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Metallurgie mit nachwachsenden RohstoffenJürgen Antrekowitsch und Gernot Rösler

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Metallurgie mit nachwachsenden Rohstoffen

Jürgen Antrekowitsch und Gernot Rösler

1. Einleitung ...405 2. Biomasse in der Metallurgie ...408 3. Laborversuche zur Herstellung metallurgischer Holzkohle ...408 4. Laborversuche hinsichtlich der Verwendung CO2-neutraler

Reduktionsmittel in metallurgischen Prozessen ...412 5. Zusammenfassung ...414 6. Literatur ...415

1. Einleitung

Die Geschichte der Verwendung von Biomasse in metallurgischen Prozessen reicht bis ins Altertum und somit der ersten Verhüttung von Erzen in der Bronzezeit zu- rück. Dabei wurden in den ersten Schmelzöfen Holz und in weiterer Folge Holzkohle verwendet. Holzkohle galt bis ins 18. Jahrhundert als wichtigster Energieträger und Reduktionsmittel in der Metallurgie. Erst durch die zunehmende Verknappung des Rohstoffes Holz und des damit verbundenen Anstiegs des Preises für Holzkohle kam es zur Entwicklung des Kokerei-Prozesses, in dem fossile Kohle, zumeist Steinkohle, in Koks umgewandelt wird. Somit traten, beginnend von Großbritannien, fossile Kohle und Koks den Siegeszug zuerst in der Eisen- und Stahlindustrie und in weiterer Folge in der ganzen Metallurgie an. Neben der Preisersparnis zu Holzkohle, konnte mit Hilfe der Verwendung von Koks auch die Produktivität in vielen Prozessen erhöht werden, was nicht unerheblich zur industriellen Revolution beitrug. Somit gilt Koks als Standar- denergieträger und -reduktionsmittel in der Metallurgie seit Ende des 18. Jahrhunderts und Beginn des 19. Jahrhunderts. Durch die ständig steigende Metallerzeugung und dem damit verbundenen stetig steigenden Verbrauch an fossilen Rohstoffen nahm auch der Ausstoß an anthropogenem CO2 zu (Bild 1).

Diese Zunahme an Treibhausgasemissionen ist ein, wenn nicht der, Hauptgrund der globalen Klimaerwärmung. Dadurch wird es in Zukunft notwendig sein, Möglichkei- ten zu finden den Ausstoß an Treibhausgasen zu minimieren. Da eine Einschränkung der produzierenden Industrie mit größter Wahrscheinlichkeit eine Verminderung des Wohlstandes bedeutet, und somit keine zielführende Maßnahme darstellt, gilt es Al- ternativen zu fossilen Rohstoffen zu finden, welche zu keinen Treibhausgasemissionen führen. Im Bereich der Metallurgie, welche sehr große Mengen an Kohlenstoffträgern benötigt, sollte die Substitution von fossiler Kohle und Koks zu keinen negativen Be- einflussungen des eigentlichen Prozesses führen [1, 2, 3, 4].

(2)

Auch wenn durch die Verwendung von Biomasse ähnliche Mengen an CO2 entstehen, kann die dadurch erreichte CO2-Neutralität wie folgt beschrieben werden:

Beim Wachstum der Pflanzen wandelt das Chlorophyll in den Blattzellen angetrieben von der Energie des Sonnenlichts aus der Luft aufgenommenes CO2 und Wasser mittels der Photosynthesereaktion in Biomasse wie Zucker und Stärke um. Somit bindet die Pflanze während ihres gesamten Wachstums Kohlendioxid in unterschiedliche Kohlen- stoffketten, Kohlenhydrate, ein. Bei einer technischen Nutzung dieser Biomassen, wie z.B. einer Verbrennung, wird anschließend nur so viel CO2 in die Atmosphäre emittiert, wie diese Pflanze während ihres gesamten Wachstums aufgenommen hat. Dies unter- scheidet die Biomassen so stark von fossilen Energieträgern, auf denen der Großteil der Energiebereitstellung basiert. Im Gegensatz zu den fossilen Energieträgern bei denen der vor Millionen Jahren eingebundene Kohlenstoff wieder freigesetzt wird, bildet die Nutzung von Biomassen einen geschlossenen Kohlenstoffkreislauf. Dadurch wird die Menge an Kohlendioxid in der Atmosphäre konstant gehalten und der durch das CO2 angekurbelte Treibhauseffekt, worauf die globale Erwärmung basiert, reduziert [5].

