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Alter - Haus - Schuh

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Academic year: 2022

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Eva-Maria Spitzer

Alter - Haus - Schuh

Bedeutung und Auswirkung der Hausschuhart auf die Gehsicherheit und Mobilität von Menschen 80+

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts

im Rahmen des Universitätslehrganges Interdisziplinäre Gerontologie

Begutachterin: Univ. Prof

in

. Dr

in

Betreuerin: Dr

. Èva Ràsky, MME,

in

. Franziska Großschädl, BSc, MSc

Karl-Franzens-Universität Graz

und UNI for LIFE

(2)

Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inlän- dischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröf- fentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Versi- on.

Graz am 15.05.2014

(3)

Danksagung

Zuallererst bedanke mich bei meiner wissenschaftlichen Betreuerin Fr. Drin. Franzis- ka Großschädl, BSc, MSc für ihre Zeit und die engagierte, professionelle und sehr wertschätzende Unterstützung bei der Erstellung dieser Masterarbeit. Ich danke auch den 24 Personen, die sich motivieren ließen an der Testung teilzunehmen, denn erst durch ihr Bereitschaft haben sie diese Arbeit ermöglicht. Ebenso danke ich meinen Töchtern Eva-Christine und Eva-Elisabeth, sowie Mag. Gisela Ploteny für ihre Ermu- tigungen und den letzten Schliff.

(4)

Ausgangslage: 50% der Menschen die 80 Jahre und älter sind, stürzen laut Studien einmal pro Jahr. Schuhe spielen bei der Gehsicherheit und Mobilität im Alter eine große Rolle. Es fehlt derzeit noch an evidenzbasierten Erkenntnissen, um Schuh- empfehlungen im Hinblick auf die Gehsicherheit und Mobilität bei älteren Menschen geben zu können. Mit dieser Arbeit soll daher aufgezeigt werden ob und inwieweit sich die Gehsicherheit und Mobilität von Menschen 80+ mit ihren persönlichen ge- schlossenen Schuhen und hinten offenen Hausschuhen unterscheidet und ob eine Empfehlung für eine Schuhart für zu Hause abgegeben werden kann.

Methode: 24 Personen, davon 12 männlich und 12 weiblich, im Alter von 81 – 95 Jahren die noch zu Hause leben, nahmen mit ihren persönlichen geschlossenen Schuhen als auch mit ihren hinten offenen Hausschuhen an einem „Timed Up and Go“ (TUG) Test teil. Zusätzlich wurde ihr Body Maß Index (BMI) nach WHO-Kriterien und ihre Mobilität mit einer adaptierten Pflegeabhängigkeitsskala (PAS) erhoben.

Resultate: 25% aller Männer wurde mit beiden Schuharten und 50% aller Männer mit ihren hinten offenen Hausschuhen, sowie 33,4% aller Frauen mit beiden Schuh- arten und 58,4% aller Frauen mit ihren hinten offenen Hausschuhen laut TUG als sturzgefährdet eingestuft. Von allen TeilnehmerInnen waren 29% (n=7) mit beiden Schuhtypen und 54% (n=13) mit ihren hinten offenen Hausschuhen sturzgefährdet.

Drei Männer und drei Frauen (25%), die laut der BMI Klassifikation als übergewichtig eingestuft wurden (BMI > 25 kg/m²), lagen mit ihren hinten offenen Hausschuhen im sturzgefährdeten Bereich. Zwei Männern und vier Frauen (25%), welche als teilweise pflegeabhängig eingestuft wurden, waren mit beiden Schuharten sturzgefährdet.

Zusammenfassung: Die Gehzeiten lagen bei mehr als der Hälfte aller untersuchten Personen (n=13) mit ihren hinten offenen Hausschuhen im sturzgefährdeten Bereich.

Daher wird das Tragen hinten geschlossener Schuhe für Menschen 80+ für zu Hau- se empfohlen.

(5)

Background: Studies showed, that 50% of people aged 80 and older fall once a year. Shoes play an important role in the walking security and mobility in old age.

There is still a lack of evidence-based knowledge for shoe recommendations with regard to the walking security and mobility among older people. The aim of this work is to show the differences between open back shoes and closed shoes and their ef- fects on the walking security and mobility of people aged 80 years and older. It helps to make recommendations which type of shoes should be worn at home.

Method: 24 people, including 12 male and 12 female, aged between 81 - 95 years, who still live at home, took part with their personal closed shoes and with their open- back slippers on a „Timed Up and Go" (TUG) test. In addition, their Body Mass Index (BMI) according to WHO criteria and their mobility with an adapted Care Dependency Scale (PAS) were also measured.

Results: 25% of men were classified with both types of shoes and 50% of men with their open-back slippers, as well as 33,4% of women with both types of shoes and 58,4% of women with their open-back slippers are according to TUG listed as fall- endangered. Among all participants 29% (n=7) with both types of shoes and 54%

(n=13) with their open-back slippers were also at risk to fall. Three men and three women (25%), who were classified as overweight according to the BMI classification (BMI > 25 kg/m²), were with their open-back slippers also prone to a fall. Two men and four women (25%), classified as partially dependent on care, with both types of footwear were also at risk to fall.

Summary: Walking times were by more than half of all examined participants (n=13) with their open-back slippers prone to a fall. Therefore wearing fully closed shoes for people aged 80 years and older is recommended for home usage.

(6)

Inhaltsverzeichnis ... 1

Abbildungsverzeichnis ... 3

Tabellenverzeichnis ... 3

Diagrammverzeichnis ... 4

1 Einführung ... 1

1.1 Ziel dieser Studie ... 3

1.2 Aufbau der Arbeit ... 3

2 Literaturrecherche ... 5

2.1 Ein- und Ausschlusskriterien ... 5

2.2 Ergebnisse der Literaturrecherche ... 7

2.2.1 Der Gang ... 7

2.2.1.1 Faktoren des Gehens ... 7

2.2.1.2 Gangbild des älteren Menschen ... 10

2.2.1.3 Gangstörungen im Alter ... 11

2.2.2 Mobilität ... 13

2.2.2.1 Außerhäusliche Mobilität im Alter ... 14

2.2.2.2 Mobilität in der Wohnung ... 15

2.2.2.3 Körperliche und geistige Mobilität im Alter ... 16

2.2.3 Schuhe ... 18

2.2.3.1 Hausschuhe ... 19

2.2.4 Stürze ... 22

2.2.4.1 Sturzursachen ... 24

2.2.4.2 Sturzprophylaxe ... 26

2.2.4.3 Medikamente und Behelfe ... 28

2.2.4.4 Ernährung ... 29

2.2.4.5 Initiativen... 30

2.2.5 Studien und Ergebnisse zu Sturz und Schuh ... 32

2.2.5.1 Aktuelle Studienergebnisse ... 32

3 Methode der empirischen Studie ... 36

(7)

3.1 Messung der Gehgeschwindigkeit durch TUG ... 36

3.2 Messung der Mobiltät mit PAS ... 38

3.3 Messung der Gewichtsklassifikation durch BMI ... 40

3.4 Durchführung der Datenerhebung ... 41

3.5 Stichprobe ... 44

4 Ergebnisse ... 45

4.1 Gehgeschwindigkeit mit TUG ... 45

4.2 Mobilität nach PAS ... 51

4.3 Ernährungszustand ... 54

4.4 Der Zusammenhang des BMIs und der erreichten Punkteanzahl in der PAS auf die Gehgeschwindigkeit ... 56

5 Diskussion ... 58

5.1 Zusammenfassung der Ergebnisse ... 58

5.2 Abgleich der Ergebnisse mit der Literatur ... 60

5.3 Stärken und Limitationen ... 62

5.4 Empfehlungen für Forschung und Praxis ... 64

5.5 Schlussfolgerungen ... 65

Literaturverzeichnis ... 66

Anhang ... 74

(8)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Schrittlänge ... 8

Abbildung 2: Beispiele von Hausschuharten die von Menschen 80+ in Österreich getragen werden ... 21

Abbildung 3: Zusammenhang zw. intrinsischen und extrinsischen Faktoren bei der Auslösung von Stürzen ... 24

Abbildung 4: Stolperfallen... 25

Abbildung 5: Verlauf des „Timed Up and Go“ Tests nach Podsiadlo ... 37

Abbildung 6: räumliche Voraussetzungen ... 42

Abbildung 7: Stuhl mit Armlehne ... 42

Abbildung 8: Zeitmesser „Countdown Nr. 840189“ ... 42

Abbildung 9: Beispiele des TUG Tests ... 43

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Freizeitaktivitäten der ÖsterreicherInnen 60+ ... 16

Tabelle 2: Unfallarten und Unfalltätigkeiten bei jüngeren und älteren Menschen ohne Verkehrsunfälle ... 22

Tabelle 3: Studien ab 2000 zum Thema Schuh und Sturz ... 35

Tabelle 4: Wertung des TUG Tests ... 37

Tabelle 5: adaptierte Pflegeabhängigkeitsskala ... 38

Tabelle 6: Allgemeine BMI Tabelle ... 40

Tabelle 7: TUG Testdesigns ... 41

Tabelle 8: Gesamte Gehzeiten des TUG stratifiziert nach Geschlecht. ... 45

Tabelle 9: Gehzeiten der Männer nach dem TUG – Gehdesign und stratifiziert nach Schuharten, pro Zeile eine Testperson. ... 48

Tabelle 10: Gehzeiten der Frauen nach dem TUG – Gehdesign und stratifiziert nach Schuharten, pro Zeile eine Testperson. ... 50

Tabelle 11: Personenanzahl in der PAS ... 51

Tabelle 12: BMI Auswertung gesamt ... 54

Tabelle 13: Zusammenfassung TUG, BMI und PAS ... 57

(9)

Diagrammverzeichnis

Diagramm 1: Sturzorte älterer Menschen ... 23 Diagramm 2: Sturzrate von 2010 bis Mitte 2013 im Grazer Geriatrischen

