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Gericht. Entscheidungsdatum. Geschäftszahl. Spruch. Text BVwG W W /5E BESCHLUSS

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Gericht BVwG

Entscheidungsdatum 12.12.2017

Geschäftszahl W255 2170152-1

Spruch

W255 2170152-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ronald Eppel, MA als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Sandra FOITL und Mag. Jutta KEUL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien XXXX vom 01.09.2017, GZ XXXX, betreffend Einstellung der Notstandshilfe ab 01.07.2017 gemäß § 24 Abs. 1 iVm.

§ 38 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) beschlossen:

A)

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Arbeitsmarktservice Wien XXXX zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) bezog seit 28.11.2008 mit Unterbrechungen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

2. Am 20.12.2016 brachte der BF zuletzt einen Antrag auf Notstandshilfe beim Arbeitsmarktservice Wien XXXX (in der Folge: AMS) ein und gab auf diesem seine Wohnadresse mit "XXXX" bekannt.

Zwischen dem AMS und dem BF wurden in weiterer Folge nachstehende Termine zwecks persönlicher Vorsprache des BF beim AMS vereinbart und jeweils auf schriftlichen Wunsch des BF wie nachstehend verschoben, ohne dass die vom BF jeweils genannten Gründe für die Verschiebungsansuchen von diesem bescheinigt oder vom AMS überprüft wurden:

* 02.02.2017, 09:00 Uhr auf 09.02.2017, 10:00 Uhr

* 09.02.2017, 10:00 Uhr auf 15.02.2017, 09:00 Uhr

* 15.02.2017, 09:00 Uhr auf 20.02.2017, 11:00 Uhr

(2)

* 20.02.2017, 11:00 Uhr auf 30.03.2017, 09:00 Uhr

* 30.03.2017, 09:00 Uhr auf 05.04.2017, 09:00 Uhr

* 05.04.2017, 09:00 Uhr auf 20.04.2017, 10:00 Uhr

Mit Schreiben des AMS vom 05.04.2017 wurde der BF darüber belehrt, dass der Bezug der Notstandshilfe für den Fall, dass der BF bei einem vereinbarten Termin ohne triftigen Grund nicht zur Vorsprache erscheine, ab diesem Tag bis zu einer neuerlichen persönlichen Wiedermeldung einzustellen sei.

Am 20.04.2017 nahm der BF seinen Termin beim AMS wahr und wurde im Zuge der persönlichen Vorsprache durch einen Mitarbeiter des AMS auf seine fehlende Meldeadresse im ZMR hingewiesen. Der BF gab an, (von der XXXX weg-)übersiedelt zu sein und dem AMS per eAMS-Konto am Nachmittag seinen aktuellen Meldezettel zu übermitteln.

Am 24.04.2017, 04.05.2017 und 19.05.2017 wurde der BF jeweils mittels Schreiben des AMS, gerichtet an das eAMS-Konto des BF, darüber informiert, dass er bis dato keinen gültigen Meldezettel oder eine Postadresse bekannt gegeben habe und aufgefordert, eine Kopie seines aktuellen Meldezettels an das AMS zu übernmitteln.

Mit Schreiben des AMS vom 12.05.2017 wurde der BF zu einer persönlichen Vorsprache am 14.06.2017, 11:00 Uhr, geladen und darüber belehrt, dass der Bezug der Notstandshilfe für den Fall, dass der BF bei einem vereinbarten Termin ohne triftigen Grund nicht zur Vorsprache erscheine, ab diesem Tag bis zu einer neuerlichen persönlichen Wiedermeldung einzustellen sei.

Am 31.05.2017 wurde der BF neuerlich seitens des AMS aufgefordert, eine Kopie seines aktuellen Meldezettels an das AMS zu übermitteln.

Am 31.05.2017 übermittelte der BF dem AMS über sein eAMS-Konto ein Schreiben und gab darin seine Wohnadresse wie folgt bekannt: "XXXX".

