• Keine Ergebnisse gefunden

Gericht. Entscheidungsdatum. Geschäftszahl. Spruch. Text BVwG W W /5E BESCHLUSS

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Gericht. Entscheidungsdatum. Geschäftszahl. Spruch. Text BVwG W W /5E BESCHLUSS"

Copied!
15
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Gericht BVwG

Entscheidungsdatum 10.01.2017

Geschäftszahl W103 2119378-1

Spruch

W103 2119378-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Auttrit als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Somalia, gegen Spruchpunkt I. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.12.2015, Zl. 1073502108-150671285, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheids behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, insoweit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Somalias, seinen Angaben zufolge Angehöriger der Volksgruppe der Gabooye und der moslemischen Glaubensrichtung, stellte am 14.06.2015 infolge illegaler Einreise den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich seiner niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 16.06.2015 gab der Beschwerdeführer insbesondere an, seinen Ausreiseentschluss im März 2015 gefasst zu haben. Sein Land habe er verlassen, da die Volksgruppe der Gabooye dort diskriminiert werde, überdies habe die Terrorgruppe "Sunnal-Al-Jamaca" versucht, ihn zu rekrutieren.

Am 20.10.2015 wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Somalisch niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Eingangs seiner Befragung bestätigte der Beschwerdeführer, anlässlich seiner Erstbefragung wahrheitsgemäße Angeben erstattet zu haben, welche korrektermaßen protokolliert worden wären. Zur Durchführung der nunmehrigen Befragung fühle er sich sowohl psychisch als auch physisch in der Lage, die Verständigung mit dem anwesenden Dolmetscher funktioniere gut. Die weitere Befragung des Beschwerdeführers vernahm in ihren verfahrensgegenständlich relevanten Teilen den folgenden Verlauf:

"(...)

LA: An welcher Adresse waren Sie vor Ihrer Ausreise aus Somalia zuletzt regelmäßig wohnhaft?

(2)

VP: In XXXX. Konkret lebte ich im Stadtviertel XXXX.

LA: Nennen Sie mir bitte die Namen von Moscheen in XXXX!

VP: Moschee XXXX, Moschee XXXX und XXXX.

LA: Hat XXXX einen Flughafen?

VP: Ja.

Befragt, XXXX Airport.

Befragt, seit dort diese Leute regieren landet dort kein Flugzeug.

LA: Wen meinen Sie mit diese Leute?

VP: Al - Shabab und Sunnal - Al - Jaamaca.

LA: Seit wann regieren diese Leute dort?

VP: Al - Shabab kamen ca. 2007. Ab 2008 hatten sie die Macht schon dort. Sunnal - Al - Jaamaca griff die Al - Shabab an.

Befragt, drei Jahre zuvor waren Sunnal - Al - Jaamaca schon da. Al - Shabab kam und griff Sunnal - Al - Jaamaca an.

LA: Sagen Sie mir chronologisch wer zuerst da war und wer wann wen angegriffen hat?

VP: Vor 2007 hatte die somalische Regierung die Macht dort. Dann übernahm die Al - Shabab die Macht.

Aktuell hat die Regierung dort die Macht, seit ca. 1 1/2 Monaten ist das so.

LA: Was ist mit Sunnal - Al - Jaamaca?

VP: Ab 2008 kämpften Sunnal - Al - Jaamaca und Al - Shabab um die Region.

LA: Seit wann landen am XXXX Airport keine Flugzeuge mehr?

VP: Seitdem die Al - Shabab dort die Macht übernommen hatte.

Befragt, damit meine ich ab 2008.

LA: Was für eine Art Flugzeuge sind dort gelandet bevor die Al - Shabab dort die Macht übernommen hat?

VP: Die Flugzeuge die überwiegend dort ankamen, waren kenianische kleine Flugzeuge die Kat (verbotenes Kraut) transportiert haben.

Befragt, das waren kleine Flugzeuge und ich weiß nicht welche Bauart das war.

Befragt, XXXX - Airline hatte kurze Zeit dort eine zivile Flugverbindung aufgebaut und man konnte von XXXX nach XXXX, XXXX, XXXX und XXXX fliegen.

LA: Wie haben Sie und Ihre Familie den Lebensunterhalt in Somalia, in XXXX bestritten?

VP: Ich selbst arbeitete als Kraftarbeiter bzw. Hilfsarbeiter.

Befragt, sonst hat niemand in der Familie gearbeitet.

(3)

LA: Mit wem lebten Sie in einem Haushalt?

VP: Ich, meine Frau und ein kleines aufgezogenes Kind.

Befragt, das Kind ist von meiner Schwester. Die Schwester verstarb als das Kind zwei Jahre alt war.

LA: Wo leben Ihre Eltern?

VP: Meine Mutter ist verstorben. Mein Vater lebt aktuell in XXXX. Ich habe noch zwei Brüder und zwei Schwestern.

LA: Was arbeiten Ihre in Somalia verbliebenen Familienangehörigen?

VP: Mein Vater arbeitet nicht mehr. Er ist ca. 70 Jahre alt.

Befragt, mein Vater arbeitete als Friseur. Jetzt macht er nichts mehr. Mein Bruder der als Friseur arbeitet versorgt ihn.

LA: Was arbeiten die anderen?

VP: Die anderen arbeiten nicht.

Befragt, die eine Schwester XXXX ist behindert, sie kann nicht selbständig gehen und aufstehen. Der andere Bruder hat keine Arbeit gefunden. Die andere Schwester ist verheiratet und lebt bei ihrem Mann, wobei wir keinen Kontakt zu ihr haben.

LA: Wer versorgt Ihre behinderte Schwester und Ihren arbeitslosen Bruder?

VP: Sie leben bei meinem Bruder der als Friseur arbeitet.

LA: Wie viel verdient Ihr Bruder als Friseur?

VP: Das ist immer unterschiedlich.

Befragt, nach einigen Tagen hat mein Bruder ca. 10 US - Dollar durch seine Arbeit.

