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Ausbildungsunterlagen Modul 1

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Academic year: 2022

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Ausbildungsunterlagen

Modul 1

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Inhalt

Einleitung ... 4

Lernziele ... 5

Wofür braucht es Trageberaterinnen? ... 7

Grundsätze der Trageschule Schweiz ... 8

Kommunikations-Basics ... 9

Grundlagen der Anatomie und Entwicklung ... 10

Relevante Grundlagen der Wirbelsäule ... 10

Die Wirbelsäule ... 10

Die Muskulatur der Wirbelsäule ... 11

Die Bandscheibe ... 11

Die Aufrichtung der Wirbelsäule ... 12

Halslordose ... 13

Brustkyphose ... 15

Lendenlordose ... 16

Doppel-S-Form ... 17

Das freie Sitzen - Relevanz für die Trageberatung? ... 19

Warum Babys getragen werden wollen ... 21

Tragen und die Bindungstheorie ... 21

Bonding ... 22

Tragen ist das Stillen der Väter ... 23

Angst vor dem Verwöhnen ... 24

Etwas zum Schreien und Tragen ... 24

Physiologische Frühgeburt... 25

Trageweisen ... 26

Unterstütztes Tragen ... 26

Tragen mit den Händen ... 26

Tragen im Tuch ... 27

Bindearten ... 28

Die Einschlafbindeweise ... 29

Der Ringsling ... 31

Der Rucksack ... 32

Das elastische Tragetuch ... 33

Die Känguru Bindeweise ... 34

Die Wickelkreuztrage ... 35

(3)

Materialkunde ... 37

Tragetücher ... 37

Leinwandbindung ... 38

Köperbindung ... 38

Kreuzköperbindung ... 39

Atlas-/Jacquardbindung ... 40

Elastische Tragetücher... 40

Strickware ... 41

Wirkware ... 41

Die Tuchkanten ... 41

Materialpflege ... 42

Herkunft und Verarbeitung von Tragetüchern - ein paar Grundgedanken ... 43

Tragepuppen ... 44

Tragen in der Tragehilfe ... 45

Mei Tai ... 45

Halfbuckle... 46

Fullbuckle ... 46

Sortiment und Preisgestaltung ... 47

Beratungsablauf ... 48

Marketing und Selbständigkeit... 48

Marketing ... 48

Selbständigkeit ... 52

Weitere Infos ... 52

Videoprüfung ... 52

Zertifizierung ... 53

Spezialisierung ... 53

Vertiefungsarbeit ... 53

Evaluation ... 53

Und zum Schluss ... 54

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Einleitung

Willkommen bei der Ausbildung zur Trageberaterin der Trageschule Schweiz. Schön hast du dich entschieden etwas Neues zu lernen.

Das folgende Skript dient als Vorbereitung auf das Kurswochenende. Wir werden alle Themen am Wochenende nochmals gemeinsam anschauen und besprechen. Damit du an den Gesprächen aktiv teilnehmen kannst und dem Unterricht gut folgen kannst, bitten wir dich, das Skript genau zu lesen.

Die folgenden Texte sind von uns verfasst worden und entspre- chen unserer Meinung und Überzeugung. Vieles, was das Tragen und die Trageberatung betrifft, kann nicht mit wissenschaftlichen Studien belegt werden. Wir halten uns an die Erkenntnisse der themennahen Forschungsgebiete wie Bindungstheorie, Schlafforschung, Entwicklungspsychologie, Evolutionsbiologie, Soziologie, Evolutionäre Medizin und nicht zuletzt der Anatomie und Entwicklung des Kindes, mit dem Schwerpunkt auf dem ersten Lebensjahr. Falls du mit einem Inhaltspunkt wesentlich nicht einverstanden bist, oder nicht verstehst, was damit gemeint ist, bieten wir uns als offene und verfügbare Gesprächspartnerinnen an.

Für das Kurswochenende brauchst du diese Unterlagen nicht zu drucken. Du darfst also gerne das Dokuement elektronisch lesen. Auch für die Prüfungsphase reicht es, wenn du das Dokument auf deinem PC abgespeichert hast.

Falls es für dich doch einfacher ist das Dokument zu drucken, so denk bitte an die Umwelt und drucke es als Broschüre und doppelseitig.

Bei Fragen oder Unklarheiten darfst du dich jederzeit bei uns melden.

Nora und das Trageschule Schweiz Team

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Lernziele

Die TB kann die vorgezeigten BW (WXT, Känguru, Rucksack, Sling, ESB, WXT mit dem elastischen Tuch, PESN) mit einem Tragetuch so binden, wie es von der TSCH gelehrt wird. Die TB entwickelt eigene Formulierungen zum

Beratungsablauf, die prägnant sind und der eigenen Sprache entsprechen. Der Ablauf der BW ist sicher und korrekt und verläuft ohne viel korrigieren und langes Nachdenken.

Die TB kann begründen, weshalb sie in einer spezifischen Situation eine bestimmte BW wählt. Zu jeder BW kann die TB die Vor- und Nachteile, sowie einige Besonderheiten aufzählen und erläutern.

Die TB kann verschiedene TH die aktuell in der Schweiz erhältlich sind analysieren, einschätzen und korrekt anpassen, so dass das Baby eine anatomisch sinnvolle Haltung in der Trage einnimmt.

Die TB ist in der Lage mit der Tragehilfe das frühe Rückentragen nach den Grundsätzen der Trageschule Schweiz durchzuführen und anzuleiten. Sie kennt die Anwendungsbereiche und Einschränkungen.

Die TB kennt verschiedene Tragepuppen und kann die Unterschiede der Modelle benennen.

Die TB kann erläutern wie das korrekte Handling einer Tragepuppe ist.

Die TB ist fähig sich als Selbständige Fachfrau zu präsentieren indem Sie das vermittelte Wissen zum Thema Marketing, Steuern und Organisation der Beratungstätigkeit korrekt anwendet.

Die TB kennt das Grundmaterial, das für den Start der Beratungstätigkeit benötigt wird.

Der dynamische Prozess zur Aufrichtung der Wirbelsäule, sowie die AnhockSpreizHaltung können in eigenen Worten erklärt werden.

Die TB weiss dass der Mensch ein Tragling ist und kann die Zeichen, die das bezeugen, in eigenen Worten wiedergeben.

Die vier Bindungsqualitäten wie in der Bindungstheorie erläutert können benannt und anhand kurzen Beispielen erklärt werden.

Die TB kann das Kangaroo Mother Care in eigenen Worten erklären.

Die fünf Grundsätze der Trageschule Schweiz können aufgezählt und in jeder

Tragesituation angewendet werden.

(6)

Die TB kennt den Ablauf einer Beratung und kann sich selbständig auf ihre Beratungen vorbereiten.

Die TB kennt die gängingen Webarten und kann den Unterschied zwischen den Webarten erklären.

Die TB kann ihre eigenen Bindeerfahrungen zu den einzelnen BW reflektieren und sich so an die Bedürfnisse der Beratungseltern anpassen.

Die TB kennt die Grundsätze der Professionellen Selbstreflexion und kann diese in ersten Schritten anwenden.

Die TB kennt erste gesellschaftspolitische Zusammenhänge unserer

Zivilisation und versteht deren Zusammenhang mit der Belastungssituation der Kernfamilie, insbesondere der Mutter. Durch Information zu Angeboten der Kontaktförderung in ihrer Region kann sie die Mutter unterstützen.

TB= Trageberaterin TSCH= Trageschule Schweiz BW= Bindeweise/n

TH=Tragehilfen WXT= WickelKreuzTrage ESB=EinSchlafBindeweise

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Wofür braucht es Trageberaterinnen?

Egal was dich interessiert, es gibt zu jedem Thema eine Fachperson, die sich in dem Gebiet auskennt und kompetent weiter helfen kann. Trageberaterinnen sind DIE Fachpersonen für alles rund um’s Tragen. Es ist (noch) kein staatlich anerkannter Beruf, die Qualifikation werden durch Weiterbildungen erlangt und oft hat es immer noch ein Laien- oder „Hausfrauenimage“.

Mittlerweile gibt es dutzende Videos online, die gut oder auch schlecht gedreht das Einbinden in Tuch oder Tragehilfe aufzeigen. Und doch ist etwas ganz anderes, aus dem Internet unsupervized etwas auszuprobieren, oder das eigene kleine Baby dann so einzubinen. Es lohnt sich sehr eine individuelle persönliche Beratung für die eigene ganz spezifische Situation in Anspruch zu nehmen. Du als Trageberaterin hast die Aufgabe, den Kunden realistische umsetzbare Ziele auf ihre individuellen Bedürfnisse anzubieten. Das Sortiment entsprechend sinnvoll reduziert vorzubereiten und begleitend und unterstützend zu agieren. Handgriffe werden genau vorgezeigt, beobachtet und optimiert oder individuell angepasst. Trageberaterinnen arbeiten oft selbständig mit Hausbesuchen, was eine optimale Voraussetzung für ein vertrauensvolles Arbeiten im gewohnten Umfeld in aller Ruhe unter Fachkundiger Anleitung ermöglicht. Die Trageberaterin kann den Möglichkeiten und der Anfrage entsprechend verschiedene Tragetücher und Tragehilfen mit zur Beratung bringen und es kann direkt alles relevante in echt probiert werden. Durch Recherchen im Internet und das lesen von Rezessionen können die Eltern die Meinungen anderer über ein Produkt erfahren. Aber beim Tragehilfenkauf oder der Wahl der passenden Bindeweise ist es schon viel schwieriger, da es immer eine für die Familie passende, individuelle Entscheidung Lösung ist. Oft gibt es auch kleine Abweichungen von der Norm, wie das im echten Leben halt ist. Es verläuft nicht nach Lehrbuch. Und so wirst du dich als Trageberaterin immer wieder in Situationen wiederfinden, auf die du dich nicht ganz optimal vorbereiten konntest. Genau diese Flexibilität fördern wir bereits in den Ausbildungen gründlich und wirksam. Sei kreativ und suche immer die beste Lösung für diese eine Familie. Unabhängig von gängiger Meinung und auch ein Stück weit unabhängig von deiner eigenen persönlichen Erfahrung. Mit dem Modul 2 bieten wir dir die bestmögliche Vorbereitung darauf.