Der für 14.06.2017 vereinbarte Termin wurde vom BF nicht wahrgenommen.

Mit Schreiben des AMS vom 16.06.2017 wurde der BF zu einer persönlichen Vorsprache am 19.06.2017, 14:00 Uhr, und sodann zu einer persönlichen Vorsprache am 11.07.2017, 11:00 Uhr, geladen.

Mit Bescheid des AMS vom 26.06.2017 wurde gemäß § 49 AlVG festgestellt, dass der BF vom 14.06.2017 bis 18.06.2017 keine Notstandshilfe erhält, da er den Kontrolltermin vom 14.06.2017 nicht eingehalten und sich erst wieder am 19.06.2017 bei seiner zuständigen regionalen Geschäftsstelle gemeldet habe. Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 05.07.2017, GZ XXXX, wurde der Bescheid vom 26.06.2017 bestätigt. Am 05.07.2017 wurde seitens des AMS eine Zustellung dieses Bescheides (Beschwerdevorentscheidung) an die Adresse in XXXX Wien, XXXX veranlasst, das Poststück jedoch am 19.07.2017 seitens der Post mit dem Vermerk, "XXXX besteht nicht", an das AMS retourniert.

Am 03.08.2017 gab der BF dem AMS über sein eAMS-Konto seine folgende Adresse bekannt: "XXXX".

Am 07.08.2017 erfolgte durch das AMS eine Vororterhebung in XXXX Wien, in der festgestellt wurde, dass die Adresse "XXXX" nicht existiere.

Am 08.08.2017 erfolgte durch das AMS eine Vororterhebung in XXXX Wien, XXXX (Identadresse mit XXXX Wien, XXXX), in deren Zuge festgestellt wurde, dass Top 6 nicht vom BF bewohnt werde, er nachweislich nicht dort aufhältig und dem Eigentümer (und Vermieter) dieser Wohnung unbekannt sei.

3. Mit Bescheid des AMS vom 01.09.2017, GZ XXXX, wurde der Bezug der Notstandshilfe durch den BF gemäß § 24 Abs. 1 iVm. § 38 AlVG ab 01.07.2017 eingestellt und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.

Begründend führte das AMS aus, dass die vom BF am 31.05.2017 bekannte gegebene Meldeadresse XXXX Wien, nicht existiere, der BF an der von ihm am 03.08.2017 angegebenen Adresse XXXX Wien, nicht gemeldet, nicht wohnhaft und nachweislich auch nicht aufhältig sei und der BF seinen derzeitigen gewöhnlichen

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Aufenthaltsort trotz mehrmaliger Aufforderung nicht bekannt gebe. Ein derartiger gewöhnlicher Aufenthaltsort sei zur Prüfung der Zuständigkeit des AMS erforderlich. Daher sei der Leistungsbezug einzustellen gewesen.

Dieser Bescheid wurde dem BF am 01.09.2017 über dessen eAMS-Konto zugestellt.

4. Mit Schriftsatz vom 01.09.2017, eingelangt beim AMS am 01.09.2017 über das eAMS-Konto, führte der BF aus, dass alle im Bescheid gemachten Angaben unwahre Behauptungsversuche und frei erfunden seien. Sie würden den Verdacht der Nachstellung seiner höchst privaten Lebensumstände darstellen. Durch ungerechtfertigte Vorortnachstellungen am genannten Ort seien ihm mittlerweile grobe persönliche Nachteile entstanden. Er weise alle Vorhalte vollinhaltlich zurück und weise daraufhin, dass eine aufrechte Wohnadresse vorliege.

5. Am 08.09.2017 wurde der Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist am XXXX geboren und bezieht seit XXXX mit Unterbrechungen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Der BF verfügt seit XXXX über keine aufrechte Meldeadresse in Österreich.

