Prof. Dr. Benjamin Klopsch Sommersemester 2019
Algebra – Blatt 10
Abgabe der L¨ osungen bis zum 11.06.2019, 10:30 Uhr in den daf¨ ur vorgesehenen K¨ asten Bitte geben Sie L¨ osungen zu den ersten beiden Aufgaben ab; weitere Informationen auf
http://reh.math.uni-duesseldorf.de/~internet/Algebra_SS19/.
Aufgabe 10.1 (10 Punkte)
Sei G eine Gruppe und g ∈ G. Die Ordnung von g ist definiert als ord ( g ) = min ({∞} ∪ { k ∈ N ∣ g
k= 1 }) .
(a) Zeigen Sie: Die Abbildung Z → G, k ↦ g
kist ein Gruppenhomomorphismus, dessen Bild eine abelsche Untergruppe ⟨g⟩ = {g
k∣ k ∈ Z } von G mit ∣⟨g⟩∣ = ord(g) darstellt.
Bemerkung: Die Gruppe ⟨g⟩ heißt die von g erzeugte Untergruppe. Ist G = ⟨g⟩ und m = ord ( g ) = ∣ G ∣ , so sagt man, G sei zyklisch – engl. cyclic – der Ordnung m, und schreibt daf¨ ur abk¨ urzend G ≅ C
m. Insbesondere ist Z = ⟨1⟩ ≅ C
∞.
1(b) Folgern Sie: Ist G endlich, so hat jedes x ∈ G endliche Ordnung und die Elementord- nung ord(x) teilt die Gruppenordnung ∣G∣.
(c) Sei n = 0, falls ord ( g ) = ∞ , und n = ord ( g ) sonst. Zeigen Sie: Der in (a) betrachtete Homomorphismus vermittelt einen Isomorphismus von der Gruppe Z /n Z auf ⟨g⟩.
(d) Sei nun G = ⟨ g ⟩ ≅ C
mzyklisch der Ordnung m < ∞ . Zeigen Sie: F¨ ur jedes k ∈ Z ist ord(g
k) = m/ggT(m, k); insbesondere gilt ⟨g
k⟩ = G genau dann, wenn ggT(m, k) = 1 ist.
(e) Beweisen Sie: Zu jedem positiven Teiler d ∣ m gibt es genau eine Untergruppe G
d≤ G der Ordnung d, und dies sind alle Untergruppen von G. Weiter gelten f¨ ur d, t ∣ m dann:
G
d= ⟨g
m/d⟩, und G
t≤ G
dgenau dann, wenn t ∣ d. Zeichnen Sie ein Hasse-Diagramm, das alle Untergruppen von G und die jeweiligen Inklusionen f¨ ur m = 60 zeigt.
Aufgabe 10.2 (6 Punkte)
Sei m ∈ N und ζ = e
2πi/m∈ C . Das m-te Kreisteilungspolynom ist definiert als Φ
m= ∏
0<k≤m ggT(k,m)=1
(X − ζ
k) ∈ C [X].
Die Eulersche Phi-Funktion ϕ ∶ N → N ist gegeben durch ϕ(n) = ∣( Z /n Z )
∗∣. Zeigen Sie:
(a) Die multiplikative Gruppe C
∗besitzt genau eine Untergruppe der Ordnung m, n¨ amlich die zyklische Gruppe {z ∈ C ∣ z
m= 1} = ⟨ζ⟩ ≤ C
∗. Die Nullstellen von Φ
msind genau die primitiven m-ten Einheitswurzeln, d. h. die Elemente der Ordnung m in C
∗. Das Polynom Φ
mist normiert vom Grad ϕ ( m ) und besitzt keine mehrfachen Nullstellen.
(b) X
m− 1 = ∏
d∣mΦ
d(X) , wobei sich das Produkt – wie auch in allen ¨ ahnlichen Summen und Produkten in den nachfolgenden Aufgaben – ¨ uber alle positiven Teiler erstreckt;
insbesondere ist m = ∑
d∣mϕ(d).
(c) Φ
m∈ Z [ X ] . (Hinweis: Verwenden Sie (b) und das Gaußsche Lemma.)
Bitte wenden!
1Obacht: Auf der linken Seite wird situationsbedingt f¨urZdie additive Schreibweise verwendet!
S. 1/2
Algebra – Blatt 10 S. 2/2
Aufgabe 10.3
Die M¨ obius-Funktion µ ∶ N → {0, 1, −1} ist gegeben durch µ(n) =
⎧ ⎪
⎪
⎨
⎪ ⎪
⎩
(−1)
rfalls n = p
1⋯p
rquadratfrei mit r ≥ 0 p.w. versch. Primfaktoren p
iist,
0 sonst.
