News
30.1.2003 | Fit & aktiv | Claus Dahms
Langsam ist richtig!
Seit Generationen spukt in den Köpfen vieler Sportler die
Vorstellung herum, dass eine Trainingseinheit nur einen Nutzen hat, wenn man hinterher so richtig ausgelaugt und kaputt ist. Das ist völliger Quatsch! Denn ein Trainingseffekt beruht nicht darauf, das man die vorhandenen Reserven einmalig möglichst kräftig und stark abbaut. Eine höhere Leistungsfähigkeit baut man behutsam,
langfristig und nach den Regeln der Superkompensation auf.
Vor allem Anfänger machen immer wieder den Fehler, zu schnell zu trainieren. Aber auch gestandene
Marathonläufer überschreiten die Grenze zum schnellen Lauf zu häufig. Gerade für Marathonläufer oder Jogger, die bald ihren ersten Marathon in Angriff nehmen möchten, ist langsames Laufen unabdingbar.
Vorräte sind begrenzt
Denn die Marathon-Strecke mit ihren 42,195
Kilometern ist schlicht und einfach zu lang, um diese Distanz allein mit den Energielieferanten zu bestreiten, die der Körper am schnellsten verwerten kann: mit den Kohlenhydraten. Die Vorräte dieser
Energielieferanten in den Glykogendepots von Leber und Muskeln sind begrenzt. Würden alleine
Kohlenhydrate verbraucht, wären die Vorräte nach
weniger als 100 Minuten geleert. In dieser Zeit erreichen aber nicht einmal Weltklasseläufer die Ziellinie der Marathonstrecke.
Leistungspuffer schaffen
Wenn der Körper beim Laufen neben den Kohlenhydraten von Anfang an auch die Fette zur Energiegewinnung heranzieht, schont er die begrenzten Glykogenspeicher. So schafft er die Leistungspuffer, die zur Bewältigung einer langen Distanz wie der Marathonstrecke unbedingt nötig sind. Das möglichst umfangreiche Heranziehen von Fetten zur Energiegewinnung ist erfreulicherweise trainierbar. Je gründlicher die Ausdauerfähigkeit
ausgebildet ist, desto größer ist der Anteil der Fettverbrennung bei gleicher Laufgeschwindigkeit.
Fettverbrennung trainieren
Da bei der Fettverbrennung viel Sauerstoff benötigt wird, werden die Fettdepots bei mittlerer und niedriger Laufintensität ausgenutzt. Das bedeutet, dass beim lockeren, langen Lauf die Fettverbrennung besonders intensiv angeregt wird. Diese Fettverbrennung über einen langen Zeitraum zu trainieren, dafür ist der lange Lauf so wichtig. Deshalb fehlt er in keinem Programm zur Marathon-Vorbereitung. Im Laufe des gezielten Trainings auf einen Marathon hin wird seine Dauer schrittweise immer weiter ausgedehnt.
Mut zur Pause
Dieser lange Lauf ist die wichtigste wöchentliche Trainingseinheit, die möglichst nicht ausfallen sollte. Stehen mal Überstunden an, kommt man
Das Training des Läufers besteht im Winter zum größten Teil aus lockeren Dauerläufen (Foto:
Dahms)
müde und zerschlagen nach Hause, so sollte man durchaus den Mut haben und sich selbst sagen: „Heute nicht, heute will ich die Füße hochlegen!" Oft zeigt fehlende Lust am Training an, dass in den vorhergehenden Tagen zuviel des Guten getan wurde. Doch für die lange Einheit, die von den meisten Läufern wegen der besseren Zeiteinteilung am Wochenende absolviert wird, gilt solcher Freiraum nicht.
Auch Stars laufen langsam
Die Vorteile des langsamen Laufens kennen die meisten der Topläufer ganz genau und setzen immer wieder lockere Einheiten zur Verbesserung der Ausdauer und ganz langsame Läufe zur Regeneration ein. Sehr schön kann man das verfolgen auf den Internet-Seiten von Läufern, die ihr Training dort dokumentieren.
So kann man unter www.dieter-baumann.de die Trainingseinheiten des früheren 5.000-Meter-Olympiasiegers nachlesen. So lief Baumann im November und Dezember regelmäßige Läufe im Schnitt von 5:00 Minuten pro Kilometer. Wer jetzt einwirft, dass ein Tempo von 12 Stundenkilometern doch eine beträchtliche Laufgeschwindigkeit darstellt, sollte sich
vergegenwärtigen, dass Dieter Baumann 2002 die 10.000 Meter in 27:38,51 Minuten lief. Wenn er 10 Kilometer im 5-Minuten-Tempo zurücklegt, bleibt er also rund 80 Prozent über seinem 10-Kilometer- Wettkampftempo!
Die letzten 10 Artikel dieser Kategorie
23.01.2003 Kilometersammeln ist angesagt
16.01.2003 Auch im Läufer-Winter ist Abwechslung Trumpf 09.01.2003 Laufen im Schnee - Die Läuferpsyche frohlockt 02.01.2003 Crossrennen - Kein Privileg der Leistungssportler 26.12.2002 Ran an die Silvesterlauf-Herausforderung 19.12.2002 Wieso Weihnachten nicht laufen?
12.12.2002 Laufen trotz der Kältewelle 05.12.2002 Laufen in der dunklen Jahreszeit
29.11.2002 TV-Star Oliver Geissen auf Kerners Marathonspuren 11.10.2002 JMZK - (M)eine Reise nach Wien total leiwand