt, solange kann auch durch die größten Anstrengungen der letzteren für die allgemeine Wohlfahrt kein voller Erfolg erzielt werden.

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Der Gang der Entwicklung moderner Städte hat aber durch seine mannigfachen Mängel oder Ausschreitungen und Verirruugen auch etwas Gutes gezeitigt. Seit den letzten 10 Jahren wird bei a l l e n , d e n S t ä d t e b a u b e t r e f f e n d e n F r a g e n , d e r H y g i e n e e i n e b e ­ sondere Beachtung geschenkt. Sie spielt heute eine einschneidende Rolle in der gesamten Wirtschaftspolitik, namentlich wo es sich um die Erweiterung der Stadt oder um die Sanierung von bestehenden Teilen handelt. Die erhöhte Aufmerksamkeit, welche gegenwärtig der städtischen Hygiene zugewandt wird, verdanken wir den traurigen Erfahrungen, welche man bisher mit den gesundheitlich durchaus unzureichenden Wohnverhältnissen fast aller schuellwachsenden Städte gemacht hat.

L u f t u n d L i c h t , j e n e w i c h t i g s t e n V o r b e d i n g u n g e n a l l e s o r g a n i s c h e n Lebens, sie werden in den eng und hoch bebauten Teilen einer stark bevölkerten Stadt arg eingeschränkt. Es ist eine merkwürdige Tat­

sache, daß der Kulturmensch, der oft fo anspruchsvoll ist in Speise und Trank, einen weit geringeren Wert auf die Qualität der Luft zu legen pflegt, die er minutlich einatmet. Die Gleichgültigkeit, welche wir in dieser Beziehung vielfach an den Tag legen, erklärt sich vielleicht daraus, daß wir meist nicht in der Lage sind uns eine bessere Luft zu schaffen, daß diese auch sür Geld nicht überall zu haben ist und daß dieselbe wiederum doch nichts kostet und von jedermann in gleicher Weise beansprucht werden kann. Andrerseits ist es aber auch Tat sache, daß bei der Stadtbevölkerung gerade die zur Verarbeitung der Luft dienenden Organe, die Lungen und Schleimhäute, die über­

wiegende Zahl der Erkrankungen ausmacht, sofern man von zeitweisen Epidemien und den Erkrankungen der Kinder im Säuglingsalter absieht.

Tuberkulose, Lungenentzündung, Halskrankheiten sind spezifisch städtische Krankheiten, die einen nicht geringen Prozentsatz der Sterblichkeit unserer Stadtbewohner bedingen.

D i e S t e r b e z i f f e r * ) i n u n s e r e m a n W o h l f a h r t s e i n r i c h t u n g e n doch nicht armen Riga ist leider keine geringe, sie ist zwar innerhalb der letzten 30 Jahre von 25 auf 20°/»» gesunken, steht aber eben noch wenig günstiger als in Petersburg (ca. 25"/»») und Moskau (ca. 30"/»»).

Doch auch die meisten großen deutschen Städte erfreuen sich in dieser Beziehung kaum besserer Verhältnisse. Allerdings ist dort in den letzten 10 Jahren schon ein merklicher Rückgang der Sterblichkeit zu

*) Zahl der Sterbefälle pro 1000 Einwohner in: Jahr.

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verzeichnen (Berlin 20"/««—15"/««, Dresden und Leipzig 19"/««—14"/««, Hamburg 17",V,« - 14"/««, Wien 21"/««—16"/««). Der Grund für diese hohe Sterbeziffer in den meisten großen Städten unseres Kontinents liegt zweifelsohne in den ungesunden Wohnverhältnissen, in denen wir somit einen Hauptübelstand der Großstädte zu erkennen haben; es i s t v o r a l l e m d e r M a n g e l a n S o n n e n l i c h t u n d a n f r i s c h e r Lust, bedingt durch die übermäßig enge und hohe Bebauung der Grundstücke, welche wiederum ihre Ursache in den ganz unnatürlich emporgeschraubten Bodenpreisen hat.

D i e B e s i e d e l u n g s d i c h t i g k e i t d e r e i n z e l n e n S t a d t g e b i e t e Rigas erhellt aus folgenden Zahlen:

G e b i e t Größe in Hektar ^)

Einwoh­

nerzahl

Wohndich­

tigkeit pro Hektar

Zahl der Grund­

stücke

Behau­

sungsziffer Innere Stadt . . . 164,89 28,874 175,« 1153 25,«t Petersburger Stadtteil

(ohne Vorortbezirk) . 1064,sz 117,412 110, 3 1740 67,5 Moskauer Stadtteil . 818,ss 195,345 238,8 2490 78. 5

Mitauer Stadtteil. . 1638, 5 « 99,725 60, s 2778 35,9 Summa . . . 3686,,4 441.356 119, 7 8161 54,i Außengebiet (inkl. Vor­

o r t b e z i r k ) . . . . 4520 65,543 14, 5 3046 21, 5

S t r o m f l ä c h e . . . . 808 1448 1,8 I . g. Stadtgebiet

(proj. Grenzen v. 1905) 9,014 508,347 54, 5 11,207 45, 3

Patrimonialgebiet . . 62,834 9,022 0, 1 4 3

Insgesamt . . 71,848 517,369 7,2

Die dichte Besiedelung des engeren Stadtgebietes, namentlich aber der Moskauer Vorstadt, trotzdem hier der niedrige Holzbau bei weitem vorherrscht, ergibt sich einerseits aus der Zahl der Bewohner, welche durchschnittlich auf 1 Hektar (2197 Qnadr.-Faden) wohnen, andererseits aus der sogeuannten Behausungsziffer, unter welcher die durchschnittliche Anzahl der Bewohner eines Grundstückes zu ver­

*) 1 Hektar 100 X 100 Meter - 2197 ^ Fade«.