Neben Einzelberatungen gibt es immer auch die Möglichkeit für Angebote wie Gruppenberatungen und Workshops oder auch Informationsveranstaltungen. Für die Auswahl einer individuellen Tragelösung empfiehlt sich aber eine Einzel- oder Paarberatung, da hier meist sowohl Tragling als auch die Eltern entspannter sind und du dich als Trageberaterin voll und ganz auf diese eine Familie mit ihren individuellen Bedürfnissen konzentrieren kannst.

Du als Trageberaterin bist auch eine Anlaufstelle und eventuell eine der ersten Kontaktpersonen für die Mutter/Eltern nach der Geburt, nachdem die Wochenbetthebamme ihre Arbeit beendet hat. Du musst daher mit viel Feingefühl und unvoreingenommen in die Beratung gehen können. Zeige dich offen, auch über die Trageberatung hinaus Hilfestellungen oder weiterführende Adressen anbieten zu können. Denn neben dem Tragen können auch viele andere Fragen die Eltern beschäftigen. Wir können Eltern viel Sicherheit geben, wenn sie allenfalls durch lieb gemeinte Aussagen von Freunden und Familienangehörigen verunsichert werden, wie z.B. „zu viel Tragen verwöhnt das Kind...“ Auch das gibt es nicht per YouTube Video.

Trageberaterinnen sind gerade jetzt, in Zeiten der sozialen Isolation und der ins Unermessliche steigenden Erwartungen an Mütter und junge Familien immens wichtig und sinnvoll.

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Grundsätze der Trageschule Schweiz

Zu Beginn dieses Skripts möchten wir dir unsere Grundsätze mitgeben. Alles was du in dieser Ausbildung lernst, baut auf diese fünf Grundsätze auf. Die Grundsätze dürfen gerne an Eltern und weitere Fachpersonen abgegeben werden, wenn sie genau in unserem Design übernommen werden.

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Kommunikations-Basics

Es ist uns wichtig, dir hier einige der Grundsätze unserer Kommunikations-Basics mit zu geben.

Ich spreche im ICH - von mir

 Ich vermeide man, wir, alle wo immer möglich. Pauschalisierungen und Verallgemeinerungen machen oft keinen Sinn. Das Gegenüber fühlt sich weniger, kleiner, unwichtiger - im Grunde entwertet.

 Ich sage so viel und so wenig wie ich angemessen finde. Lasse mich soweit ein, wie es für mich stimmt, wie ich im Moment bereit dazu bin. Ich nehme meinen Platz ein, behalte dabei das ganze im Blick und lasse den anderen auch ihren Raum.

 Ich bin in meinem Sein und meinem (ganzen) Wissen kompetent und bringe das ein, wann immer ich das Gefühl habe, es sei angebracht.

Gegenseitige Wertschätzung

 Wir geben alle, was wir zu diesem Zeitpunkt können und bereit sind zu geben.

 Jede bringt ihr Packet mit, über das ich nicht urteilen kann und möchte!

 Es ist ok, wie das Gegenüber ist, genau jetzt, genauso. Es müsste nicht mehr gemacht, gewusst oder gekannt haben.

Frische – Offenheit

Ich weiss NICHT was kommt. Nicht den nächsten Satz im Gespräch, nicht was am Kurs passiert, nicht was mir in der Beratung begegnet. Ich behalte eine offene Einstellung dem gegenüber, was mir begegnet und überlege dann, ob, wie und wann ich diesen neuen Input bei mir integrieren will.

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Grundlagen der Anatomie und Entwicklung

Relevante Grundlagen der Wirbelsäule Die Wirbelsäule

Die Menschliche Wirbelsäule hat auf der einen Seite die Aufgabe, den Körper aufrecht zu halten. Durch die doppelte S-Form wirkt sie wie eine Feder und trägt die Last von Kopf, Rumpf und Armen. Des Weiteren dient sie als Schutz für das im Wirbelkanal verlaufende Rückenmark.

Die Wirbelsäule besteht aus den Wirbeln (24 freie und 2 verschmolzene) und den Bandscheiben (23). Diese werden durch zahlreiche Bänder und Muskeln zusammengehalten und ermöglichen die Beweglichkeit der Wirbel untereinander. Die Gelenkflächen der Wirbelkörper stehen in der Lendenwirbelsäule (LWS) fast sagittal (Ebene von oben nach unten), in der Brustwirbelsäule (BWS) frontal (Ebene von hinten nach vorne) und in der Halswirbelsäule (HWS) frontotransversal (Transversalebene ist die Ebene senkrecht zur Körperlängsachse).

Durch die Stellung der Gelenkflächen der Wirbelkörper sind die Bewegungsrichtungen klar definiert. In der HWS sind alle Bewegungsrichtungen möglich. In der BWS sind beugen (Flexion), strecken (Extension), Seitneigung (Lateralflexion) und Drehung (Rotation) möglich. In der LWS ist die Drehung eingeschränkt.

Die Beweglichkeit der Wirbelsäule als Ganzes ist dreidimensional. Einzelne Bewegungskomponenten sind dabei nicht auf einzelne Abschnitte beschränkt, sie werden allenfalls in den jeweiligen Segmenten begünstigt. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule nimmt von unten nach oben zu.

Die Wirbelsäule setzt sich zusammen aus (siehe Abb....):

 der Halswirbelsäule (C1 – C7)

 der Brustwirbelsäule (Th1 – Th12)

 der Lendenwirbelsäule (L1 – L5)

 dem Kreuzbein und dem Steißbein (S1 – S5)

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Die Muskulatur der Wirbelsäule

Ganz detailliert auf die Muskulatur der Wirbelsäule einzugehen ist nicht notwendig.

Aber es kann von Vorteil sein, den M. Errector Spinae, auch primäre (autochthone) Rückenmuskulatur genannt, zu kennen. Diese teilt sich in 5 Systeme von denen vor allem die Mm. Multifidii, M. Trapezius, und Mm. Rhomboideii häufig zur Sprache kommen.

Die Hauptfunktion des M. Errector ist die Aufrichtung der Wirbelsäule bzw. des Rumpfes. Des Weiteren hat die primäre Rückenmuskulatur einen großen Einfluss auf die Atemfunktion, da sie durch ihre Ansätze an den Rippen sowohl Einatmung (Inspiration), als auch Ausatmung (Exspiration) durchführen kann. Viele der autochthonen Muskeln dienen als Atemhilfsmuskeln.

Ohne die Bänder und Muskeln würde die Wirbelsäule auf Grund des Innendrucks der Bandscheiben wie eine starke Feder weit über ihre normale Länge hinaus ausgedehnt werden.

Die Bandscheibe

Die menschliche Wirbelsäule verdankt ihre Beweglichkeit hauptsächlich den Bandscheiben (Zwischenwirbelscheiben). Sie hat die Form einer Scheibe und besteht aus einem Gallertkern (gallertartige Masse) und einem diesen umgebenden Fasernring (sehnig-straffer bindegewebartiger Gürtel). Der Kern der Bandscheibe besteht zu 88% aus Wasser. Die Bandscheiben lassen durch ihre Flexibilität ein gewisses Bewegungsausmass zu. Der Nucleus Pulpus (Gallertkern) steht unter einem höheren Druck als die Faserringe um ihn herum. Das sorgt dafür, dass der Umgebungsdruck in der Bandscheibe kontrolliert werden kann. Bei einer Beugebewegung wird zuerst der Kern unter Druck gesetzt. Wasser kann so gut wie nicht komprimiert werden, aber es kann verformt werden. Der Gallertkern wird zur gewölbten (konvexen) Seite der Bandscheibe gedrückt und von den Fasern des Mantels, vor allem aber durch die äussersten Schichten begrenzt. Die Gespannten Mantelfasern drücken den Kern wieder zurück und die Bewegung leitet sich auf die angrenzenden Segmente weiter. Die Bandscheibe sorgt somit unter anderem für eine gleichmässige Bewegungsverteilung in der Wirbelsäule. Die Ober- und Unterseite der Bandscheibe werden vom Wirbelkörper durch eine damit fest verbundene Schicht Knorpel abgegrenzt. Nur in einer gesunden Bandscheibe kann die notwendige druckabhängige Flüssigkeitsverschiebung stattfinden. Sie dient -ähnlich einem Wasserkissen- auch dazu, Erschütterungen aufzufangen und das Bewegungsausmass zu bestimmen.

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Die Aufrichtung der Wirbelsäule

Die Aufrichtung der menschlichen Wirbelsäule ist ein dynamischer Prozess! Dieser verläuft in vier Schritten in den ersten ein bis eineinhalb Lebensjahren.