LA: Lebten Sie und Ihre Familie in einem Haus oder einer Wohnung?

VP: Wir lebten in eine Art Buschhaus.

LA: Wann ist Ihre Mutter verstorben?

VP: 1998.

Befragt, sie starb an Krebs.

LA: Stand das Haus in dem Sie und Ihre Familie lebten im Eigentum Ihrer Familie?

VP: Das Grundstück gehörte uns nicht, aber das Haus das draufstand.

Befragt, wir mussten für das Grundstück ca. 20 Dollar im Monat zahlen bis mein Vater noch arbeitete, danach bekamen wir von Giran (=Nachbarn) das Geld.

LA: Was waren Ihre persönlichen Beweggründe, Afghanistan zu verlassen? Schildern Sie die Gründe für Ihre Ausreise so konkret und detailliert wie möglich, sodass diese auch für Außenstehende nachvollziehbar sind.

VP: Ich gehöre der Volksgruppe der Gaboye an. Somit gehöre ich dort in Somalia einer Minderheit an, die dort diskriminiert wird. Wir hatten es in Somalia sehr schwer. Wir hatten keine Gesundheitsversorgung. Ich

(4)

persönlich wurde von Sunnal - Al - Jaamaca bedroht und verfolgt. Ich war ein normaler gewöhnlicher einfacher Mensch der gearbeitet hat. Ich arbeitete alles was ich durfte. Ich transportierte als Träger zum Beispiel Lebensmittel. Während der Regensaison arbeitete ich auf den Feldern Unkraut jäten. Als Sunnal - Al - Jaamaca aufforderte für sie zu spionieren lehnte ich das ab. Zuvor wurde ich von den Al - Shabab aufgefordert gegen die Sunnal - Al - Jaamaca zu spionieren. Beide Gruppen haben mich aufgefordert, beiden Gruppen habe ich die Zusammenarbeit verweigert und deshalb bin ich von beiden Gruppen mit dem Tod bedroht. Als ich den Sunnal - Al - Jaamaca ablehnte, entführten sie mich und hielten mich gefangen. Sie schlugen mich weil sie mich dazu zwingen wollten für sie zu spionieren. Ich stimmte zu für sie zu spionieren. Ich nutzte die Chance und floh aus Somalia.

LA: Haben Sie in Somalia die Schule besucht?

VP: Nein.

LA: Wie kommt es dann dass Sie Lesen und Schreiben können?

VP: Ich selbst habe mir die somalische Schrift angeeignet.

Befragt, da war ich ca. 18 Jahre alt.

LA: Wie haben Sie sich selbst die somalische Schrift angeeignet?

VP: Mein Vater lernte mir zuerst das ABC. Dann lernte er mir zusammenhängende Verben bzw. Sätze.

LA: Hat Ihr Vater eine Schule besucht?

VP: Das weiß ich nicht.

LA: Konnte Ihr Vater gut lesen und schreiben?

VP: Ja.

LA: Waren Sie jemals in einem somalischen Krankenhaus in Behandlung?

VP: In Somalia, nein.

LA: Wann wurden Sie von Sunnal - Al - Jaamaca zur Zusammenarbeit aufgefordert?

VP: Am 04.02.2013.

(Anm.: AW schreibt das Datum auf einen Zettel.)

LA: Wie sind die Sunnal - Al - Jaamaca auf Sie aufmerksam geworden?

VP: Der Schwager, also Bruder meiner Frau war Mitglied dieser Gruppe.

LA: Welcher Volksgruppe gehörte Ihre Frau an?

VP: Mareehaan. (Darod)

LA: Wann haben Sie Ihre Frau geheiratet?

VP: Im achten Monat 2012.

LA: Wer war bei der Eheschließung anwesend?

VP: Ihre Familie, meine Familie und Jiran (= Nachbarn).

(5)

Befragt, ein Sheikh war auch dabei.

LA: Wer war von der Familie Ihrer Frau bei der Eheschließung anwesend?

VP: Ihre Mutter und Ihr Vater. Zwei Schwestern und ein Bruder.

Befragt, der Bruder der dann bei der Sunnal - Al - Jaamaca war, war auch dabei.

LA: Seit wann ist der Bruder Ihrer Frau bei Sunnal - Al - Jaamaca?

VP: Das weiß ich nicht.

LA: Was für eine Position hatte der Bruder Ihrer Frau bei Sunnal - Al - Jaamaca?

VP: Er war ganz normaler Soldat.

LA: Wann wurden Sie zum ersten Mal von Sunnal - Al - Jaamaca bedroht?

VP: Anfang 2014.

LA: Wann wurden Sie zum letzten Mal von Sunnal - Al - Jaamaca bedroht bevor Sie Somalia verlassen haben?

VP: 2014, im zweiten Monat.

Befragt, ich wurde insgesamt zwei Mal von von Sunnal - Al - Jaamaca bedroht.

LA: Was passierte als Sie zum ersten Mal von Sunnal - Al - Jaamaca bedroht wurden?

VP: Das erste Mal drohten sie mir, aber sie haben nichts gemacht.

Befragt, in XXXX wurde ich in XXXX in der Nähe von unserem Haus bedroht.

LA: Von wie vielen Leuten wurden Sie da aufgehalten?

VP: Von vier.

Befragt, drei von ihnen waren maskiert und der vierte hatte keine Maskierung. Er war ein großer Mann.

Befragt, ich war gerade am Weg nach Hause von einer Fußball - LIVE - Übertragung, als ich von den Sunnal - Al - Jaamaca zum ersten Mal aufgehalten und bedroht wurde.

Befragt, ich sah mir das Spiel FC Arsenal, meine Lieblingsmannschaft gegen FC Chelsea an. Das war ein Spiel in der Premier - League.

LA: Was wollten die vier Männer von Ihnen?

VP: Wie sie mich bereits vorher schon mal darauf angesprochen hatten, dass ich für sie spionieren sollte. Sie sagten, warum hast du für uns nicht spioniert. Als ich es sagte, dass ich das nicht machen kann, haben sie mich mit dem Gewehrkolben geschlagen und gesagt, dass sie mich umbringen werden. Sie sind dann weggegangen.