Grundsätzlich lassen sich alle anfallenden Biomassen in zwei große Gruppen einteilen.

Zum einen in die primären oder natürlichen (direkt aus Pflanzen oder Tieren) und zum anderen in sekundären oder Rückstandsbiomassen. Diese zwei großen Bereiche können in weiterer Folge zusätzlich aufgesplittert werden. So zählen zu den primären bzw. natürlichen Biomassen die Landbiomassen, wie Biomassen aus den Wäldern, Grä- ser, Energiepflanzen sowie kultivierte Feldfrüchte, sowie Biomassen aus dem Wasser, wie Algen oder sonstige Wasserpflanzen. Eine vielfältigere Aufteilung ist bei den Bio- massen aus Rückständen bzw. Abfällen zu treffen. Hier ist zu unterscheiden zwischen kommunalen Abfällen, wie festen Siedlungsabfällen, Abwässern und Deponiegase, Abfällen aus der Landwirtschaft, wie Ernterückstände oder Stallmist, Abfällen aus der Forstwirtschaft, wie Rinden, Laub und Äste sowie Industrieabfälle, wie Altholz oder Sägespäne [6]. Eine andere Einteilung der Biomassen sieht die Trennung in holzartige und halmgutartige Biomasse vor [7]. Dies ist in Bild 2 dargestellt.

1910 1950

28 24 20 16 12 8 4 Gt CO2

1870 1890 1930

0 32

1970 1990 2007

Bild 1:

Entwicklung der CO2-Emis- sionen aufgrund der Nutzung fossiler Kohlenstoffträger

Quelle: CO2 emissions from fuel com- bustion – Highlights. Verlag OECD/IEA, 2010

(3)

Bild 2: Einteilung der Biomassen

Quelle: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.: Energie aus Biomasse. Gülzow, 2002

All diese hier aufgelisteten Biomassen fallen zum Teil in erheblichen Mengen, je nach regionaler Beschaffenheit und Infrastruktur an. Jedoch ist nicht der gesamte anfallen- de Betrag nutzbar. Hier kommt der Begriff des Potenzials ins Spiel. Das theoretische Potenzial beschreibt das in einer gegebenen Region innerhalb eines bestimmten Zeitraumes theoretisch physikalisch, nutzbare Angebot an Biomasse und stellt damit die theoretische Obergrenze dar, welche technisch, ökologisch und strukturell nicht realisierbar ist. Dahingegen beschreibt das technische Potenzial den Anteil des the- oretischen Potenzials, der unter Berücksichtigung der gegebenen technischen sowie strukturellen und ökologischen Einschränkungen und gesetzlichen Vorgaben nutzbar ist. Es beschreibt somit den zeit- und ortsabhängigen, technisch möglichen Beitrag zur Nutzung regenerativer Energien und ist zeitlichen Schwankungen unterworfen.

Das wirtschaftliche Potenzial ist der zeit- und ortsabhängige Anteil des technischen Potenzials, welcher im jeweils betrachteten Fall wirtschaftlich erschlossen werden kann, während das erschließbare Potenzial den Anteil des wirtschaftlichen Potenzials, welcher unter realen Bedingungen erschlossen werden kann, angibt [7].

Für vergleichbare Darstellungen sowie Angaben hinsichtlich möglicher Nutzungsmen- gen sind ausschließlich Angaben über das technische Potenzial sinnvoll und auch in der Literatur dargestellt, da das wirtschaftliche und erschließbare Potential vom jeweiligen Anwendungsfall abhängen und damit stark schwanken können.

