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Predigt am Ostersonntag im Linzer Mariendom.

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Auferstehung gefragt?

Predigt beim Festgottesdienst am Ostersonntag 1. April 2018, Mariendom, Linz

Maria Magdalena ist gerade in vieler Munde. Das liegt auch daran, dass Papst Franziskus ihren Gedenktag vor knapp zwei Jahren in den liturgischen Rang eines „Festes“ erhoben hat, aber vielmehr an dem Umstand, dass sich gerade ein gleichnamiger Kinofilm der Figur der Maria Magdalena mit erheblichem Star- und Materialaufwand annähert. „Pathetisch und mit langatmigen Dialogen“ komme der Film laut einigen Kritiken zwar daher, aber fast unisono wird der Versuch des Filmes, die Person Maria Magdalena und ihre Bedeutung für (Ur-)Kirche abseits aller Legenden und Klatsch-und-Tratsch-Fantasien als gelungen gewürdigt. Was ist das Besondere dieser Frau? Ja natürlich – sie ist die Einzige, die in allen vier Ostererzählun- gen der Evangelisten Erwähnung findet als eine erste Zeugin der Auferstehung. Ihre Begeg- nung mit dem Auferstandenen kann unser Verständnis von Ostern erhellen. Maria begegnet zuerst zwei Engeln im Grab, dann tritt ihr auch schon Jesus entgegen, sie erkennt ihn aber nicht, hält ihn für den Gärtner. Erst als Jesus sie mit Namen anspricht, sieht sie ihn als Leben- den vor sich. – Aus allen Berichten über die Begegnung mit dem Auferstandenen wird ersicht- lich, dass er nach seinem Durchgang durch das „Tal des Todesschattens“ radikal verändert ist. Weder die Jünger auf dem Weg nach Emmaus noch Maria Magdalena, die ihm so nah ist, können ihn zunächst erkennen. Die Evangelien betonen offensichtlich, dass das Geheimnis der Auferstehung der Toten eine radikale Verwandlung ist, keine bloße Wiederbelebung einer Leiche und die Rückkehr zurück in diese Welt und das Leben. Maria Magdalena erkennt ihn an der Stimme, die ihren Namen ausspricht.

Auferstehung? Habe ich wie die weinende Maria von Magdala Jesus meinen Namen sagen hören in den Erfahrungen, in denen sich die Minderung des Lebens zeigte und das Sterben ankündigte: Als ich fremd war und nicht angenommen wurde, im Beruf versagte oder an Gren- zen der Belastung kam, Misserfolge erlitt, mir die Luft ausging, habe ich Begleiter gehabt, als ich keine Perspektiven mehr hatte und wie mit Blindheit geschlagen war? Wie haben Men- schen auch heute Auferstehung gefeiert nach einer schweren Krankheit, nach einem schwe- ren Schicksalsschlag, in Enttäuschungen durch lieb gewordene Menschen, wenn sie zu kurz gekommen sind? Der Glaube an die Auferstehung entscheidet sich in finanziellen Desastern, im Zerbrechen von Ehen und Freundschaften, im Tod von Freunden und geliebten Menschen.

– Der Schriftsteller Patrick Roth hat diesen Moment der Hinwendung und des Erkennens als

„Magdalenensekunde“ charakterisiert – als „die Sekunde der Wiedererkennung: Mensch und Gott werden einander wieder bewusst.“1

„Die ‚Magdalenensekunde‘ markiert also die notwendige Reaktion des Menschen auf den gött- lichen Anruf und Zuspruch. Ohne die bewusst ausgeführte Reaktion, ohne die Zuwendung zu Gott, lässt sich Auferweckung nicht verstehen. Ohne diese Zu-Wendung bleiben Gärtner Gärtner, bleibt Ostern eine veraltete Tradition. Ohne das Gegen-Wort ‚Rabbuni‘ bleibt die Beziehung von Gott und Mensch unvollkommen. Die Initiative, die Nennung beim Namen, der

1 Patrick Roth, Magdalena am Grab, Frankfurt/Leipzig 2003, 49.

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Aufbau der Beziehung ist fraglos ein göttlicher Zug. Er würde jedoch wirkungslos bleiben ohne die sich anschließende menschliche Hin-Wendung.“2

Nachfrage nach Auferstehung?