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stehen ist. Die letztere Zahl erscheint für Riga allerdings recht hoch, um so mehr, als in obiger Tabelle auch die unbebauten Liegenschaften mitgezählt sind und es sich, speziell für den Moskauer Stadtteil, doch zumeist um kleine Grundstücke handelt.

Die zum Vergleich angezogene Behausungsziffer einiger größeren Städte Deutschlands weist für das Jahr 1905 folgende Zahlen auf:

Berlin 77,5; Breslau 52; Hamburg 36,8; Königsberg 30,3; Dresden und Leipzig 27,7; Düsseldorf 20,1; Köln 16,4; Bremen 8 (wo das Einfamilienhaus vorherrscht). Dem gegenüber: London 7, Moskau ca. 70, Paris und Petersburg ca. 77.

Die vorstehend angegebenen und laut statistischen Daten speziell für den gegenwärtigen Stand m Riga ermittelten Zahlen, die hohe Sterbeziffer und die verhältnismäßig starke Behausung erheischen mit zwingender Notwendigkeit eine ernste Beschäftigung mit der Frage:

„ W i e i s t d e m z u r z e i t b e s t e h e n d e n Ü b e l s t a n d e a b z u h e l f e n , o d e r , z u m m i n d e s t e n , w e l c h e M i t t e l s i n d a n z u w e n d e n , d a m i t s i c h d i e g e s c h i l d e r t e n V e r h ä l t n i s s e i n a b s e h b a r e r Z e i t n i c h t w e s e n t l i c h v e r s c h l i m m e r n ? "

Bei der rapiden Zunahme der städtischen Bevölkerung und der in Riga herrschenden regen Bautätigkeit, die gegenwärtig — wohl zu eigenem Heil — einer stilleren Periode entgegengeht, ist anzunehmen, daß die Intensität der Bebauung in unserer Stadt immer sortschreitet und damit auch die Dichtigkeit der Besiedelung, sowie die Behausungs­

ziffer noch wächst, während wir doch eigentlich schon jetzt an der Grenze des Zulässigen angelangt sind und diese für das engere Stadtgebiet rechts von der Düna, namentlich aber in der Moskauer Vorstadt, bereits überschritten haben. Lassen wir der bisherigen Entwicklung der Stadt, speziell deren Bebauung, ihren Lauf, so müssen wir gewärtig sein, nach 20 Jahren die doppelten Zahlenwerte für die durchschnittliche Wohndichtigkeit resp. Behausungsziffer erreicht zu haben, in der Mos­

kauer Vorstadt vielleicht sogar das Drei- bis Vierfache.

Dieses würde aber einen schmähligen Bankerott städtischer sozialer Fürsorge bedeuten und unserer guten alten Stadt eine schwere Schädigung zufügen. Es muß sich deshalb um radikale Mittel handeln, welche die hier drohende Gefahr abzuwenden vermögen; zugleich gilt es schwere materielle Opfer seitens der Kommune, die aber auch dem einzelnen Bürger nicht erspart werden können, und die man

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gerne bringen sollte, da es sich hier direkt um das allgemeine Wohl der Stadt und deren Bevölkerung handelt.

Ein bedeutsamer Schritt nach dieser Richtung ist bereits in dem neuen Projekt der Bauregeln für Riga gemacht worden, durch welche die allzu intensive Ausnutzung des Bodens zugunsten besserer hygienischer Verhältnisse wesentlich eingeschränkt wird, nach denen Licht und Luft wieder mehr zu ihrem Recht gelangen, indem unter anderem die Staffelordnung für die einzelnen Bezirke eingeführt und der Fabrikbau auf gewisse Gebiete beschränkt werden soll.

Mit der Einführung neuer Bauregeln und einer systematischen Wohnungsinspektion läßt sich aber die brennende Frage der Über­

völkerung noch nicht lösen, die notwendige Aufbesserung der sanitären L e b e n s b e d i n g u n g e n n i c h t e r r e i c h e n . A u c h d i e b e v o r s t e h e n d e V e r ­ besserung der Verkehrsverhältnisse durch Freigabe der alten Eisenbahnbrücke und teilweise Hochsührung der die Stadt durchziehenden Eisenbahngeleise, sowie durch Erweiterung des Tramway-Verkehrs, welcher die Außenbezirke und Vororte der Stadt einer Besiedelnng mehr erschließen wird, genügen noch nicht zur Schaffung der Vor­

bedingungen für eine gedeihliche Weiterentwicklung unserer Stadt.

Es gilt eben noch ein drittes Mittel anwenden, welches neben e i n e m r a t i o n e l l e n B a u g e s e t z u n d g ü n s t i g e n V e r k e h r s v e r h ä l t n i s s e n z u d e n u n e n t b e h r l i c h s t e n m o d e r n e n W o h l f a h r t s e i n r i c h t u n g e n e i n e r großen Stadt gehört und von deren Verwaltung in entsprechender Weise zu handhaben ist. Es handelt sich hier um die sogenannten Freiflächen innerhalb der Großstadt.