Gesundheitszentrum. ... 31 Diagramm 3: Altersstruktur stratifiziert nach Geschlecht. ... 44 Diagramm 4: Gehgeschwindigkeit der Männer und Frauen, stratifiziert nach

Schuharten. ... 46 Diagramm 5: Gehgeschwindigkeit der Männer, stratifiziert nach Schuharten. ... 47 Diagramm 6: Gehgeschwindigkeit der Frauen, stratifiziert nach Schuharten. ... 49 Diagramm 7: Mobilitätsstatus gemessen durch die PAS und stratifiziert nach

Geschlecht. ... 52 Diagramm 8: Auswertung des BMI laut WHO, stratifiziert nach Geschlecht. ... 55

(10)

Abkürzungsverzeichnis

% Prozent

& und

+ plus

< kleiner

> größer

€ Euro

Ø Durchschnitt

AIT Austrian Institute of Technology

Akt. Aktion

AT-HIS Austrian Health Interview Survey

AU Australien

AUT Austria, Österreich

BMI Body Maß Index

BPGFA Best Practice Gesundheitsförderung im Alter bzw. beziehungsweise

ca. zirka

DGEM Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin

DI DiplomingenieurIn

DK Dänemark

Doz. DozentIn

EBN Evidence Based Nursing et al. und andere

EU Europäische Union

f. folgend

GGZ Geriatrisches Gesundheitszentrum geschl. geschlossene

http Hypertext Transfer Protocol

h. hinten

Info Information

ISL Island

J Jahr/e

Jhdt. Jahrhundert

(11)

kg Kilogramm

KH Krankenhaus

LKH Landeskrankenhaus

m Meter

max. maximal

MeSH Medical Subjekt Headings

n Personenanzahl

net Network

off. offen

Org. Organisation

P Person oder Punkt

PAS Pflegeabhängigkeitsskala Prof. ProfessorIn

PubMed offizielle Medline-Version der National Library of Medizin RACF Residential aged care facilty

RVS Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen

S Seite

sec Sekunde

sinnv. sinnvoll

TUG Timed Up and Go Test Uni. Universität

USA Vereinigte Staaten von Amerika usw. und so weiter

v. vor

WHO World Health Organisation www. world wide web

z.B. zum Beispiel

(12)

1 Einführung

Noch nie gab es in unserer Zivilisation eine so hohe Lebenserwartung wie heute.

2004 lag das Durchschnittsalter in Österreich für Frauen bei 81,5 Jahren und für Männer bei 75,5 Jahren. Heute, 2014, beträgt das Durchschnittsalter bei Frauen schon 83,3 Jahre und bei Männern 78,3 Jahre. Die Lebenserwartung wird weiter- hin ansteigen und im Jahr 2030 für Frauen 86,7 Jahre und für Männer 82,2 Jahre betragen (Statistik Austria 2013).

Es gibt mehr hochaltrige Frauen als Männer. 2005 lebten in Österreich 805.000 Frauen und 533.000 Männer, die 65 Jahre und älter waren. Im hohen Alter von 85+ gab es zum selben Zeitpunkt rund dreimal so viele Frauen wie Männer (Kytir 2009).

Mit Stichtag 01.01.2013 lebten in der Steiermark 1.210.971 Personen. 19,2% wa- ren über 65 Jahre alt und davon wieder 5,5% 80 Jahre alt und älter. 192 Personen waren älter als 100 Jahre (Steirische Statistik 2013).

„Für diese statistischen Zahlen sind verschiedene Entwicklungen ausschlagge- bend. Dafür wird an erster Stelle der Fortschritt in der Medizin angeführt. Er ermög- licht länger gesund zu altern und senkt die frühe Sterblichkeit. Ursachen für den demographischen Wandel sind auch die politischen Ereignisse im letzten Jahr- hundert. Durch den Geburtenausfall während der Weltkriege, durch die Verände- rungen der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse, sowie durch den Geburten- rückgang der letzten Jahre (seit 1964) wurde diese Entwicklung geprägt.“ (Spitzer 2005, S. 4).

Der amerikanische Wirtschaftsexperte und Politiker Peterson meinte schon 1999:

„Dass das rapide Altern der Bevölkerungen unsere Zukunft weit mehr verändern wird als all die anderen großen Bedrohungen“ (Hörl 2008, S. 15).

Das demographische Institut der Akademie der Wissenschaften in Österreich nennt in einer Prognose, dass die Zahl der Arztbesuche in den nächsten 30 Jahren um 32% steigen wird und die Zahl der Menschen, die von sozialen Diensten betreut werden müssen, sich um 78% erhöhen wird. In Heimen werden 65% mehr Men- schen leben als heute und im Akutbereich der Spitäler wird es eine Zunahme um 35% geben (Burger 2004).

„Insgesamt steigen die Gesamtausgaben für die Gesundheit mit dem Alter merk- lich an“ (Kruse 2007, S. 51). „Sowohl in Österreich, wie auch in der Schweiz zeig-

(13)

ten Untersuchungen, dass der Mensch in seinen letzten Lebensjahren (unabhän- gig von seinem Alter) durch erhöhte medizinische Betreuung fast bis zu 50% der gesamten lebenszeitlichen Ausgaben für die Gesundheit verbraucht“ (Schreyer 1999, S. 176). International liegen die durchschnittlichen Kosten für eine gestürzte Person pro Jahr zwischen 1.513 € und 19.211 € (Heinrich et al. 2010).

„Infolge des höheren Krankheitsrisikos (Multimorbidität) (Böhmer 2001) oder durch ein plötzliches Geschehen, z.B. einen Sturz, ist Hilfe und Pflege meist schnell er- forderlich, sodass ältere Menschen, die vorher noch ein selbständiges Leben füh- ren konnten, plötzlich nicht mehr dazu in der Lage sind“ (Spitzer 2005, S. 7).

Für ältere Menschen in Österreich gibt es verschiedene Wohnformen. Das eigene Haus oder die eigene Wohnung, das Altenwohn- und Pflegeheim, die SeniorIn- nenresidenz, „Betreutes Wohnen“, wie auch „Betreutes Wohnen am Bauernhof“

und SeniorInnenwohngemeinschaften. 2008 gab es in Österreich 817 Alten- und Pflegeheime, 29 geriatrische Tageszentren sowie 9 Hospize. Im Jahr 2010 stan- den in Österreich 66.000 Plätze in Alten- und Pflegeheimen zur Verfügung (Bun- desministerium f. Gesundheit 2010).

Die meisten SeniorInnen in der Steiermark leben lange zu Hause und 80% der Pflegebedürftigen werden zu Hause betreut und gepflegt (Schreyer 1999).

Der Bewegungsradius des älteren Menschen wird mit der Zeit geringer und be- schränkt sich bei Personen 80+ vermehrt auf die eigenen vier Wände (Rischanek 2009). Die Zahl der Stürze nimmt im Alter ebenso zu und ist vor allem in Institutio- nen erhöht. So ein plötzliches Geschehen schränkt die Lebensqualität oft sehr ein (Jahn 2010).

Die Frage der Schuhart spielt im Alter für die Gehsicherheit und Mobilität älterer Menschen eine wesentliche Rolle. Im höheren Alter verändert sich das Gangbild.

Die Muskelkraft und die Beweglichkeit des Körpers lassen nach, Fußfehlstellun- gen machen sich bemerkbar. Das Anziehen der Schuhe wird schwierig (Götz- Neumann 2003). Daher werden zu Hause in der vierten Lebensphase vorwiegend hinten offene Hausschuhe getragen (Sherrington 2003).

Schweizer Wissenschaftler bemängeln das Fehlen von experimentellen Studien und können daher keine Schuhempfehlung abgeben, da eine gezielte Erforschung der individuellen Hausschuhe von älteren Personen fehlt (Gschwind 2011).

(14)

1.1 Ziel dieser Studie

In dieser empirischen Arbeit soll mit einem „Timed Up and Go“ Test aufgezeigt werden ob und wieweit sich die Gehsicherheit und Mobilität von Menschen 80+ mit ihren persönlichen geschlossenen Schuhen und mit hinten offenen Hausschuhen unterscheidet und ob eine Empfehlung für eine Schuhart für zu Hause abgegeben werden kann. Die Annahme ist, dass sich die Sturzgefahr mit hinten offenen Schuhen erhöht. Des Weiteren soll untersucht werden, ob und inwieweit das Ausmaß der Mobilität (gemessen durch den Grad der Pflegeabhängigkeit) und der Ernährungszustand (gemessen durch den BMI) bei den untersuchten Personen im Hinblick auf deren Gehsicherheit eine Rolle spielen.

1.2 Aufbau der Arbeit

In der vorliegenden Arbeit wird zuerst durch eine Literaturrecherche auf den Gang, die Veränderung des Gangbildes und die Mobilität eines älteren Menschen einge- gangen. Dabei geht es um die Adaptierung der Wohnungen, des öffentlichen Raumes, aber auch um sportliche Betätigung, Medikamenteneinnahme und Er- nährung im Alter, die alle Auswirkungen auf den Zustand des menschlichen Kör- pers haben. Die Entwicklung der Schuh- und Hausschuharten, die heute von Per- sonen 80+ getragen werden, sind ein weiterer Teil dieses Abschnittes. Ebenso wird die Problematik der Stürze beschrieben und was vorbeugend getan werden kann um diese zu vermeiden. Studien die sich schon mit dem Thema Sturz im Zu- sammenhang mit Schuhen beschäftigt haben, weisen auf die Auswirkungen der Schuhwahl hin.

Im dritten Kapitel wird die Methode des empirischen Teils dieser Arbeit beschrie- ben. Mit einem TUG Test soll aufgezeigt werden ob und wieweit sich die Gehsi- cherheit und Mobilität von Menschen 80+ mit ihren eigenen geschlossenen Schu- hen und hinten offenen Hausschuhen unterscheidet. Zusätzlich wird mit einem auf neun Punkte reduzierten Fragebogens der Pflegeabhängigkeitsskala die Mobilität, sowie mit dem BMI der Ernährungszustand der Getesteten und selbständig zu Hause lebenden Personen erhoben.