Das Biomassepotenzial für die EU-25 für das Jahr 2010 wird auf etwa 438,5 Mio. t geschätzt, wobei 108,8 Mio. t auf Biomassen aus der landwirtschaftlichen Produktion entfallen, 98,8 Mio. t auf biogene Materialien aus der Forstwirtschaft sowie 230,9 Mio.

t auf Abfälle aus Land- und Forstwirtschaft, Industrie, Gewerbe und Haushalten. Diese 438,5 Mio. t schließen die heute für die Lebensmittelproduktion, die holzverarbeitende Industrie und andere Nutzungen produzierten Rohstoffe biogenen Ursprungs nicht ein.

Biogene Festbrennstoffe

Holzartige

Biomasse Halmgutartige

Biomasse

Rückstände Energiepflanzen Rückstände Energiepflanzen

• Waldrestholz

• Landschafts- pflegeholz

• Industrie- restholz

• Abriss- und Gebrauchtholz

• Schnell- wachsende Baumarten

• Stroh • Energiegetreide

• Chinaschilf (Miscanthus)

• Raps

• Sonnenblume

• Hanf

• Mais

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Für Deutschland belaufen sich die Zahlen des Biomassepotenzials für das Jahr 2006 auf 39,8-68,5 Mio. t Biomasse Trockensubstanz (TS) [8]. Davon beträgt der Anteil von Schwach- und Waldrestholz etwa 40 % und jener von landwirtschaftlichen Abfällen und Reststoffen etwa 27 % [9].

Diese zum Teile enormen anfallenden Mengen werden zum heutigen Zeitpunkt nicht vollständige genutzt. Immer noch werden große Anteile der anfallenden Biomasse un- genutzt gelassen, indem sie einfach keiner technischen Verwertung zugeführt, sondern verrottet oder ohne Energiegewinnung verbrannt werden. Je nach Gebiet und Region kann der Anteil der technisch genutzten Biomasse allerdings sehr stark differieren.

2. Biomasse in der Metallurgie

Die Umstellung einiger metallurgischer Prozesse von fossilen auf CO2-neutrale biogene Energieträger würde keine großen Probleme bereiten. Hier ist einzig und alleine die Wirtschaftlichkeit der ausschlaggebende Punkt. Hinsichtlich der Substitution von fossi- ler Kohle bzw. Koks durch CO2-neutrale Einsatzstoffe als chemisches Reduktionsmittel gelten etwas andere Gesetzmäßigkeiten. Da z.B. Biomasse völlig andere Eigenschaften besitzt, als z.B. Koks, ist es notwendig hier Anpassungen durchzuführen. Diese können zum einen eine Adaptierung bzw. völlige Neugestaltung des metallurgischen Prozes- ses sein, welches allerdings mit erheblichem Aufwand und Kosten verbunden ist und somit nicht sinnvoll, und zum anderen eine Anpassung des Rohstoffes Biomassen an den metallurgischen Prozess sein. Eine derartige Umwandlung von Biomasse, der Verkokungsprozess, existiert bereits. Allerdings ist das Ziel der meisten bestehenden Holzkohleherstellungsverfahren die Produktion von Holzkohlen, welche zu Heiz- und Grillzwecken dient und somit oft nur mindere Qualitäten besitzt. Ebenso fehlen häufig spezifizierte Herstellvorschriften, was zu großen Schwankungsbreiten führt. Die meisten modernen metallurgischen Verfahren benötigen allerdings standardisierte Einsatzstoffe mit sehr hoher Qualität. Aus diesem Grund bestehen heutzutage auch nur sehr wenige Beispiele in denen Holzkohle als chemisches Reduktionsmittel eingesetzt wird. Diese sind die Herstellung von Roheisen in Mini-Hochöfen in Brasilien sowie die Herstellung von Ferrolegierungen in Elektroniederschachtöfen [10, 11].