Das Baby macht von der ersten Zelle bis hin zur Doppel-S-Form der Wirbelsäule eine enorme Entwicklung durch. Zu Beginn stehen das Ei und das Spermium welche sich über die Zellteilung zur Morula (Zellstadium nach der Befruchtung und vor der Einnistung in die Schleimhaut der Gebärmutter, besteht aus ca. 8 – 16 Zellen) verbinden. Die Entwicklung des Föten geschieht weiter über die Rundung, immer um die Mitte herum. Da die Gebärmutter nicht genügend Patz bietet, verweilt der Fötus eingerollt und zusammengefaltet bis zur Geburt. Der Fötus faltet sich immer mehr zusammen. Die Wirbelsäule ist stark gebeugt, der Rumpf infolgedessen zusammengekrümmt. Der Kopf ist in voller Flexion (Beugung) und mit dem Kinn nahe der Brust. Die Arme sind über der Brust gekreuzt und in die Furchen zwischen Kopf und Brust eingelagert. Die Beine werden an den Bauch angezogen mit Hüfte und Knie in Flexion, auch Anhock-Spreiz-Haltung (mehr hierzu im Kapitel „Entwicklung der Hüfte“). Die Intensität des Zusammenrollens wird durch die Fruchtwassermenge bestimmt. Der Fötus ist deshalb so eingerollt, weil es der Beschaffenheit seiner Knochen und Gelenke und der Ausbildung und Innervation seiner Muskulatur entspricht. Da eine Hüftdysplasie häufiger bei Kindern vorkommt, welche in Steisslage geboren wurden, und dadurch die Anhock-Spreiz-Haltung häufig nicht noch im Bauch eingenommen wird, ist davon auszugehen, dass bereits im Bauch die Anhock-Spreiz- Haltung wichtig ist für die Ausbildung und die gesunde Entwicklung der Hüfte.

Abbildung I Foto aus "Grundriss zum Studium der Geburtshilfe" E.Bumm

Auch nach der Geburt ist das Baby noch für Tage und Wochen eingerollt. Nach 40 Wochen, in denen sich das Baby immer mehr in Richtung Beugung entwickelt, muss sich dieser Prozess erst ins Gegenteil zur Aufrichtung hinwenden. Dies kann vor allem nach der Geburt beobachtet werden, da es sehr schwierig ist, das Kind nach der Geburt exakt zu messen. Es kann sich noch gar nicht richtig entfalten. Des Weiteren kann angenommen werden, dass das Baby neben anderen Anzeichen wie z.B. den Reflexen, dies als physiologischen Hinweis für die evolutionsbiologisch programmierte Erwartung, getragen zu werden vorgibt.

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Durch die muskuläre Entwicklung im ersten Lebensjahr und die Bestrebung des Kindes, der Schwerkraft entgegen zu wachsen, wird die Wirbelsäule aufgerichtet. Sie positioniert und stabilisiert sich in der doppel-S-Form, die uns beim aufrechten Gehen ausbalanciert und Stösse perfekt abdämpft. Die anfangs instabile Wirbelsäule ist noch nicht in der Lage den Kopf zu halten und den ganzen Körper in eine aufrechte Haltung zu bringen. In verschiedenen Etappen entwickelt das Kind in Rücken- und Bauchlage durch das Trainieren verschiedener Körperhaltungen und Körperbewegungen die wichtige Stützmuskulatur. Der Aufrichtevorgang dauert ca. ein Jahr und erfolgt nach bestimmten Gesetzmässigkeiten. Vollständig entwickelt ist der Körper erst mit ca. 24 Jahren mit der Ausreifung des Beckens. Die Aufrichtung geschieht immer vom Kopf (kranial) zum Fuss hin (kaudal) und von innen (medial) nach aussen (distal).

Initiiert wird die Aufrichtung durch die beginnende optische Orientierung der Augen.

Diese bringen den Kopf in die Aufrechte durch die erwachende Neugierde. Gleichzeitig muss sich aber der Körper auch von kaudal zu kranial entwickeln, da ein Aufrichten des Kopfes in Bauchlage nicht möglich wäre, ohne dass sich die Füsse als Widerlager zum Kopf in die Unterlage einstemmen würden. In der Entwicklung der Körperaufrichtung des Säuglings werden die einzelnen Stufen immer über die Kopfkontrolle eingeleitet. Bei jedem Entwicklungsschritt wird auf dem darunterliegenden Baustein aufgebaut. Ein kontinuierlicher und geordneter Ablauf ist wichtig.

Eine Funktionsblockierung der oberen Halswirbelsäule kann die normalen Muster verhindern und zu Ausweichmustern führen. So kann es z.B. sein, dass eine Verzögerung der Drehung vom Rücken auf den Bauch erst eine Behandlung der oberen Halswirbel notwendig macht, bevor sie gelingen kann (mehr dazu im Kapitel

„KISS“).

Halslordose

In der Ersten Phase der Entwicklung stehen die frühkindlichen Reflexe im Vordergrund. Das Neugeborene schläft noch bis zu 20 Stunden am Tag.

Nach der Geburt ist die Wirbelsäule des Babys noch gerundet wie im Mutterleib, der Rücken des Babys ist ganz rund und die Muskeln sind noch nicht in der Lage, den Rücken zu stützen und aufzurichten. Er ist bis zur ersten Streckung in einer vollkommen eingerollten Position. Bei Geburt kann das Kind den Kopf auf beide Seiten drehen um seine Atemwege frei zu halten und die Brustwarze zu finden. In der Neugeborenenphase ist der Rumpf häufig in asymmetrischer Position und noch sehr instabil. In Rückenlage liegt der Kopf zu einer Seite gedreht und die Arme liegen neben dem Kopf, die Arme auf Höhe der Ohren. Die Oberschenkel sind in der Hüfte gebeugt und gespreizt, die Knie an den Bauch gezogen, die Füsse eventuell übereinander.

Diese Position kann unterstützt werden indem z.B. ein kleines Handtuch unter die Beine gelegt wird(siehe Instruktion im Kurs). Dies empfehlen wir z.B. für den Transport im Kinderwagen, oder damit das Baby entspannt im Stubenwagen oder im Bett liegen kann.

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Schon mit wenigen Wochen entwickelt das Baby Interesse an seiner Umgebung, der Welt ausserhalb der Dyade Mutter-Kind. Das Baby beginnt sich immer mehr zu bewegen, Dinge mit den Augen zu fixieren und diese zu verfolgen. Es beginnt den Kopf aufzurichten und die Umgebung interessiert zu erkunden. Die Muskulatur im Nackenbereich stärkt sich kontinuierlich und das Baby zeigt steigende Ausdauer bei diesen Muskelübungen. Diese Entwicklung wird begleitet durch entsprechende Veränderungen in der Körperhaltung. Das Gewicht des Kopfes ist nicht zu unterschätzen! Hier besteht ein hoher Trainingsbedarf. In der Bauchlage stützt sich das Baby immer mehr auf den Ellbogen und Händen ab. Die Beine werden vermehrt gestreckt und das Gesäss ist nicht mehr angehoben. Der Säugling liegt mit dem ganzen Körper auf der Unterlage auf. Wenn das Baby im sogenannt „freien Unterarmstütz“ die Umwelt erkunden kann, ist die Muskulatur der Halswirbelsäule gestärkt, die Halswirbel nach oben-vorne aufgerichtet und bildet dadurch die Halslordose. In Rückenlage ist der Säugling fähig den Kopf mittig zu halten und seine Arme sind vermehrt gebeugt. Die Hände werden immer häufiger vor das Gesicht geführt, um dann mit gebeugten Armen erste Greifversuche machen zu können.

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Brustkyphose

Um in der Entwicklung weiter zu kommen wird sich das Baby immer häufiger in Bauchlage so sehr überstrecken, dass nur noch der Bauch auf der Unterlage aufliegt und es die Arme und Beine in der Luft rudern kann. Diese Position wird auch als

„schwimmen“ bezeichnet.

Liegt das Baby nun auf dem Rücken kann es den Kopf beliebig von der Unterlage hochheben, und beginnt die Knie und Füsse zu ertasten. Die Kinder sind immer mehr in der Lage Spielzeug aus der Körpermitte herauszugreifen und es von einer in die andere Hand zu reichen. Dies zeigt, dass beide Gehirnhälften verbunden sind. Es ist Voraussetzung für das Drehen vom Rücken auf den Bauch, meist zwischen dem dritten und siebten Monat.

Arme und Beine strecken sich immer mehr. Das Baby wird mobiler. Anfangs zieht es sich nur mit Hilfe der Arme nach vorne, das sogenannte Robben. Nach einiger Zeit des Robbens beginnt das Baby in Bauchlage die Beine häufiger unter sich zu ziehen.

Dadurch ist es möglich, sich im Vierfüsslerstand zu halten. Nach einigem vor- und zurückwippen, auch „rocking“ genannt, krabbelt es los. Dabei bewegt das Baby Arme und Beine alternierend übers Kreuz.

Zu diesem Zeitpunkt der Entwicklung wird die Muskulatur in der Brustwirbelsäule und im Lendenwirbelsäulenbereich so weit gestärkt, dass später das freie Sitzen möglich wird. Gelingt es dem Kind, sich um die eigene Körperachse zu drehen und von der Bauchlage in den Kniestand übergehen zu gehen, ist es ihm bald möglich, sich aufzusetzten. In dieser Phase wird die Brustkyphose gestärkt und in ihrer Position stabilisiert. Die Brustwirbel richten sich nach oben-hinten auf.

Auf dem Weg zum freien Sitzen dreht sich das Baby, auf einen Unterarm gestützt, auch aus der Bauchlage auf die Seite. Der Arm, welcher den Rumpf stützt, wird immer mehr und mehr gestreckt bis der Oberkörper soweit hochgehoben ist, dass es sitzt.

Das freie Sitzen ist ein wesentlicher Entwicklungsschritt für jedes Kind (siehe Kasten).

Es widersteht der Schwerkraft, erhebt sich selber und hält den Kopf über dem restlichen Körper. Oft erfolgt das selbstständige Sitzen erst nach Schritt 3, wenn sich das Kind bereits im gesamten Körper aufgerichtet hat und einige Zeit an Gegenständen entlanggegangen ist.

