A-3155 Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 49, 4. Dezember 1998 (67)
Millionen Liter – und damit weniger als sechs Jahre zuvor, als noch 380 Millionen Liter abgesetzt wurden. Auch die Preise konnten unter diesen Umständen nicht einmal annähernd die Inflationsra- te eines Sechs-Jahres-Zeit- raums einholen: Kostete der Liter Heilwasser 1992 im Schnitt eine Mark dreißig, so wurden 1997 gerade mal drei Pfennig mehr erzielt. Und das auf einem Markt, der ganz überwiegend ein reiner In- landsmarkt ohne den Kon- kurrenzdruck ausländischer Billiganbieter ist. Gerade mal das slowenische Wasser „Ro- gaska“ und das Valser Was- ser aus der Schweiz führt beispielsweise Großhändler Stadtbäumer aus Münster als Importe im Sortiment.
Das Beispiel Valser zeigt aber, daß die Hersteller auch mit Image-Problemen zu kämpfen haben: Obwohl es sich aufgrund seiner hohen Mineralstoff-Konzentration als Heilwasser nach dem Arzneimittelgesetz qualifi- ziert, wird das Wasser aus der Schweiz laut Stadtbäumer inzwischen „nur noch“ als Mineralwasser vermarktet:
„Die Leute glauben, wenn sie Heilwasser hören, davon dürften sie wie bei einer Me- dizin keine großen Mengen
konsumieren.“ So lauert im harmlos-positiven „Heil“ ei- ne Falle für die Umsatz-Ent- wicklung.
Die Zulassung ist teuer
„Auch bei Jugendlichen kommt das ,Heil‘ gar nicht gut rüber“, sagt Marketinglei- ter Klesen vom Römerquelle- Hersteller Brunnen-Union.
Es impliziere für sie eher Un- angenehmes wie Alter und Gebrechlichkeit. Klesen wür- de, analog zur Selbstdarstel- lung einer großen deutschen
„Gesundheitskasse“, sein Pro- dukt daher lieber „Gesund-
heitswasser“ nennen. Dabei drückt das Prädikat „Heil- wasser“ eigentlich eine Ade- lung eines Mineralwassers aus, für die zudem üppige Summen hingeblättert wer- den müssen: Allein die Zulas- sung durch das Berliner Bun- desamt für Arzneimittel und Medizinprodukte kostet ei- nen Hersteller rund 22 000 Mark. Darin sind noch nicht die Kosten für die aufwendi- gen Schadstoff- und Wirk- samkeitsanalysen durch ex- terne Gutachter enthalten.
Denn nur ein Wasser, dessen Heilwirkung bei konkreten medizinischen Indikationen erwiesen ist, wird – wie ein
Arzneimittel – vom Gesetz anerkannt.
Dafür aber macht sich die
„Adelung“ bei jeder verkauf- ten Flasche ordentlich be- zahlt. Um 40 bis 50 Pfennig läßt sich der Literpreis stei- gern, wenn das Mineralwas- ser alle amtlichen Hürden ge- nommen hat. Das gelingt al- lerdings nur, wenn etwa ein eisenhaltiges Wasser über mindestens 20 Milligramm des Minerals pro Liter ver- fügt oder ein sulfathaltiges über wenigstens 1 200 Milli- gramm dieses „Wirkstoffs“.
Und ein unabhängiger Apo- theker muß für die Richtig- keit aller Wirkversprechen auf Etikett und in der Wer- bung geradestehen.
Die teutonische Gründ- lichkeit, mit der die „Arznei“
Heilwasser vor allzu gewagten Heilsversprechen geschützt werden soll, läßt Marketing- mann Klesen inzwischen schon den Kopf schütteln.
Denn vom 1. April kommen- den Jahres an – kein April- scherz – muß er wie jeder Pil- lenhersteller in seiner Wer- bung auch noch den berüch- tigten Zusatz „Zu Risiken und Nebenwirkungen . . .“ unter- bringen. Und seiner harmlo- sen Flasche einen Hinweis verpassen: „Risiken: keine be- kannt.“ Oliver Driesen
Neue Regierung soll Kurorten helfen
BAD KOHLGRUB – Der Bayerische Heilbäderver- band hat kurz nach dem Amtsantritt der neuen Bundesre- gierung kritisiert, daß die Koalitionsvereinbarung keine Erwähnung des Kur- und Rehabereichs enthalte. Auf ihrer Jahresversammlung in Bad Kohlgrub forderten die Ver- bandsmitglieder unter anderem, die Koalition aus SPD und Grünen müsse die Zuzahlungen im stationären Be- reich zurückführen, die starre Drei-Wochen-Dauer einer Kur flexibilisieren und die Zuschüsse für ambulante Kuren auf mindestens 25 Mark pro Tag erhöhen. So könnten „ei- nige zigtausend“ Arbeitsplätze zurückgewonnen werden“,
heißt es in der Resolution. O.D.