LA: Was haben Sie nach diesem Vorfall gemacht?

VP: Dann ging ich nach Hause obwohl sie mich geschlagen hatten.

LA: Was passierte nach diesem Vorfall?

VP: Nach einer Weile kamen sie erneut und entführten mich.

(6)

Befragt, im zweiten Monat am 28. Tag 2014 wurde ich entführt.

Befragt, ich wurde von zu Hause entführt und in das Stadtviertel von XXXX namens XXXX XXXX gebracht worden. Ich wurde dorthin gebracht und sie fragten warum ich nicht dort arbeite. Sie haben mich dort geschlagen. Weil ich von dort weg wollte, habe ich zugestimmt für sie zu spionieren. Nach drei Tagen habe ich zugestimmt.

Befragt, nach diesen drei Tagen wurde ich wieder freigelassen.

LA: War der Bruder Ihrer Frau auch dort wo Sie gegen Ihren Willen drei Tage lang festgehalten wurden?

VP: Nein, da war er nicht da.

LA: Wie alt war der Bruder Ihrer Frau?

VP: Älter als meine Frau.

Befragt, ca. 30 Jahre alt.

LA: Was arbeitet der Bruder Ihrer Frau?

VP: Er arbeitet mit Sunnal - Al - Jaamaca zusammen.

Befragt, zuvor arbeitete er für einen Magazin - Besitzer.

LA: Wieso sind sie nicht gleich nachdem Sie zum ersten Mal von Sunnal - Al - Jaamaca bedroht wurden, geflohen?

VP: Meine Frau war schwanger und konnte nicht gehen.

Frage wird wiederholt.

VP: Erstens wurde ich zusammengeschlagen und dann wurde ich mit dem Umbringen bedroht. Während meiner Flucht gingen sie zu meiner Frau. Sie war schwanger und sie fragten meine Frau nach mir. Sie haben sie geschlagen, mit dem Gewehrkolben und das Baby ist dadurch im Mutterleib verstorben. Das tote Baby wurde herausoperiert.

LA: Seit wann arbeitet der Bruder Ihrer Frau bei Sunnal - Al - Jaamaca?

VP: Das weiß ich nicht. Ich habe nur gesehen, dass er Mitglied war.

LA: Warum hat er sich für Ihre Frau, sprich seine eigene Schwester nicht eingesetzt?

VP: Zu diesem Zeitpunkt war er nicht dort, er war wo anders.

Befragt, er war in XXXX.

LA: Hat der Bruder Ihrer Frau nach diesem Vorfall bei dem Ihre Frau das Kind verloren hat, in irgendeiner Art und Weise reagiert?

VP: Ich war ja nicht mehr in Somalia und kann dazu nichts sagen?

LA: Was passierte als Sie das zweite Mal von Sunnal - Al - Jaamaca bedroht wurden?

VP: Ich wurde entführt, drei Tage lang angehalten und geschlagen. Sie wollten mich umbringen, aber ich stimmte zu, weil ich nicht sterben wollte.

(7)

LA: Wann haben Sie den Entschluss gefasst das Land zu verlassen?

VP: Im dritten Monat 2014.

LA: Wie lange haben Sie gebraucht bis Sie sich Lesen und Schreiben selbst aneignen konnten?

VP: 3 Monate.

LA: Wann wurden Sie von den Al - Shabab bedroht?

VP: 03.02.2013.

LA: Wie kam es zu der Bedrohung durch die Al - Shabab am 03.02.2013?

VP: Sie kamen zu dem Platz wo ich gearbeitet habe und sagten mir, dass ich mit ihnen zusammenarbeiten soll.

Ich lehnte es ab. Sie fragten mich warum. Ich lehnte es ab.

Befragt, nein, sie sagten dass sie zurückkommen und ich sah sie nicht mehr. Sie haben mich auch telefonisch bedroht, das war 2 Tage nach der persönlichen Bedrohung. Sie sagten "Du sollst wissen wenn du nicht für uns spionierst werden wir dich abschlachten."

Befragt, sie riefen nicht nochmals an.

LA: Woher hatten die Al - Shabab Ihre Telefonnummer?

VP: Das weiß ich nicht.

LA: Kam es dann bis zu Ihrer Ausreise nochmals auf ein Aufeinander - Treffen mit den Al - Shabab?

VP: Nein.

LA: Wie viel Geld haben Sie für Ihre Ausreise Richtung Europa ausgegeben?

VP: Ca. 5.500 US - Dollar.

LA: Wann waren Sie zum letzten Mal in Somalia?

VP: Im dritten Monat 2015 am 20. Tag.

LA: Woher hatten Sie eine derart hohe Summe an Geld?

VP: Familie.

LA: Ihre Familie waren Angehörige der Gaboye. Wie kommen Sie zu der Aussage, dass Sie das Geld für Ihre Ausreise von der Familie haben?

VP: Als ich meinem Vater gesagt habe, dass ich aus Somalia ausreise, hat er seine ganze Familie um Geld gebeten.

LA: Im Fall einer etwaigen Rückkehr nach Somalia befürchten Sie was konkret?

VP: Ich habe Angst getötet zu werden.

(...)"

Dem Beschwerdeführer wurden anschließend Länderfeststellungen zur Lage in dessen Herkunftsstaat ausgehändigt und eine zweiwöchige Frist zur Abgabe einer allfälligen schriftlichen Stellungnahme gewährt. Der Beschwerdeführer gab dazu an, die Länderfeststellungen nicht zu benötigen, zumal ihm die Lage in Somalia

(8)

bekannt wäre. Nach anschließender Rückübersetzung seiner Angaben bestätigte der Beschwerdeführer die Richtigkeit und Vollständigkeit der aufgenommenen Niederschrift durch seine Unterschrift.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.12.2015, Zl. 1073502108-150671285, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers vom 14.06.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und diesem gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 22.12.2016 erteilt (Spruchpunkt III.).