Für die Verwendung von Holzkohle in weiteren metallurgischen Prozessen, ist es notwendig bisher bestehende Holzkohleproduktionsverfahren abzuändern bzw. neue Prozesse zu entwickeln, mit welche Holzkohle in hoher Qualität und mit spezifischen Eigenschaften hergestellt werden kann. Dies bedeutet, dass die Eigenschaften der Holz- kohle möglichst stark an jene der fossilen Kohlenstoffträger, die im Prozess Anwendung finden, anzupassen sind. Somit ist es in gewissen Grenzen möglich, die Eigenschaften des Reduktionsmittels an den jeweiligen Prozess anzupassen. Hierbei haben die Bedin- gungen des Verkokungsprozesses sowie die verwendete Biomasse den größten Einfluss.

3. Laborversuche zur Herstellung metallurgischer Holzkohle

Ziel der Untersuchungsreihe war die Herstellung einer Holzkohle mit einem Eigen- schaftsprofil, welches jenem von fossilen Kokssorten möglichst ähnlich ist. Dafür wurden Verkokungsversuche unter verschiedenen Prozessbedingungen durchgeführt

(5)

und die dabei erzeugte Holzkohle auf deren chemische Zusammensetzung sowie deren Reaktivität untersucht. Darauf folgend wurde diese Holzkohle auf deren Eignung als alternatives Reduktionsmittel zu fossilen Kokssorten in metallurgischen Prozessen getestet.

Basis dieser Untersuchungsreihe waren Biomassen in Form von Rückständen aus der Agrarindustrie wie unterschiedliche Baumschnitte, Olivenkerne, Weintreber, usw. Der Grund dafür lag in der bisher noch guten Verfügbarkeit (viele dieser Agrarrückstände bleiben zurzeit noch ungenutzt) sowie der preislichen noch interessanten Situation die- ser Materialien. Aus heutiger Sicht stellen derartige Biomassen im Vergleich zu anderen, welche sehr oft als Alternativbrennstoffe Einsatz finden und damit in einer erheblichen Nachfragesituation unterworfen sind, einen durchaus interessanten Rohstoff dar.

Die in Bild 3 dargestellten Biomassen wurden vor der Untersuchungsreihe auf eine einheitliche Größe zerkleinert, um den Einfluss unterschiedlicher Korngrößen zu un- terbinden. Diese aufbereiteten Biomassen sind anschließend bei Temperaturen zwischen 400 und 1.000 °C (in 150 °C-Schritten) unter Luftabschluss im Stickstoffstrom verkokt worden. Dabei kam eine von außen beheizte Muffel zum Einsatz, welche Batch-weise betrieben wurde. Die Aufheizrate lag bei 5 K/min.

Treber Olivenkerne Fruchtbaumschnitt Weinstock

Weinrebschnitt Rebschnitt Korkeiche Olivenbaumschnitt

Bild 3: Untersuchte Biomassen im Anlieferungszustand

Die Ergebnisse dieser Verkokungsversuche sind in Bild 4 dargestellt, wo die Holzkohle- ausbeute bzw. der erzielbare Kohlenstoffgehalt der Holzkohlen über der Temperatur aufgetragen sind. Hierbei ist zu erkennen, dass mit steigender Temperatur zum einen die Holzkohleausbeute sinkt und zum anderen der Kohlenstoffgehalt in der Holzkohle steigt. Dies ist auf das vermehrte Austreiben der Flüchtigen mit steigender Temperatur und der damit verbundenen Aufkonzentrierung des Kohlenstoffs in der Restkohle zu- rückzuführen. Weiters sind zum Teil erhebliche Unterschiede, speziell beim erzielbaren Kohlenstoffgehalt, bezogen auf die verschiedenen Biomassen erkennbar. So erreichen Olivenkerne mit Abstand den höchsten Kohlenstoffgehalt im Endprodukt, jedoch ist die erzielbare Ausbeute dabei eher gering im Vergleich zu anderen Biomassen.

