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Predigt am Christtag 2017 im Linzer Mariendom.

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Bethlehem – Haus des Brotes

Predigt am Christtag 2017

25. Dezember 2017, Linzer Mariendom

Advent und Weihnachten, das ist eine Zeit des Essens und Trinkens. Was haben wir in den letzten vier Wochen bei Betriebsfeiern und auch daheim so gegessen und getrunken? Wie gesund oder wie krank machend sind die Speisen, wie gesund sind die Vielfalt oder das Durch- einander beim Essen und Trinken? Wie schlagen sich die Essensgewohnheiten auf unsern Leib mit Gewichtsproblemen und Beweglichkeit? – Die Reue kommt nach den Feiertagen.

Inwiefern spiegeln die Essensgewohnheiten unsere Denkgewohnheiten oder unseren alltägli- chen Umgang miteinander? Es mag auch hilfreich sein, uns vor Augen zu führen, was wir im Advent an geistiger Nahrung aufgenommen haben und das Ganze auf einem Tisch ausbreiten

… Wenn man das alles im Hirn, Herz oder Bauch(gefühl) auf einen Haufen geworfen sieht, was heißt das für die leibliche und geistige Gesundheit bzw. Krankheit? Aber auch: Wie wir miteinander umgehen, das schlägt sich auf den Leib und auf die Seele.

Essen und Trinken: das ist verbunden mit Hunger und Durst. Was kostet leibliche Energie, Lebenskraft? Auch mit der seelischen Obdachlosigkeit tun wir uns nicht viel leichter. Was heißt es heute, Lebensfreude zu vermitteln angesichts von Depression und Resignation? Wie können Lebensräume erschlossen werden für Menschen, die unter psychischer Obdachlosig- keit leiden? Wenn Beziehungen und Freundschaft kein Raum und keine Zeit gegeben werden, so führt das zum Würgegriff der Vereinsamung. Wer zu wenig Platz hat oder unter Raumnot leidet, der wird in die Enge getrieben, kann nicht mehr frei atmen und wird vielleicht auch von Angst besetzt. Manche sprechen von einer „Sinnhungerepidemie“.

Was kostet Energie? Was frisst uns auf?

Angst fressen Seele auf, so heißt es. Ängste sind im Leben da: wirtschaftliche Ängste, die Angst, dass die Arbeit auffrisst. Ängste können sehr müde machen und misstrauisch. Manche haben Angst vor den kleinsten Aufgaben und Schritten. Alles wird zur Überforderung. Andere haben Angst vor allem Fremden und empfinden alle als Bedrohung, die nicht vertraut sind.

Oder bei recht gut bekannten Kollegen regiert die Angst voreinander; es kommt zu Verdrehun- gen, Verzerrungen und auch Verleumdungen. Vergiftungen zerstören das Vertrauen. Energie kostet die Angst vor sich selbst. „Heute abends besuch ich mich; ich bin gespannt, ob ich daheim bin.“ (Karl Valentin) Es gibt die Angst vor der Einsamkeit, weil in ihr auch die Schat- tenseite des Lebens, die eigene Feigheit und Brutalität hochkommen könnte. Es gibt auch eine Angst vor der Begegnung, vor der Hingabe, vor einer Bindung, Angst vor Nähe. Schließlich kann es auch die Angst vor einer Veränderung, vor der Verwandlung geben.

Haus des Brotes – Ich verkünde euch eine große Freude

Nahrung brauchen wir auf allen Ebenen. Auch die Seele braucht Nahrung. Eindrücke, Erfah- rungen, Erlebnisse machen u. a. gesund oder auch krank, oberflächlich oder tiefsinnig, egois- tisch oder solidarisch.

1. Die Seele braucht Ruhe. Gebet ist Nahrung für die Seele. Die Seele muss zur Ruhe kommen können, braucht Zeiten der Stille, braucht Freiräume, in denen wir uns nicht gehetzt und ge- drängt fühlen, nicht unter Druck und Zwang. – Stille läutert und entgiftet das Engagement, sie

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ist Kraft für das Handeln und für die Kommunikation. Ohne Einwurzelung in Gott, ohne Gang zu den Quellen verkarstet Solidarität, brennt sie aus, wird sie oberflächlich und leer. Weih- nachten: eine Zeit des Aufatmens!

2. Die Seele braucht die Nahrung der Schönheit: „Die Schönheit der Welt ist Christi zärtliches Lächeln für uns durch den Stoff hindurch. Er ist wirklich gegenwärtig in der Schönheit des Alls.

Die Liebe zu dieser Schönheit entspringt dem in unserer Seele niedergestiegenen Gott und geht auf den im Weltall gegenwärtigen Gott. Auch sie ist etwas wie ein Sakrament.“ (Simone Weil) – Einmal hast du eine Blume wahrgenommen und darüber gestaunt, dass es so etwas Schönes einfach gibt. Einmal hast du eine Berührung gespürt, eine Umarmung erfahren, und du hast gewusst: da ist einer, der mich mag. Einmal hast du dich gewundert als du bemerktest, dass du vor dich hin pfeifst. Die Seele wird genährt durch die Schönheit der Berge, ein gutes Buch, eine berührende Symphonie, durch die innere Schönheit von Menschen. Einmal warst du so glücklich, dass es fast wehtat. Einmal hast du lange in die Flamme einer Kerze geschaut.

Einmal hast du etwas vom Geheimnis Gottes geahnt. Es gibt Sternstunden des Lebens, die wir nie vergessen. Da sind Taborstunden, Erfahrungen des Glücks, der Lebensfreude, der intensiven Beziehung, die zu uns gehören. Solche Erinnerungen sind Anker der Hoffnung; sie geben Zuversicht auch in dunklen Stunden und lassen nicht verzweifeln.

3. Die Seele braucht die Nahrung der Freundschaft, der Freundschaft mit Menschen, Freund- schaft mit Gott. Freunde gehören nach wie vor zu den wichtigsten Prioritäten von jungen Men- schen. „Eine ‚Mindest-Utopie’ müsse man verwirklichen – das ist ein Ausdruck, der verdiente, in unser Vokabular aufgenommen zu werden, nicht als Besitz, sondern als Stachel. Die Defi- nition dieser Mindest-Utopie: ‚Nicht im Stich zu lassen. Sich nicht und andere nicht. Und nicht im Stich gelassen zu werden.’“ (Hilde Domin, Aber die Hoffnung)

Es ist die Sehnsucht sich verschenken und lieben zu können. Und es ist das Urbedürfnis, dass da jemand ist, der mich mag. „Ein Freund ist einer, der mich durch und durch kennt und trotz- dem zu mir steht.“ Zu Weihnachten sagt uns Gott: „Du Mensch, ich kann dich gut leiden.“ In der Menschwerdung „redet der unsichtbare Gott aus überströmender Liebe die Menschen an wie Freunde und verkehrt mit ihnen, um sie in seine Gemeinschaft einzuladen und aufzuneh- men.“ (DV 2)

+ Manfred Scheuer Bischof von Linz

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