Im vierten Kapitel werden die Ergebnisse aufgezeigt und in Graphiken dargestellt.

(15)

Das fünfte Kapitel ist der Diskussion über die Ergebnisse im Vergleich mit der vor- handenen Literatur gewidmet und den Schlussfolgerungen, die sich aus dieser Masterarbeit ergeben.

(16)

2 Literaturrecherche

Die Literaturrecherche wurde im Zeitraum September 2013 bis April 2014 durch- geführt.

Durch die Eingabe der englischen Schlüsselwörter „walk“, „fall*“, „age“, „elderly“,

„shoe*“, „mobility“, „timed Up and Go Test“, „care dependency scale“

Zusätzlich zu den Datenbanken wurde in der Internetsuchmaschine Google und Google Scholar recherchiert. Hierfür wurde mit deutschen Schlüsselwörtern wie

„Gehen“, „Schuhe“, „Hausschuhe“, „Pantoffel“, „Sturz“, „Body Mass Index“ und

„Sturzleitlinien“ gearbeitet.

, „obesity“

und „underweight“ in der Datenbank PubMed wurde nach wissenschaftlicher Lite- ratur gesucht. Bei der Suche wurden MeSH-Terms und die Booleanschen Opera- toren AND und OR verwendet. Um die Suchergebnisse einzuschränken wurde nur nach englischen und deutschen Studien gesucht und deren Abstracts gelesen, die ab dem Zeitraum 2000 veröffentlicht wurden. Ziel dieser Recherche war es aktuel- le nationale wie internationale Studien zu Sturzgeschehen bei älteren Menschen, verbunden mit den getragenen Schuharten zu identifizieren.

Nationale Homepages von Ministerien zum Thema Gesundheit und Hochaltrigkeit in Österreich und veröffentlichte Masterarbeiten, Skripten und Leitlinien zum The- ma Mobilität im Zusammenhang mit Sturz und Sturzprävention wurden gelesen und flossen in die Arbeit ein.

In Bibliotheken der Grazer Karl-Franzens-Universität und der Stadtbibliothek wur- de nach Fachbüchern und Fachzeitschriften gesucht, um Definitionen beschreiben und erklären zu können.

2.1 Ein- und Ausschlusskriterien

Da es das vorrangige Ziel dieser Arbeit ist herauszufinden ob eine Hausschuh- empfehlung für ältere Menschen 80+ für zu Hause gegeben werden kann, wurden vorrangig Studien verwendet, die sich mit Sturz und Schuharten älterer Menschen auseinandersetzten. Arbeiten zu Sport und Mobilität, Pflegeabhängigkeit und Er- nährungszustand, bzw. BMI im Zusammenhang mit Sturzgefahr älterer Menschen, wurden ebenso eingeschlossen und auf diese Zusammenhänge hin untersucht.

(17)

Ausschlusskriterien waren allgemeine Studien zu Sturz und andere Studien, die keinen dieser Aspekte behandelten, vor 2000 veröffentlicht wurden und nicht auf Deutsch oder Englisch erschienen waren.

(18)

2.2 Ergebnisse der Literaturrecherche 2.2.1 Der Gang

Das normale Gehen wird von mehreren Faktoren bestimmt:

- Gehgeschwindigkeit, - Schrittlänge,

- Schritte pro Minute.

Gehgeschwindigkeit, Schrittlänge und Anzahl der Schritte pro Minute sind quanti- tative wie auch qualitative Messgrößen. Dazu kommen außerdem noch

• Armschwung und

• Rumpfhaltung (Götz-Neumann 2003).

2.2.1.1 Faktoren des Gehens

Gehgeschwindigkeit

Die Gehgeschwindigkeit wird unter anderem durch die Schrittlänge und die Schu- he beeinflusst und gibt die bewältigte Entfernung pro Zeiteinheit an. Sie ist auch der zentrale Messwert für eine quantitative Ganganalyse. Jeder Mensch ist in der Lage seine/ihre Gehgeschwindigkeit zu wählen. Er/Sie kann also in einer be- stimmten Zeit die Länge der Schritte, wie auch deren Anzahl verändern. Ebenso besitzt jeder Mensch eine individuelle Gehgeschwindigkeit, die er/sie je nach Ver- fassung, und wie es seine/ihre Motorik zulässt, selbst bestimmen kann. Die Mes- sung der Gehgeschwindigkeit (m/sec), wie in Formel (1) dargestellt, beruht auf genormten Kriterien und ist daher aussagekräftig (Götz-Neumann 2003).

Perry (2000) gibt die durchschnittliche Gehgeschwindigkeit auf festen ebenen Bo- den für den Erwachsenen mit ca. 82 – 84 Meter pro Minute an. Kinder und ältere Personen gehen etwas langsamer. Wenn ein Erwachsener nur 60 Meter pro Minu- te geht, kann man darauf schließen, dass ein gravierendes Problem vorliegt.

Im Durchschnitt beträgt die Gehgeschwindigkeit 1,4 Meter pro Sekunde bzw. 84 Meter pro Minute (Götz-Neumann 2003).

(1) Gehgeschwindigkeit �𝑚𝑠� = Zeit [𝑠𝑒𝑐]Weg [𝑚]

(19)

Schrittlänge

Die Schrittlänge ist bei jedem Menschen verschieden und hängt von der Körper- größe, der Beinlänge, der Gehgeschwindigkeit und auch vom Alter ab. Die Schritt- länge sollte für beide Beine gleich, also symmetrisch sein, und drückt so eine gute körperliche Verfassung aus. Die normale durchschnittliche Länge von zwei Schrit- ten, auch als Stride length bezeichnet, beträgt ca. 1,4 Meter. Der Normwert liegt bei 120 Schritten pro Minute (Götz-Neumann 2003).

Die Messung einer Schrittlänge reicht entweder von der Zehenspitze des rechten Fußes zur Zehenspitze des linken Fußes oder von der Ferse des rechten Fußes zur Ferse des linken Fußes und ist in Abbildung 1 dargestellt (Götz-Neumann 2003).

Quelle:cooperation 2012

Abbildung 1: Schrittlänge

Zur Bestimmung der Stride length (zwei Schritte) müssen die Messstrecke (z.B.

zehn Meter) sowie die Anzahl der Schritte, die die Person für diese Strecke braucht, bekannt sein. Ihre Berechnung ist in der Formel (2) beschrieben (Götz- Neumann 2003).

(2) Stride length = Weg [𝑚] × 2 benötigte Schritte

(20)

Schritte pro Minute

Die Anzahl der Schritte pro Minute wird Kadenz genannt.

Die Anzahl der Schritte pro Minute ist leichter zu ermitteln als die stride length.

Kleine Personen haben oft eine höhere Anzahl von Schritten als größere Perso- nen. Der Normalwert ist unterschiedlich und hängt vom

• Alter,

• Geschlecht,

• Körpergröße,

• Beinlänge und

• Verfassung

ab und liegt bei 100 – 130 Schritten pro Minute.

Die Anzahl der Schritte kann auch durch einen Kurz-Test ermittelt werden, indem man die Person 10 Sekunden gehen lässt, die Schritte zählt und hochrechnet. Die Abweichungen sind gering und nicht relevant (Whittle 2001). Die Berechnung der Kadenz ist in Formel (3) dargestellt (Götz-Neumann 2003).

(3) Kadenz [Schritte 𝑚𝑖𝑛⁄ ] = gezählte Schritte × 60 gestoppte Zeit [𝑠𝑒𝑐]

Armschwung

Unter Armschwung bezeichnet man das normale Mitschwingen der Arme während des Gehens. Es handelt sich dabei um die Reaktion auf die Rumpfbewegung. Der Armschwung ist der Beckenbewegung entgegengesetzt und ist normalerweise symmetrisch. Trotzdem ist er bei jeder Person anders und unterschiedlich (Götz- Neumann 2003).

Rumpfhaltung

Die Kopfposition sollte aufrecht und nicht nach vorne geneigt, sowie der Blick nach vorne gerichtet sein. Körper- und Kopfhaltung sollen von der Seite betrachtet eine Linie bilden (Götz-Neumann 2003).

(21)

2.2.1.2 Gangbild des älteren Menschen

Gehen gehört zu den am häufigsten angewandten Tätigkeiten im Leben und er- fordert ein gutes Zusammenspiel von Motorik, sensorischer Kontrolle und kogniti- ver Funktion. Das Gangbild eines älteren Menschen unterscheidet sich zu dem eines jungen Menschen und hat bei jedem Menschen ein individuelles Muster. Im Alter zw. 60 und 70 Jahren verändert sich meist der normale Gang und die selbst gewählte maximale Gehgeschwindigkeit nimmt ab dem 60. Lebensjahr um etwa 1% pro Jahr ab. Ausschlaggebend für diese Tendenz dürfte die Verringerung der Gehsicherheit und des Gleichgewichtes sein (Jahn 2010).

Es kommt typischerweise zu einer Verkürzung der Schrittlänge sowie einer Erhö- hung der Anzahl der Schritte pro Meter. Ob eine Gangstörung vorliegt ist nicht immer gleich erkennbar (Jahn 2010).

Das Gehen bei älteren Menschen wird durch mehrere Faktoren bestimmt. Einer- seits das Alter selbst und dann durch die im Alter auftretenden Beeinträchtigungen am Bewegungsapparat. Einschränkungen wie Reduktion von Flexion und Extensi- on der Hüftgelenke, geringe Extension der Kniegelenke und reduzierte Plantarfle- xion der Sprunggelenke. Eine Warze an der Fußsohle, Halux Valgus, ein Hühner- auge (Clavus), oder Veränderungen an den Zehennägeln können Schmerzen ver- ursachen und den Gang verändern. Der Gang wird auch durch die Beschaffenheit des Untergrundes und des Schuhwerks zusätzlich beeinflusst (Pierobon 2013).