Der BF wurde vom AMS zwischen 20.04.2017 und 01.09.2017 fünfmal schriftlich und darüber hinaus mündlich aufgefordert, seine aktuelle Meldeadresse bzw. seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort bekanntzugeben. Der BF ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen. Der BF hat dem AMS am 31.05.2017 eine nicht existente Adresse (XXXX Wien, XXXX) und am 03.08.2017 eine Adresse (XXXX Wien, XXXX) bekanntgegeben, an der er weder wohnhaft, noch aufhältig, noch dem Eigentümer und Vermieter der Wohnung, bekannt ist.

Mit Bescheid des AMS vom 01.09.2017, GZ XXXX, wurde der Bezug der Notstandshilfe durch den BF gemäß

§ 24 Abs. 1 iVm. § 38 AlVG ab 01.07.2017 eingestellt und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.

Die Einstellung der Notstandshilfe durch das AMS wurde seitens des AMS ausschließlich damit (rechtlich) begründet, dass der gewöhnliche Aufenthaltsort zur Prüfung der Zuständigkeit des AMS erforderlich sei und im Falle des BF nicht festgestellt werden habe können.

Dagegen hat der BF fristgerecht Beschwerde erhoben.

Der BF hat auch in seiner Beschwerde weder seine aktuelle Meldeadresse noch seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort bekanntgegeben.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den vorliegenden Verfahrensakten des AMS, darunter insbesondere der Erhebungsbericht zur Vorortuntersuchung in XXXX Wien an den Adressen XXXX und XXXX, und der schriftliche Austausch zwischen dem AMS und dem BF (über dessen eAMS-Konto) und des Bundesverwaltungsgerichts sowie der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

Die Zeiträume des Bezuges von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sind dem Bezugs- und Versicherungslauf zu entnehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

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Zu A) Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung:

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2017/24, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zur Begründung des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Gemäß § 38 AlVG sind soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden. Notstandshilfe ist gemäß § 33 Abs. 2 AlVG nur zu gewähren, wenn der (die) Arbeitslose der Vermittlung zur Verfügung steht (§ 7 Abs. 2 und 3) und sich in Notlage befindet.

Anspruch auf Arbeitslosengeld hat gemäß § 7 Abs. 1 AlVG, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (Z 1), die Anwartschaft erfüllt (Z 2) und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat (Z 3).

Die Zuständigkeit der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice und der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice richtet sich gemäß § 44 Abs. 1 Z 2 AlVG soweit Rechte und Pflichten der arbeitslosen, beschäftigten oder karenzierten Person betroffen sind, nach deren Wohnsitz, mangels eines solchen nach deren gewöhnlichem Aufenthaltsort; nach Beendigung des Bezuges einer Leistung nach diesem Bundesgesetz bleibt die bisherige Zuständigkeit auch bei Wechsel des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltsortes, insbesondere betreffend den Widerruf oder auch die Rückforderung von Leistungen, so lange aufrecht, bis ein neuer Anspruch geltend gemacht wird.

Ist auf Grund internationaler Verträge bei einem Wohnsitz im Ausland der Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe im Inland zulässig, so ist gemäß Abs. 2 leg. cit. die regionale Geschäftsstelle zuständig, in deren Bezirk der Arbeitslose zuletzt beschäftigt war. Dies gilt auch für die Geltendmachung des Anspruches (§ 46), die Einhaltung der Kontrollmeldungen (§ 49) und die Erfüllung der Meldepflicht (§ 50). Das gleiche gilt für den Bezug eines Pensionsvorschusses gemäß § 23. Für die Krankenversicherung des Leistungsbeziehers (§ 40 Abs.

1) ist die nach dem Sitz der regionalen Geschäftsstelle örtlich zuständige Gebietskrankenkasse zuständig.

Wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) wegfällt, ist es gemäß § 24 Abs. 1 AlVG einzustellen; wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen. Die bezugsberechtigte Person ist von der amtswegigen Einstellung oder Neubemessung unverzüglich durch Mitteilung an die zuletzt bekannt gegebene Zustelladresse in Kenntnis zu setzen. Die bezugsberechtigte Person hat das Recht, binnen vier Wochen nach Zustellung der Mitteilung einen Bescheid über die Einstellung oder Neubemessung zu begehren. Wird in diesem Fall nicht binnen vier Wochen nach Einlangen des Begehrens ein Bescheid erlassen, so tritt die Einstellung oder Neubemessung rückwirkend außer Kraft und die vorenthaltene Leistung ist nachzuzahlen. Ein späterer Widerruf gemäß Abs. 2 und eine spätere Rückforderung gemäß § 25 werden dadurch nicht ausgeschlossen. Wenn die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gesetzlich nicht begründet war, ist gemäß Abs. 2 leg. cit. die Zuerkennung zu widerrufen. Wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes fehlerhaft war, ist die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Ist die fehlerhafte Zuerkennung oder Bemessung auf ein Versehen der Behörde zurückzuführen, so ist der Widerruf oder die Berichtigung nach Ablauf von fünf Jahren nicht mehr zulässig.

3.2.2. Der Wohnsitz einer Person ist gemäß § 66 Abs. 1 zweiter Satz JN an dem Orte begründet, an welchem sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, daselbst ihren bleibenden Aufenthalt zu nehmen.

Der Aufenthalt einer Person bestimmt sich gemäß § 66 Abs. 2 JN ausschließlich nach tatsächlichen Umständen;

er hängt weder von der Erlaubtheit noch von der Freiwilligkeit des Aufenthalts ab. Bei der Beurteilung, ob ein Aufenthalt als gewöhnlicher Aufenthalt anzusehen ist, sind seine Dauer und seine Beständigkeit sowie andere Umstände persönlicher oder beruflicher Art zu berücksichtigen, die dauerhafte Beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen.

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Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 17.11.1983, Zl. 08/3678/80 (Slg. Nr. 11.223/A), ausgeführt, dass unter dem gewöhnlichen Aufenthalt derjenige Ort zu verstehen sei, in dem in der bestimmten und erkennbaren Absicht Aufenthalt genommen werde, ihn bis auf weiteres zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu machen. Der bloße Versuch, sich an einem Ort niederzulassen, genügt nicht, wenn die Umstände (fehlende Wohnung oder Arbeitsmöglichkeit) die Verwirklichung nicht zulassen. Der Begriff "gewöhnlicher Aufenthalt"

erfordere nicht die Absicht, dauernd an einem Ort verbleiben zu wollen, sondern es komme nur darauf an, ob jemand tatsächlich einen Ort zum Mittelpunkt seines Lebens, seiner wirtschaftlichen Existenz und seiner sozialen Beziehungen gemacht hat; für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes sei es erforderlich, dass dieser eine gewisse Dauer habe und dort auch tatsächlich der Mittelpunkt des Lebens liege. Als gewöhnlicher Aufenthaltsort könne nur der Ort angesehen werden, wo sich jemand gewöhnlich, das ist die meiste Zeit, aufhält; daher komme der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes dem des Wohnsitzes ziemlich nahe, wobei als Unterscheidungsmerkmal nur das Fehlen der Absicht, sich dauernd an diesem Ort niederzulassen, bezeichnet werden könne. Ein bloß kurzfristiger Aufenthalt an einem Ort ohne die Absicht, dort Wohnung zu nehmen, wie z.B. ein Aufenthalt während einer Reise oder ein Aufenthalt zu Besuchszwecken, reiche zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes nicht aus (VwGH vom 16.06.1992, Zl. 92/11/0031).