Der Entscheidung wurde ein allgemeiner Ländervorhalt zur Situation in Somalia zugrunde gelegt, in welchem sich insbesondere Ausführungen zu den Themen Politische Lage, Sicherheitslage, al Shabaab (AS), Rechtsschutz/Justizwesen, Sicherheitsbehörden, NGOs, Allgemeine Menschenrechtslage, Gebiete der al Shabaab sowie (ethnische) Minderheiten und Clanstruktur, finden.

Zu Spruchpunkt I. wurde seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl beweiswürdigend im Wesentlichen Folgendes festgehalten:

"(...)

Sie begründen Ihre Ausreise mit der Verfolgung durch die Al - Shabaab Milizen und Sunnal - Al - Jaamaca Milizen, die Sie gezwungen hätten mit ihnen zusammenzuarbeiten und aufgrund Ihrer Flucht Sie von diesen Milizen verfolgt und mit dem Tod bedroht worden wären.

Sie konnten dies aus folgenden Gründen nicht glaubhaft machen:

Im Rahmen der Erstbefragung brachten Sie als Fluchtgrund lediglich vor, dass Sie Somalia aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit und aufgrund der Sunnal - Al - Jamaaca Miliz, die Sie hätte rekrutieren wollen, das Land verlassen hätten. Dass Sie auch von den Al - Shabab Milizen bedroht und gesucht worden wären und Sie deshalb vor den Al - Shabaab Milizen Angst gehabt hätten brachten Sie während der Erstbefragung mit keinem Wort vor.

Jedoch brachten Sie plötzlich während der Einvernahme vor, dass Sie auch von den Al - Shabaab verfolgt und mit dem Tod bedroht gewesen wären. Hierbei sei erwähnt, dass Sie zu Beginn der Einvernahme bestätigt haben, dass Sie bei den vorangegangenen Befragungen und Einvernahmen der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht haben und Ihnen diese Angaben rückübersetzt und richtig protokolliert wurden. Auf Nachfrage gaben Sie sogar an, dass Sie alle Ihre Fluchtgründe im Rahmen der vorangegangenen Befragungen und Einvernahme vorbringen konnten, weshalb nicht nachvollziehbar ist warum Sie während der Einvernahme Ihre Punkte zu Ihrem Fluchtgrund erweiterten.

Im Zusammenhang mit der angeblichen Bedrohung Ihrer Person durch die Milizen Al - Shabaab und Sunnal - Al - Jaamaca ist es nicht nachvollziehbar warum Sie nach der angeblichen Bedrohung durch die Al - Shabaab Milizen im Februar 2013 und der Entführung durch die Terrorgruppe Sunnal - Al - Jaamaca im Februar 2014, sich weiterhin in Somalia bis zum dritten Monat 2015 aufgehalten hätten, hätten Sie doch aufgrund der angeblichen Vorfälle mit diesen Milizen Angst gehabt auch von diesen Leuten getötet zu werden. Wenn Ihre Angst vor diesen Milizen so groß gewesen wäre, wie von Ihnen behauptet, ist es nicht nachvollziehbar, warum Sie noch über ein Jahr in Somalia geblieben wären.

Hinsichtlich Ihrer Schreib- und Lesekenntnisse kam es auch zu Widersprüchen. Zunächst gaben Sie an, dass Sie sich mit 18 Jahren das Lesen und Schreiben selbst angeeignet hätten. Auf Nachfrage gaben Sie an, dass Ihr Vater Ihnen zuerst das ABC beigebracht hätte und dann Ihnen zusammenhängende Verben bzw. Sätze beigebracht hätte. Auf Nachfrage wie lang es gedauert hätte bis Sie sich das Lesen und Schreiben aneignen konnten, gaben Sie an, dass Sie lediglich 3 Monate dafür gebraucht hätten. Unabhängig davon ob Ihnen Ihr Vater dabei geholfen hätte oder nicht, ist es nicht glaubwürdig, dass Sie als Analphabet innerhalb von 3 Monaten sich das Lesen und Schreiben angeeignet hätten.

Im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt behaupteten Sie, dass Ihre Volksgruppe in Somalia eine Minderheit darstellen würde. Ihre Angaben bezüglich Ihrer Kosten für die Ausreise aus Somalia lassen die Behörde im hohen Maß daran zweifeln, dass Sie aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit einer Diskriminierung ausgesetzt gewesen wären. Konkret brachten Sie in Bezug auf Ihre Ausreise vor, dass Sie

(9)

5.500 US - Dollar ausgegeben hätten. In diesem Zusammenhang ist es für die Behörde nicht nachvollziehbar, wie es Ihnen und Ihrer Familie hätte gelingen sollen, eine deartig kostenintensive Flucht zu finanzieren, wären Sie und Ihre Familie tatsächlich Angehörige einer entrechteten Minderheit gewesen. Dazu ist weiters auszuführen, dass Somalia zu den ärmsten Ländern der Welt zählt und hat der langjährige Bürgerkrieg sowie häufige Dürre- und Flutkatastrophen dazu geführt, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung unter mangelnder Versorgung mit Lebensmitteln und Trinkwasser leidet, weshalb nicht glaubhaft ist, dass Sie als Kraft- und Hilfsarbeiter derart hohe Einkünfte gehabt hätten um 5.500 US - Dollar für Ihre Flucht ausgeben zu können.

Auch ist es nicht glaubhaft, dass Ihr angeblich ca. 70 Jahre alter Vater als angeblicher Angehöriger der Volksgruppe Gaboye dieses Geld von seiner Familie bekommen hätte. Deshalb ist es für die Behörde nicht nachvollziehbar, weshalb es Ihnen möglich gewesen sein soll die von Ihnen angegeben exorbitant hohen Kosten für Ihre Flucht zu bezahlen. In diesem Zusammenhang ist es auch nicht nachvollziehbar wie Sie als Angehöriger der Gaboye Zugang zu gefälschten Dokumenten gehabt hätten, mit denen Sie dann per Flugzeug von XXXX nach XXXX das Land verlassen hätten.