(6)

Bild 4: Holzkohleausbeute sowie Kohlenstoffgehalt in Abhängigkeit der Verkokungstemperatur Um eine Holzkohle zu erzeugen, welche als Reduktionsmittel in metallurgischen Prozessen dienen und damit einen hohen Cfix-Gehalt (> 80 %) aufweisen soll, ist es notwendig Verkokungstemperaturen von über 700-800 °C zu wählen. Dies ist deutlich höher, wie die Temperatur in herkömmlichen Verkohlungsaggregaten. Die bei diesen hohen Temperaturen erzielte Ausbeute lag bei 25-34 %, was einen Biomassebedarf von rund 3-4 t pro Tonne Holzkohle bedeutet. Die Ergebnisse in Bild 4 zeigen auch, dass nicht alle Biomassen gleich gut für eine Holzkohleherstellung geeignet sind und somit dieser Faktor ebenfalls in eine Evaluierung möglicher Biomassen Einzug nehmen muss.

Neben den durch die Verkokung erzielbaren Cfix-Gehalt spielen noch weitere Quali- tätsmerkmale des Reduktionsmittels in metallurgischen Verfahren eine entscheidende Rolle. Ein sehr wichtiger Faktor dabei ist die Reaktivität bzw. die Reaktionsfähigkeit des Kohlenstoffträgers, da dieser die Reaktionsgeschwindigkeit und somit den gesamten Prozess beeinflussen kann. Je nach Verfahren sind allerdings nicht immer hohe Reak- tivitäten gefragt, um einen idealen Prozessfortschritt zu erlangen. Die Reaktionsfähig- keit der erzeugten Holzkohlen wurde mit Hilfe von zwei standardisierten Verfahren ermittelt, in denen die Holzkohle bei 1.000 °C für 15 Minuten von CO2 überströmt und dabei der Anteil an Kohle gemessen wird, welcher laut Boudouard-Reaktion (C + CO2 ↔ 2 CO) mit dem CO2 zu CO reagiert. Die dazu angewandten Verfahren sind der Koppers-Test, welcher einen Reaktivitäts-Wert aus dem Verhältnis von CO/

CO2 im Abgas berechnet, sowie die Methode nach ASTM D 5341 – 93a, bei der aus dem Gewichtsverlust nach der Reaktionszeit der CRI-Wert (Coke Reactivity Index) errechnet wird [12, 13].

Auf Basis der Ergebnisse beschriebener Kleinversuche erfolgte die Entwicklung eines größeren Verkokungsaggregates im Mehrere-Kilo-Maßstab, um ausreichend Material für metallurgische Versuche bereitzustellen.

Fruchtbaumschnitt Rebschnitt Olivenbaumschnitt 50

46 42

34 30 38

26

Holzkohleausbeute

%

Verkokungstemperatur °C Olivenkerne

22 54

400 500 600 700 800 900 1.000

Korkeichenschnitt Treber Weinstock

Verkokungstemperatur °C 80

75 70

60 55 65

50 Cfix-Gehalt

%

85 95

400 500 600 700 800 900 1.000 90

(7)

Für die Versuche zur Herstellung metallurgischer Holzkohle wurde ein spezieller semi-kontinuierlich arbeitender Doppelschneckenreaktor verwendet. Dieser besteht aus einem speziellen temperaturbeständigen Stahl und wurde extern, elektrisch beheizt und vollständig gasdicht verschlossen. In der durchgeführten Untersuchungsreihe bei unterschiedlichen Temperaturen (bis 900 °C) und unterschiedlichen Verweilzeiten (bis zu 3 h) kamen verschiedene Biomassen zum Einsatz, wobei der Fokus auf Rückständen aus der Land- und Forstwirtschaft lag, da diese Materialien noch einen eher geringen Preis aufweisen. Der komplette Versuchsaufbau inklusive aller Bestandteile ist in Bild 5 dargestellt.