3.2.3. Aufgrund der Tatsache, dass der BF seit XXXX über keine aufrechte Meldung in Österreich verfügt, laut eigenen Angaben nicht mehr in XXXX Wien, XXXX (seiner letzten aufrechten Meldeadresse) aufhältig ist, die vom BF am XXXX bekanntgegebene Adresse "XXXX Wien" nicht existiert, der BF an der von ihm zuletzt, am XXXX, genannten Adresse weder wohnhaft, noch aufhältig, noch dem Eigentümer der Wohnung bekannt ist, und der BF auch in seiner Beschwerde davon abgesehen hat, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort bekanntzugeben, ist der gewöhnliche Aufenthalt des BF für das Bundesverwaltungsgericht weder zum Zeitpunkt der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides noch zum aktuellen Zeitpunkt feststellbar.

3.2.4. Das AMS stützt die Einstellung des Notstandshilfebezuges auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer seit XXXX über keinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt verfügt habe und in Folge dessen die Zuständigkeit der jeweiligen regionalen Geschäftsstelle nicht geklärt werden könne.

Dem AMS ist insofern zuzustimmen, als auch für das Bundesverwaltungsgericht weder der Wohnsitz noch der gewöhnliche Aufenthalt des BF feststellbar ist. Das AMS übersieht jedoch die einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH), die auch auf den gegenständlichen Fall anzuwenden ist. So hat der VwGH festgestellt, dass sich aus § 44 Abs. 1 Z 2 AlVG nicht ableiten lässt, dass das Fehlen eines Wohnsitzes und/oder eines gewöhnlichen Aufenthaltsortes zu einer Einstellung des Leistungsbezuges führt (VwGH vom 29.01.2014, 2012/08/0282). Auch das AMS führt im angefochtenen Bescheid keine Begründung an, warum es davon ausgeht, dass § 44 Abs. 1 Z 2 AlVG eine Einstellung des Leistungsbezuges regeln sollte. Da sich das AMS im angefochtenen Bescheid - nach Durchführung einer Zuständigkeitsprüfung samt Vororterhebungen - ausschließlich auf § 44 Abs. 1 Z 2 AlVG stützt, diese Bestimmung jedoch keine Einstellung des Leistungsbezuges normiert, ist der Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

§ 44 AlVG regelt lediglich die Zuständigkeiten der regionalen Geschäftsstellen und der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, bietet im Übrigen aber keine Rechtsgrundlage zu Einstellung der Notstandshilfe (vgl.

Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz Praxiskommentar, 13. Lfg (April 2017), § 44 AlVG, Anm. 780;

vgl. weiters BVwG vom 23.06.2014, W156 2002893-1/4E).

Eine Einstellung kann nur gemäß § 24 Abs. 1 iVm. § 38 AlVG erfolgen, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Notstandshilfe wegfällt.

Es ist gegenständlich durchaus denkbar, dass der BF - insb mangels Erreichbarkeit durch das AMS - zwingende Voraussetzungen im Sinne der § 7 Abs 2 und 3 AlVG nicht erfüllt. Hierzu fehlen im angefochtenen Bescheid jedoch jegliche Feststellungen. Dies wäre zudem eine andere Sache als jene der Einstellung der Notstandshilfe wegen fehlendem Wohnsitz bzw. gewöhnlichem Aufenthaltsort und ist daher im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht näher zu prüfen.

3.3. Zur Zurückverweisung:

3.3.1 Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B- VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,

1) wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

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2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm. 11).

§ 28 Abs. 3. zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.

Aus der Judikatur des VwGH zur vergleichbaren Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG ergibt sich, dass nur Mängel der Sachverhaltsfeststellung, d.h. im Tatsachenbereich, zur Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit berechtigen und dass die verfahrensrechtliche Möglichkeit einer Rückverweisung nur ausnahmsweise möglich sein soll und hinsichtlich der Voraussetzungen der Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG streng zu prüfen ist (vgl. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0168; VwGH vom 26.01.2011, 2009/07/0094).