Unabhängig von diesen Widersprüchen ist festzuhalten, dass es weder im Jänner 2014 noch im Februar 2014 im Rahmen der englischen Premier - League ein Fußballspiel zwischen FC Arsenal und FC Chelsea gab.

Dahingehend gaben Sie nämlich an, dass es ein LIVE übertragenes Spiel im Rahmen der Premier - League zwischen FC Arsenal und FC Chelsea gewesen wäre, dass Sie vor dem Zeitpunkt als Sie von drei maskierten Personen und einer unmaskierten Person aufgehalten worden wären, gesehen hätten. Konkret gaben Sie an "Ich war gerade am Weg nach Hause von einer Fußball - LIVE - Übertragung, als ich von den Sunnal - Al - Jaamaca zum ersten Mal aufgehalten und bedroht wurde". Weder im Jänner 2014 noch im Februar 2014 gab es ein wie auch immer geartetes Fußballspiel zwischen diesen beiden großen englischen Mannschaften, weshalb Ihre Angabe "Ich sah mir das Spiel FC Arsenal, meine Lieblingsmannschaft gegen FC Chelsea an" nicht der Wahrheit entsprechen kann. (vgl. http://www.weltfussball.de/alle_spiele/eng-premier-league-2013-2014/, 22.12.2015, 11:21 )

Aufgrund obiger Ausführungen hat die Behörde Zweifel am Wahrheitsgehalt der von Ihnen ins Treffen geführten Fluchtgründe.

Aufgrund des Umstandes, dass Sie die Gründe für Ihre Flucht nicht glaubhaft machen konnten, zweifelt die Behörde auch die Zugehörigkeit zu der von Ihnen behaupteten Volksgruppe an. Sie sind als Person völlig unglaubwürdig, weshalb sämtliche Angaben zu Ihrer Person und den Gründen für eine Ausreise aus Somalia in Zweifel gezogen werden. Offenbar versuchen Sie mit Ihrer Geschichte, die wahren Hintergründe zu Ihrer Person und zu Ihrem Leben zu verschleiern und muss daher zwangsläufig davon ausgegangen werden, dass Sie, auch während der Einvernahme im Hinblick auf Ihre Volksgruppenzugehörigkeit unwahre Angaben machten, um sich etwaige Vorteile im Asylverfahren zu verschaffen.

Insgesamt geht die Behörde aufgrund obiger Ausführungen davon aus, dass Sie Somalia nicht aufgrund einer Verfolgung aufgrund Ihrer Volksgruppe oder aufgrund der Verfolgung durch die Al - Shabaab Milizen und Sunnal - Al - Jaamaca Milizen verließen und ist aus den von Ihnen genannten Gründen keine Verfolgungsgefahr im Zusammenhang mit dem Fall einer Rückkehr ersichtlich.

(...)"

Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der allgemein instabilen Lage in Somalia subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen sei, zumal ihm eine Rückkehr in seine Heimat derzeit nicht zumutbar sei.

Mit Verfahrensanordnung vom 22.12.2015 wurde dem Beschwerdeführer amtswegig eine Rechtsberatungsorganisation für eine allfällige Beschwerdeerhebung zur Seite gestellt.

3. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die fristgerecht am 30.12.2015 eingebrachte Beschwerde. Begründend wurde zunächst eine mangelhafte Ermittlung des Sachverhalts ins Treffen geführt. Die Behörde habe das Verfahren mit Ermittlungsfehlern belastet, zumal eine nähere Auseinandersetzung mit dem konkreten Vorbringen des Beschwerdeführers und der daraus erwachsenden Verfolgungssituation in Somalia nicht erfolgt wäre. Die Behörde habe es überdies unterlassen, dem Beschwerdeführer die im Rahmen der Beweiswürdigung erörterten Widersprüche und Unschlüssigkeiten vorzuhalten, wodurch sie dessen Recht auf Parteiengehör verletzt hätte. Der Beschwerdeführer habe seine Heimat, wie im Verfahren vor der Behörde vorgebracht, aufgrund einer Verfolgung und Bedrohung durch die islamistische Gruppierung Al Shabaab sowie der militärischen Gruppierung Ahl al-Sunna wal-Jama'a und seiner Zugehörigkeit zum Minderheitenclan der Gabooye verlassen müssen. Der Beschwerdeführer habe bereits anlässlich seiner Erstbefragung vorgebracht, auch durch al Shabaab bedroht worden zu sein, doch habe ihn der

(10)

Dolmetscher auf seine ausführliche Befragung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

Nachdem der Beschwerdeführer im Februar 2014 von der Ahl al-Sunna wal-Jama'a entführt und geschlagen worden wäre, habe er eigentlich sogleich flüchten wollen. Da seine Frau jedoch schwanger gewesen wäre, habe er diese nicht alleine lassen wollen. Etwa zwei Monate später habe er einen Anruf durch Ahl al-Sunna wal- Jamma'a erhalten, im Zuge dessen er neuerlich mit dem Tod bedroht worden wäre. Der Beschwerdeführer habe daraufhin keinen anderen Ausweg mehr gesehen, als zu flüchten. Er habe nicht genügend Geld besessen, um Somalia sogleich zu verlassen, weshalb er Anfang Mai 2014 zunächst nach XXXX gereist wäre. Seine Frau in Berdheere habe zu dieser Zeit, wohl aufgrund des Stresses wegen der Flucht des Beschwerdeführers, ihr Kind verloren. Einige Monate später sei sie zu dem Beschwerdeführer auf Besuch nach XXXX gekommen und neuerlich schwanger geworden. Während seines Aufenthalts in XXXX habe der Beschwerdeführer mehrere weitere Drohanrufe durch Ahl al-Sunna wal-Jamma'a erhalten. Diese hätten wissen wollen, wo er sich aufhalte und angekündigt, ihn zu finden und zu ermorden. Anfang 2015 sei es dem Vater des Beschwerdeführers schließlich gelungen, die für seine Flucht nötige Summe in der Höhe von rund USD 5.500,-