Wenn wir unter Freiflächen im allgemeinen diejenigen Teile des Stadtgebietes verstehen, welche von einer Bebauung und vom großen V e r k e h r a u s g e s c h l o s s e n s i n d , a l s o a u c h W a s s e r f l ä c h e n , K i r c h ­ h ö f e u n d l a n d w i r t s c h a f t l i c h g e n u t z t e o d e r b r a c h l i e g e n d e Territorien, so sind unter diesem Ausdruck in erster Reihe diejenigen im Weichbilde der Stadt liegenden Plätze zu verstehen, die als ö f f e n t l i c h e P r o m e n a d e n , P a r k s o d e r f ü r S p i e l - u n d S p o r t ^ zwecke freigegeben sind und von der Kommune angelegt resp.

erhalten werden.

Es handelt sich also im engeren Sinne um die sogenannten Grünflächen, die „Lungen der Stadt". In den heutigen dichtbe­

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völkerten Großstädten ist in der Tat die Frage des städtischen Grüns für jung und alt eine Lebensfrage geworden. Man verlangt Ersatz für die in der Stadt zu entbehrenden Annehmlichkeiten und Vorzüge des Naturgenusses, aber es ist auch überzeugend nachgewiesen worden, d a ß d a s s t ä d t i s c h e G r ü n n i c h t n u r e i n G e n u ß , s o n d e r n a u c h e i n e Notwendigkeit für die Bevölkerung bedeutet, daß es zur Erhal­

tung ihrer Gesundheit und Leistungsfähigkeit unentbehrlich ist.

Die Bedeutung der Freiflächen überhaupt, vornehmlich aber der Grünflächen, liegt, sosern sie entsprechend angelegt und unterhalten werden, in ihren wichtigen hygienischen Vorzügen gerade dort, wo große Menschenmassen auf beschränktem Flächenraum zusammengedrängt wohnen. Sie bilden mit ihrer weit besseren Luft ein unentbehrliches Reservoir für die umwohnende Bevölkerung, zugleich einen Erholungs­

und Tummelplatz, wo körperliche Erfrischung geboten und freie Be­

wegung geübt werden kann. Sie haben aber noch weiter den Zweck, d i e S t a d t b e w o h n e r , i n s b e s o n d e r e d i e J u g e n d , z u g e s u n d e r s y s t e m a ­ tischer Körperentwickelung anzuspornen und ihr die Möglichkeit der Ausübung von Spiel und Sport in der Nähe ihres Wohn­

ortes zu verschaffen.

Wie groß und in welcher Zahl solche Grünflächen vorhanden fein müssen, hängt natürlich von den jeweiligen Umständen ab, von der Besiedeluugsdichtigkeit, vom Charakter der Anwohner und von äußeren Umständen, die von Fall zu Fall mitsprechen. Im allge­

meinen gilt der Satz: je mehr Grün — desto besser! Ober­

baurat Or. I . Stübber stellt die Forderung, daß auf je 50,000 Einwohner normalerweise je 10 Hektar (ca. 22,000 üü Faden) öffent­

licher Parkanlagen entfallen sollen (etwa 2 — 21,5 l^Fnß pro Stadt­

bewohner). Bei dichtbesiedelten Stadtgebieten (etwa 250 Köpfe pro 1 Hektar) müßten demnach die öffentlichen Parks etwa 5A der Ge­

bietsfläche ausmachen. Mit Einschluß der bepflanzten Plätze und Promenaden oder gärtnerisch behandelten Straßen sollte aber die gesamte öffentliche Grünfläche das Doppelte betragen, nämlich 10 I der Stadtfläche.

Es ist hervorzuheben, daß in bezug auf Freiflächen überhaupt Riga, dank feiner natürlichen Lage und Umgebung, von Hause aus ganz besonders günstig gestellt ist: es besitzt in seiner Mitte die breite Wasserfläche der Düna und an der Peripherie den Stintsee, sowie

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1.

11 Plans von Lüiicsgoer VoIkspÄrI<s, Qrösss )s

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ausgedehnte Waldungen, die ja von unschätzbarer hygienischer Be­

deutung sind und uns vor vielen anderen Großstädten einen ganz wesentlichen Vorsprung in bezug auf Beschaffung und Erhaltung von Freiflächen gewähren.

Das gegenwärtige erweiterte Stadtgebiet Rigas (siehe Plan, Abb. 2) umfaßt uach den von der Stadtverwaltung im Jahre 1905 projektierten und der Reichsregierung zur Bestätigung vorgestellten Grenzlinien (ohne Patrimonialgebiet): 9014 Hektar (— 8251 Dessjätinen oder 79,2 Werst); davon entfallen:

auf die Stromfläche 808 da

öffentliche Grünflächen (Parks, Anlagen, Squares) 70 „

alte Friedhöfe 114 „

Zentralfriedhof 91 „

Volkspark „Kaiserwald" 568 „

In Summa: städtische Freiflächen 1651 da Rechnet man dazu:

die größeren Anlagen von Gesellschaften und Vereinen

(inkl. Arbeitergärten, rund 20 da) . . . . ca. 55 da

„ wald- und parkreichen Villenviertel

(inkl. Peterpark, rund 60 da.) ca. 200 „

„ ausgedehnten Waldungen (exkl. „Kaiserwald") ca. 707 „ in Summa 962 da, so verfügt Riga tatsächlich über ein gewaltiges Areal von Freiflächen (ca. 2600 da), und im Speziellen Grünflächen (ca. 1800 da), welche der Stadtbevölkerung mehr oder weniger zugute kommen (s. Abb. 3).

