• Keine Ergebnisse gefunden

Z Häufi ge Erkrankung, seltene Diagnose

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Z Häufi ge Erkrankung, seltene Diagnose"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

4

granat apfel 4|2014

LEBEN & GESUNDHEIT Krankenhaus Graz, Standort Eggenberg

öliakie ist eine Autoimmunerkrankung, bei der es zu einer Entzündung der Dünndarmschleimhaut kommt. In der Folge verplumpen und schrumpfen die für die Nährstoffaufnahme so wichtigen Darmzotten, bis sie schließlich nicht mehr sichtbar sind.

Auslöser für diese Veränderungen ist die Re- aktion der Darmschleimhaut auf das Kleberei- weiß (Gluten) verschiedener Getreidesorten.

Basis für das Entstehen dieser Entzündung ist bei vielen PatientInnen eine vererbte Veranla- gung, die dazu führt, dass das Klebereiweiß die Dünndarmzellen leichter passieren kann.

Daneben spielen weitere Faktoren wie zum Beispiel Infektionen, Medikamente und Still- gewohnheiten für den Beginn der Erkrankung eine Rolle.

In Österreich sollen laut internationalen Studi- en 40.000 bis 80.000 Menschen an Zöliakie lei- den bzw. gefährdet sein, im Laufe ihres Lebens daran zu erkranken. Die Patientenorganisati- on „Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Zöliakie“ hat ca. 6.000 Mitglieder registriert.

Man geht davon aus, dass es pro einem neu diagnostizierten Patienten acht bisher noch unerkannte Zöliakie-PatientInnen gibt. Die Diagnosestellung erfolgt durchschnittlich 7,4 Jahre nach Auftreten der ersten Beschwerden.

Unterschiedliche Beschwerden

Die Beschwerden sind mannigfaltig und sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die klassische Zö- liakie mit Durchfällen, Fettstühlen, Gewichts- verlust und Mangelerscheinungen wird immer seltener gesehen. Wesentlich häufi ger geben die PatientInnen nur wenige und oft auch nur leicht ausgeprägte Beschwerden an. Es gibt auch eine stumme Zöliakie ohne jegliche Be- schwerden, die erst dann diagnostiziert wird, wenn erstgradig Verwandte eines Patienten im Rahmen eines Screenings untersucht werden.

Als Autoimmunerkrankung kann die Zöli- akie auch andere Organsysteme betreffen wie beispielsweise Haut, Gehirn (Epilepsie), Blut (Eisen mangelanämie), Lunge, Herz, Leber, Gelenke und Nieren. Aber auch Depressio-

PatientInnen leiden durchschnittlich siebeneinhalb Jahre an oft nur leichten Beschwerden, bis eine Zöliakie diagnostiziert wird.

Wird die Autoimmunerkrankung aber nicht therapiert, drohen bösartige Folgeerkrankungen.

TEXT: PRIMARIUS DR. GERHARD REICHT, EVA TERLER

Z

Häufi ge Erkrankung, seltene Diagnose

WEITERE INFOS

Österreichische Arbeitsgemeinschaft Zöliakie

Die Patientenorganisation bietet weitere Informationen, dort ist auch das Zöliakie- Handbuch inkl. dreier Broschüren, in denen 10.000 glutenfreie Produkte aufgelistet sind, erhältlich. Internet: www.zoeliakie.or.at

(2)

5

nen oder unerfüllter Kinderwunsch können ein Hinweis auf diese Erkrankung sein.

Diagnose durch Antikörpertests

Seit einigen Jahren stehen relativ genaue An- tikörpertests aus dem Blut zur Verfügung. Die Sicherung der Diagnose erfolgt bei entspre- chenden Beschwerden und Antikörperbefund im Rahmen einer Gastroskopie. Ganz wichtig ist es, dass dabei mehrere Gewebeproben mit einer kleinen Biopsiezange aus dem Zwölffin- gerdarm entnommen wer-

den, denn die endgültige Diagnose kann nur aus dem Mikroskopiebefund der Dünndarmschleimhaut gestellt werden.

