In Paris, Grand Palais, ist die Ausstellung „Le Japo- nisme in Europe" bis zum 15. August zu sehen: außer dienstags 10-20 Uhr, mitt- wochs bis 22 Uhr.
kommenden japanischen Farbholzschnitte, besonders solche von Hokusai und Hi- roshige , fand man neu, un- verbraucht und „primitiv".
Die völlig andersartige, bis- lang nicht gekannte Ästhetik der japanischen Holzschnitte faszinierte die europäischen Künstler. Dazu kam, daß die China-Mode des 18. Jahrhun- derts ebenso wie der nach Napoleons Ägyptenabenteu- er nach Europa gekommene Orientalismus mit seinen isla- mischen Form- und Farbei- gentümlichkeiten der japani- schen Holzschnittkunst die Wege ebneten. Es war im wahrsten Sinne des Wortes eine Begegnung im richtigen Augenblick.
Felix Bracquemond, ei- nem französischen Graphi- ker, scheint schon 1856 ein Band von Hokusais Skizzen- büchern (Manga) in die Hän- de gefallen zu sein. Dank sei- ner Bekanntschaft mit vielen anderen Künstlern, Kriti- kern, Schriftstellern und Sammlern, hat dieser Fund sehr schnell Furore gemacht.
Er kopierte viele Manga-Ab- bildungen und dekorierte da- mit das von Rousseau in Auf- trag gegebene, später be- rühmt gewordene „Japani- sche Service". Weitere Holz- schnitte stöberte man in den Kuriositätenläden wie „La porte chinoise" und „Chon- que chinoise" auf. Neben Bracquemond sind als Väter dieser Entwicklung noch wei- tere drei Franzosen zu nen- nen, nämlich der Sammler und Romanschriftsteller Ed- mond de Goncourt, der Schriftsteller Philippe Burty und der Kunsthistoriker Er- nest Chesneau. Als erste Ma- ler nahmen Whistler, Manet und Degas die Gestaltung und Farbengebung der japa- nischen Holzschnitte auf und setzten sie in ihre eigene Kunst um. Dazu kamen noch die beiden großes Aufsehen.
erregenden Weltausstellun- gen 1862 in London und 1867 in Paris. Sir Rutherford Al- cock, der erste englische Ge- neralkonsul in Japan, schick- te 614 Stücke japanischer Kunst 1861 nach London, die
dort während der Weltaus- stellung gezeigt wurden.
Auch bei der Pariser Welt- ausstellung sah man japani- sche Holzschnitte. Burty ver- öffentlichte 1872/73 eine Ar- tikelserie mit dem Titel „Ja- ponisme" , die sicherlich dem in den 70er Jahren des ver-
gangenen Jahrhunderts in Pa- ris entstandenen Modetrend
„Japonismus" den Namen gab. In jedem Salon in Paris wurden japanische Stellschir- me gezeigt, man kleidete sich in Kimonos, und auch in den großen Warenhäusern wurde fernöstlicher Krimskrams feilgeboten. Auch die Künst- ler waren nachhaltig von ja- panischen Holzschnitten be- einflußt, es sei nur an Monet, Redon, Cezanne, Van Gogh, Gauguin und Toulouse-Lau- trec erinnert. Auch bei den Nabis Bonnard, Vouillard und Denis ist dieser Einfluß spürbar. Während die ersten Impressionisten vorwiegend Werke von Hokusai, Hiroshi- ge und späteren Künstlern kannten und verwerteten, waren es bei den Nabis die starken Linien der „Primiti- ven" aus der frühen Zeit um Moronobu. Auch spätere Meister wie Gustav Klimt aus der Zeit der Wiener Sezes- sion benutzten japanische
Holzschnitte, gemalte Quer- rollen, Kimonos und No-Ge- wänder als Vorbilder.
Bestimmte Inhalte japani- scher Darstellungen, Land- schaftsformen, Tiere, Bäume und Blumen haben besonde- ren Eindruck auf die westli- chen Künstler ausgeübt. Von großem Einfluß waren sicher- lich die von den Japanern verwendeten hellen, transpa- renten, leuchtenden Farben, besonders wenn sie flächen- haft verwendet wurden. Un- gewohnte Kompositionsfor- men der Japaner, wie z. B.
asymmetrischer Aufbau, Überschneidungen, ange- schnittene Objekte sollen den flüchtigen und zufälligen Augenblick der Darstellung betonen und das Augenmerk des Betrachters auf einzelne wichtige Punkte konzentrie- ren. Darstellungen des täg- lichen Lebens, wie die vielen Skizzen in Hokusais Manga, regten an, ebenso wie das In- einanderrücken von Ebenen zum Ausgleich für die in der japanischen Darstellungs- kunst fehlende Perspektive.
Auch mit Darstellungen in.
der Diagonale und mit Ver- gitterungen im Landschafts- raum gelang es den Japanern meisterhaft, eine räumliche Tiefe herzustellen. Sensatio- nen wie Regenböen, Sturm, Meereswellen, Wasserfälle, Abendleuchten sind ein häu- fig anzutreffendes Detail in japanischen Landschaftsdar- stellungen.
Nach japanischem Vorbild: Monets Garten in Giverny Nachhaltigen Einfluß auf die gesamte Entwicklung hat- ten nicht zuletzt die beiden, bedeutenden Händler japani- scher Holzschnitte in Paris, der Japaner Hayashi und der Deutsche Bing. Dazu kam noch eine Reihe exzellenter Holzschnitt-Ausstellungen in Paris in den 80er und 90er Jahren. Interessant ist viel- leicht auch, daß Monet sich in dieser Zeit in Giverny ei- nen Garten nach japani- schem Vorbild anlegte oder
daß einige bedeutende Maler wie Whistler, Monet, van Gogh nicht unbedeutende Holzschnitt-Sammlungen zu- sammentrugen. Das rapide steigende Interesse an japani- scher Kunst hatte natürlich auch zur Folge, daß der Han- del mit minderwertiger Ex- portware aus Japan florierte.
In der späten Meiji-Zeit wur- den in Japan speziell für den Export nach Europa und USA hergestellte Massenarti- kel produziert, die künstle- risch schlecht und verfäl- schend waren. Um dem ent- gegenzusteuern, veröffent- lichte Bing 1889/91 seine Zeitschrift „Le Japon Artisti- que" , und bei der Weltaus- stellung 1900 in Paris wurden von japanischer Seite wirk- lich erlesene Kunstgegen- stände aus der kaiserlichen Sammlung und aus buddhisti- schen Tempeln gezeigt. Nach 1900 nahm dann der Japonis- mus-Trend allmählich ab.
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med.
Gerhard Pulverer Hygiene-Institut der Universität Köln Goldenfelsstraße 19-21 5000 Köln 41
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Jahrhunderts" (zwei Katalo- ge) dürften auch zwei Samm- lungen, in Spezialkatalogen beschrieben, besonderes In- teresse finden: „Graphik von Ernst Ludwig Kirchner" so- wie „Hundert expressionisti- sche Kleinformate". Diese beiden Sonderauktionen fin- den am Freitag, dem 17. Ju- ni, statt. GK A-1766 (114) Dt. Ärztebl. 85, Heft 23, 9. Juni 1988