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Lendenlordose

Die meisten Kinder entwickeln sich weiter über den „Bärengang“, das Hochziehen an Gegenständen bis hin zum freien Stehen. Aber es gibt viele mögliche Bewegungsmuster welche Babys durchlaufen, bis sie zum freien Stehen kommen. Einige lassen gewisse Stadien der Bewegungsentwicklung wie z.B. das Robben oder Krabbeln aus. Es ist aber wichtig, dass Kinder, und sei es nur ein Mal, Arme und Beine alternierend über Kreuz bewegen. Das Baby trainiert hier Gleichgewicht, Koordination, Kraft, Raumgefühl, Tiefenwahrnehmung und Ausdauer, alles wichtige Punkte für das spätere Gehen. Aber nicht nur das wird geübt, sondern auch das

Sehen. Nah zum Boden und weit in die Ferne. Überall versucht sich das Kind nun hochzuziehen. Es geht entlang der Wand oder Möbelstücken mit ersten seitlichen Schritten bis hin zum ersten freien Stehen. Fühlt sich das Kind im Stehen und Entlanglaufen recht sicher, fängt es an, frei zu gehen.

Die fortlaufende Stärkung der Muskulatur im Lendenwirbelbereich bewirkt eine Streckung und Stärkung der Wirbelsäule. Dadurch wird die Lendenlordose ausgeformt. Die Lendenwirbel werden nach oben-vorne aufgerichtet. Die Möglichkeiten der Körperbewegung und Fortbewegung bestimmen massgeblich, inwiefern der Säugling bzw. das Kleinkind in der Lage ist, sich seine Umwelt zu erschliessen und sich an ihr zu bereichern. Neben dem Genetischen Faktor wirkt sich das Entwicklungsmuster aber auch auf die Möglichkeit der Muskulaturausbildung auf den Zeitpunkt des ersten Gehens hin aus. Werden Kinder ausschliesslich getragen, gehen sie im Durchschnitt mit 10 Monaten. Bei uns liegt das Alter des freien Gehens im Durchschnitt zwischen 13 und 14 Monaten.

Säuglinge welche wichtige Entwicklungsschritte überspringen und Bewegungsmuster verändern, lernen das freie Gehen erst mit ca. 18 bis 20 Monaten.

Abbildung II Entwicklung der frühen Lokomotion (Largo 2007, Seite 130)

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Doppel-S-Form

Das freie gehen ist für das Kind ein enormer Entwicklungsschritt und bindet unter Umständen so viel Konzentration, dass andere Entwicklungsbereiche scheinbar zunächst völlig zum Erliegen kommen. Das freie Gehen wird ständig geübt, Geschwindigkeit, Richtungswechsel, Stehen bleiben und wieder loslaufen. Durch das freie, selbständige Gehen kommt es zur weiteren Stärkung der Muskulatur in der Beckenregion und Ausbalancierung des gesamten Skelettapparates. Immer häufiger wird das Kind auch in die Hocke gehen und sich aus dieser wieder aufrichten. Das Steissbein wird nach oben-vorne aufgerichtet, das Becken ebenfalls aufgerichtet und die Wirbelsäule kann ihre „federnde“ Funktion immer besser übernehmen. Während dem aufrechten Gehen richtet so die Muskulatur die Wirbelsäule in die typische, uns bekannte Doppel-S-Form auf. Das Kind trainiert weiter das koordinierte Laufen, kann immer schneller und kontrollierter gehen. Die Schritte werden gleichmässiger und das Kind rollt den Fuss von der Ferse zur Zehe ab. Füsse tragen federnd das Körpergewicht und sind das stabile Fundament des Menschen. Zeigt der Fuss eine Fehlstellung wirkt sich dies nicht nur auf den Fuss, sondern auf den ganzen Körper aus. Fuss- und Hüftfehlstellungen haben in der Regel einen Zusammenhang.

Für all die Schritte bis hin zum sicheren aufrechten Gang entscheidend ist die Entwicklung der Muskulatur und der Mikromuskulatur, welche die Wirbelkörper stützt und verbindet. Nicht zu vergessen sind die kognitive Entwicklung und die Ausbildung des Gleichgewichtsinnes, der Balance des Kindes.

Die Wirbelsäule wird durch die Kraft der Muskeln und starken Bänder aufrecht gehalten. Kontrollierte Bewegung ist nur durch ein gut koordiniertes Zusammenspiel der Muskulatur (Agonisten und Antagonisten) möglich.

Wie zuvor beschrieben ist die Muskulatur im Brustbereich noch nicht genügend gekräftigt bis das Baby sicher und längere Zeit frei sitzen kann. Deshalb muss bei Entspannung und Schlaf die muskuläre Stützung voll und ganz vom Tuch im Brustwirbelsäulenbereich übernommen werden (siehe Kasten). Denn tief im Brustkorb befinden sich die Lungen und das Zwerchfell. Das Lungenvolumen, die Luft, aus der das Kind den lebensnotwendigen Sauerstoff bezieht, variiert stark entsprechend der Körperhaltung. Haupteinfluss nimmt hier die Körperhaltung im Bereich der BWS. Wir können das gut in Momenten der Selbstbeobachtung (Übung im Info-Kästchen) überprüfen. Abends oder wenn wir sonst müde sind, atmen wir immer wieder tief ein und richten uns, meist unbewusst, wieder richtig auf.

(18)

Da dem Kind die dafür nötige Muskulatur noch nicht ausreichend zur Verfügung steht, ist dies für ein kleines Neugeborenes noch nicht in diesem Ausmass möglich. Und da das Baby beim Tragen aufgerichtet ist und die Muskulatur im frühen Stadium die Stützung der BWS aber noch nicht ausreichend gewährleisten kann, ist es ganz besonders wichtig, dass hier das Trageprodukt die Stützfunktion übernimmt.

Mangelnde Stützung im Rückenbereich führt zu einem Zusammensacken des Körpers im Bereich der Brustwirbelsäule und zu einem verminderten Lungenvolumen. Dadurch wird die Sauerstoffzufuhr erheblich reduziert!

Die Muskulatur des Babys kann, auch wenn sie schon weit ausgebildet ist, ihre Haltefunktion nur im Wachzustand wahrnehmen. Wenn das Kind schläft, sehr entspannt ist oder aus anderen Gründen eine reduzierte Muskelspannung hat, muss das Trageprodukt die Haltung übernehmen, unabhängig von Alter und dem individuellen Entwicklungsstand des Kindes. Dies ist vor allem auch bei der Beratung zum Wandertragen (Kraxen) zu beachten. Bei Tragetüchern, aber auch Tragehilfen, tendieren Trageanfänger dazu, zu wenig straff anzuziehen, was oft eine ungenügende Stützung genau in der sensiblen Zone im oberen Rückenbereich bewirkt.

Auch das Anziehen der Kordeln im Nackenbereich bei einigen Tragehilfen führt zu einer Lockerung des Rückenteils im oberen Rückenbereich, was nicht wünschenswert ist. Dadurch ist die Stützung in der Brustwirbelsäule zusätzlich vermindert und es entsteht stattdessen ein starker punktueller Druck in der sensiblen Nackenregion. Des Weiteren laufen wir hier Gefahr, das Kind am Nacken „aufzuhängen“.

Daher empfehlen wir beim Anpassen der Tragehilfe, besonderes Augenmerk auf diese Region zu richten. Detailliertere Informationen und Tipps zu Tragehilfenanpassungen findest du im entsprechendem Kapitel und/oder Kurs.

PAXISTIPP

 Nachstraffen! Sofern es NUR im Nackenbereich ist, kann eine Mullwindel als Nackenstütze verwendet werden. (siehe Anleitung im Kurs)

 wenn zu straff angezogen wurde:

Tragenden anleiten einmal TIEF einzuatmen und wieder auszuatmen und dann erst den Knoten festziehen.

WICHTIG:

Die Wirbelsäulenaufrichtung ist individuell, geht aber nach einem klaren Ablauf (Abs. I) vor sich.

Sie ist ein dynamischer Prozess, welcher nur durch die Kräftigung der Muskulatur möglich wird. Altersangaben halten wir für nicht hilfreich, da sie wenig relevant sind für dieses eine Kind in der individuellen

Beratungssituation.

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Das freie Sitzen - Relevanz für die Trageberatung?

Definition freies Sitzen lt. Pikler, E. (2001)

„Das Kind kann frei sitzen, wenn es sich selbstständig aufsetzt oder hinsetzt und selbständig ohne Hilfe oder Stütze sitzt und sich weder mit dem Rücken noch mit den Händen abstützen muss. Es kann sitzen, wenn es diese Position selbständig ändern und verlassen kann und beim Sitzen den Kopf, den Rumpf und die oberen Gliedmaßen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren, frei bewegen kann. [...] Das Kind kann NICHT sitzen, wenn es nur mit Hilfe Erwachsener oder mit Hilfe einer anderen Unterstützung z.B. Babystühlchen , Kissen oder dergleichen sitzend verharren kann und ohne diese Hilfe umkippen würde. Das Kind kann auch dann NICHT sitzen wenn es zwar ohne Hilfe und Stütze in der Sitzposition verharrt, aber sich nicht selbst aufsetzen oder niederlegen kann.”

Jede Puppe, ohne Körperspannung, kann hingesetzt werden. Das hat nichts mit freiem Sitzen zu tun!

Freies Sitzen ist ein Anzeichen dafür, dass die Brustwirbelsäule gut gekräftigt und in ihrer Position stabilisiert ist. Zu frühes Hinsetzen kann in manchen Fällen zu Haltungsschäden führen. Es werden aber vor allem wichtige neuronale Entwicklungsschritte ausgelassen, was sich auf die Motorik des Kindes auswirken kann.

Das Sitzen ist auch ein wichtiger kognitiver Entwicklungsschritt. Obwohl das Sitzen durchaus eine aktive Muskelbeteiligung, insbesondere im Bereich der Brustkyphose, aber auch im ganzen Rücken und Bauchbereich erfordert. Ist es die Motivation und Idee des Kindes, sich in einer passiveren, gemütlicheren Position der Schwerkraft entgegen zu halten. Die Frustration und manchmal scheinbar schiere Verzweiflung kurz vor diesem Entwicklungsschritt is der unvermeidbare Antrieb dazu. Und kann für die primäre Betreuungsperson und das gesamte Umfeld schwer auszuhalten sein.