Die Merkmale des Ganges im höheren Alter werden nachstehend aufgezählt:

 Kurze Schrittlänge

 Geringe Gehgeschwindigkeit

 Längerer Stand auf beiden Beinen

 Geringere Bewegung in den Gelenken

 Geringeres Abrollen des Fußes

 Weniger kraftvoller Abstoß des Fußes

 Geringere Schritthöhe

 Vorgebeugte Rumpfhaltung

 Geringeres Mitschwingen der Arme (Vogt 2012).

Der Mensch ist bei vielen Tätigkeiten auf eine gewisse Gehgeschwindigkeit ange- wiesen. Zum Beispiel im Hinblick auf das rechtzeitige Erreichen der Toilette oder

(22)

das Überqueren der Straße. Fußgängerampeln sind in Österreich auf eine Ge- schwindigkeit von 1,0 Meter bis 1,5 Meter pro Sekunde geschaltet (Cagran 2013).

Um sich gut bewegen zu können und nicht zu fallen muss jeder Mensch seine ge- samte Haltung immer wieder ausbalancieren und rasch auf die Situation der Um- gebung reagieren. Dazu benötigt jede Person eine gute Wahrnehmungsfähigkeit und rasche Reaktionsfähigkeit, wie die Wahrnehmung über die Sinne, die Verar- beitung dieser im Gehirn und die Umsetzung über die Körperhaltung und Muskeln.

All diese Dinge sollten gut funktionieren, nehmen im Alter aber meist ab. Im Alter kommt es zu einer Reduktion der Muskelkraft, des Seh- und Hörvermögens, sowie der Reaktions- und Koordinationsfähigkeit. Da Gehfähigkeit und kognitive Leistung besonders eng miteinander verbunden sind, ist Mobilität im Alter besonders wich- tig (Jahn 2010).

2.2.1.3 Gangstörungen im Alter

Gangstörungen im Alter haben oft mehrere Ursachen und werden daher auch mul- tifunktionelle Gehstörungen genannt. 35% der über 70-Jährigen haben eine Gangstörung, während 85% der 60-Jährigen noch ein normales Gangbild aufwei- sen. Bei den über 85-Jährigen sind es nur noch 20% (Jahn 2010).

Die Lebensqualität älterer Menschen leidet unter den Auswirkungen von Gangstö- rungen und Balanceproblemen. Jahn (2010) beschreibt in seinem Aufsatz, dass, wenn solche Probleme auftreten, es innerhalb eines Jahres bei 30% der über 65- Jährigen, die zu Hause leben, und bei 50% die in einem Pflegeheim wohnen, zu mindestens einem Sturz kommt.

Häufig werden von den älteren Menschen folgende Probleme beim Arzt angege- ben:

• Schmerzen,

• Schwindel,

• Gelenkssteifigkeit,

• allgemeine Schwäche,

• verändertes Gangmuster (Jahn 2010).

Jahn (2010, S. 311) führt auch als ein geeignetes Mittel zur Beurteilung von Gangstörungen den TUG Test an, und meint weiter: „Im Zusammenhang mit Stür- zen im Alter ist bei gefährdeten Personen die Sturzprophylaxe durch Aufklärung, Training und Erziehung (zum Beispiel: Verwendung von geeignetem Schuhwerk)

(23)

wichtig“. Gatterer (2007) hält den TUG Test auch zum Erfassen der körperlichen Mobilität als zuverlässig.

85% der älteren Menschen geben auch an „Angst“ vor Stürzen zu haben. Daraus resultieren ein langsamerer Gang und eine verminderte Lebensqualität. Das Ver- trauen in die eigene Balancefähigkeit wird schlechter und Immobilität droht (Jahn 2010).

(24)

2.2.2 Mobilität

Im Jahr 2006 wird Mobilität im Brockhaus folgendermaßen beschrieben: „Möglichkeit des Wechsels aus einer Position in eine andere“. Im Duden wird auf die geistige Be- weglichkeit im soziologischen Sinn und die Beweglichkeit im Bezug auf den Beruf, die soziale Stellung und den Wohnsitz hingewiesen. Nach dem lateinischen Zeitwort mobilitare heißt Mobilität: beweglich und lebendig machen (Günther 2013).

Diese Beschreibungen zeigen, dass es unterschiedliche Deutungen von Mobilität ge- ben kann.

In dieser Arbeit wird vor allem auf die körperliche (physische und geistige) Mobilität des älteren Menschen in seinem Wohnumfeld und im öffentlichen Raum eingegangen.

In ihrem Buch „Fit bis ins hohe Alter“ meint Regelin (2008, S 10): „Bewegung ist eine der besten Möglichkeiten ein gesundes und selbständiges Leben im hohen Alter zu führen und sie ist auch notwendig um den Alltag zu bewältigen“. „Die Grundvorausset- zung für eine minimale Mobilität ist neben dem sicheren Stand die Beherrschung un- terschiedlicher Gehgeschwindigkeiten, sowie ein sicheres Tempo- und Zeitgefühl aber auch Gefühl für Abstand und Entfernung“ (Regelin 2008, S. 28). Ihre Grundidee ist da- bei: Mobilität, Sicherheit, Stärke und Beweglichkeit zu fördern.

Im Alter lässt die Gehsicherheit nach und mit der Zeit kann der Mensch zunehmend immobiler werden. Die Orientierungsfähigkeit und das rasche Reagieren auf Situatio- nen werden zu einer zusätzlichen Herausforderung. Bei 40% der 80-Jährigen ist eine deutliche Verschlechterung der Gelenksbeweglichkeit und der Muskelkraft zu bemer- ken. Die Hälfte der 80-jährigen Frauen kann nur mehr mit großer Mühe Treppen stei- gen oder sich bücken. Auch das Tragen von Einkaufstaschen wird zum Problem (Rischanek 2009).

„Mobilität ist aber eine wesentliche Grundvoraussetzung für eine zufriedenstellende Lebensgestaltung im Alter und sie trägt dazu bei, dass ältere Menschen selbstbestim- mend leben können“ (Reiterer 2009, S. 179).

Aktiv am Leben teilnehmen, selbst Erledigungen machen zu können, Kontakte zu pfle- gen, Neues kennen lernen, steigert den Selbstwert und die Freude am Leben und er- höht die Lebensqualität. Körperlich und geistig mobil bis ins hohe Alter zu bleiben ist der Wunsch jedes Menschen. Die Umgebung und jeder selbst können viel dazu beitra- gen (Reiterer 2009).

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2.2.2.1 Außerhäusliche Mobilität im Alter

Außerhäusliche Mobilität ermöglicht selbständig alltägliche Anforderungen zu bewälti- gen, das soziale Netz aufrechtzuerhalten, ehrenamtlichen Tätigkeiten nachzugehen und auch Freizeitaktivitäten durchzuführen. Spazierengehen, Wandern oder ein Stadt- bummel sind die beliebtesten Tätigkeiten älterer Menschen (Reiterer 2009). Hochbe- tagte fahren weniger mit dem Auto, benützen eher öffentliche Verkehrsmittel und sind viel zu Fuß unterwegs. Zu Fuß gehen ist die beliebteste und am häufigsten genützte Fortbewegungsart älterer Menschen (Kreiner und Klemenjak 1999).

Durch verminderte Sehkraft, Abnahme der Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit muss oft auf das eigene Fahrzeug im Alter verzichtet werden. Öffentliche Verkehrsmit- tel sind für mehr als ein Drittel der älteren Frauen das wichtigste Verkehrsmittel, aber nur für ein Fünftel aller älteren Männer. Neben den Gesundheitsfahrtendiensten gibt es auch in Wien und in größeren Städten Österreichs Freizeitfahrtendienste, die auch schwer gehbehinderte ältere Menschen nützen können um Freizeitaktivitäten und sozi- ale Kontakte zu pflegen (Reiterer 2009). Positiv wird in Österreich die Gestaltung der öffentlichen Verkehrsmittel und die dazu gehörige Infrastruktur gewertet. Die erleichter- ten Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten, Lifte und barrierefreie Gehwege machen eine zufriedenstellende Bewegungsfreiheit möglich. Zu wenig Zeit für das Ein- und Ausstei- gen oder das Überqueren einer Straße erzeugt bei Hochaltrigen aber Stress und Angst (Amman 2006).

In Deutschland müssen die Fußgängerampeln vor SeniorInnenheimen auf 1,0 Me- ter pro Sekunde geschaltet sein (Meßmann 2011). Auf die Anfrage beim Straße- namt, ob diese Vorgabe für Fußgängerampeln vor SeniorInneneinrichtungen auch in Österreich gesetzlich vorgegeben ist, sagte der Leiter der Verkehrslichtsignalan- lagen in Graz, DI Cagran: „Der österreichische Gesetzgeber selbst macht über- haupt keine Angabe über die der Grünzeit und Zwischenzeit zu Grunde zu legen- den Räumgeschwindigkeiten. Jedoch werden in den Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (RVS) – welche zwar kein Gesetz sind aber in der Realität ähnlich behandelt werden - Empfehlungen zur anzuwendenden Bandbreite (1,0 bis 1,5 Meter pro Sekunde sowohl für Querungs- als auch Räumungsgeschwin- digkeit) gemacht. Eine definitive Festlegung wie in Deutschland gibt es jedoch nicht“.

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Aus Unsicherheit beim Gehen und Angst vor Stürzen und Verletzungen schränken die älteren Menschen ihre Mobilität sehr ein (Kreiner 2000). „Bei den Hochbetagten ist die- se Sturzangst die größte und meist genannte Angst, sodass die Vermeidung von Stür- zen ein wesentlicher Ansatzpunkt zur Mobilitätsverbesserung hochaltriger Personen sein muss“ (Amann 2006, S. 55f).

2.2.2.2 Mobilität in der Wohnung

„Dadurch, dass sich der räumliche Aktionsradius im hohen Alter reduziert, rückt für ältere Menschen die Wohnung immer mehr in den Mittelpunkt ihres Lebens und wird zum zentralen Lebensraum“ (Rischanek 2009, S. 70f). „Durchschnittlich ver- bringen ältere Menschen 20,5 Stunden, also den Großteil des Tages, in ihrer Wohnung und nur 2,5 Stunden außerhalb der Wohnung“ (Saup 2001, S. 96).