Koksbehälter

Doppelschneckenreaktor

Steuereinheit

Antrieb Vorratsbehälter Abgasnachverbrennung

und -kühlung Abgasanalyse

Bild 5: Versuchsaufbau zur kontinuierlichen Holzkohleproduktion

Die Ergebnisse zeigen, dass die Herstellung von hochqualitativer Holzkohle, wie diese in der Metallurgie benötigt wird, in einem in dieser Versuchsreihe verwendeten Aggregat möglich ist. Dabei besitzen die Verkokungstemperatur sowie die eingesetzte Biomasse den größten Einfluss auf die Holzkohlequalität. Während die Biomasse vor allem Ein- fluss auf die Struktur besitzt, beeinflusst die Verkokungstemperatur hauptsächlich die chemische Zusammensetzung. Während es mittels hoher Verkokungstemperaturen möglich ist, Holzkohlen mit ähnlicher chemischer Zusammensetzung zu erzeugen wie fossiler Koks, so ist es kaum möglich mithilfe der Verkokungsbedingungen strukturelle Ähnlichkeiten herzustellen. Dies ist in Bild 6 dargestellt und wirkt sich naturgemäß auf die Reaktivität aus. Grundsätzlich besitzt Holzkohle eine wesentlich höhere Reaktivität als fossile Kohlenstoffträger. Zur Verifizierung des Einflusses dieser Unterschiede auf metallurgische Prozesse wurden Reduktionsversuche mit den erzeugten Holzkohlen sowie mit fossilem Koks durchgeführt.

(8)

Bild 6: REM-Aufnahmen von Industriekoks (links) und Holzkohle (rechts) bei 250-facher Vergrößerung

Neben der Untersuchung der Holzkohle und ihren Eigenschaften stellte auch die Ermittlung der Pyrolysegaszusammensetzung und deren Nutzung einen wichtigen Punkt dar. Üblicherweise stellt das bei der Verkokung entstehende Pyrolysegas nur ein Nebenprodukt der und wird oft ausschließlich nachverbrannt. Ein Teil der dadurch erzeugten Wärme wird häufig zur Beheizung des Reaktors genutzt, während der Rest anderwärtig (z.B. zur Stromproduktion) Anwendung findet. Aufgrund der Gasanalyse während der Verkokungsversuche zeigt sich jedoch, speziell bei hohen Verkokungstem- peraturen, eine sehr interessante und hochwertige Gaszusammensetzung. So konnten z.B. H2-Gehalte von bis zu 40 % und CO-Gehalte von bis zu 30 % gemessen werden.

Diese hohen Anteile an Reduktionsmitteln legen eine metallurgische Verwertung als Reduktionsgas nahe, anstelle einer simplen Nachverbrennung. Dazu wurden ebenso Versuche im Labormaßstab durchgeführt.

4. Laborversuche hinsichtlich der Verwendung

CO

2

-neutraler Reduktionsmittel in metallurgischen Prozessen

Um den Nachweis der Eignung von Holzkohle als alternatives Reduktionsmittel in metallurgischen Prozessen zu bringen, erfolgten mit im Verkokungsprozess erzeugten Holzkohlen Reduktionsversuche im festen Zustand. Dazu wurden unterschiedliche Holzkohlen mit schwermetallhaltigen Reststoffen aus der Eisen- und Stahlmetallurgie vermischt und bei 1.100 °C Reduktionsexperimente (Bild 7) durchgeführt. Verglei- chend erfolgten parallel dazu dieselben Reduktionsexperimente mit Petrolkoks als Reduktionsmittel, wodurch es möglich war, Unterschiede im Reduktionsverhalten festzustellen und somit eine Bewertung hinsichtlich der Eignung des Reduktionsmittels Holzkohle durchzuführen. Dafür war es notwendig die bei den Reduktionsversuchen resultierende Schlacke hinsichtlich deren Metallinhalte zu analysieren. Die Ergebnisse, welche in Tabelle 1 aufgelistet sind, zeigen die überaus gute Reduktionswirkung von Holzkohle, welche jene von Petrolkoks sogar übertrifft.