Diese Momente der Frustration sollten dem Kind aber unbedingt gelassen werden! Da ein Vorwegnehmen dieses Schrittes einer Entwicklungshinderung gleich kommt.

Warum das Sitzen weder für das Tragen in der Tragehilfe, noch für die Wahl der Bindeweise relevant ist:

Sowohl beim Tragen im Tuch, wie auch in der Tragehilfe, bieten wir dem Kind eine physiologische Position zur entspannung an. Voraussetzung für die optimale Unterstützung der physiologischen Position ist ein sattes Binden in der gewählten Trageweise. Dabei spielt es keine Rolle, welche Trage- oder Bindeweise gewählt wird.

Das Kind entspannt sich beim Tragen. Dieses Bedürfnis wird durch die körperliche Nähe, unter anderem durch die Stimmulation der Ausschüttung diverser Hormone, allen voran das Bindungs- und Liebeshormon Oxytocin, zusätzlich unterstützt. Ebenso durch die Körperwärme der Trageperson, die Vertraute Stimme und der vertraute Geruch, sowie die schaukelne Bewegung durchs getragen sein an sich.

Dieser Zustand der ruhigen Aufmerksamkeit ist wesentlich für die Verarbeitung neuer Impulse, Bilder und Eindrücke, die das Kind von der Aussenwelt erhält. Dadurch ist wahrscheinlich auch die reduzierte Schreidauer abends, durch prophylaktisches Tragen tagsüber in Studienergebnissen zu erklären.

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Durch diese Entspannung reduziert sich der Muskeltonus. Das Kind "erschlafft". Hier muss das umliegende Gewebe des Tragetuches beziehungsweise der Tragehilfe die Stützfunktion übernehmen, um weiterhin eine physiologische Position und ausreichend Platz für das volle Ausdehnen der Lungenflügel zur Versorgung mit der maximalen Menge an Sauerstoff zu gewährleisten.

Da wir auch bei ungenügend festgezogenem Tuch oder zu locker gebundener Tragehilfe die Entspannung des Kindes deutlich beobachten können. Dies die physiologische Positionierung und das Atemvolumen aber ungünstig Beeinflusst ist es wichtig, dass wir diesem Aspekt besondere Beachtung schenken.

Dabei ist es irrelevant, wie Alt oder in welchem motorischen Entwicklungsstadium das Kind bereits angekommen ist. Da die Entspannung in jedem Alter eintritt. Spätestens wenn das Kind eingeschlafen ist.

Bei wachen Kindern können wir, vorallem zu beginn der Trageeinheit beobachten, wie es sich je nach Entwicklungsstadium gegen die Entspannung durchsetzt. Sich reckt und streckt, mit den Beinchen zappelt und sich bei fehlender Aussichtsmöglichkeit von der Trageperson wegdrückt. Das Wegdrücken kann auch im Zusammenhang mit der Unzufriedenheit durch das Unterbrechen einer Motorischen Übung des Kindes beobachtet werden. Vielleicht steht gerade wieder ein wichtiger Entwicklungsschritt bevor und das Kind möchte dem jetzt gerade viel lieber noch etwas nachgehen. Es ist wunderbar die Ausdauer und den Ehrgeiz eines Säuglings zu beobachten, der seinem Entwicklungsziel nachgeht und der Schwerkraft entgegen strebt. Dem Potential und der Wichtigkeit dieser Motivation, diesem starken Antrieb, sollten wir uns unbedingt bewusst sein und das Kind im Ausleben dessen so wenig wie möglich unterbrechen.

Und doch gibt es in unserem realen Familienalltag Situationen, da muss das Kind eingebunden werden, auch wenn es das gerade noch nicht möchte.

Wird diese Entscheidung in vollem Bewusstsein der Unterbrechung der wichtigen Tätigkeit des Kindes getroffen, fällt es auch leichter, die anfängliche Ablehnung des Kindes fürs Einbinden zu verstehen.

Gerade in diesen Situationen ist deutlich zu erkennen, wie stark die entspannende Wirkung des Tragens ist. Wenn das Kind sich nach anfänglichem Protest der Entspannung hingibt.

Daher ist es irrelevant, wie weit die motorische Entwicklung bereits fortgeschritten ist.

Ob das Kind den Kopf selbständig sicher halten, sitzen oder laufen kann. Bei der eintretenden Entspannung muss das Trageprodukt die Stützung zuverlässig übernehmen.

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Warum Babys getragen werden wollen

Körperkontakt ist der Schlüssel für eine funktionierende Beziehung zwischen der primären Bezugsperson und dem Kind. Bedürfnisse des Kindes werden rasch wahrgenommen und durch die Erfahrung der schnellen Rückmeldung fortan adäquater interpretiert. Die Kommunikation wird also wesentlich vereinfacht und verbessert. Dies gibt der Bezugsperson wiederum Sicherheit, was wesentlich zur Entspannung der Elternsituation beiträgt.

Babys mit viel Körperkontakt sind entspannter und gehen gelassener mit äusseren Reizen um. Dies trägt wiederum wesentlich zur Entspannung der Familiensituation bei.

Dazu empfehlen wir dir die Befassung mit dem Experiment an Rhesusaffen von H.

Harlow. Die Videos dazu sind auf Youtube zu finden. Achtung: die Filme zum Experiment sind intensiv. Falls du schwanger bist, empfehlen wir dir die Filme zu einem späteren Zeitpunkt zu schauen. Für die Besprechung zur Interpretation stellen wir uns am Kurstag zur Verfügung.

Tragen und die Bindungstheorie

Was motiviert Eltern dazu, sich für ihren Nachwuchs zu engagieren?

Bindung!

Die Vorteile einer sicheren Bindung

„Eine sichere Bindung ist ein psychischer Schutz für Kinder, auf den sie besonders dann zurückgreifen können, wenn das Leben sie mit psychischen Belastungen konfrontiert. Ganz allgemein ist eine sichere Bindung das stabile Fundament für eine gute Persönlichkeitsentwicklung. Sicher gebundene Kinder sind nämlich gegen psychische Belastungen widerstandsfähiger, haben mehr Bewältigungsmöglichkeiten, leben eher in freundschaftlichen Beziehungen, sind häufiger in Gruppen, verhalten sich in Konflikten prosozialer, weniger aggressiv und finden Lösungen, die sie aufbauen und ihnen weiterhelfen. Sie sind auch kreativer, flexibler, ausdauernder, ihre Lern- und Merkfähigkeiten, also ihre Gedächtnisleitungen, sind besser, ebenso ihre Sprachentwicklung.“

Aus dem Buch „SAFE®“ von Karl Heinz Brisch (ISBN 978-3-608-94601-7).

Die erste Sprache die wir sprechen ist Körperkontakt!

Eine sichere Bindung wird erreicht durch:

Verlässliche, feinfühlige Betreuung des Säuglings. Erkennen seiner

Bedürfnisse und promptes, adäquates Reagieren. Und das wiederum wird

durch das Tragen wesentlich erleichtert.

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Worauf warten wir noch? Jede Unterstützung einer sicheren Eltern-Kind-Bindung ist anzustreben. Du als Fachfrau hast hier die Möglichkeit, genau das zu tun. Der

“Engelskreis” beim Tragen:

Bonding

Als Bonding wird der Beziehungsaufbau direkt nach der Geburt bezeichnet. Eigentlich ist Bondig aber der Anfang jeglicher Art von Bindung, kann also auch später erfolgen.

Eine wichtige Voraussetzung des Bonding, also dem Beziehungsaufbau, ist Körperkontakt. Besonders nach traumatisch erlebter Geburt, ob aus Kinder-, Mutter- oder Vatersicht, ist das aufholen dieser ersten Beschnupperungsphase sehr wichtig.

Wir konzentrieren uns zu oft auf die visuelle Ebene und vergessen, wie sehr wir spüren müssen, um uns nahe zu fühlen. Da kommt das Tragen wieder voll zum Zug. Durchs getragen werden spüren Eltern ihr Kind nah, können eventuell erfolgte Zeiten der Trennung verarbeiten und nochmal „von Vorn“ beginnen.

Der Beziehungsaufbau braucht Zeit! Mit der “goldenen” Stunde ist es nicht getan. Die Intensität der Beziehung wächst mit der Dauer an Körperkontakt. Daraus lässt sich ableiten: die Intensität der Beziehung wächst mit der Tragedauer.

Vorallem auch für den Vater, der immer noch oft abwesend ist und als wichtige Bezugsperson hinten ansteht, ist das Tragen ein sehr wertvolles Instrument, um sich sicher und kompetent zu fühlen. Nicht umsonst wird das Tragen auch als Stillen der Väter bezeichnet. Und dafür setzen wir uns ein. Es ist wesentlich und wichtig, dass den Vätern mehr zugetraut und mehr Bindung ermöglicht wird!

Baby zufrieden

Eltern erleben sich als kompetent Eltern

strahlen Ruhe &

Sicherheit

aus

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Der Mensch ist eine kooperativ aufziehende Art.

Die Betreuung des Kindes sollte auf verschiedene Schultern verteilt werden.

Zuallererst auch auf die Schultern des Vaters. Dem Vater die Betreuung des Kindes zuzutrauen bedeutet aber auch, dass die Mutter einen Schritt zurückmachen kann und manchmal muss. Vielen Müttern fällt das schwer.

Tragen ist das Stillen der Väter

Auch bei Männern, die sich intensiv mit ihren Kindern abgeben ändert sich der Hormonstatus.

Die Oxytozinausschüttung wird erhöht, die Ausschüttung von Adrenalin hingegen reduziert (um bis zu 30%). Sogar Prolaktin (das Stillhormon) wird vermehrt produziert!

Für die menschliche Spezies ist es also durchaus vorgesehen, dass sich die Männer an der Erziehung und Betreuung beteiligen. Das Gefühl der Bindung ist ein dynamischer Prozess. Er ist kein Automatismus und nicht einfach bei der Geburt da.