Um als älterer Mensch den Alltag bewältigen zu können und sicher in der eigenen Wohnung unterwegs zu sein, sollte sie altersgerecht umgestaltet werden. Dazu bedarf es für ältere Menschen oft große Überwindung und Eigenkompetenz. Kruse (2010, S. 411) schreibt in seinem Buch „Zukunft Altern“ über Wohnanpassungen:

„Der in Richtung Barrierearmut gehende Umbau der Wohnung ist in der Regel deutlich günstiger als die Behandlung der Folgen des Sturzes samt möglicherwei- se frühzeitiger Übersiedelung in eine stationäre Wohnform“. Meistens geschieht dies aber erst nach einem plötzlichen Geschehen oder Sturz mit gravierenden Folgen.

Treppen und Türschwellen stellen ein erstes Hindernis beim Betreten einer Woh- nung dar. Bei Treppen benötigt der ältere Mensch einen guten Handlauf, womög- lich rechts und links der Treppe und nicht zu hohe Stufen. Die Treppenkanten soll- ten rutschsicher und gut erkenntlich sein. Wichtig ist auch eine gute Ausleuchtung der Stiege (Kisser 2009).

Schwellen bei Türen sollten nicht vorhanden sein oder durch Keile ausgeglichen werden, damit der ältere Mensch ohne Probleme auch mit Gehhilfen, wie Rollatoren, diese gut überwinden kann. Der Boden und die Bodenbeläge sollten nicht zu dunkel, rutschsicher und ohne Teppiche sein. Kabel elektrischer Geräte dürfen nicht lose am Boden herumliegen und die Beleuchtung der Räume sollte sehr hell sein. Im Badezimmer ist eine Badewanne für ältere Menschen eher un- geeignet und höchstens dann benützbar, wenn sie gut montierte Haltegriffe oder mit einem Liftheber ausgestattet ist. Besser ist eine Dusche, die eben betreten

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werden kann, also keine Schwelle hat und mit einem gut befestigten Duschsitz ausgestattet ist. Ebenso sollte das WC mit einem Handgriff zum leichteren Setzten und Aufstehen ausgestattet sein (Kisser 2009).

Um sicher in der Wohnung unterwegs zu sein „sollten gut sitzende, geschlossene, mit rutschfester Sohle ausgestattete Schuhe auch zu Hause getragen werden“

(Kisser 2009, S. 166f).

2.2.2.3 Körperliche und geistige Mobilität im Alter

Es ist erwiesen, dass ein älterer Mensch, der in seiner Jugend sportlich aktiv war, auch im Alter für Sport zu begeistern ist. Nur 20% der über 60-Jährigen betreiben in Österreich Sport. Dazu gehört an erster Stelle Wandern, gefolgt von Schwim- men und Radfahren (Kolland 2000).

Im Jahre 1998 wurde in einer Umfrage erhoben, welche Sportarten die über 60- jährigen ÖsterreicherInnen regelmäßig und gelegentlich betreiben und in Tabelle 1 beschrieben (Statistik Austria 1998).

Tabelle 1: Freizeitaktivitäten der ÖsterreicherInnen 60+

regelmäßig gelegentlich

Wandern 15,2 % 59,8 %

Schwimmen 12,6 % 53,8 %

Gymnastik 18,8 % 35,5 %

Radfahren 8,9 % 22,6 %

Kegeln 1,8 % 19,7 %

Langlaufen 2,5 % 17,8 %

Tischtennis 1,8 % 17,5 %

Eisstockschießen 1,9 % 16,9 %

Schifahren 4,7 % 10,7 %

Quelle: Freizeit und Kultur 1998, Statistik Austria

Körperliche Aktivität ist in jedem Lebensalter enorm wichtig, denn was der Körper nicht nutzt, baut er ab und durch die Muskelschwäche steigt das Unfallrisiko. Re- gelmäßige körperliche Aktivität reduziert das Herzinfarktrisiko, senkt den Blut-

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hochdruck und den Zuckerspiegel. Sie reduziert das Risiko Osteoporose zu be- kommen und das Sturzrisiko (Dorner 2009).

Körperliche Aktivität erhält länger die Unabhängigkeit im Alter. Das „Transtheoreti- sche Modell“ von Keller zeigt Strategien auf, wie Verhaltensänderungen bei Men- schen gelingen können. Dies geht vom Steigern des Problembewusstseins, über Freude, Selbstlob, Beziehungen ausnutzen, bis zur Selbstverpflichtung (Keller 1999).

Im Alter muss nicht anders trainiert werden als in der Jugend. Am Beginn ist zwar die Beweglichkeit der Gelenke nicht so umfangreich, aber sie wird mit der Zeit immer besser. Training mit Gleichgesinnten ist viel motivierender. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass das Durchschnittsalter der FitnessstudiobesucherInnen steigt (Knappich 2011).

Schippinger, Leiter des Instituts für Sportmedizin meinte, dass es die typische Sportart für ältere Menschen nicht gäbe. Es käme ganz auf den gesundheitlichen Allgemeinzustand, die persönliche Einstellung und die Dosierung an. Ideal seien Wandern, Nordic Walking, Laufen, Radfahren, Golf und Tennis auf Sand gespielt (Hausberger 2004).

Aber auch die geistige Fitness ist wichtig. Lesen, Rätseln, soziale Kontakte pfle- gen, ehrenamtliche Tätigkeiten ausführen wird empfohlen. Durch ein körperlich und geistig aktives Leben, kann Altern positiv beeinflusst werden (Kolland 2009).

Im Kompetenzmodell übernimmt jeder ältere Mensch die Verantwortung für sein Leben, wie er es gestaltet um noch gewisse Werte und Ziele, z.B. durch ein kör- perliches und kognitives Training, zu erreichen. Hilfreich sind dabei eine anregen- de Umwelt und motivierende soziale Kontakte (Kolland 2009).

Der Philosoph Lenk sieht im Sport ein Medium der Kunst, ein ausgewogenes, vita- les und spannendes Leben zu führen (Bachmann 2001).

„Das oberste Ziel ist die Vermeidung von Pflegebedürftigkeit und die möglichst lange Erhaltung der Selbständigkeit jedes alten Menschen. Auch sollte jeder/jede seinen/ihren Lebensstil so einrichten, dass er/sie alles in seiner/ihrer Macht ste- hende dafür tut, um geistig und körperlich bis ins hohe Alter gesund und fit zu bleiben“ (Spitzer 2005, S. 16f).

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2.2.3 Schuhe

Schuhe spielen im Alter eine besondere Rolle. Die Füße, die den Menschen durchs Leben getragen haben, sind oft geschwollen, abgesunken und verformt. In einem Schuhgeschäft gibt es unzählig viele Modelle von Schuhen in allen Formen, Farben und Materialien. Dies resultiert daraus, dass der Schuh ein Modestück geworden ist und nicht mehr allein die Funktion hat unsere Füße zu schützen (Dietrich 2012).

Vor tausenden Jahren verwendeten und schützten Menschen ihre Füße vor Hitze, Kälte und Nässe mit einfachen Tüchern und Tierhäuten. Schon sehr früh waren bei den AztekInnen Sandalen und die Zehenstegsandale bei den ÄgypterInnen in Gebrauch. Der Bundschuh kam ca. 500 vor Christus auf. Die GermanInnen liebten den mit Riemen gebundenen Lederschuh. Im 4. Jhdt. vor Christus benützte man im Orient eine Art von Stiefel. Ab dem 7. Jhdt. wurde der Riemenschuh, der mit Bändern bis zum Knie gebunden war, bei den RömerInnen auch die „römische Sandale“ genannt, getragen (Heinrichs 2014).

Lange Zeit wurde für beide Geschlechter die gleiche Schuhform verwendet. Modi- scher wurde es dann im Mittelalter, denn es kam der Wendeschuh auf. Der Name leitet sich vom „Wenden“ nach der Fertigung her ab und es waren schon verschie- dene Formen (spitze, runde usw.) gebräuchlich. Besonders spitze Schuhe, den Schnabelschuh, trug man im 14. Jhdt.. Dieser war ein wichtiges Statussymbol. Je länger die Spitze, (sie erreichte auch 60 Zentimeter), umso höher war der Rang des Trägers, der Trägerin. Für das normale Volk gab es einfachere Schuhe. Im 17. Jhdt. kam erstmals der Plateauschuh auf. Eine Höhe von bis zu 40 Zentimeter war nicht selten. Man nimmt an, dass der/die Träger dem auf den Straßen der damaligen Zeit zentimeterhoch liegenden Unrat entkommen wollten. Das Auf- kommen von Absätzen im 17. Jhdt. führt man auf die bessere Nutzbarkeit von Schuhen beim Reiten zurück, da dadurch ein Abrutschen aus den Steigbügeln verhindert wurde. Bis zu dieser Zeit waren Schuhe absatzlos. Die Männer wirkten durch den Absatz plötzlich mächtiger und die Damen, durch die veränderte Kör- perhaltung und Beckenstellung erotischer (Pütz 2010).

Besonders prunkvolle Schuhe aus Brokat, Seide, Edelsteinen und Schnallen bei Herrenschuhen sind im 18.Jhdt. am französischen Hof entstanden und die Form der Schuhe für Männer und Frauen wurde unterschiedlich. Um diese wertvollen

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Schuhe vor Schmutz zu schützen fertigte man Unterschuhe aus Holz an (Dietrich 2012).

Ebenso berücksichtigte man plötzlich den Rechts- und Linksunterschied unserer Füße. Georg Hermann von Meyer (1815 – 1892), ein deutscher Anatomieprofes- sor, trat erstmals dafür ein (von Strauß und Torney 2004).