zusammenzutragen. Das Geld sei von Familien- und Clanmitgliedern sowie Bewohnern seines Bezirkes ausgeborgt worden. Seinen Aufenthalt in XXXX habe der Beschwerdeführer anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unerwähnt lassen, da er nicht danach gefragt worden wäre, was infolge seiner Bedrohung durch Ahl al-Sunna wal-Jamma'a weiter passiert wäre. Desweiteren habe die Behörde den Beschwerdeführer auch nicht mit ihren Zweifeln hinsichtlich seiner Zugehörigkeit zur Minderheit der Gabooye konfrontiert und ihre Ansicht auch im Rahmen des Bescheides nicht näher begründet. Bereits die Berufe seines Bruders und Vaters (Friseur) würden - zufolge näher zitierten Länderberichtsmaterials - klar für eine Zugehörigkeit zum Clan der Gabooye sprechen. Hinsichtlich des Fußballspiels sei auszuführen, dass der Beschwerdeführer sich keine Live-Übertragung, sondern eine Wiederholung angesehen hätte, was wohl anlässlich seiner Einvernahme nicht richtig übersetzt worden sei. Die Behörde habe im Rahmen der angefochtenen Entscheidung die vom Verfassungsgerichtshof geforderte ganzheitliche Würdigung des Vorbringens des Beschwerdeführers unterlassen. Im Falle einer korrekten Beweiswürdigung und rechtlichen Beurteilung wäre die Behörde zu dem Schluss gelangt, dass die Voraussetzungen für die Asylgewährung im Falle des Beschwerdeführers vorliegen. Der Beschwerdeführer habe glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, seinen Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furch vor Verfolgung durch die Al Shabaab-Milizen sowie die Ahl al-Sunna wal-Jamma'a und aufgrund seiner Clanzugehörigkeit verlassen haben zu müssen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zwecks Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von den Fluchtgründen des Beschwerdeführers werde beantragt.

4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 12.01.2016 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u.a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z. 3).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl.

I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 VwGVG trat dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 2014 in Kraft. Gemäß Abs. 2 leg. cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchpunkt A:

(11)

1.2. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs.

1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2.

Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013)

§ 28 VwGVG Anm. 11).

§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für

eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu der vergleichbaren Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG ergibt sich, dass nur Mängel der Sachverhaltsfeststellung d.h. im Tatsachenbereich zur Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit berechtigen (vgl. VwGH 19.01.2009, 2008/07/0168; VwGH 23.5.1985, 84/08/0085).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit den Erkenntnissen vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315 und Zl.

2000/20/0084, grundsätzliche Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren im Allgemeinen und durch den Unabhängigen Bundesasylsenat im Besonderen getätigt. Dabei hat er im letztgenannten insbesondere Folgendes ausgeführt:

"Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zur belangten Behörde und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. bereits das Erkenntnis vom 16. April 2002, Zl. 99/20/0430). Die der belangten Behörde in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommende Rolle einer obersten Berufungsbehörde (Art. 129c Abs. 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen. Diese über die Unvollständigkeit der Einvernahme hinaus gehenden Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens sprechen auch bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens unter dem Gesichtspunkt, dass eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst bei der ‚obersten Berufungsbehörde' beginnen und zugleich - abgesehen von der im Sachverhalt beschränkten Kontrolle der letztinstanzlichen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof - bei derselben Behörde enden soll, für die mit der Amtsbeschwerde bekämpfte Entscheidung."

Es besteht kein Grund zur Annahme, dass sich die dargestellte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf die neue Rechtslage übertragen ließe. Es liegt weiterhin nicht im Sinne des Gesetzes, wenn das Bundesverwaltungsgericht erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und beurteilt, sodass es seine umfassende Kontrollbefugnis nicht wahrnehmen kann. Eine ernsthafte Prüfung des Antrages soll nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden.

(12)

1.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und folgende für die Auslegung des § 28 VwGVG maßgeblichen Gesichtspunkte aufgezeigt:

Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, auch dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt. Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist. Angesichts des in §?28?VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlange das im §?28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck finde, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werde. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen würde daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt habe. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Annahme bestünden, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtsprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (VwGH 26.11.2003, 2003/20/0389).

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof, in nunmehr ständiger Rechtsprechung, ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg.

13.302/1992 mwN, 14.421/1996, 15.743/2000).

2. Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:

2.1. Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw. die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist im gegenständlichen Fall unterblieben und ist die belangte Behörde nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichts ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen an ein rechtsstaatliches Asylverfahren missachtet worden, dies aus folgenden Erwägungen:

Der aus Baardheere in Südwestsomalia stammende Beschwerdeführer brachte zusammenfassend vor, seine Heimat verlassen zu haben, da er sowohl durch Al Shabaab als auch durch die militärischen Gruppierung Ahl al- Sunna wal-Jama'a bzw. Sunnal-Al-Jaamaca hinsichtlich einer Zusammenarbeit aufgefordert worden wäre und aufgrund seiner diesbezüglichen Weigerungen Drohungen und Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre. Zudem sei er aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Minderheit der Gabooye Diskriminierung ausgesetzt gewesen.

Ihrer Entscheidung legte die Behörde einen allgemeinen Ländervorhalt zum Herkunftsstaat Somalia zugrunde, welchem sich jedoch keinerlei Ausführungen zur militärischen Gruppierung der Ahl al-Sunna wal-Jamma'a entnehmen lassen, ebensowenig finden sich Feststellungen zur Problematik der Zwangsrekrutierungen durch al Shabaab sowie eine Auseinandersetzung mit der aktuellen Sicherheitslage bzw den aktuellen Machtverhältnissen

(13)

in der Heimatstadt des Beschwerdeführers in den getroffenen Feststellungen. Die jüngsten herangezogenen Quellen zur Sicherheitslage in Somalia datieren aus Herbst 2014 (vgl. die Seiten 13 bis 15 des angefochtenen Bescheides) und waren sohin bereits bei Bescheiderlassung mehr als ein Jahr alt, konkrete Feststellungen zur Lage in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers finden sich im angefochtenen Bescheid, wie angesprochen, nicht.