Wird die Zöliakie nicht behandelt, steigt neben

den Folgeerscheinungen von Mangelzustän- den auch das Risiko bösartiger Erkrankungen.

Positiv ist allerdings zu vermerken, dass unter strikter glutenfreier Ernährung dieses Risiko wieder vollständig verschwindet.

Glutenfreie Ernährung

Die Standardtherapie bei Zöliakie ist eine lebenslange strikte glutenfreie Ernährung.

Diese Diät sollte jedoch erst nach Absiche-

Foto: ikonoklast_hh/Fotolia.com nach Peter HR Green, Director Celiac Disease Center, Columbia University, USA

Man geht davon aus, dass es pro einem neu diagnostizierten Patienten acht noch unerkannte Zöliakie-PatientInnen gibt.

Einige Geschäfte bieten heute auch glutenfreie Backwaren an.

ZÖLIAKIE

Fragebogen

Ein dringender Verdacht auf Zöliakie besteht, wenn mindestens je ein Punkt aus Abschnitt 1, 2 und 3 zutrifft. An Zöliakie zu denken ist bei einem Punkt aus Abschnitt 1 oder 2 und zusätzlich einem Punkt aus Abschnitt 3.

Abschnitt 1

Beschwerden mindestens einmal pro Woche seit drei Monaten:

Blähungen

Magenkrämpfe

Durchfälle

Verstopfung

Gelenkschmerzen oder Taubheits gefühl in Armen oder Beinen

Juckende Hautveränderungen

Andauernde unerklärliche Müdigkeit

Häufige Kopfschmerzen/Migräne

Abschnitt 2

Bisherige Diagnosen:

Reizdarm

Ekzem/unklare Dermatitis

Fibromyalgie

Chronisches Müdigkeitssyndrom

Reizmagen/Dyspepsie

Abschnitt 3 Weitere Diagnosen:

Laktoseintoleranz

Osteopenie/Osteoporose

Autoimmunerkrankungen (Diabetes melli- tus, Schilddrüse etc.)

Polyneuropathie

Non-Hodgkin-Lymphom

Dünndarmkrebs

Depressionen

Eisenmangelanämie

Unerfüllter Kinderwunsch

«

(3)

6

granat apfel 4|2014

LEBEN & GESUNDHEIT Krankenhaus Graz, Standort Eggenberg

rung der Diagnose beginnen, weil sonst mög- licherweise die Untersuchungsergebnisse nicht eindeutig bewertbar sind und wieder eine Glutenbelastung nötig wird.

Gluten ist das Klebereiweiß im Weizen, Dinkel, Grünkern, Kamut, Emmer, Einkorn, Roggen, Gerste und weiteren Getreidederiva- ten. Ein großer Diskussionspunkt in den letz- ten Jahren war die mögliche Unschädlichkeit von Hafer. Dazu gibt es inzwischen mehrere Studien, die bei den meisten PatientInnen eine Unschädlichkeit nachweisen. Bei etwa fünf Prozent kann jedoch eine verstärkte Sen- sibilität bestehen. Deshalb und auch wegen der stark kontaminierten Haferprodukte, die im Handel erhältlich sind, kann eine Verwen- dung von Hafer für die glutenfreie Ernährung noch nicht allgemein empfohlen werden.

Versteckte Gluten

Nahrungsmittel, die offensichtlich Gluten enthalten, wie Brot, Backwaren, Mehlspei- sen, Teigwaren, mit Mehl gebundene oder panierte Speisen, Getreideflocken etc. kann man ganz klar erkennen. Ein weitaus größe- res Problem sind versteckte Gluten in den Le- bensmitteln.

Aber für Zöliakie-PatientInnen bleiben noch viele hochwertige glutenfreie Grundnah-

rungsmittel übrig: Reis, Mais, Hirse, Buchwei- zen, Amaranth, Quinoa, Kartoffeln, Gemüse, Hülsenfrüchte, Salate, Obst, Nüsse, Milch- und Sauermilchprodukte, Käse, Fleisch, Ge- flügel, Fisch, Eier, Fette, Öle, Bohnenkaffee, Tee und diverse Getränke. Auch beinahe alle Wurstwaren dürfen laut Österreichischem Le- bensmittel-Codex keine Gluten enthalten.