Je mehr sich der Vater mit seinem Kind beschäftigt, desto mehr wird die Bindung gestärkt. Ganz wichtig sind dabei alle Sinnesebenen. Der Vater braucht die Stimulation, das Kind zu sehen, zu riechen, zu spüren, zu hören.

Darum ist es wichtig, jede Situation zu nutzen in der sich der Vater kompetent erleben kann. Und ein gutes Beispiel hierfür ist das Tragen:

Der Vater kommt nach der Arbeit nach Hause, die Mutter ist vom Tag erschöpft, kontaktübersättigt, und braucht Zeit und Raum für sich ohne das Kind. Der Vater kann ihr das Kind abnehmen, es auf sich tragen. Das bewirkt eine Bindungsförderung für ihn und gibt ihm die Gewissheit, dass er in dieser Situation sowohl für sein Kind, als auch für seine Partnerin eine wichtige Rolle und seinen Platz einnehmen kann.

Das Tragen kann so alle Beteiligten entlasten!

Relevanz für die Pflege im Wochenbett:

•Wir informieren über die Notwendigkeit, die Bedürfnisbefriedigung des Kindes auf verschiedene Schultern zu verteilen.

•Wir ermutigen die Eltern, diese Aufgabe gemeinsam wahrzunehmen.

•Wir zeigen auf, dass das Tragen zur Beruhigung des Kindes eingesetzt werden und so die Mutter, als primäre Bezugsperson, entlastet werden kann.

Der Vater gewinnt an Kompetenz und Sicherheit, die Mutter wird entlastet und in ihren Bedürfnissen ernst genommen. Die gesamte Familiensituation wird entspannt.

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Angst vor dem Verwöhnen

„Aber dann wird er/sie ja NIE selbständig!“

Die Angst vor dem Verwöhnen ist ein Relikt aus vergangenen Tagen. Kinder SIND schwach und schutzbedürftig. Durch liebevollen Umgang werden sie stark, glücklich und selbstsicher. Nähe verwöhnt nicht, Nähe stillt ein grundlegendes Bedürfnis nach Körperkontakt und ermöglicht eine sichere Bindung. Woher kommt die Angst vor dem Verwöhnen? Unter anderem aus der Zeit der Industrialisierung. Im Kontext der Geschichte machen solche Aussagen durchaus Sinn. Die Eltern mussten ihre Kinder möglichst früh der Gesellschaft zur Verfügung stellen. Mit einer sicheren Bindung ist das aber viel zu schmerzhaft für beide Seiten. Ein umdenken war nötig und hat in den diversen Erziehungsratgebern der Stunde sehr deutliche Worte gefunden:

„Das Tragen des Kindes ist eigentlich stets unnöthig, weil eine Verwöhnung. Ist aber ein Kind einmal verwöhnt, so ist daran meist nicht viel zu ändern.“

Dr. med. Ernst Kormann, Das Buch von der gesunden und kranken Frau, 1883 Solche Ansichten und Aussagen halten sich hartnäckig. Sie entsprechen nicht unserer Natur, sind uns aber über Generationen eingeimpft worden und schwer von „echten Gefühlen“ zu unterscheiden.

Konsequenz für die Trageberatung:

 Als TrageberaterInnen wissen wir um den geschichtlichen Kontext solcher Ängste und Aussagen, nehmen sie ernst und versuchen mit fundierten Informationen über unsere physiologischen Erwartungen und Bedürfnisse die Besorgnis aufzuheben und eine Sichtweise zu ermöglichen.

 Wir bestärken die Eltern darin, die Bedürfnisse des Kindes ernst zu nehmen, adäquat, feinfühlig und prompt auf das Kind einzugehen und fördern so die gegenseitige Sicherheit durch eine sichere Bindung.

Etwas zum Schreien und Tragen

Woran erkennen wir denn die Bedürfnisse des Kindes?

Schreien dient oft der„Proximitätsförderung“. Das wirksamste Mittel des Kindes auf sich aufmerksam zu machen ist das Schreien. Es will so seine „mächtigen Freunde herbeiwinken“, wie H. Renz-Polster es in seinem Buch „Kinder verstehen – Born to be wild“ anschaulich erklärt.

Alleine durch das Hochnehmen eines Babys hört das Weinen in 80 Prozent der Fälle auf! Wieso das? Das Bedürfnis nach Nähe und Körperkontakt ist für den Menschen normal. Wir sind Traglinge! Vorprogrammiert also, unser Bedürfnis nach getragen werden notfalls lautstark einzufordern. Tragen vermittelt dem Baby eine ähnliche Geborgenheit, wie es sie im Mutterleib erfahren durfte. Es wird sachte Bewegt, spürt Wärme, Nähe und den vertrauten Geruch und die auditive Stimulation der Bezugsperson.

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Physiologische Frühgeburt

Der Mensch ist eine physiologische Frühgeburt. Ein weiteres ausreifen IM Körper ist nicht möglich. Das aufrechte Gehen hat die Anatomie der Frau dahingehend verändert, dass ein nachreifen des Babys AM Körper unabdingbar ist.

Was ist wichtig für das Nachreifen, das „vierte Trimester“?

Auch hier wieder sehen wir, ganz wesentlich ist der Körperkontakt.

Die Sinne und die körperliche Entwicklung werden durch das Tragen gefördert.

So zum Beispiel:

 Das vestibuläre System: Das Wahrnehmen der Erdanziegung, der Bewegung, und der orientierung im Raum ausserhalb der Schwerelosigkeit und Begrenzung der Gebärmutter.

 Das taktile System: Berührungen, Druck, Vibrationen und Reize werden an das Gehirn weitergeleitet und bilden so wichtige neuronale Verknüpfungen.

 Das visuelle System: erste visuelle Eindrücke weden wahrgenommen und verknüpft.

 Das auditive System: Herzrhythmus und Atmung der Trageperson werden gehört und fördern die Rhythmusfindung im noch unreifen System des Babys.

 Die olfaktorische Wahrnehmung speichert schon früh, welche Gerüche Geborgenheit vermitteln und ist eines der am weitesten entwickelten Sinne bei Geburt.

 Durch diese konstante Stimulierung werden wichtige und wertvolle neuronale Verbindungen hergestellt und gefestigt.

 Lebensnotwendige Abläufe werden unterstützt:

 Die Verdauung wird wesentlich durchs Tragen unterstützt und erleichtert.

Durch die Wärme, die Reibung und Bewegung findet eine leichtere Rhythmisierung auch im Verdauungstrakt statt.

 Die Temperaturregulation wird durch die Nähe zur Bezugsperson erleichtert.

Die Körpertemperatur der Trageperson steigt automatisch an, wenn der Tragling dies braucht. Ebenso wie die Körpertemperatur der Trageperson sinkt, wenn der Tragling beispielsweise Fieber hat. Es findet also eine unterstützende Ausgleichung statt.

 Die Atmung wird ebenfalls durch die Rhythmisierung unterstützt und gefördert.

Ständige Mikrobewegungen lösen den Atemreiz aus und fördern so das Einpendeln dieser.

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Trageweisen

Unterstütztes Tragen

Als Menschen gehören wir zu den passiven Traglingen. Je nach Definition auch als eine Mischung von aktivem und passivem Tragling bezeichnet. Hierfür werden die Reflexe als eigene Trageinitiative gedeutet. (Mehr dazu im Kapitel “Reflexe”) Unsere Babys brauchen jedenfalls eine Unterstützung zum Getragenwerden und können sich nicht ausschliesslich und dauerhaft selbst festhalten. Diese Unterstützung kann unterschiedlich ermöglicht werden. Hier die wichtigsten Möglichkeiten. Die Techniken zur Anwendung erlernst du mit uns gemeinsam im Kurs und festigst sie selbständig während der Prüfungsphase.

Tragen mit den Händen Wir alle tragen unsere Kinder!

Menschenkinder sind Traglinge (siehe Kapitel “Anatomie”) und werden während des ersten Lebensjahres vorwiegend getragen.

Dem Tragen auf dem Arm, unterstützt mit unseren Händen, wird wenig Beachtung entgegengebracht. Es ist aber, wie das Tragen in Trageprodukten, eine valable und meist intuitiv gut angepasste Tragevariante.

Anfänglich und zur Bindungsförderung (nach schwierigem Start oder in besonderen Situationen) hat das Tragen mit den Händen mehr Beachtung verdient.

Das Tragen mit den Händen erfordert mehr Aufmerksamkeit und ist exklusiver als das Tragen in Trageprodukten. Was häufiger nebenher angewendet wird.

Das Kind wird mit den Händen bewusster wahrgenommen und die derweil zu erledigenden Aufgaben sind beschränkt.

Weshalb das Tragen mit den Händen auch gerne durch tragen in Trageprodukten zumindest ergänzt wird.

Wichtig beim Tragen mit den Händen ist eine gute Unterstützung der Basis. Gerne unter dem Po in einer angehockten Stellung. Alternativ in Untestützung beider Oberschenkel, zum Beispiel durch den Unterarm der Trageperson. Optimalerweise ergänzt durch die Stützung des oberen Rückenbereiches mit der anderen Hand.

In nach hinten gelehnter Stellung, oder kurzfristig im Trageverlauf kann auf die Stützung des Rückenbereiches auch verzichtet werden.

Eine Anweisung zum Tragen mit den Händen ist sehr selten notwenig. Da die allermeisten Eltern oder weiteren Betreuungspersonen das Tragen des Babys intuitiv richtig machen. Wir empfehlen keine sportliche Betätigung beim Tragen mit den Händen. Ansonsten wie jedes Tragen gerne und viel.

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Tragen im Tuch

Tragen im Tuch ist wunderbar gemütlich, umhüllend und es wird beobachtet, dass das Tuchbinden auf wundersame Weise den Aufbau der Bindung zwischen Eltern und Kind unterstützen kann.