Derartige Feststellungen erweisen sich jedoch im Hinblick auf die seitens höchstgerichtlicher Rechtsprechung geforderte Würdigung eines Vorbringens vor dem Hintergrund der objektiven Situation im Herkunftsstaat des Antragstellers im gegenständlichen Verfahren als unerlässlich, zumal es sich hierbei um das zentral fluchtauslösende Vorbringen des Beschwerdeführers handelt. Ohne eine derartige Tatsachengrundlage ist eine Beurteilung des Risikos einer den Beschwerdeführer in Baardheere treffenden individuellen, von Ahl al-Sunna wal-Jamma'a respektive al Shabaab ausgehenden, Gefährdungslage sowie die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der vorgebrachten fluchtkausalen Geschehnisse nicht möglich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt darauf hingewiesen, dass von den Asylbehörden eine Einbeziehung des realen Hintergrundes der von einem Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte in das Ermittlungsverfahren zu erwarten ist und die Behauptungen des Asylwerbers auch im Vergleich zu der Berichtslage in Bezug auf das Ereignis, von dem er betroffen gewesen sein will, zu messen sind (VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/20/0113).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird sohin zunächst konkrete Feststellungen zur aktuellen Gefahr einer Zwangsrekrutierung im Gebiet von Baardheere sowie Ermittlungen zur Vorgehensweise der Ahl al-Sunna wal-Jamma'a respektive al Shabaab gegenüber Personen, welche ihre ablehnende Haltung durch die Verweigerung einer Zusammenarbeit mit den genannten Gruppierungen artikulieren, tätigen müssen. Hiezu fehlen in der angefochtenen Entscheidung, wie dargelegt, jegliche Feststellungen.

Auch in Bezug auf das im Rahmen der Erstbefragung getätigte Vorbringen des Beschwerdeführers, aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Minderheit der Gabooye diskriminiert worden zu sein, führte die belangte Behörde keine weitergehenden Ermittlungen durch. Vielmehr zweifelte die Behörde die Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zu einem Minderheitsclan im Rahmen ihrer Beweiswürdigung aufgrund des Umstandes, dass diesem die Finanzierung von Schlepperkosten in der Höhe von USD 5.500,- möglich gewesen wäre, an. Alleine dieser Umstand entbindet die Behörde jedoch nicht von der Durchführung objektiver Ermittlungen zu diesem Vorbringensaspekt. Fallgegenständlich ist der am 20.10.2015 aufgenommenen Niederschrift jedoch keine Befragung des Beschwerdeführers bezüglich etwaiger Probleme in Zusammenhang mit seiner Zugehörigkeit zu einem Minderheitenclan zu entnehmen - deren Relevanz auch für die Frage der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vorweg ausgeschlossen werden kann. Ebensowenig finden sich im Rahmen der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Länderberichte konkrete Feststellungen zur Situation der Gabooye in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers. Aufgrund der fehlenden Befragung des Beschwerdeführers hinsichtlich der konkret im Zusammenhang mit seiner Minderheitenzugehörigkeit wahrgenommenen Probleme / Diskriminierungen sowie der fehlenden Herkunftslandinformationen zu diesem Aspekt, fehlt dem Bundesverwaltungsgericht eine entsprechende Tatsachengrundlage zur Würdigung jenes Vorbringens im Hinblick auf dessen allfällige Asylrelevanz.

Den Beschwerdeausführungen ist insofern zuzustimmen, als dass die Behörde es fallgegenständlich unterlassen hat, den Beschwerdeführer mit den beweiswürdigend angeführten Unschlüssigkeiten innerhalb seiner Schilderungen zu konfrontieren. So wäre es der Behörde ein Leichtes gewesen, den Beschwerdeführer nach den Gründen seines infolge seiner Entführung durch Ahl al-Sunna wal-Jamma'a noch mehrmonatigen Verbleibs in Somalia zu fragen. Ebenso wäre ein Vorhalt dahingehend möglich gewesen, weshalb der Beschwerdeführer eine Bedrohung durch al Shabaab anlässlich seiner Erstbefragung - im Rahmen derer im Übrigen eine detaillierte Erörterung des Fluchtgrundes nicht zu erfolgen hat (§ 19 AsylG) - noch nicht ins Treffen geführt hat.

Nicht verkannt wird der verbleibende Widerspruch in Bezug auf das Fußballspiel, doch vermag dieser Aspekt für sich genommen eine Beurteilung des gesamten Vorbringens des Beschwerdeführers als unglaubwürdig nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu tragen und wäre auch hier eine vertiefte Befragung, auch zu den näheren Umständen seiner Anhaltung, erforderlich gewesen.

Insofern ist dem Bundesamt vorzuwerfen, dass es im vorliegenden Fall einerseits keine ausreichenden Ermittlungen in Hinblick auf das fluchtrelevante Vorbringen des Beschwerdeführers getätigt hat, den Beschwerdeführer nicht in der gebotenen Tiefe befragt und zudem insbesondere keine ausreichenden Feststellungen in Hinblick auf die ihn im Falle einer Rückkehr konkret zu erwartende Lage getroffen hat. Im fortgesetzten Verfahren wird sohin nach ergänzender Einvernahme des Beschwerdeführers und nach Heranziehung entsprechender aktueller, auf das individuelle Vorbringen bezugnehmender, Herkunftslandquellen die Glaubwürdigkeit des fluchtrelevanten Vorbringens des Beschwerdeführers sowie dessen individuelle

(14)

Rückkehrsituation zu beurteilen und anschließend auf dieser Basis einer rechtlichen Würdigung zu unterziehen sein.

Insofern bedarf es jedenfalls detaillierter Erhebungen der die Person des Beschwerdeführers treffenden Sachlage, um zu einer haltbaren Beweiswürdigung hinsichtlich der Glaubwürdigkeit und zu einer tragbaren Entscheidung überhaupt im Verfahren gelangen zu können.