Von unmittelbarem Nutzen für die hier am meisten in Frage kommenden Bewohner der dichter besiedelten Stadtteile ist von diesen Freiflächen jedoch nur ein kleiner Teil, da die großen Grünflächen (Kaiserwald) weit außerhalb liegen, die Stromfläche und Kirchhöfe aber bei ihrer eingeschränkten Benutzung zunächst sür den Zweck der Volksgesundheit nur als Luftreservoir in Betracht kommen. Es ver­

b l e i b t s o m i t d e r k l e i n e R e s t v o n 7 0 d a ö f f e n t l i c h e r P a r k s u n d Anlagen, die der Bevölkerung der dicht bewohnten Stadtgebiete zugleich als Erholungs- und Tummelplatz dienen können. Rechnet m a n h i e r z u u o c h d i e e i n e H ä l f t e d e s i m E n t s t e h e n b e g r i f f e n e n P e t e r ­ parks mit ca. 30 da, während die andere Hälfte von Wegen und

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bebauten Grundstücken eingenommen werden soll, so erhalten wir r u n d 1 0 0 d a G r ü n f l ä c h e n , w e l c h e a u f d a s e n g e r e S t a d t g e b i e t von 3686 da verteilt und dessen 441,000 Bewohnern zur direkten Nutznießung von der Stadt überlassen sind. Das macht 2,? S der Gesamtfläche dieses Gebietes oder gegenwärtig 2,3 (ca. ^ Faden) pro Bewohner desselben.

Dieses Verhältnis würde zurzeit genügen, wenn nicht unsere Parks und Gartenanlagen sehr ungleich im Stadtgebiet verstreut wären und wenn nicht die Nutzung derselben eine stark eingeschränkte wäre; denn sie eignen sich als „Zierparks" wohl trefflich zur be­

schaulichen Erholung und zum genußreichen Promenieren, nicht aber im Sinne von „Nutzparks" für eine freie körperliche Bewegung, da in ihnen für Spiel und Sport teils gar nicht, teils nur in allzu ge­

ringem Maße gesorgt ist. Bedenkt man ferner, daß die Einwohner­

zahl Rigas rapid wächst, so erscheint es unabweisbar notwendig, an eine umfassende Erweiterung der Grünflächen zu schreiten und diese insbesondere auch aus die an ihnen bis jetzt armen Stadtgebiete aus­

z u d e h n e n , w i e n a m e n t l i c h d e n g a n z e n M o s k a u e r u n d d e n z e n t r a l e n P e t e r s b u r g e r S t a d t t e i l .

Sollte sich die Bevölkerung Rigas nach zwanzig Jahren ver­

doppelt haben, was nach den bestehenden Tendenzen durchaus an­

zunehmen ist, so müßten auch die Grünflächen zum mindesten dem­

e n t s p r e c h e n d v e r m e h r t w e r d e n . E s b e d a r f d a z u d e r f r ü h z e i t i g e n Sicherung entsprechender Territorien: zunächst größerer Streifen an d e n F l u ß u f e r n u n d a n k l e i n e r e n G e w ä s s e r n , d i e s i c h b e s o n d e r s f ü r landschaftlich reizvolle und vielseitig benutzbare Anlagen eignen; ferner der bereits bestehenden privaten Parks oder größeren Gärten, ge­

schlossener oder in absehbarer Zeit zu schließender Friedhöfe und über­

haupt aller mit älteren und wertvollen Bäumen bestandenen Gründe.

Endlich kommen da solche Grundstücke in Betracht, die an geeigneter Stelle liegen und zurzeit von keinen größeren Bauobjekten eingenom­

men sind. Selbstverständlich ist die Hergabe oder der Erwerb solcher Territorien seitens der Stadt mit sehr bedeutenden Unkosten verbun­

den, doch je früher man die Notwendigkeit solcher Opfer einsieht, und je früher man sich zu ihnen entschließt, desto vorteilhafter fährt man. Aus ein gewisses Entgegenkommen von seiten der jeweiligen Eigentümer der in Frage kommenden Liegenschaften dürfte die Stadt

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immer rechnen, da es sich hier doch um ein großzügiges gemeinnütziges Unternehmen handelt, das allen zugute kommt. Anderseits muß auch damit gerechnet werden, daß der Wert des Grundes in einer durch schöne Parkanlagen verbesserten Gegend ganz bedeutend steigt, was sowohl den dortigen Grundstückeignern als auch der Stadt wiederum zu direktem materiellen Nutzen gereicht.

Was nnn die eigentliche Anlage der Grünflächen anbetrifft, so wären da dreierlei Arten zu unterscheiden, die je nach dem speziellen Zweck, welchem sie dienen, nach Lage, Form und Anordnung ver­

s c h i e d e n z u b e h a n d e l n s i n d . I n e r s t e r R e i h e k ä m e n d i e S p o r t - nnd Spielplätze in Betracht, an denen es ja leider in Riga noch fast vollständig gebricht. Diese Plätze wären nach den in Berlin und an anderen Orten angestellten Erhebungen derart im Stadtgebiet zu verteilen, daß auf je 50,000 Einwohner, denen etwa 6000-8000 Schulkinder entsprechen, 6—8 I,a Spielfläche vorhanden ist (danach sollte Riga schon jetzt über etwa 60—80 ba an Sport- und Spiel­

plätzen verfügen). Die einzelnen Plätze müssen innerhalb der Stadt in der sogenannten „Kinderwagenentfernung", also höchstens 10 Minuten (ca. '/s Werst), von jedem Hause zu erreichen sein; ihre Fläche sollte nicht weniger betragen als 1 ba., und sind diese Plätze abseits vom Verkehr an windgeschützter sonniger Stelle anzulegen, mit schattigen Bäumen, Kies- und Rasenflächen, im Winter mit Schlitt­

schuhbahn und Schneebergen, sowie mit einem Schutz- oder Sport­

häuschen zu versehen, wie überhaupt nach jeder Richtung für ihren Zweck anzuordnen und einzurichten. „Aus den zerrissenen Schmuckplätzeu der 80er und 90er Jahre wird hier der einheitlich geschlossene Raum, der im Getümmel der Straßen wie ein festlich grüner Saal daliegt."