(a) Sei m ∈ N mit Primfaktorzerlegung m = ∏
ri=1p
iei(also r ≥ 0, und e
i≥ 1 f¨ ur 1 ≤ i ≤ r), und m ̃ = ∏
ri=1p
ider quadratfreie Anteil von m. Zeigen Sie: ∑
d∣mµ(d) = ∑
d∣ ̃mµ(d) ist gleich 1, falls m = ̃ m = 1 ist, und 0 in allen anderen F¨ allen.
(b) Leiten Sie die klassische M¨ obius-Inversionsformel her: Sei G eine multiplikativ ge- schriebene abelsche Gruppe, und seien f, F ∶ N → G Abbildungen mit F (n) = ∏
d∣nf(d) f¨ ur n ∈ N . Dann gilt
f (n) = ∏
d∣n
F (n/d)
µ(d)f¨ ur alle n ∈ N .
(Hinweis: Zeigen Sie ∏
d∣nF (n/d)
µ(d)= ∏
t∣nf(t)
∑d∣(n/t)µ(d)und wenden Sie (a) an.) (c) Formulieren Sie die entsprechende M¨ obius-Inversionsformel f¨ ur Abbildungen von N in eine additiv geschriebene abelsche Gruppe G.
(d) Sei m ∈ N . Beweisen Sie mittels M¨ obius-Inversion die Formeln:
ϕ(m) = ∑
d∣m
µ(d)(m/d) und Φ
m= ∏
d∣m
(X
n/d− 1)
µ(d)f¨ ur die Eulersche Phi-Funktion in Z bzw. das Kreisteilungspolynom in Q (X)
∗. (e) Berechnen Sie (i) ϕ(12) und Φ
12sowie (ii) ϕ(300) und Φ
300.
(Hinweis: Verwenden Sie (d). F¨ ur (ii) ist es hilfreich, Ausdr¨ ucke der Form (X
k− 1)
−1als formale Potenzreihen zu entwickeln; da Sie den Grad von Φ
300kennen, d¨ urfen Sie in dem Potenzreihenring Q [[X]] dann modulo einer geeigneten Potenz von X rechnen.)
Aufgabe 10.4
Sei K ein K¨ orper, und f ∈ K [X]. Ist L ein Erweiterungsk¨ orper von K und α ∈ L mit f ( α ) = 0, so gilt ( X − α ) ∣ f in L [ X ] ; die Nullstelle α heißt einfach, falls ( X − α )
2∤ f. Ein irreduzibles Polynom g ∈ K[X] heißt separabel, falls g in beliebigen Erweiterungsk¨ orpern von K ausschließlich einfache Nullstellen hat; ansonsten heißt g inseparabel.
2Die formale Ableitung des Polynoms f = ∑
ni=0f
iX
iist das Polynom f
′= ∑
ni=1if
iX
i−1∈ K [ X ] .
(a) Seien a ∈ K und g, h ∈ K[X]. ¨ Uberpr¨ ufen Sie, daß zwei vertraute Regeln gelten:
(ag + h)
′= ag
′+ h
′und (gh)
′= g
′h + gh
′.
(b) Sei L ein Erweiterungsk¨ orper von K und α ∈ L mit f (α) = 0. Dann gilt: α ist eine einfache Nullstelle von f genau dann, wenn f
′(α) / = 0.
(c) Ein irreduzible Polynom g ist separabel genau dann, wenn ggT(g, g
′) = 1 ist. Folglich ist g separabel genau dann, wenn g
′= / 0 ist.
(d) Ist char(K) = 0, so ist jedes irreduzible Polynom g ∈ K[X] separabel. Bestimmen Sie, f¨ ur p ∈ P , ein inseparables irreduzibles Polynom (etwa vom Grad p) in dem Polynomring F
p(t)[X] , wobei den K¨ orper F
p(t) der rationalen Funktionen ¨ uber F
pbezeichnet.
(e) Sei ggT(f, f
′) = 1. Dann zerf¨ allt f in K[X] in ein Produkt von paarweise verschiede- nen separablen irreduziblen Polynomen.
2F¨ur beliebige Polynome ist die Begriffsbildung nicht einheitlich. Neben der naheliegenden direkten Verallgemeinerung, wird manchmal nur eine schwache Form von Separabilit¨at gefordert: Ein Polynom h∈K[X]heißt dann schonseparabel uber¨ K, falls jeder irreduzible Faktor vonhinK[X]separabel ist.