Die Industrialisierung ermöglichte Schuhe auch industriell zu fertigen, und so setz- te 1830 die Massenproduktion ein, die sich auch in einer Preissenkung bei den Schuhen ausdrückte. Es wurden Sandalen, Pumps und Stiefeletten mit Absatz erzeugt. Besonders beliebt waren Herrenhalbstiefel und im 20. Jhdt. die Knöpfel- stiefeletten bei den Damen. Im Laufe der weiteren Jahre wurde das Leder immer dünner und durch Färbung immer bunter. Neue Formen entstanden und Schuhe für jeden Anlass waren zu erwerben. Durch die „Ökobewegung“ wurde die klassi- sche Birkenstock-Sandale beliebt, die Anfang des 19. Jhdt. entwickelt wurde, und die sich bis heute hält (Sternke 2006).

Zum beliebtesten Frauenschuh des 20. Jhdt. wurde der Pumps. 1936 wurde in Italien der Keilabsatz und 1955 der dünne Absatz (Pfenningabsatz genannt) krei- ert. Der Stöckelschuh war geboren. Durch die Entwicklung neuer thermoplasti- scher Kunststoffe konnten neue Sohlen entwickelt werden. 1960 wurde der erste Sportschuh hergestellt, der heute noch immer große Beliebtheit in allen Bevölke- rungsschichten genießt. Begünstigt wurde dieser Trend auch durch die zuneh- menden sportlichen Freizeitaktivitäten vieler Menschen unserer Tage (Dietrich 2012).

2.2.3.1 Hausschuhe

Unter Hausschuhen versteht man Schuhe die zum Tragen im Haus oder in einer Wohnung gedacht sind. Sie sind mit einer Sohle versehen und können mit oder ohne Fersenteil (hinten offen) gefertigt sein. Umgangssprachlich werden ge- schlossene Hausschuhe als „Patschen“ und offene, mit einer Sohle mit Vorder- kappe und ohne Fersenteil, als „Schlapfen“ oder „Pantoffeln“ bezeichnet. Oft aber vermischen sich auch die Bezeichnungen. In der Antike wurden aus dicker Wolle gestrickte Hausschuhe getragen. Die RömerInnen trugen schon pantoffelartige Schuhe zum leichten Hineinschlüpfen. Diese waren aus Leder oder festem Stoff gefertigt. Im Orient ist es seit Jahrhunderten Brauch Pantoffeln, oft reichlich ver-

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ziert, nach vorne zugespitzt und mit bauchiger Form zu tragen. Über Byzanz und Italien sind sie zu uns gelangt und den EuropäerInnen seit dem 15. Jhdt. bekannt.

In Japan ist es höchste Pflicht im Haus eigene Schuhe zu tragen. Sogar für die häusliche Toilette gibt es spezielle Toilettenschuhe (Sternke 2006).

Alle hinten offenen Hausschuhe ermöglichen ein schnelles Hineinschlüpfen ohne sich bücken zu müssen und sie dienen auch dazu den Wohnraum sauber zu hal- ten. Sie sind meist leichter und weicher, da sie nicht schlechtem Untergrund und Nässe ausgesetzt sind (Baar 2010).

Es wird zwischen folgenden Hausschuhen unterschieden:

• Holzsandale mit Querriemen,

• Schlüpfer aus Leder,

• Pantoffeln aus Filz,

• Sandalen,

• Hüttenschuhe,

• Clogs und

• Gymnastikschuhe (Sternke 2006).

Hausschuhe werden meist aus Leder, Stoff, Filz, und Kunststoffen gefertigt. Als Vorteile von Hausschuhen werden das Freiraumgeben für die Zehen, die bessere Atmungsaktivität und die meist geringe Absatzhöhe genannt (Sternke 2006).

Ihre Nachteile sind, dass sie weniger Schutz als ein Straßenschuh bieten, geringer das Fußgelenk stützen, weniger Führungsfunktion haben und mit einer dünneren und biegsameren Sohle ausgestattet sind. Außerdem werden Hausschuhe meist zu lange getragen (Lord 2009).

In Abbildung 2 sind einige Hausschuharten zu sehen, die von Menschen 80+ in Österreich gerne getragen werden.

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Quelle: private Fotoaufnahmen von Spitzer 2013

Abbildung 2: Beispiele von Hausschuharten die von Menschen 80+ in Österreich getragen werden

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2.2.4 Stürze

Eine Definition für Sturz lautet: „Der Sturz ist ein unerwartetes Ereignis, in wel- chem der Teilnehmer, die Teilnehmerin am Boden, Fußboden oder einer tieferen Ebene zu liegen kommt“ (Gschwind 2011, S. 14).

„Im hohen Alter steht besonders diese eine Unfallart im Vordergrund. 84% aller Heim- und Freizeitunfälle sind Stürze. 55% der Unfälle ereignen sich bei der schlichten Fortbewegung auf zwei Beinen“ (Kisser 2009, S. 164).

Die Sturzgefahr ist im hohen Alter nachweislich erhöht. Im eigenen Wohnungsum- feld stürzen jährlich 30% der über 65-Jährigen und 50% der über 80-Jährigen einmal pro Jahr. Bei Menschen in den Alten- und Pflegeheimen sind es wegen multipler interner Beeinträchtigungen sogar 60–70% (Jahn 2010). Grund dafür ist neben der höheren Pflegebedürftigkeit dieser Menschen auch die ungewohnte neue Umgebung. Stürze älterer Menschen, die operativ behandelt werden müs- sen, sind ein großer Kostenfaktor im Gesundheitswesen und können auch in Fol- ge zum Tod führen. In Tabelle 2 werden die Tätigkeiten zum Zeitpunkt des Unfal- les und die Unfallarten sowohl von jüngeren als auch älteren Menschen beschrie- ben.

Quelle: Kuratorium für Verkehrssicherheit 2007

Tabelle 2: Unfallarten und Unfalltätigkeiten bei jüngeren und älteren Menschen ohne Verkehrsunfälle

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60% Haus 20% Straße

13% Garten 7% Stiege

Wo stürzen alte Menschen

Ein Sturz ist für viele ältere Menschen ein einschneidendes Erlebnis in ihrem Le- ben und ein Zeichen für Störungen von Körperstrukturen und Körperfunktionen.

Sich plötzlich hilflos am Boden liegend vorzufinden, bereitet Angst und Schmerz (Stel 2004).

Die Hälfte aller älteren Menschen ist nicht mehr fähig alleine vom Boden aufzuste- hen. Angst führt oft zu mehr Vorsicht und weniger Bewegung. Ein Sturz ist ein ein- schneidendes, gravierendes Erlebnis, das den sozialen Rückzug aus dem aktiven Leben einleiten, zu Depressionen führen, und zum Schluss sogar den Umzug in ein Pflegeheim notwendig machen kann. Stürze sind aber keine Frage des Alters, wenngleich das Risiko mit zunehmendem Alter immer größer wird. Stürze, die sich zu Hause zutragen, betreffen häufiger Frauen. Die Gründe dafür sind, dass sie einerseits eine höhere Lebenserwartung haben und andererseits ihr Becken phy- siologisch anders als das der Männer gebaut ist. Ab einem Alter von 75 Jahren und älter, steigt das Sturzrisiko rapide an und beträgt etwa 50% bei Personen 80+

(Golding 2006).

Im Diagramm 1 werden die Sturzorte älterer Menschen dargestellt. 60% der Stür- ze passieren im Haus und zwar in der Küche, im Bad und im Schlafzimmer zwi- schen 10:00 und 11:00 Uhr sowie zwischen 16:00 und 20:00 Uhr. Vormittags ist meist die aktive Zeit im Haushalt und gegen Abend macht sich die Müdigkeit be- merkbar. Stürze im Treppenbereich sind eher selten und nur ein geringer Teil der Stürze ereignet sich in der Nacht (15%) (Knuchel- Schnyder 2004).

Quelle: Knuchel- Schnyder 2004

Diagramm 1: Sturzorte älterer Menschen

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2.2.4.1 Sturzursachen

Es gibt sowohl interne (z.B. Schwindel) wie auch externe (z.B. falsches Schuh- werk) Sturzverursacher. Frauen sind durch ihre Neigung zu Osteoporose häufiger von Stürzen betroffen und sie verlieren im Alter ihre Muskelkraft eher in den Bei- nen als in den Armen, bei Männern ist das umgekehrt (Kruse 2007). In Abbildung 3 werden die Zusammenhänge sichtbar dargestellt.

Quelle: Fiß & Meinke 2012

Abbildung 3: Zusammenhang zw. intrinsischen und extrinsischen Faktoren bei der Auslösung von Stürzen

Viele Stürze gehen ohne oder nur mit leichten Verletzungen einher, aber rund 5%

haben eine Fraktur zur Folge. Davon ist jede fünfte eine Schenkelhalsfraktur.

Schmerzen und Beeinträchtigungen bei Tätigkeiten im Alltag bleiben oft zurück.

Das mindert die Lebensqualität beachtlich (Fiß & Meinke 2012).

Wie schon zu Beginn beschrieben ist das Stolpern über Schwellen und abgestellte Gegenstände, das Hängenbleiben an Teppichen, schlechte Beleuchtung in den Zimmern, freiliegende Leitungskabel und schlechtes Schuhwerk oft als Ursache für Stürze zu nennen. Aber auch die Einnahme von zu vielen Medikamenten, Schwindel, geistige Beeinträchtigung, Muskelschwäche, vermindertes Sehvermö-

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gen, Beeinträchtigung des Bewegungsapparates und die Unterernährung, sowie mangelnde Flüssigkeitszufuhr können Sturzverursacher sein (Vogt 2012).

Daher ist es ganz wichtig, diese Stolpersteine, wie in Abbildung 4 ersichtlich, rechtzeitig aus dem Weg zu räumen.