Möge es Riga vergönnt sein den Segen ausreichender öffent­

licher Spiel- und Sportplätze für unsere heranwachsende Jugend, die in ihrer freien Zeit vielfach auf die Straße augewiesen ist, mit ihren Gefahren und ihrem Staube, nicht lange missen zu müssen. Der Anfang zu dieser unerläßlichen Wohlfahrtseinrichtung ist bereits ge­

macht: im Peterpark ist der erst öffentliche Sportplatz soeben einge­

richtet; das Rigasche Stadtamt verlangt bei Parzellierungsprojekten für größere Grundstücke die Überlassung gewisser Flächen für den besagten Zweck, und auch das Unterrichtsministerium wendet den Kinderspielplätzen neuerdings seine Aufmerksamkeit zu.

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Die zweite Art der hier in Frage kommenden Freiflächen sind die Grünstreifen, welche sich unter möglichster Umgehung der großen städtischen Verkehrsstraßen und dichtbewohnten Gebiete strahlen- förmig nach den Außenbezirken erstrecken, damit diese vom Zentrum der Stadt nach allen Richtungen bequem und in angenehmer, gesunder Umgebung erreicht werden können. Sie bilden eine Kette von Parks mit Promeuadeu, Spiel- und Sportplätzen und führen auf breit an­

gelegter chanfsierter Straße, die dem Lastenverkehr verschlossen ist, an Wasserläufen und Villenvierteln vorbei. — Auch für unsere Stadt erscheint die noch fehlende Anlage solcher Grünstreifen nach den verschiedenen ländlichen Außengebieten notwendig. Der hinaus­

strömenden erholungsbedürftigen Bevölkerung, den Reitern, Radlern und Autofahrern ist bis jetzt nicht die Möglichkeit gegeben, aus der geräuschvollen, ungesunden Stadt schnell uud unbehindert ins Freie zu gelangen; sie müssen die belebten langen Hauptstraßen passieren und dort die Verkehrsbelästigung vergrößern. Hier tut Abhilfe dringend not und die Stadtverwaltung sollte zeitig daran denken sich solche grüne Ausfallstraßen zu sichern.

Drittens endlich ist es der „Wald und Wiesen gürtel", der grüne Ring der Großstadt, den diese nicht gut missen kann, als eine unantastbare Reserve an guter Luft und gesunder ländlicher Umgebung.

Und Riga ist ja reich an einer solchen, hat in seinem eigenen Gebiet nach allen Seiten ausgedehnte Kiefernwälder (ca. 1275 da — 11 Qnadratwerst), schöne Wiesen sowie fruchtbares Ackerland und weite Torfmoore. Hier gilt es zunächst das Vorhandene forglich hüten und erhalten, wo nötig nachzuhelfen und die Lücken auszufüllen. Ins­

besondere aber wäre es die Aufgabe der Stadtverwaltung, diesen Wald- uud Wieseugürtel der städtische» Bevölkerung in erweitertem Maaße zu erschließen, wie solches zum großen Teil im sogenannten

„Volkspark Kaiserwald" eben schon geschieht. Mit dieser bedeutungs­

vollen Tat hat die Stadt Riga zu ihrem 700 jährigen Jubiläum den ersten großen Schritt in dem hier behandelten Sinne getan.

Vor bald 200 Jahren legte Peter der Große den ersten, bis jetzt umfangreichsten öffentlichen Garten in unserer Stadt an und pflanzte dort 172l den berühmten Baum. Seinem Beispiel folgend und sein Andenken ehrend wird heute au der Herstellung des Peterparks ge­

arbeitet. Vor ca. 50 Jahren fielen in Riga die ehemaligen Festungs­

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wälle, welche die alte Stadt einschnürten: sie wichen den heutigen Kanalanlagen. Seitdem ist stets eifrig an der Erweiterung des städ­

tischen Grüns gearbeitet und Mustergültiges dabei geleistet worden.

In nächster Zeit soll noch der eiserne Ring der Schienen, wenn auch nicht verschwinden, so doch wesentlich gelockert werden. Auch damit wird unsere Stadt mehr zu Luft kommen. Möge nun das Licht der Erkenntnis auch die Fesseln von Vorurteil und Materialismus b e i u n s d u r c h b r e c h e n u n d m ö g e e i n g r ü n e r G ü r t e l d a s a l t e R i g a f ü r alle Zeit umschließen; möge die Farbe der Hoffnung und des gesunden Lebens sich auch im Inneren der Stadt weiter ausbreiten!

D a f ü r g i l t e s n i c h t n u r ö f f e n t l i c h e s I n t e r e s s e f ö r d e r n , s o n d e r n a u c h e i n ö f f e n t l i c h e s G e w i s s e n w e c k e n !

D e r g e g e n w ä r t i g e B e s t a n d a n F r e i s l ä c h e n ( c a . 2600 da) innerhalb der projektierten Grenzen des Rigaschen Stadtgebietes (9014 da) wird vom Vortragenden durch eine schematifche Darstellung (Abb. 3) illustriert, iu welcher die Größe der gesamten Grünflächen (ca. 1800 da), und zwar die öffentlichen Parks und Anlagen (ca. 70 da) getrennt voll den nicht öffentlichen Gärten, Kirchhöfen, Laubenkolonien und Villenvierteln (zusammen ca. 460 da) und die Waldkomplexe (ca.

