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Archiv "Teheran im Bauch" (18.07.2011)

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A 1588 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 28–29

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18. Juli 2011

NADER UND SIMIN

In weiter Ferne so nah

Zwei Familien im Iran geraten durch einen Unfall an den Rand ihrer Existenz. Der diesjährige Berlinale-Gewinner liefert meisterhaft Innenansichten der Menschlichkeit.

H

ört man Iran, denkt man zu- erst an Gottesstaat, an öffent- liche Hinrichtungen und die Atom- bombe. Für sein Kino ist der Nah- oststaat weniger bekannt. Dabei kommen von dort immer wieder großartige Filme über die menschli- che Befindlichkeit, so in diesem Jahr der Gewinner des Goldenen Bären bei der Berlinale, Asghar Farhadis „Nader und Simin“.

Nader und Simin leben getrennt.

Simin ist zu ihren Eltern zurückge- zogen, nachdem sie mit ihrer elfjäh- rigen Tochter das Land nicht verlas- sen durfte. Nader engagiert sich für die Pflege seines an der Alzheimer- Krankheit leidenden Vaters Razieh.

Doch Razieh ist mit der Arbeit überfordert, greift zu Mitteln, die Nader nicht tolerieren kann. Und so schmeißt er sie hinaus, doch sie will

nicht gehen, will zuerst ihren Lohn.

Er stößt sie aus der Wohnung – mit dramatischen Folgen, nicht nur für Razieh, sondern auch für Nader und seine Familie.

Selten wurden die gesellschaftli- chen und emotionalen Zwänge, in denen der Mensch lebt, so klar und prägnant und gleichzeitig so unprä- tentiös und aufwühlend gezeigt wie in diesem Film. „Nader und Simin“

ist ein Lehrstück über Moral und Lüge, Schuld und Sühne. Über die Entscheidungen, die jeder Mensch in seinem Leben trifft und die ihn mehr ausmachen als sein empfun- denes, bisweilen herbeigewünsch- tes Selbstbild. Und er zeigt: Men- schen sind Menschen, überall auf der Welt.

Und so präsentiert Farhadi zwar Innenansichten eines fernen Lan- des, wenn Razieh bei den Sitten- wächtern anruft, um zu erfahren, ob sie sündigt, wenn sie Naders Vater die Hosen wechselt, in die er uri- niert hat. Wenn ein Gerichtsverfah- ren, das über Leben und Tod ent- scheidet, in übervollen Kammern, halb auf dem Gang stattfindet.

Mehr noch präsentiert er jedoch In- nenansichten des Menschseins. Da- bei ist die Kamera immer dicht an den Figuren, erzeugt der Schnitt ein Timing, das die Handlung noch weiter verdichtet. Und da Farhadi zudem von authentischen Schicksa- len erzählt, ist sein Film nicht nur lehrreich, sondern auch spannend.

Die Lobeshymnen sind gerecht- fertigt: „Nader und Simin“ ist in Aufbau und Struktur, in Wucht und Menschlichkeit nichts weniger als ein Meisterwerk. Kinostart: 14. Juli. ■ Falk Osterloh

TEHERAN IM BAUCH

Der Schauspieler Mathias Kopetzki wächst in Norddeutschland bei Adoptiveltern auf. Als er 21 Jahre alt ist, meldet sich sein leiblicher Vater aus dem Iran. Er möchte, dass Ma- thias zu ihm kommt, er möchte wie- der ein Vater für ihn sein. Doch Ma- thias Kopetzki hat kein Interesse, zu fern ist das Land, zu lang die Zeit, die ihn von seinem Vater trennt.

Doch der fremde Mann aus dem fremden Gottesstaat lässt nicht lo-

cker, wiederholt Jahr um Jahr seinen Wunsch.

Und so ändert Mathias seine Meinung und fliegt mit gemischten Gefühlen in das Land seiner Vä- ter, das ihm so fremd ist wie den meisten West- europäern. Er erwartet verschleierte Frauen und

finster blickende Mullahs. Und er- lebt ein Land, das ihm den Atem verschlägt. Ebenso modern wie konservativ, ebenso herzlich wie streng, bunt und laut, berauschend und verstörend, intensiv und le- bendig, Angst einflößend und ver- führerisch. In seiner Autobiografie liefert Kopetzki die intime Innen- sicht eines orientalischen Lebens, das westlichen Augen weitgehend verborgen ist, und erklärt den heu- tigen Iran und seine Menschen aus ihrer Ge- schichte heraus. „Teheran im Bauch“ wird da- durch auch zu einem Beitrag im politischen Dis- kurs um ein Land, das die Weltgemeinschaft zu- nehmend argwöhnisch betrachtet.

Getrennt und vereint : Farhadis klare Bildsprache illuminiert das Seelenleben seiner Charaktere.

Foto: alamodefilm

K U L T U R

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