200 μm 200 μm

(9)

Bild 7: Reduktionsexperimente mit Holzkohle bei 1.100 °C

Schlackenanalyse bei C S Zn- Fe-

Reduktion mit Holzkohle aus: Red. grad Red. grad Fruchtbaumschnitt (1.000 °C) 1,74 1,36 99,66 82,19 Korkeichenbaumschnitt

(1.000 °C) 1,81 1,08 99,86 74,20

Olivenkernen (1.000 °C) 4,64 1,09 99,59 75,69

Petrolkoks 4,16 2,28 97,44 71,30

Tabelle 1:

Schlackenanalysen und Aus- wertung der Reduktionsexpe- rimente

Mit allen drei untersuchten Holzkohlen konnten höhere Reduktionsgrade für Zink und Eisen erzielt werden als dies mit Petrolkoks der Fall war. Diese stärkere Reduktionswir- kung ist auf die höhere Reaktivität und somit auf die größere Oberfläche sowie Poro- sität zurückzuführen. Ein weiterer Vorteil ist der geringere S-Gehalt der entstehenden Schlacke aufgrund des geringen S-Gehaltes in der Biomasse bzw. Holzkohle speziell im Vergleich zu fossilen Kohlenstoffträgern. Somit konnte nachgewiesen werden, dass Holzkohle durchaus eine attraktive und vor allem klimaneutrale Alternative zu fossilen Reduktionsmitteln in der Metallurgie darstellt, welche zum Teil auch einige Vorteile mit sich bringt. Inwieweit solch veränderte Bedingungen den gesamten industriellen Prozess beeinflussen, sollen weitere Untersuchungen im größeren Maßstab zeigen. Ein wesentlicher Vorteil bei der Verwendung von Holzkohle ist der wesentlich geringere Schwefel-Gehalt, was sich positiv auf die Schlackenzusammensetzung auswirkt.

Wie schon zuvor erwähnt, setzt sich ein Großteil des bei der Verkokung als Neben- produkt anfallenden Pyrolysegases aus brennbaren Bestandteilen wie CO, H2, CH4 und CxHy zusammen, was sich bei den Verkokungsversuchen im Labormaßstab sehr deutlich zeigte. Speziell bei kontinuierlich betriebenen und bei höherer Temperatur arbeitenden Verkokungsverfahren in denen die ausgetriebenen Flüchtigen durch die heiße Zone des Aggregates müssen nimmt der Anteil an CO und H2 aufgrund der Aufspaltungsreaktionen der längerkettigen Kohlenwasserstoffe verstärkt zu. Neben einer simplen energetischen Verwertung dieses Gases durch Verbrennung wie dies

(10)

bei einigen Verfahren bereits durchgeführt wird, stellt die metallurgische Nutzung des Pyrolysegases als Reduktionsgas aufgrund der hohen Anteile an CO und H2 eine interessante Alternative dar. Aus diesem Grund wurde das entstehende Pyrolysegas für Reduktionsversuche in einer stehenden Retorte herangezogen. Bild 8 zeigt die für die Versuche verwendete Retorte, welche von außen beheizt und von unten nach oben durchströmt wurde, sowie den Versuchsaufbau.

Bild 8: Retorte und Versuchsaufbau der Gasnutzungsexperimente

Die Ergebnisse der Reduktionsexperimente mit Pyrolysegas zeigten, wie auch schon die Versuche mit Holzkohle, durchwegs sehr positive Resultate. So war es möglich, aus schwermetallhaltigen Reststoffen wie Elektrolichtbogenofenstäuben Zink zu ei nem Großteil zu verflüchtigen und zugleich Eisen in hohen Anteilen in die metallische Form überzuführen. Der Vorteil eines derartigen Verfahrensschrittes ist neben der Nutzung des Nebenprodukts Pyrolysegas auch die Möglichkeit der mehrmaligen Verwendung des Reduktionsgases durch Rückführung bzw. Serienschaltung mehrerer Retorten aufgrund der noch immer hohen Anteile an CO und H2 im Abgas nach der Reduktion.

5. Zusammenfassung

Die meisten metallurgischen Verfahren haben einen hohen Bedarf an Kohlenstoff, was auf den hohen Energiebedarf bedingt durch die hohen Temperaturen sowie die durchzuführenden Reduktionsprozesse zurückzuführen ist. Dieser Kohlenstoffbedarf wird zumeist mittels fossilen Rohstoffen gedeckt, was in großen Mengen an Treibhaus- gasemissionen resultiert. Verschärfte Umweltgesetzgebung gepaart mit einem gewissen Umdenken führt zu neuen Entwicklungen hinsichtlich einer Substitution von fossilen Materialien durch CO2-neutrale Alternativen.