1275 da) sowie das ganze Stadtgebiet selber in Form von entsprechend abgestuften Quadraten und die dazugehörige Stromfläche (808 da) als Streifen angegeben sind. Es wird hierdurch das Verhältnis der Größe dieses Stadtgebiets zu den der Bebauung überlassenen Flächen (ca. 71"/«), den gegenwärtig bestehenden Freiflächen (mit Düna fast 29 V«), den gesamten Grünflächen (ca. 20 <V») und im Speziellen zu den öffentlichen Parkanlagen (0,?? V») veranschaulicht.

Wie etwa die in den nächsten 20 Jahren noch zu schaffenden öffentlichen Grünflächen im Stadtgebiet verteilt werden könnten, ist in allgemeinen Zügen aus dem beigefügten Plan (Abb. 2) angedeutet.

Zunächst sind 6 vereinzelte Spiel- und Sportplätze (von ca. 1 da Fläche) in dem Petersburger sowie Moskauer Stadtteil, zwischen der Alexanderstraße und der Pleskauer Eisenbahnlinie, an­

geordnet, zu denen vorzugsweise der Stadt gehörige und zurzeit von Militärkasernen eingenommene Grundstücke ins Auge gefaßt wurden.

Ein größerer Binnenplatz ist außerdem zwischen der Marienstraße, Färberstraße, Matthäi- und Artilleriestraße projektiert.

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Ferner sind 4 Grünstreifen vorgesehen, die aus der inneren Stadt in radialer Richtung nach den Außenbezirken führen und zu einander annähernd rechtwinkelig liegen. Der erste dieser Grünstreifen, der wohl als der wichtigste und einem dringenden Bedürfnis am meisten entsprechende anzusehen ist, da er dem an Grünflächen so armen Moskauer Stadtteil zugute kommen soll, beginnt am Dünakai beim Ausgang der Nikolaistraße, erstreckt sich als baumbestandene Promenade von dort über den heutigen Markt und jenseits der Eisenbahnlinie mit einzelnen platzartigen Erweiterungen die Uferstraße flußaufwärts bis zur Inselgruppe von Lübecksholm, wo an Stelle der gegenwärtigen öden Holzstapel und Sägemühlen ausgedehnte Parks sowie Plätze für Spiel und aller Art Sport angelegt werden sollen, welche die ganze jetzt arg verwahrloste und verunstaltete Gegend zu einer, ihrer natürlichen Schönheit entsprechenden, besonders wertvollen und bevorzugten umgestalten würden.

Ein zweiter wichtiger Grünstreisen ist durch den Petersburger Stadtteil uach dem Kaiserwald und dem Stintsee gedacht. Er beginnt gleichfalls am Ausgang der Nikolaistraße, führt längs der Düna und dem Andreashafen zum Kaiserlichen Garten, folgt dann dem Zuge der Hansastraße bis zum Gartenbauverein und einer neuen breit anzulegenden Avenue zwischen der Traberbahn und dem Wagner- schen Garten; schneidet weiter die Elevatorbahn, die Rote Düna bei Eichenheim und die Mühlgrabener Eisenbahn, um jenseits dieser den Zentralsriedhos und den „Volkspark Kaiserwald" zu erreichen, durch den er bis zum Zoologischen Garten und dem Stintsee führt. Auf diesem gauzen Wege, der sich besonders für Spazierfahrer eignen dürfte, liegen abwechselnd Parks, sowie Spiel- und Sportplätze verschiedener Größe, Villenviertel und ein ausgedehnter Ausstellungsplatz am Ende der Stadtweide.

Der dritte und der vierte Grünstreifen erstrecken sich durch das Stadtgebiet links von der Düna, wobei der eine, vom jenseitigen Ende der zukünftigen Nikolaibrücke beginnend, sich über den südlichen Teil der Insel Klein-Klüversholm ausbreitet, die Sunde in der Gegend des „Philosophenganges" überbrückt, der Dünamündschen Straße folgt und an den Lämmerbergen vorbei Jlgezeem durchzieht, um bei dem ehrwürdigen Weißenhof refp. auf der Spilwe zu enden, deren weite freie Ebene ein ideales Flugfeld abgeben dürfte.

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Der letzte der dargestellten Grünstreisen, der zurzeit vielleicht weniger als die anderen einem ausgesprochenen Bedürfnis entgegen­

kommt, aber von der Natur und durch bestehende Anlagen bereits so gut wie vorhanden ist, nimmt seinen Anfang am Rankschen Damm, also mit dem Peterpark, zieht am Thorensberger Garten vorbei und f o l g t v o n h i e r a u s d e u l a n d s c h a f t l i c h r e i z v o l l e n U s e r n d e s M a r i e n ­ mühl enteich es und -Baches über die Bahnlinie nach Lindenrnh und den angrenzenden Waldungen.

Noch zwei weitere Grünstreifen ließen sich jenseits der Düna vorteilhaft anlegen, der eine längs der Kandauer Straße unter Be­

nutzung der dort belegenen schönen alten Höfchen, der andere etwa am Kühleweinschen Graben und der Banskeschen Straße entlang, an d e n S e i s e n b e r g e n v o r b e i n a c h B i e n e n H o f .

Die Gesamtstäche der für die nächsten 2 Dezennien in Vorschlag gebrachten Grünstächen (Spiel- und Sportplätze sowie 4 Grünstreifen) beträgt ca. 200 Hektar, oder gegen 2 Quadratwerst.