Quelle: private Fotoaufnahme von Spitzer 2007

Fällt einer Person das Aufstehen vom Stuhl schwer und werden dazu einige Ver- suche benötigt, kommen Stehprobleme, Drehschwindel und im letzen Jahr ein Sturz dazu, so ist Vorsicht geboten. Ist die Sehkraft vermindert und machen sich Gelenkseinschränkungen und Muskelschwäche bemerkbar oder fallen die tägli- chen Tätigkeiten, wie Waschen und Anziehen schwer, müssen viele Medikamente (Psychopharmaka) eingenommen werden und wird eine Gehhilfe benötigt, so ist eine Abklärung anzuraten (Vogt 2012).

Ist die Person außerdem untergewichtig bzw. mangelernährt (BMI < 18,5 kg/m²) oder adipös (BMI > 30 kg/m²) und älter als 85 Jahre, und werden Reaktions- und Koordinationsprobleme ersichtlich, so ist die Sturzgefahr enorm erhöht (Runge 2001).

Abbildung 4: Stolperfallen

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2.2.4.2 Sturzprophylaxe

Es gilt, je aktiver eine Person ist, desto besser ist er/sie gegen Stürze gerüstet.

Viele Institutionen bieten SeniorInnenturnen an. Ebenfalls haben Physiotherapeu- tInnen mehrere Tests zur Verfügung um das Sturzrisiko einzuschätzen und ein individuelles Trainingsprogramm zu erstellen. Dazu gehört ein Gangsicherheits- training mit Koordinations-, Kraft- und Gleichgewichtsübungen, eine Begutachtung der häuslichen Stolpersteine, Hilfsmittelberatung und die Überprüfung und Anpas- sung der Medikamente durch den behandelnden Arzt, die behandelnde Ärztin (Knuchel-Schnyder 2004).

Wicker (2006), Vorstand der Salzburger Universitätsklinik für Physikalische Medi- zin sagt, dass Kraft wirkungsvoll ist, wenn die Koordination gut ist und die Koordi- nation nur dann funktioniert, wenn auch ein gutes Gleichgewichtsgefühl vorhanden ist. Auch der ältere Körper ist in der Lage mehr Kraft, Koordinations- und Konzent- rationsfähigkeit sowie Gleichgewicht aufzubauen.

Durch Krafttraining im Alter erhält man die Muskelmasse und die Ausdauer. Der Blutdruck und der Zuckerspiegel werden gesenkt und die Sturzgefahr vermindert.

Sogar eine Verbesserung der Gelenksfunktionen, eine Verbesserung der Ge- dächtnisleistung und des psychischen Wohlbefindens sowie eine Schmerzredukti- on kann erzielt werden. Laut American Heart Association sollte mindestens zwei- mal pro Woche ein Krafttraining für acht bis zehn Muskelgruppen, mit je zehn bis fünfzehn Wiederholungen, bis zum Schwitzen, durchgeführt werden (Pollok &

Franklin 2000).

Beginnt sich das Gangbild eines älteren Menschen zu verändern kann eine per- sönliche Gangschulung helfen. Unter Gangschulung versteht der/die TherapeutIn Übungen die das Gleichgewicht durch Lageveränderungen des Körpers stärken.

Stiegen steigen sollte ebenso ein fixer Bestandteil der Gangschulung sein. Da- durch wird eine Kräftigung der Muskulatur und des Herzkreislaufsystems, wie auch eine Verbesserung der Selbständigkeit erreicht (Knuchel-Schnyder 2004).

In einer Studie mit 1016 Personen von 65 bis 97-Jährigen wurde aufgezeigt, dass durch Kraft- und Gleichgewichtstraining eine 35%ige Reduktion von Stürzen erzielt werden konnte. Am deutlichsten war die Reduktion bei den über 80-Jährigen (Ro- bertson 2002). Eine australische Studie kombinierte das körperliche Training mit

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Wohnraumverbesserungen und Behebung der Sehprobleme. Diese Kombination senkte am wirkungsvollsten die Anzahl an Stürzen (Day 2002).

An der Universität Freiburg wurde wissenschaftlich nachgewiesen, dass vor allem Gleichgewichtsübungen, wie Stehen auf einem Bein, das mehrmalige schnelle Aufstehen von einem Sessel und das Training des Aufstehens vom Boden sturz- präventiv sind (Vestewig 2013). Auch SeniorInnentanzen ist sehr zu empfehlen, wie eben jede Art von Bewegung sinnvoll ist. Wer vorbeugend etwas tut, kann sich viel Leid ersparen und Pflegebedürftigkeit hinauszögern oder verhindern. Wichtig ist aber ein regelmäßiges Training über längere Zeit hinweg. Besser ist ein ständi- ges Training, denn alles was der Körper nicht braucht baut er ab. Einen Vorteil haben jene Personen, die immer regelmäßig Sport betrieben haben. Training ver- mindert das Sturzrisiko und erhöht die Lebensfreude und die Selbständigkeit im Alter (Dorner & Rieder 2009).

Furian und Rehberg (2000) veröffentlichten eine Publikation über eine Untersu- chung bei Menschen ab 60 Jahren repräsentativ für Österreich. Es wurden der körperliche Zustand, das seelische Wohlbefinden, der soziale Status, die Eigen- schaften der Wohnungen und das Mobilitätsniveau erhoben. Bei der Gruppe jener Personen, die in den letzten zwölf Monaten einen Unfall erlitten hatten, war das Mobilitätsniveau, wie auch die körperliche Betätigung deutlich niedriger und die angegebenen körperlichen Beeinträchtigungen deutlich höher. Diese Personen gaben auch ein stärkeres Einsamkeitsgefühl und schlechtes körperliches Befinden an. Es wurde auch festgestellt, dass ein erhöhtes Unfallrisiko eher die sozial nied- rigere ältere Bevölkerungsschicht betrifft, die in kleineren Wohnungen lebt.

Dorner und Rieder (2009) schreiben in ihrem Bericht „Gesundheitsförderung, Prä- vention und Gesundheitsversorgung bei Hochbetagten“, dass das Bewegungsver- halten der ÖsterreicherInnen nicht den allgemeinen Empfehlungen entspricht. Bei den älteren Männern 75+ gaben 50,6% und 63,3% der Frauen in dieser Alters- gruppe an, nie durch Bewegung zu schwitzen.

2006/2007 wurde eine repräsentative Gesundheitsbefragung in Österreich durch- geführt (ATHIS 2006/2007) und dabei wurde festgestellt, je älter der/die Österrei- cherIn ist, umso weniger Lust ist vorhanden, sich aktiv körperlich zu betätigen.

Von allen ÖsterreicherInnen gaben 60,3% an einmal pro Woche durch körperliche Betätigung ins Schwitzen zu kommen. Dies betraf 23,1% der Österreicher 75+ und bei den Österreicherinnen 75+ waren es 9,9% (Statistik Austria 2007).

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„Vielfache Studien haben bestätigt, dass solche Trainings vor allem die Geh- und Balancefähigkeit fördern und damit erheblich zur Sturzprophylaxe beitragen. Wenn man überlegt, dass etwa jede zweite Person jenseits von 80 Jahren mindestens einmal pro Jahr stürzt und derartige Stürze nicht nur mit immensen Folgekosten, materiell und immateriell, sondern auch in erheblichem Maß mit Todesgefahr ver- bunden sind, dann wird der Wert derartiger Trainings unmittelbar deutlich“ (Kruse 2010, S. 261). Kruse (2010) meint auch weiter, dass diese Trainings noch mehr angeboten werden sollten.

Ist eine Person schon sehr sturzgefährdet, wird auch das Tragen von Hüftprotek- toren empfohlen. Dies sind Hosen, die die Hüften schützen, da sie an kritischen Punkten verstärkt sind. Bei einem Sturz werden dadurch die Kräfte besser verteilt und die Verletzungsgefahr gemindert. Es gibt einige Modelle zur Auswahl. Der klassische Protektor ist eine geschlossene Hose, die eher unpraktisch in der Handhabung ist und daher seltener zum Einsatz kommt. Ein weiterer Protektor ist im Schritt geöffnet und erleichtert so den Toilettengang erheblich. Eine andere Variante ist wie nach Art eines Hüftgürtels, den auch ältere Personen leichter ver- wenden können (Fiß und Meinke 2012).

2.2.4.3 Medikamente und Behelfe

Da viele Menschen oft an mehreren Krankheiten (Multimorbidität) leiden ist es be- sonders wichtig die Medikamentenverträglichkeit zu überprüfen. Auch die zeitlich richtige Einnahmezeit von Medikamenten und die richtige Dosierung für einen älte- ren Körper sind zu beachten. Meist nimmt der ältere Mensch zu viele Medikamen- te zu sich. Schwindel und Gleichgewichtsstörungen können daraus resultieren und Unfälle verursachen. Oft geht es dem älteren Menschen nach einer Reduzierung der Medikamente besser (Fiß & Meinke 2012).

In der deutschen „Pharmazeutischen Zeitung“ schreiben Fiß und Meinke (2012) zum Thema Sturzgefahren erkennen und vermeiden, dass sich bei der Medika- menteneinnahme die Sturzrisikofaktoren nicht nur addieren sondern potenzieren.

Pierobon (2013) berichtet in „Sturzprävention für ältere Menschen“, dass in einer Studie über Zusammenhang zw. Schwindel, Arzneimittelverordnung und Stürzen bei über 75-jährigen KrankenhauspatientInnen festgestellt wurde, dass 47% der verordneten Medikamente Schwindel als mögliche Nebenwirkung aufweisen, und dass Patienten die über Schwindel klagten zehnmal häufiger über Stürze berichte-

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ten als PatientInnen ohne Schwindel. Auch Brillen, Hörgeräte und Gehbehelfe müssen von Zeit zu Zeit überprüft und den Anforderungen angepasst werden.