Das internationale Glutenfrei-Symbol wird als sicheres Markenzeichen für glutenfreie Lebensmittel von den nationalen Zöliakie- Gesellschaften vergeben. Diese Produkte müs- sen einer Glutenanalyse unterzogen werden.

Nach den aktuellen Codex-Alimentarius-Vor- schriften ist bei glutenfreien Lebensmitteln ein Gehalt von weniger als 20 mg Gluten/Ki- logramm Lebensmittel gefordert.

Die Entwicklung neuer glutenfreier Pro- dukte ist in den vergangenen Jahren rasant angestiegen. Heute gibt es praktisch zu jedem glutenhältigen Lebensmittel auch ein gluten- freies Ersatzprodukt.

Ein Problem stellt die Verunreinigung von glutenfreien Lebensmitteln, speziell von glu- tenfreien Getreideprodukten, in Industriemüh- len, Abfüllanlagen und Produktionsgeräten dar. Andererseits kann es bei vielen gluten- freien Lebensmitteln zu keiner Kontamination kommen, doch viele Hersteller drucken trotz- dem aus haftungsrechtlichen Gründen soge- nannte Vorsichtsdeklarationen („kann Spuren von Gluten enthalten“) auf die Verpackung.

Die häufigsten Ernährungsfehler entstehen durch einen versteckten Glutengehalt und ver- unreinigte Produkte. Im Zweifelsfalle sollte ein Nahrungsmittel nicht gegessen werden.

Eine vollständige Aufklärung über das Krankheitsbild und eine ausführliche Ernährungs beratung durch eine Diätologin oder einen Diätologen ermöglicht dem Patien- ten einen positiven und richtigen Umgang mit der neuen und ungewohnten Situation. Damit fällt die Umstellung auf eine konsequente und lebenslange glutenfreie Ernährung leichter.

«

«

Primarius Dr.

Gerhard Reicht ist Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie und Hepatologie und Abteilungsleiter Innere Medizin II am Krankenhaus Graz, Standort Eggenberg.

Eva Terler ist Diät ologin am Kran- kenhaus Graz, Stand- ort Eggenberg sowie Landesleitung Steier- mark & Diätberatung der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft Zöliakie.

Polenta auf Salat:

So schmackhaft kann

glutenfreie Ernährung sein! Foto: Hetizia/Fotolia.com

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Mykotoxine: Die Wahrscheinlichkeit eines hohen Keimbesatzes, mit der Gefahr, dass Mykotoxine vorhanden sind, ist aus zwei Gründen grösser als bei anderen Getreidearten: aufgrund

Für die Beurteilung der Schwere und den Verlauf der depressiven Symptomatik werden in der Regel der BDI-1, der HRSD (Hamilton Rating Scale for Depression) oder

Dabei soll die Bedeutung der Allgemeinverbindlicherklärung in Deutschland und anderen eu- ropäischen Ländern und die Probleme der aktuellen (Rechts-) Lage in Deutschland

Irreführend hat Karstadt dies eine „Tarifpause“ genannt, tatsächlich handelt es sich aber nicht um eine „Tarifpause“.. Es geht vielmehr

Zum anderen kann sich ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat

Diese Analogie ist - anders als bei § 96 SGG - möglich (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer-Leitherer, SGG, 11. Alle Bescheide sind zur Regelung desselben Rechtsverhältnisses ergangen

Rechtsprechung ist geklärt, dass sich ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG - trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung -

Zwei Esslöffel Haferflocken, 25 Gramm Haferkleie, 50 Gramm Se- samsamen, 100 Gramm gehackte Mandeln in einer trockenen Pfanne anrösten, 100 Gramm Cranberries, 2 EL Vanillesirup,