Zur Demonstrierung ähnlicher Grünanlagen in anderen Städten wurde vom Vortragenden eine Serie von Lichtbildern vorgeführt.

Als mehr oder weniger gelungene Beispiele, zunächst für die A u s g e s t a l t u n g v o n S p i e l - u n d S p o r t p l ä t z e n i n n e r h a l b d e r Stadt, verdienen die Düsseldorfer Anlagen besonderes Interesse, bei denen unter Leitung des Gartendirektors Freih. v. Engelhardt (unseres Landsmannes) von Jahr zu Jahr eine mehr rationelle Aus­

nutzung für die spezielle Zweckbestimmung solcher Anlagen zutage tritt.

Der höchsten Steigerung intensiver Nutzbarmachung von verhältnis­

mäßig kleinen in den engbesiedelten Teilen der Stadt zerstreuten Plätzen für Spiel und Sport begegnen wir in Chicago (Abt. 1), wo nach dieser Richtung in den ersten Jahren unserer Jahrhunderts Muster­

gültiges geleistet worden ist, wo dank der Einsicht und der Opfer­

willigkeit der Bevölkerung 42 Millionen Mark für diese kleinen Volks­

parks ausgegeben werden konnten und wo eben an noch großzügigeren Anlagen in ähnlichem Sinne eifrig gearbeitet wird. Überhaupt sind die amerikanischen Großstädte, namentlich auch New-Jork und Boston, in radikaler Weise und bahnbrechend für die Schaffung neuer Grünflächen vorgegangen, was die enormen Aufwendungen an Mitteln beweisen, welche für diesen Zweck in jenen Städten zu ver­

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zeichnen sind. In ähnlicher Weise ist unter den europäischen Städten insbesondere London zu Werke gegangen; hier hat schon mit der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts das Bestreben für die Beschaffung öffentlicher Parks in und außerhalb der City erfolgreich eingesetzt, so daß Groß-London gegenwärtig mehr als 7000 ka. an Parkanlagen und Wäldern unterhält, was etwa 8 öffentlicher Freiflächen auf den Kopf der Neunmillionenstadt ausmacht.

A u c h i n P a r i s , d a s a u s d e r Z e i t L e n ö t r e s u n d s c h o n f r ü h e r wohl als die erste Stadt mit systematischen Parkanlagen anzusehen ist, und wo der Absolutismus Napoleons III. durch schonungsloses Vorgehen Hausmanns die berühmten Boulevards schuf, die — mehr unter strategischen Gesichtspunkten entstanden — tatsächlich einen hervor­

ragenden Schmuck der Hauptstadt ausmachen, wird heute auf eiue rationelle Weiterentwicklung des Parksystems im Sinne praktischer Nutzung desselben für die Volksgesundheit Bedacht genommen.

Die gleichen Bestrebungen finden wir in Wien, und seit den letzten Jahren auch in allen größeren Städten Deutschlands, wie namentlich Düsseldorf, Kölu, Hamburg und Berlin. Überall sieht man sich genötigt mit Aufbringung gewaltiger Kosten die Ver­

säumnisse früherer Jahre durch entsprechende Neuschöpfungen nachzu­

holen (siehe Abb. 4).

Benutzte Literatur.

S t ü b b e n , I ) r . I N A . I . : D e r S t ä d t e b a u . I I . A u f l a g e . A . K ö r n e r , S t u t t g a r t 1 9 0 7 . Hegemann, vr. W.: Amerikanische Parkanlagen. E. Wasmuth, Berlin 1911.

„ Der Städtebau, nach Ergebnissen der Allgemeinen Städtebauausstellung in Berlin zc. II. Teil. E. Wasmuth, Berlin 1913.

Koch, Dr. inS. H.: Gartenkuust im Städtebau. E. Wasmuth, Berlin 1913.

Eberstadt, Prof. I)r. R.: Handbuch des Wohnungswesens und der Wohuungs- hygiene. G. Fischer, Jeua 1909.

B l u m e n b a c h , A . , d i m . S t a d t r a t : Z u r G e s c h i c h t e d e r ö f f e n t l i c h e n A n l a g e n u n d Gärten der Stadt Riga. Rigaer Tageblatt, 1913.

C a r l b e r g , N . , S t a d t s e k r e t ä r : D e r S t a d t R i g a V e r w a l t u n g u n d H a u s h a l t i n den Jahren 1878 -19«)0. Riga, Müllersche Buchdruckerei 19i)1.

Schrenck, B. v.: Beiträge zur Statistik der Stadt Riga und ihrer Verwaltuug, Baud I uud II. Riga, Müllersche Buchdruckerei, 1909 und 1913.

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stielen un6 Olgkullion.

A b e l e n .

1) Die Gesundheit und die Leistungssähigkeit der Bevölkerung einer Großstadt wird in hohem Maße bedingt durch die in ihrem Weichbildebelegenen „Freiflächen", worunter im allgemeinen unbebaute und vom großen Verkehr ausgeschlossene Teile des Stadtgebietes zu verstehen sind, welche der umwohnenden Bevölkerung als Luftreservoir und als Tummelplätze dienen.

2) Zu den wichtigsten Aufgaben der Verwaltung einer Großstadt g e h ö r t d i e z i e l b e w u ß t e u u d r e c h t z e i t i g e B e s c h a f f u n g refp. Einrichtung solcher Freiflächen, die nach Maßgabe des Wachstums der städtischen Bevölkerung dieser zur intensiven Nutzung zu überlassen sind.