Gemäß des Erkenntnisses des VwGH vom 28.03.2008, 2005/12/01878 zu § 66 Abs. 2 AVG ist eine Zurückverweisung nach dieser Norm nur dann zulässig, wenn die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne dieser zitierten Norm kann sich dabei immer nur im Tatsachenbereich stellen, wobei es allerdings nicht maßgebend ist, ob eine Verhandlung im kontradiktorischen Sinn oder nur eine Vernehmung der Partei erforderlich ist. Die Voraussetzung für eine Kassation nach § 66 Abs. 2 AVG ist daher auch dann erfüllt, wenn zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes nur die Vernehmung einer Partei erforderlich ist.

In seinem Erkenntnis vom 20.02.2014, 2013/09/0166-10, zu einem Sachverhalt nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz stellt der VwGH zum Umfang der Ermittlungspflicht der belangten Behörde Folgendes fest:

"Gemäß § 60 AVG (...) sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (§§

37 ff AVG), die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dies erfordert in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Fall des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben (...). Die genannte Zusammenfassung wird in Bezug auf die Beweiswürdigung kurz ausfallen können, wenn keine einander widersprechenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vorliegen. Bei Widersprüchen zwischen den Behauptungen und Angaben der Verfahrensparteien und sonstigen Ermittlungsergebnissen bedarf es aber einer klaren und übersichtlichen Zusammenfassung der maßgeblichen, bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen, damit der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung der Behörde auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit überprüfen kann (vgl.

das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zahl: 2002/08/0106). Nicht oder unzureichend begründete Bescheide hindern den Verwaltungsgerichtshof seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie in §41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als derartige Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen (vgl. etwa das hg. Erkennntnis vom 26. Februar 2009, Zahl: 2007/09/0088, mwn).

Damit stellt der Verwaltungsgerichtshof den Umfang der Ermittlungspflicht der belangten Behörde ausführlich dar.

(7)

Im gegenständlichen Fall hat es das AMS unterlassen, darzulegen, weshalb das Fehlen eines Wohnsitzes (und gegebenenfalls des gewöhnlichen Aufenthaltsortes) zu einer Einstellung des Leistungsbezugs führt, da sich aus dem Gesetz eine derartige Rechtsfolge nach Ansicht des VwGH nicht ableiten lässt und zur Rechtswidrigkeit des Bescheides führt.

Das AMS wird daher auch im Sinne des gegenständlichen Erkenntnisses des VwGH darzulegen habe, inwieweit das allfälliges Fehlen des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes zur Einstellung des Notstandshilfe führen kann und/oder sich damit auseinandersetzen müssen, ob der BF die übrigen Voraussetzungen für den Bezug der Notstandshilfe erfüllt.

Es ist in erster Linie die Aufgabe des AMS, zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung den maßgeblichen Sachverhalt vollständig zu ermitteln und diese Aufgabe nicht etwa an die Rechtsmittelinstanz auszulagern. Es kann nicht festgestellt werden, dass der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre.

Es war somit der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Arbeitsmarktservice Wien XXXX zurückzuverweisen.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, worunter nach hL auch eine Kassation des Bescheides subsumiert werden kann (vlg. Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 22 zu § 67d).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

In der rechtlichen Beurteilung zu Punkt A) wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des VwGH ausgeführt, dass im erstinstanzlichen Verfahren notwendige Ermittlungen und Feststellungen unterlassen wurden. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil § 28 Abs. 3 zweiter Satz inhaltlich § 66 Abs. 2 AVG (mit Ausnahme des Wegfalls des Erfordernisses der Durchführung einer mündlichen Verhandlung) entspricht und die Judikatur des VwGH betreffend die Zurückweisung wegen mangelhafter Sachverhaltsermittlung heranzuziehen ist. Im Übrigen trifft § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eine klare, im Sinne einer eindeutigen Regelung (vgl. OGH vom 22.03.1992, 5 Ob 105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2017:W255.2170152.1.00

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