Im Ergebnis fehlt dem Bundesverwaltungsgericht jedenfalls die maßgebliche Entscheidungsgrundlage für eine abschließende Beurteilung des Vorbringens des Beschwerdeführers in asylrechtlicher Hinsicht. Durch das vom Beschwerdeführer (potentiell) gesetzte Verhalten, nämlich die offensichtliche Ablehnung der Unterstützung der Ahl al-Sunna wal-Jamma'a / al Shabaab, könnte dem Beschwerdeführer seitens jener Gruppierungen jeweils eine missliebige politische Gesinnung unterstellt werden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat das Verfahren mit einem schweren Ermittlungsfehler belastet, indem es die Fluchtgründe des Beschwerdeführers keiner ausreichenden Überprüfung unterzogen und keine entsprechenden Feststellungen getroffen hat (vgl. dazu VwGH vom 27.1.2015, Zl. 2014/19/0112, in dem ausgesprochen wurde, dass es entscheidend sei, mit welchen Reaktionen der Mitglieder der al Shabaab der Beschwerdeführer aufgrund seiner Weigerung, sich dem Willen der Rekrutierenden zu beugen, rechnen müsste und ob in seinem Verhalten eine - sei es auch nur unterstellte - politische oder religiöse oppositionelle Gesinnung erblickt wird). Folgt man den Ausführungen unter Punkt 1.3.

hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bloß ansatzweise Ermittlungen getätigt, sodass eine Zurückverweisung der Sache an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl schon unter diesem Gesichtspunkt als gerechtfertigt erscheint.

2.2. Die belangte Behörde hat unter Verstoß gegen den Grundsatz der Offizialmaxime, der sie zur amtswegigen Erhebung des gesamten wahren Sachverhaltes verpflichtet, keine umfassenden Ermittlungen getätigt und daraus resultierend auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die aufgezeigte Mangelhaftigkeit ist wesentlich, weil vorweg nicht ausgeschlossen werden kann, dass deren Vermeidung für den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Antragstellung auf internationalen Schutz zu einem günstigeren Ergebnis hätte führen können.

Damit hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bloß ansatzweise ermittelt.

Von einer ganzheitlichen Würdigung des individuellen Parteivorbringens kann im vorliegenden Fall somit nicht gesprochen werden und sind die im angefochtenen Bescheid beweiswürdigend angeführten Argumente im zu beurteilenden Fall keinesfalls zur Begründung einer negativen Entscheidung geeignet.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird sich daher im fortgesetzten Verfahren mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in umfassender Weise auseinanderzusetzen zu haben. Im Rahmen einer ergänzenden Befragung des Beschwerdeführers, und nach ergänzenden Länderfeststellungen wird das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die oben angesprochenen Punkte einer Klärung zuzuführen zu haben.

Unter diesen Gesichtspunkten leidet der angefochtene Bescheid unter erheblichen Ermittlungsmängeln in Bezug auf die Frage der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer konkret und gezielt gegen den Beschwerdeführer gerichteten Bedrohung von Seiten der Ahl al-Sunna wal-Jamma'a respektive al Shabaab sowie dessen Situation als Zugehöriger der Minderheit der Gabooye, und erweist sich für das Bundesverwaltungsgericht der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung einer allfälligen Gefährdung des Beschwerdeführers in Hinblick auf den Aspekt der Gewährung des Status des Asylberechtigten wie oben dargelegt als so mangelhaft, dass weitere Ermittlungen diesbezüglich unerlässlich erscheinen.

2.3. Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 Abs. 2 AVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Spezialbehörde im Rahmen der Staatendokumentation gemäß § 5 BFA-Einrichtungsgesetz für die Sammlung relevanter Tatsachen zur Situation in den betreffenden Staaten samt den Quellen zuständig ist.

Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich.

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.

(15)

Im vorliegenden Fall konnte die Verhandlung im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.

Da der maßgebliche Sachverhalt noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.

Zu Spruchpunkt B:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. VwGH 26.?6.?2014, 2014/03/0063). Durch das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Behebung und Zurückverweisung eines angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG wegen Ermittlungsmängel folgt konzeptionell im Wesentlichen der Bestimmung des § 66 Abs. Abs. 2 AVG (bzw. des § 41 Abs. 3 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012). Die zu diesen Bestimmungen ergangene Judikatur ist ausführlich und auf den hier in Betracht kommenden § 28 Abs. 3 2. Satz VwGG infolge seiner konzeptionellen Ausgestaltung anwendbar (vergl. z.B. 17. 10. 2006, 2005/20/0459 und grundsätzlich zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG in Asylverfahren VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315, 2000/20/0084 und insbesondere VwGH vom 21. 6. 2010, 2008/19/0379, wo der VwGH ausdrücklich einen Vergleich zwischen den beiden Normen § 66 Abs. 2 AVG und § 41 Abs. 3 ASylG 2005 zieht).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2017:W103.2119378.1.00

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Dieser Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO vom 07.03.2016 wurde von der belangten Behörde - entsprechend dem Inhalt des vom

AW: Sie wurde auch entführt. Befragt, auf einem Foto waren ich und die Sekretärin zu sehen. Wie sie das gemacht haben, weiß ich nicht. LA: Woher haben Sie

1 und 2 mit dem Österreichischen Gewerkschaftsbund - Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten statt des ermächtigten Bundeskanzlers (§ 22a Abs. 3 GehG)

Die medizinische Sachverständige berücksichtigt die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte und auch durch medizinische Befund einer Fachärztin für Psychiatrie vom

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.10.2019 verweigerte die ÖB Nairobi den Beschwerdeführern jeweils die Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm §°35 AsylG

eine medizinische Stellungnahme, welche Ausführungen darüber vermissen lässt, aus welchen Gründen der ärztliche Sachverständige zu einer Beurteilung gelangt ist, stellt keine

* 9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne ein Antrag grundsätzlich maximal zwölf Monate zurückwirken (EF-Z 2013/72). Es wäre daher für die Überprüfung