Inzwischen gibt es auch Beobachtungen und Forschungsansätze, die den Fokus auf die ganzheitlich umhüllende Wirkung durch den Druck des Tuches um den Körper des Kindes und die daraus resultierende Förderung der Entwicklung des Kindes legen. Wir dürfen gespannt sein über die daraus resultierenden Erkenntnisse und Relevanz für die Beraterinnentätigkeit.

Tuchbinden ist eine Fertigkeit wie stricken, massieren oder velofahren. Es braucht Übung, Zeit und eine offene Herangehensweise.

Im herausfordernden Alltag als junge Familie in unserer sozialen Struktur der Kleinfamilie, kann diese zusätzliche Anforderung zur Überforderung führen. Dessen sind wir uns bewusst und setzen daher alles daran, das Tuchbinden für die Eltern möglichst einfach zu gestalten. Und uns bei der Vermittlung auf das wesentliche zu fokussieren. Ohne unnötigen Perfektionismus oder Dogmatismus. Stets unter Berücksichtigung der anatomisch-physiologischen Aspekte.

Familie werden ist ein Prozess, den wir als Kontinuum Elternschaft verstehen. Das Tragen und besonders getragen werden im Tuch kann diesen Prozess unterstützen.

Sofern es nicht als eine zusätzliche Pflichterfüllung, Spiessrutenlauf oder Wettbewerb um das perfektere “Ergebnis” verstanden wird!

Ist das Tuchbinden (zum derzeitigen Moment) eine zu grosse Herausforderung, empfehlen wir das Tragen in einer Tragehilfe.

Die Anwendung einer geeigneten Tragehilfe fällt den Eltern anfänglich oft einfacher.

Sie ist aus anatomisch-physiologischer Sicht absolut gleichwertig. Und mit dem Fokus auf den vorangehenden Erläuterungen, in diesem Fall durch die psychosozialen Vorteile die deutlich bessere Wahl.

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Bindearten

Wir vertreten die Ansicht, dass es keine pauschal “guten” oder “schlechten”

Tragemöglichkeiten gibt. Die Tragevariante muss zum Tragepaar und den momentanen Bedürfnissen passen und entsprechend geübt werden. Was für dieses individuelle Tragepaar zum jetzigen Zeitpunkt passt, ist in dieser Situation “das Beste”.

Bedürfnisse ändern sich und so wird sich auch die Tragevariante im Laufe der Zeit verändern. Wir empfehlen dir im Beratungsalltag mit den Eltern nicht zu weit voraus zu planen. Da die Veränderung der Bedürfnisse nur schwer voraus zu sagen ist und eine Tragevariante jetzt passen muss. Lieber später eine Nachberatung vereinbaren als etwas zu zeigen, was jetzt noch nicht, aber später vielleicht optimal passen könnte.

Im folgenden die wichtigsten Varianten für dich erklärt. Wir empfehlen dir im Kurs und beim selbständigen Arbeiten während der Prüfungsphase deine Beobachtungen und Empfindungen zu den einzelnen Tragevarianten hier dazu zu notieren. Auch die Analyseblätter zu den einzelnen Bindeweisen kannst du hier einfügen. So kannst du später deine fundiert erarbeiteten Erkenntnisse für herausfordernde Beratungssituationen zur Hilfe nehmen.

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Die Einschlafbindeweise

Die Einschlafbindeweise wurde von Nora als Notfall-Bindeweise bei ausgeprägtem Schlafmangel der primären Betreuungsperson entwickelt.

Das starke natürliche Bedürfnis des Kindes nach direktem und andauerndem Körperkontakt kann die Eltern wirksam und dauerhaft am schlafen hindern. Dieses Bedürfnis ist biologisch sinnvoll und ernst zu nehmen. Trotzdem bedeuten schlaflose Nächte eine grosse Belastung für die Eltern und dürfen nicht leichtfertig abgetan werden.

Ist der Nachtschlaf nachhaltig gestört und die primäre Bezugsperson hauptsächlich alleine und ohne Entlastungsmöglichkeit, ist Handlungsbedarf dringend angezeigt.

Beachte: Schlafmangel ist eine Foltermethode und kann schon nach kurzer Zeit zu Erschöpfungssymptomen und bei anhaltender Dauer sogar zu einer Postpartalen Depression führen oder die Entstehung dieser verstärken! Der Teufelskreis aus Schlafmangel, wenig Energie zur konstruktiven Problemlösung und schliesslich dauernder Erschöpfung muss sobald wie möglich wirksam unterbrochen werden.

Richtig angewendet kann dadurch sowohl das Kind, wie auch die Trageperson von mehr Schlaf und dadurch deutlicher Stressreduktion profitieren. Das Bedürfnis nach der Erleichterung, die diese Bindeweise mit sich bringt ist immens! Wir erachten sie deshalb inzwischen als wichtigstes Tool und eine der wichtigsten Bindeweisen im Trageberaterinnenalltag.

Die Einschlafbindeweise ist keine Trageweise. Wir empfehlen sie ausschliesslich zur Anwendung zu Hause und primär zur Schlafunterstützung des Kindes und der primären Betreuungsperson.

Beachte, dass es immer vorzuziehen ist, wenn eine weitere Betreuungsperson sich des Kindes annehmen kann, damit die primäre Betreuungsperson zu genügend Ausgleich-, Ruhe- und Schlafenszeit kommt. Wir sind biologisch nicht dafür vorgesehen, die meiste Zeit des Tages allein für ein Kind verantwortlich zu sein. Als kooperativ aufziehende Spezies brauchen wir zwingend Entlastung durch weitere Bezugspersonen des Kindes in der Betreuung. Wir sehen es auch aus Sicht des Kindes als gesundes und artgerechtes Bedürfnis, mehrere primäre Bezugspersonen zu haben. Daher befürworten wir auch das Tragen durch diese weiteren Bezugspersonen sehr. Wichtig ist hier, im Sinne des primären Bindungsaufbaus, die Kontinuität und Zuverlässigkeit der Beziehung zu den Bezugspersonen. (Mehr dazu in den Pflichtlektüren zum Modul 1)

Wir sehen in unserer sozialen Umgebung die Tendenz zur sozialen Isolation und nehmen unsere Aufgabe zur Information und Aufklärung ernst. Währenddessen braucht es praktikable Problemlösungen im Alltag. Dazu dient die Einschlafbindeweise.

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Bei der Einschlafbindeweise liegt das Kind wie beim Känguruhen (Bonding, Skin-to- Skin) auf dem Oberkörper der Trageperson in seiner individuellen ASH. Das Tuch (hier wird kein Tragetuch benötigt, es kann ebenso gut ein Schal verwendet werden!) wird mit der Mitte am Po des Kindes platziert, vorteilhaft mit Fudiwulst. Die Kopfkante reicht beim Kind, wie bei allen Bindeweisen, bis zum Nacken, maximal bis zur Unterkante der Ohren und ist möglichst einlagig und faltenfrei. Die beiden Tuchstränge werden sodann links und rechts unter den Armen der Trageperson nach hinten gegeben, wo sie gekreuzt wieder nach vorne geführt werden. An beiden Strängen des Tuches wird durch gefühlvollen Zug sichergestellt, dass das Kind genügend sicher und satt eingebunden ist. Zum Schluss wird das Tuch vorne, über den Beinen/Füssen des Kindes, unter dem Po satt geknotet.

Der Abschlussgriff wird wie gewohnt zur Kontrolle durchgeführt.

So kann die Trageperson halbsitzend auf dem Sofa, Lehnstuhl oder im Bett mit erhöhtem Kopfteil und unterstütz durch Stillkissen beruhigt schlafen, sobald das Kind schläft. Das Kind muss nicht zusätzlich gehalten werden und so erübrigt sich das Aufwachen im “Schlüsselmoment”.

Das Kind erhält den eingeforderten Körperkontakt und eventuell auch die eingeforderte aufrechte Lage zum Schlafen und kann so im Finden eines gesunden Schlaf-/Wachrhythmus unterstützt werden.

Wichtige Einschränkungen zur Einschlafbindeweise:

 kein flaches Hinlegen der Trageperson! (Durch den Schlafmangel ist das Warnsystem der Trageperson bezüglich einer Gefährdung des Kindes durch Erdrücken herabgesetzt.)

 kein Verlassen des Hauses. Die Einschlafbindeweise ist keine Trageweise im eigentlichen Sinne.

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Der Ringsling

Der Ringsling ist im Prinzip ein hybrid zwischen Tragetuch und Tragehilfe. Er kann wie eine Tragehilfe bereits bevor das Kind hineingesetzt wird am Körper der Trageperson platziert werden und durch die Ringe gestaltet sich auch das Festziehen etwas anders.

Ein Sling ist für die meisten Familien irgendwann in ihrer Tragezeit einmal sinnvoll, da er platzsparend und einfach ist und vom Neugeborenen bis zum Kleinkind angewendet werden kann.

Der Tuchverlauf beim Ringsling ist einseitig, was oft als grösster Nachteil genannt wird.

Diese einseitige Belastung macht den Sling insbesondere bei schwereren Kindern eher zur Tragelösung für kürzere Strecken - das Empfinden ist aber natürlich auch hier sehr individuell. Da das Tuch nur auf einer Seite über die Schulter führt, verläuft die Tuchbahn schräg über den Rücken und formt vorne keinen symmetrischen Beutel und die Kopfkante hat vor dem Bauch einen U-förmigen Verlauf. Um dies auszugleichen, empfehlen wir den Ringsling gekippt zu tragen. Die Kippung auf dem Rücken der Trageperson führt zu einem waagerechten Verlauf der Kopfkante und einem symmetrischen Beutel. Somit kann insbesondere die Kopfkante besser festgezogen werden und die Kinder kippen weniger zur Seite weg. Bei der gekippten Sling Variante geht der Zug wiederum nach oben und es besteht ein relativ geringer Anpressdruck an den Körper der Trageperson. Da kein Tuch zwischen den Beinen hindurchgeführt werden muss, können auch kleinste Neugeborene problemlos in einen Sling gebunden werden. Die ASH kann auch bei kleinstem Spreizwinkel optimal unterstützt werden.