2.2.4.4 Ernährung

Grundsätzlich sinkt im Alter durch geringe Bewegung und körperliche Anstrengung der Grundumsatz, andererseits trägt zum Wohlbefinden eines Menschen die Er- nährung bei. Die Nahrungsaufnahme wird im hohen Alter oft durch Einsamkeit, soziale Isolation, aber auch durch Medikamente vermindert und sehr vernachläs- sigt. Von Mangelernährung sind nicht nur alleinlebende ältere Menschen betroffen, sondern auch betagte Menschen in Krankenhäusern, Altenheimen und Pflegeinsti- tutionen. In der DGEM Multizenterstudie (Ernährungsmangel in der Geriatrie Deutschlands) wurde bei über 50% der geriatrischen PatientInnen eine Mangeler- nährung festgestellt. Bei den zu Hause lebenden über 85-Jährigen waren 3% der Männer und 10% der Frauen mangelernährt (Volkert 2011).

Unterernährung droht durch zu geringe Zufuhr an Kalorien, Vitaminen und Protei- nen und anderer Stoffe.

Dazu tragen auch bei:

• Veränderung des Hunger- und Durstgefühls,

• verminderter Geruchs- und Geschmackssinn,

• vielschichtige hormonelle Veränderungen,

• verminderte Organtätigkeit des Magens, des Darmes und der Niere,

• fehlende Kompensation nach Gewichtsverlust,

• reduzierte Aufnahme des Vitamins D über die Haut (Volkert 2011).

Aber auch das Gegenteil kann festgestellt werden. Denn die Zahl der adipösen älteren Menschen im Alter von 55 bis 75 Jahren steigt immer mehr und ist in die- ser Altersgruppe am höchsten. Bei den Personen ab 75 Jahren wird die Anzahl der Adipösen wieder etwas geringer. Ursachen sind falsche Ernährung und der Bewegungsmangel. Es können Schwachheit, Müdigkeit, Schwindel und Gleichge- wichtsstörungen auftreten (Großschädl und Stronegger 2012).

Fehlende Flüssigkeitszufuhr führen zu denselben Symptomen. Daher ist es wich- tig für das körperliche wie auch für das kognitive Wohlbefinden, auf eine gesunde, ausgewogene, energiegebende und proteinhaltige Ernährung zu achten um Unfäl- len und Stürzen vorzubeugen (Stoiser 2007).

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Goisser (2013) kommt ebenfalls bei einer Untersuchung von 97 PatientInnen mit Hüftfraktur, die 80 Jahre und älter sind, zum Ergebnis, dass bei über 50% eine Mangelernährung feststellbar ist. Sie erholen sich dadurch langsamer und brau- chen eine längere Rehabilitationszeit als normal ernährte ältere PatientInnen.

2.2.4.5 Initiativen

1996 – 2000 wurde in Wien die Initiative „Sicher Gehen über 60“ durchgeführt, die für kurze Zeit einen Erfolg erzielte. Sie brachte in Wien besonders einen deutli- chen Rückgang bei Schenkelhalsbrüchen. Nach Beendigung der Initiative stieg die Zahl aber wieder auf den üblichen Wert (Kisser 2009).

2003 begann das Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz mit dem Aktionsplan „Seniorensicherheit“. Ein bleibender Er- folg blieb aber aus (Kisser 2009).

Es gab auch internationale Bemühungen zur Sturzprävention von der WHO 2005, indem sie einen „Globalen Bericht für Sturzprävention im Alter“ verfasste und von Seite der EU 2006, „Fact Sheet: Sturzprävention bei älteren Leuten“, wo auch das Thema Schuhe erwähnt wurde.

Auch das AIT (Austrian Institute of Technology) ist bei einem europäischen For- schungs- Projekt „Stop falls“ 2013 der Universität Siegen beteiligt. Zielsetzung ist, ein Vorsorge-Trainingsprogramm zur aktiven Sturzvorbeugung zu entwickeln. Die Zusammenarbeit ist international und soll auch einen „Personal Health Advisor“

auf Basis einer fortschrittlichen eHealth Plattform entwickeln, der in seiner Funkti- onalität als Gesundheits- und Lebensstilmanager weit über reine Prävention hi- nausgeht (Hlama 2011).

2012 wurde vom Landeskrankenhaus - Universitätsklinikum Graz eine überarbei- tete Auflage von „Evidence Based Nursing, Sturzprophylaxe für ältere und alte Menschen in Krankenhäusern und Langzeiteinrichtungen“ herausgebracht. Diese wurde im Grazer Geriatrischen Gesundheitszentrum auf den einzelnen Stationen verteilt und umgesetzt. Dabei wurde die Sturzrate über zwei Jahre hindurch vergli- chen (vgl. Diagramm 2).

(42)

Quelle: Andrea Hierzer 2013

Diagramm 2: Sturzrate von 2010 bis Mitte 2013 im Grazer Geriatrischen Gesund- heitszentrum.

AG/R = Akutgeriatrie und Remobilisation MG+MK= Medizinische Geriatrie + Memory Klinik PWH = Pflegewohnheim

GGZ= Geriatrisches Gesundheitszentrum

(43)

2.2.5 Studien und Ergebnisse zu Sturz und Schuh

2001 veröffentlichte die amerikanische und britische Geriatric Society und die amerikanische Akademie „Orthopedic Surgeous Panel on falls Prevention“ Richtli- nien zur Sturzprävention von alten Menschen. Die Fragestellung lautete: „Welches ist das sicherste Schuhwerk für Menschen die schon gestürzt oder sturzgefährdet sind?“ („What is the safest footwear for people who have fallen or are at risk of falling?“). Sie kamen zu der Erkenntnis, dass diese Frage zur damaligen Zeit nicht beantwortet werden konnte, da wichtige Studien dazu fehlten (Gschwind 2011).

Einen guten Überblick über viele Studien gibt auch ein Artikel über Sturzpräventi- on im Universitätsportal Basel von 2011. Die AutorInnen bemängeln das Fehlen von experimentellen Studien und können daher auch keine Empfehlung zu Schuheigenschaften geben, die einen Sturz verhindern können. Sie empfehlen den alten Menschen auf den gesunden Menschenverstand zu hören, nicht barfuß oder in Socken zu gehen und keine Schuhe mit zu hohen Absätzen zu tragen. Sie bezweifeln auch, dass die Anpassung des Schuhwerks die alleinige Maßnahme zur Verhinderung von Stürzen sei (Gschwind 2011).

Als Empfehlung geben sie folgendes an:

• das Tragen von Schuhen mit niedrigem Absatz,

• rutschfeste Sohle,

• stabile Fersenkappe bei den Schuhen,

• guter Sitz der Schuhe und

• das Tragen solcher Schuhe innerhalb und außerhalb der Wohnung.

2.2.5.1 Aktuelle Studienergebnisse

Hourihan et al. (2000) befragte in Australien 107 ältere Menschen mit einem Durchschnittsalter von 77 Jahren nach einer Hüftfraktur in einem Krankenhaus.

Alle Befragten lebten in einer eigenen Wohnung. Beim Sturz trugen 33% Haus- schuhe, 24% waren barfuß oder hatten nur Socken an. 68% trugen zum Zeitpunkt ihres Sturzes Schuhe mit einer schlechten, biegsamen Fersenkappe. Das Aus- wahlkriterium der Leute bezüglich ihrer Schuhe war eher die Bequemlichkeit als die Sicherheit.

(44)

Arnadottir (2000) testete in Island 35 ältere Frauen im Alter von 65 – 93 Jahren im Hinblick auf Barfußgehen, Gehen mit normalen Schuhen und Gehen mit Wander- schuhen. Dabei spielte auch der gewählte Untergrund, Linoleumboden und Tep- pichboden eine Rolle. Messungen des Gehens mit dem „Time up and go“ Test mit Wanderschuhen auf dem Linoleumboden schnitten am besten ab, ebenso der zehn Meter Gehtest mit Wanderschuhen auf Teppichboden. Die schlechtesten Werte entstanden beim Gehen mit normalen Schuhen. Mittlere Werte ergab das Barfußgehen.

Sherington und Menz (2003) führten im Studienzeitraum von Dezember 1989 bis Februar 2000 eine Studie in Sydney durch. Eine Befragung wurde in sechs Kran- kenhäusern an 95 älteren Menschen zwischen 58 und 99 Jahren nach einer Hüft- frakturen durchgeführt. Dabei hatten beim Sturzgeschehen 75% inadäquate Schuhe an. 45% der Stürze geschahen zu Hause. Es wurden dabei 22% Haus- schuhe, 17% Sportschuhe, 8% Sandalen und 2% Stöckelschuhe getragen.

31% der Befragten trugen Pantoffeln und 7% gaben an barfuß gewesen zu sein.

63% der Schuhe hatten keinen Halteriemen, 43% der Schuhe hatten eine über- mäßig biegsame Fersenkappe und 43% der Schuhe hatten eine sehr biegsame Sohle. Sherington und Menz gaben in dieser Studie als Sturzrisikofaktoren ver- minderte Knochendichte, höheres Alter, vorherige Stürze, schlechten Gesund- heitszustand, Inaktivität, beeinträchtigte Geh- und Balancefähigkeit, schlechtes Sehen, psychoaktive Drogen, hohen Koffeinkonsum, sowie unangemessenes Schuhwerk an.

In einer weiteren Studie von Koepsel (2004), aus Amerika, werden die Ergebnisse von Menz bestätigt. Ältere Menschen, die nur in Strümpfen oder barfuß gehen, haben ein elffach höheres Sturzrisiko, als Menschen die Schuhe tragen. Sport- und Leinenschuhe waren am sichersten, Stöckelschuhe erhöhten das Sturzrisiko.

Auch Larsen (2004) stellte bei Befragungen von 4281 Personen in einer Gemein- de in Dänemark fest, dass das Tragen von Socken und Hausschuhen ohne Soh- len, sowie schlecht sitzende Schuhe bei älteren Personen im signifikanten Zu- sammenhang mit Stürzen stand.

Menz (2006) bewertete in Australien die Schuhcharakteristika im Bezug auf Stürze im Haus und im Freien bei 176 Personen zwischen 62 und 96 Jahren über eine Zeit von 12 Monaten. Der größte Teil der älteren Testpersonen lebte in einer Al- tensiedlung und nur 21 davon im „Betreuten Wohnen“. Die meisten Stürze pas-

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