Anhand der beiden Beispiele, welche zuvor beschrieben wurden, konnte gezeigt werden, dass die Verwendung von CO2-neutralen Reduktionsmitteln basierend auf Biomasse in unterschiedlichen Formen technisch möglich ist. Selbstverständlich sind

(11)

diese Ergebnisse mit weiteren Versuchen im größeren Maßstab zu verifizieren. Die Wirtschaftlichkeit von CO2-neutralen Einsatzstoffen hängt von vielen Faktoren ab. Dies sind zum einen der Biomassepreis, die Produktionskosten der Holzkohleherstellung, die Nutzbarkeit der Nebenprodukte sowie der zukünftigen Entwicklung der Umweltgesetz- gebung. Jedoch zeigt sich jetzt schon großes Interesse seitens der Industrie am Einsatz von Biomasse in metallurgischen Prozessen, obwohl die wirtschaftliche Anwendung derzeit noch nicht gesichert ist.

6. Literatur

[1] Lin, J. C. M.: Development of a high yield and low cycle time biomass char production system.

Fuel Processing Technology 87 (2006), 487-495

[2] Antal, Jr. J.A.; Grønli, M.: The Art, Science, and Technology of Charcoal Production. Ind. Eng.

Chem. Res. 42 (2003), 1619-1640

[3] Collin, G.; Wetzel, W.: Zur Geschichte der Eisengewinnung mit Holzkohle und Steinkohlenkoks.

NTM Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin, Vol. 12, No. 2 (2004), 65-79

[4] CO2 emissions from fuel combustion – Highlights. Verlag OECD/IEA, 2010

[5] Dobelmann, J.: Bioenergieanlagen – Planung und Installation. Deut sche Gesellschaft für Son- nenenergie e.V. (DGS), Fachausschuss Biomasse, 2005

[6] Basu, P.: Biomass Gasification and Pyrolysis: Practical Design and Theory. Elsevier Inc., 2010 [7] Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.: Energie aus Biomasse. Gülzow, 2002

[8] Angerer, G.: Zukunftsmarkt synthetische Biokraftstoffe. Fallstudie im Auftrag des Umweltbun- desamtes im Rahmen des Forschungsprojektes Innovative Umweltpolitik in wichtigen Hand- lungsfeldern, Förderkennzeichen 206 14 132/05, 2007

[9] Aretz, A.; B. Hirschl: Biomassepotenziale in Deutschland – Über sicht maßgeblicher Studien- ergebnisse und Gegenüberstellung der Methoden. Studie im Rahmen des Verbundprojektes DENDROM – Zukunftsrohstoff Dendromasse, 2007

[10] Siemons, R.: Industrial Charcoal Production – FAO TCP/CRO/3101 (A) Development of a sustainable charcoal industry, North-West Croatia Regional Energy Agency, 2008

[11] Grønli, M.: Industrial Production of Charcoal – Norwegian University of Science and Techno- logy, 2005

[12] Ruhrkohlen-Handbuch: 7th Edition. Verlag Glückauf, Essen (1987)

[13] ASTM D 5341–93a: Standard Test Method for Measuring Coke Reac tivity Index (CRI) and Coke Strength After Reaction (CSR), 1991

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Copyright: Professor Dr.-Ing. habil. Dr. h. c. Karl J. Thomé-Kozmiensky Alle Rechte vorbehalten

Verlag: TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky • Neuruppin 2013

Redaktion und Lektorat: Professor Dr.-Ing. habil. Dr. h. c. Karl J. Thomé-Kozmiensky, Dr.-Ing. Stephanie Thiel, M.Sc. Elisabeth Thomé-Kozmiensky

Erfassung und Layout: Ina Böhme, Petra Dittmann, Sandra Peters, Martina Ringgenberg, Ginette Teske, Ulrike Engelmann, LL. M.

Druck: Mediengruppe Universal Grafische Betriebe München GmbH, München

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