3) Die Stadt Riga sollte es sich angelegen sein lassen, in ihren nächsten Verwaltungsperioden eine systematische, großzügige Parkpolitik zu betreiben, welche sich insbesondere mit folgenden Aufgaben zu befassen hätte:

a. Anlage einer größeren Zahl — in den stärker besiedelten T e i l e n d e r S t a d t z e r s t r e u t e r — - S p i e l - u n d S p o r t p l ä t z e von ausreichenden Dimensionen.

b. Schaffung von Grünstreisen in radialer Richtung aus dem Stadtinneren nach den Außenbezirken, um der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, unter Umgehung der vorhandenen Hauptstraßen durch eine Kette von gärtnerischen Anlagen in ländliche Umgebung zu gelangen.

o) Erhaltung und Erweiterung des um die Stadt gelegenen Wald- und Wiesengürtels, sowie Erschließung größerer Teile desselben zur Nutzung der Stadtbevölkerung.

ViskuMon.

Die anschließende Diskussion wandte sich, unter stillschweigender A n e r k e n n u n g d e r b e i d e n e r s t e n T h e s e n , v o r n e h m l i c h d e r d r i t t e n These zu, um hier, im besondern für Riga, die Durchführbarkeit einer Parkpolitik, wie sie vom Vortragenden angeregt worden war, zu begutachten.

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Was den Wunsch nach Anlage neuer Spiel- und Sportplatz? in Riga anbetrifft, so wird diesem von den Anwesenden in jeder Hinsicht beigestimmt. Hand in Hand mit der Erweiterung solcher Freiflächen schreite in den betreffenden Städten ein Herabsinken der Kriminalität, sowie eine bedeutende Verringerung der Zahl der Straßenunfälle.

In unserer schlechtbebauten Stadt werde es allerdings schwer sein, die nötige Anzahl von Platzen zu schaffen. Dem Vorschlage des Redners, städtische Grundstücke, so vor allem die in der Verfügung der Militärverwaltung befindlichen, dem genannten Zweck nutzbar zu machen, stehen mancherlei Hindernisse im Weg. So könne die Stadt von seiten des Militärs kaum auf ein großes Entgegenkommen in dieser Sache rechnen, da eine Dislozierung der einzelnen Truppenteile aus den städtischen Kasernen an die Peripherie der Stadt häufig recht unbequem für die betreffenden Regimenter ist. Die Benutzung ge­

schlossener Friedhöfe zur Anlage von Spielparks, wie es z. B. in der Moskauer Vorstadt schon versucht worden ist, würde sich hingegen ohne weitere Schwierigkeiten verwirklichen lassen.

Bei neuen Parzellierungsprojekten geht die Stadtverwaltung ganz systematisch vor, indem sie die Erlaubnis zur Parzellierung nur dann erteilt, wenn ein gewisser Prozentsatz des in Frage stehenden Grund­

eigentums der Stadt zur Anlage öffentlicher Gärten und Spielplätze reserviert wird. Von Nachteil für die verfügbare Gartenfläche ist das Reichsgesetz, welches für sämtliche Straßen (mit Ausnahme derjenigen, an welchen sich schon ein Steingebäude befindet) eine Mindestbreite von 70 Fuß vorschreibt. Diese Breite könnte in vielen Fällen, z. B. bei ganz kurzen Straßen, auf ein bedeutend kleineres Maß zusammengedrückt, und das für Gärten reservierte Terrain um diesen Sparbetrag vergrößert werden.

Die Anlage von Grünstreifen aus dem Stadtinnern zum Kaiser­

wald, an der Dünamündschen Straße bis zum Happacksgrabeu, sowie entlang dem Marien-Mühlenslüßchen, wird als durchaus wünschens­

wert anerkannt; eine lebhaste Kontroverse ruft dagegen der auf dem schematischen Stadtplan vom Vortragenden eingezeichnete Grünstreifen mit Parks, Sport- und Spielplätzen am oberen Laus des rechten Dünaufers, bis Lübecksholm, hervor. Riga fei vornehmlich Handels­

und Industriestadt und könne als solche die an der genannten Stelle belegenen Lade- und Stapelplätze in keinem Fall misseu. Die bevor­

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stehende Anlage des Düna-Dnjepr-Kanals würde im Hinblick auf die verfügbaren Uferstreifen noch bei weitem größere Ansprüche an Riga stellen, als es heute bereits der Fall ist. Die Verlegung dieser Stapelplätze an den oberen Lauf der Düna dürfte große Schwierig­

keiten hervorrufen, und die fchönen Uferpartien bei Lübecksholm werden, wenn auch ungern, ihrer bisherigen Bestimmung erhalten bleiben müssen.

Natürlich werden die zur Schaffung neuer Freiflächen von der Stadt benötigten Summen recht bedeutende sein. Besondere Schwierig­

keiten bieten speziell die Gegenden an der Dorpater, Snworow- nnd Sprenkstraße, wo sast jeder Fleck Erde bereits bebaut ist. Ein Quadratfaden Z. B. an der Marienstraße kostet heute schon gegen 600 Rbl.! Immerhin sei im Auge zu behalten, daß, wie ja auch vom Redner selbst betont, die auf dem Plan bezeichneten Stellen ja nicht durchaus die in erster Reihe in Frage kommenden sein müssen; — gelingt die Anlage nicht an dieser Stelle, so doch an einer anderen, billigeren. Die Zukunft Rigas erheische aber bei der Anlage von Freiflächen in jedem Fall gebieterisch ein großzügiges und schnelles Vorgehen der Stadtverwaltung.

Referenzen

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