Mit der Auferstehung Jesu bzw. mit dem Glauben daran tun sich viele schwer. Die „Nachfrage“

wird geringer. Medial wird die Osterbotschaft des Papstes von Terrorangst und verstärkten Sicherheitsvorkehrungen im Vatikan überlagert. „Wissenschaftlich“ beschäftigt man sich lieber mit Eierschalen (science ORF). Man will zwar „religionssensibel“ sein und zu Ostern naturnahe Riten, Traditionen und Bräuche den Kindern nahebringen, Christliches kommt aber nicht vor (Standard 31. März 2018). In Goethes Faust singt der „Chor der Engel: „Christ ist erstanden!

Selig der Liebende, Der die betrübende, Heilsam und übende Prüfung bestanden.“ Faust erwidert: „Was sucht ihr, mächtig und gelind, Ihr Himmelstöne, mich am Staube? Klingt dort umher, wo weiche Menschen sind. Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!“

In der abendländischen Musiktradition kommt dem Osterfest im Gegensatz zum Karfreitag eine vergleichsweise untergeordnete Rolle zu. Auf diesen Aspekt hat unlängst der Musik- und Liturgiewissenschafter Wolfgang Bretschneider hingewiesen3: Er führt drei Gründe dafür an:

Zum Ersten sei es die abstrakte Botschaft von Ostern. Die sinnenfällige Geschichte von Leiden und Tod lasse eine Solidarisierung mit dem leidenden Jesus zu, wohingegen die Auferstehung den Betrachter staunend vor dem Wunder stehen lasse. Zweitens bleibt der Glaube an Jesu Auferstehung eine Herausforderung – zu allen Zeiten. Die Gefahr, mit musikalischer Verto- nung dieser nicht gerecht zu werden, war für viele Komponisten gegeben. Ein moderner Kom- ponist wird mit den Worten zitiert: „Ich möchte gerne eine solche [Oster]Musik schreiben. Aber mir will dies nicht gelingen.“ Und als dritten Grund sieht er die mangelnde Nachfrage. Dies sei unter anderem erklärbar durch die Bedeutung des Karfreitags als höchster Festtag für die evangelischen Kirchen und die Nachrangigkeit von Ostern. Ostern: abstrakt, eine Herausfor- derung, wenig nachgefragt?

Wie ist es mit uns? Mit unseren Erfahrungen im Alltag? Es gibt Menschen, die bei jeder Gele- genheit das sprichwörtliche Haar in der Suppe finden. Es gibt Menschen, die sich in einem Konflikt verrennen, nicht mehr herausfinden, die dabei Lösungsvorschläge nicht als solche erkennen, sie vielleicht gar nicht wahrhaben wollen. Manchmal – und das kennt vielleicht ein/e jede/r ein bisschen – will man manche Situationen, wo es einem schlecht geht, wo man sich benachteiligt fühlt, wo man gekränkt ist – gar nicht ad hoc ändern. Man verbeißt sich in eine Opferrolle. Man leidet und alle im Umfeld sollen das wissen.

Herrscht da nicht auch manchmal bei uns eine geringe Nachfrage nach Auferstehung vor?

Erschließen sich mir die Zeichen der liebenden Aufmerksamkeit noch? Sehe ich die knos- pende Natur, höre ich das herzerfrischende Kinderlachen, koste ich das unvoreingenommene Gespräch mit dem Freund aus, spüre ich die zärtliche Nähe des Ehepartners? Bei Ostern geht es um das Vertrauen in Gott, vertrackte Lebenssituationen aufzubrechen. Es geht um die Hoff- nung, dass uns ein Engel den Weg aus der dunklen Grabeshöhle unserer Verbohrtheit in das helle Licht der Lebensperspektiven weist. Ostern mag uns auch eine Grundhaltung vermitteln,

2 Georg Langenhorst, Auferweckt ins Leben. Die Osterbotschaft neu entdeckt, Freiburg i. Br. 2018, 187.

3 Wolfgang Bretschneider, Auferstehung ohne Musik, in: CiG 16/2017, 174.

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offen zu sein für den Einbruch Gottes in unser alltägliches Hamsterrad, in die Gegenwart, in unsere Geschichte. Ich muss Ostern mögen und für möglich halten, damit mir Auferstehung geschenkt werden kann.

+ Manfred Scheuer Bischof von Linz

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