Grundsätzlich kann mit dem Sling vorne, seitlich und auf dem Rücken getragen werden. Wir empfehlen vor allem das vorne und das seitliche Tragen. Der Ringsling auf dem Rücken ist eher eine Notlösung, wenn gerade nichts anderes vorhanden ist, oder eine kreative Spielerei.

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Der Rucksack

Der Rucksack ist häufig die erste und längst verwendete Rückentrageweise. Hier ist die Information wichtig, dass der Rucksack bereits ab Geburt eine mögliche Trageweise ist. Das ist sogar oft der einfachste Zeitpunkt in der kindlichen Entwicklung, mit dem Rückentragen zu beginnen. Da das Kind noch sehr träge und schläfrig und nicht etwa zappelig und mit grossem Drang nach der eigenen Bewegung ein kooperativer Bindungspartner ist.

Der Tuchverlauf ist sehr ähnlich, wie beim Känguru. Der Unterschied besteht darin, dass die Stränge unter dem Fudi gekreuzt, und dann vorne geknotet werden.

Wesentlich ist hier, auf die Sicherung des Beutels durch die Schulterträger hin zu weisen. Und die Eltern in der Optimierung dieser anzuleiten.

Die Tuchstränge werden beim Rucksack, im Unterschied zum Känguru, nicht gekippt.

So kann das Kind viel höher auf dem Rücken getragen werden. Was sowohl die Aussicht beim älteren Kind, wie auch die aufrechte Haltung der Trageperson optimal unterstützt. Die Stabilität wird zum einen über die Bindehöhe und zum anderen über exaktes Festziehen erlangt.

Das frühe und insbesondere hohe Rückentragen hat viele Vorteile. Wir sind sowohl aus medizinisch-anatomischen wie auch aus psychosozialen Gesichtspunkten betrachtet sehr davon überzeugt und erzählen dir gerne mehr davon in allen unseren Kursen. Aus entwicklungspsychologischen Gründen des Kindes und zur Entlastung des Beckenbodens der Mutter, empfehlen wir ab 3 Monaten allgemein hauptsächlich das Rückentragen in Tuch und Tragehilfen.

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Das elastische Tragetuch

Das elastische Tragetuch spricht viele Eltern an, da es einfach aussieht, weich und anschmiegsam ist. Tatsächlich verzeihen elastische Tücher Bindefehler eher als gewobene Tücher. Allerdings wirkt sich unsauberes Binden auch hier auf die Bequemlichkeit aus: es zieht an den Schultern und belastet Rücken und Beckenboden. Auch beim elastischen TT ist daher eine gute Stützung die Voraussetzung für bequemes und gesundes Tragen. Um die Stützung zu

gewährleisten bindet man mit dem elastischen Tuch immer 2 bis 3 Lagen über den Rücken des Kindes, was natürlich lange Tücher zur Folge hat. Bei zweilagigen Bindeweisen soll zur Sicherung immer ein Strang über die Beine des Kindes verlaufen.

Der wesentliche Unterschied vom elastischen zum gewobenen Tragetuch ist die Federung. Das gewobene Tragetuch federt Stösse beim Gehen ab, das Kind schwingt im Beutel mit. Durch die Elastizität beim elastischen Tragetuch erfolgt dieser wünschenswerte Effekt nicht: das Baby wippt im Tragetuch entgegen der Bewegung der Trageperson mit jedem Schritt auf und ab und reitet sozusagen auf der Trageperson. Dieser Effekt wird bei steigendem Gewicht des Traglings

offensichtlicher.

Aufgrund dieses Bouncing-Effektes raten wir davon ab, mit elastischen Tüchern Sport oder andere bewegungsintensive Aktivitäten zu betreiben.

Einsatzgebiete: Babys mit Blockaden (Kiss) oder Geburtstrauma, welche auf Druck im Kopf und Nackenbereich sehr empfindlich sind, können elastische Tücher das Mittel der Wahl sein.

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Die Känguru Bindeweise

Das Känguru, oder “Kängi” ist eine der meist gewählten Bauchbindeweisen. Das Kind kann in einer gut unterstützten ASH im Tuchbeutel sitzen. Während das Gewicht ausgewogen auf den Körper der Trageperson verteilt wird. Es wird mit einem kürzeren Tuch gebunden und hat wenig Aufliegefläche seitlich und vorne an der Trageperson, was besonders im Sommer von Vorteil ist.

Das Tragetuch bildet einen Beutel ums Kind und verläuft in gekippten Bahnen über die Schultern und quer nach unten verlaufend breit aufgefächert beidseitig und überkreuzend über den Rücken der Trageperson. In den Taille wird das Tragetuch beidseitig zu einem Strang zusammengefügt nach vorne gebracht und über den Unterschenkeln beziehungsweise unter dem Po des Kindes geknotet.

Die Kippung auf den Schultern, auch als “Flügeli” bezeichnet, wird manchmal als einschränkend empfunden. Sie tragen aber zu der, für diese Bindeweise spezifischen, guten Stützungsmöglichkeit im oberen Rückenbereich bei.

Mit dem Fokus auf der physiologisch aufrechten Haltung der Trageperson und der bestmöglichen Unterstützung der physiologischen ASH des Babys eine der besten Bindeweisen zum vorne Tragen.

Beachte dazu deine Notizen auf der Analyse-Arbeitshilfe zum Känguru.

Das Känguru wird teilweise als unsicher empfunden. Vielleicht weil, im Gegensatz zu der Wickelkreuztrage, beim Känguru der Beutel ums Kind erst geformt wird und währenddessen darunter keine Sicherung durch einen Tuchstrang vorhanden ist.

Durch die Empfehlung, das Känguru im Sitzen zu binden (besonders wichtig im frühen Wochenbett), konnten wir eine sehr gute Akzeptanz in der Elternberatung beobachten.

Das Binden im sitzen hat den grossen Vorteil, gegenüber anderen Bindeweisen, dass sowohl die Eltern, wie auch das Baby mit dieser Position bereits vertraut sind. Das Baby kann vorgängig auf der Brust der Trageperson positioniert werden und wird während dem Einbinden nicht mehr bewegt. Wunderschön auch mit schlafendem Kind anzuwenden.

Beachte dazu deine Notizen auf der Analyse-Arbeitshilfe zum Känguru beim Kind.

Als Nachteile beim Känguru sehen wir die Notwendigkeit des Kindes, eine ausreichende Anhockung zu erreichen. Was bei Blockaden im Bereich des Nackens oder Iliosakralgelenkes erschwert sein kann (mehr dazu ausführlich in Modul 2).

Für die Trageperson ist es trotz aller Vorteile eine Bauchbindeweise, was gewisse Nachteile bezüglich Beckenboden und Rückenbelastung mit sich bringen kann. (Siehe dazu Kapitel “Anatomie”)

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Die Wickelkreuztrage

Die Wickelkreuztrage ist die in unserer Region meistverbreitete Bauchbindeweise. Sie ist eine der früh entwickelten Bindeweisen und hat sich in den über 20 Jahren ihrer Anwendung nur wenig verändert. Sie wird gerne von Fachpersonen im Babybereich und unter Freundinnen gezeigt. Und da ahnungslosen Eltern to-be häufig ein sehr langes Tragetuch empfohlen und verkauft wird, ist es eine der wenigen Bindeweisen, die sie damit bewältigen können. Wir treffen die Wickelkreuztrage also häufig und in vielerlei Facetten im Beratungsalltag an.

Entgegen weitverbreiteter Gerüchte ist die Wickelkreuztrage nicht einfacher zu binden als andere Bindeweisen. Eine satt sitzende und gut stützende Wickelkreuztrage, ohne Einschneiden und Druckstellen braucht genau so Übung und Fingerspitzengefühl, wie andere Bindeweisen.

Wir zeigen die Wickelkreuztrage für Neugeborene gerne mit Twist. Dadurch geben wir dem Kind die Möglichkeit, seine schmale Spreizung einzuhalten und stützen kleine, feine Kinder seitlich optimal. Besonders bei Kindern, die sich noch nicht vollumfänglich entfaltet haben und/oder seitlich noch sehr instabil sind, ist das ein grosser Vorteil.

Aus Sicht der Trageperson ergibt das Twisten einen anderen Verlauf der Schulterträger unter dem Beutel des Kindes. So entsteht weniger Druck auf den empfindlichen Bauchraum der Mutter post partum, was eine geringere Belastung der gesamten Beckenmodenmuskulatur bewirkt. Zusätzlich wird das Zusammenhalten des aufgelockerten Beckenringes als sehr angenehm empfunden, was viele positive Rückmeldungen gezeigt haben.

Durch das twisten kommt der Knoten auf dem Rücken der Trageperson bedeutend tiefer, was eine geringere Ausgleichshaltung bewirkt. Vor allem durch die Vermeidung von Druckpunkten im Kreuzbereich. Aber auch durch die geringere Belastung der Beckenbodenmuskulatur, durch weniger Druck auf den Bauchraum der Trägerin.

Bitte beachte: Die körperlichen Vorteile des Twistes betreffen hauptsächlich die Mutter post partum und sind beim tragenden Mann von minderer Bedeutung. Da Männer physiologisch muskulaturbedingt die bessere Rumpfstabilität aufweisen und weniger dem Einfluss von Hormonen ausgesetzt sind während Schwangerschaft und Geburt.

Daher ist die Beurteilung der Vor- und Nachteile für die Wickelkreuztrage, insbesondere mit der Variante des Twistes, beim tragenden Mann eine andere.

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