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Untersuchungen zu möglichen Auswirkungen anionischer Futterzusätze auf den Kohlenhydratstoffwechsel im Pansen des Rindes (in vitro)

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(1)

der Tierärztlichen Hochschule Hannover

Untersuchungen zu möglichen Auswirkungen anionischer Futterzusätze auf den

Kohlenhydratstoffwechsel im Pansen des Rindes (in vitro)

INAUGURAL - DISSERTATION

zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin

(Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von

Ellen Müller-Özkan

aus Bernkastel-Kues

Hannover 2002

(2)

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. H. Scholz 2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. J. Kamphues

Tag der mündlichen Prüfung: 22. November 2002

(3)
(4)
(5)

1. Einleitung 11

2. Schrifttum 12

2.1 Sauerstofftransport in den Pansen 13

2.2 Einfluß des Sauerstoffs auf die Pansenfermentation 15

2.3 Sauerstoff 16

2.3.1 Sauerstoffaktivierung 17

2.3.2 Wichtige Sauerstoffspezies im Pansen 18

2.3.2.1 Das Superoxidanion 18

2.3.2.2 Wasserstoffperoxid 21

2.3.2.3 Das Hydroxylradikal 22

2.3.2.4 Singulettsauerstoff 23

2.4 Toxizität von Sauerstoff 24

2.5 Mechanismen gegen die Sauerstofftoxizität 31

2.5.1 Sauerstoffaufnahme durch das Pansenepithel 31

2.5.2 Mikroorganismen des Pansens 31

2.5.2.1 Sauerstoffabwehr durch Protozoen 31

2.5.2.2 Sauerstoffabwehr durch Bakterien 37

2.5.2.3 Sauerstoffabwehr durch Pilze 40

2.5.3 Enzyme zur Sauerstoffabwehr 40

2.5.3.1 Superoxiddismutase 41

2.5.3.2 NADH-Oxidase und NADH-Peroxidase 45

2.5.3.3 Katalase 46

3. Eigene Untersuchungen 47

3.1 Versuchsziel 47

3.2 Material und Methodik 47

2.2.1 Das RUSITEC-System 47

3.2.1.1 Aufbau und Fuktionsweise 47

3.2.1.2 Beladung und Bedienung des Systems 48

3.2.1.3 Fermentationsbetrieb 49

3.2.2 Futterkomponenten 50

3.2.3 Spendertier 51

3.2.3.1 Haltung und Fütterung des Spendertiers 51

3.3 Versuchsdurchführung 51

3.4 Analytik 53

3.4.1 Bestimmung des pH-Werts 53

3.4.2 Volumetrische Bestimmung der Gasproduktion 53

3.4.3 Bestimmung der Gaszusammensetzung 54

3.4.4 Bestimmung des Überstandvolumens 54

3.4.5 Bestimmung der flüchtigen Fettsäuren 54

3.4.6 Bestimmung der Chloridkonzentration 55

3.4.7 Bestimmung des Magnesium- und Calciumgehalts 56

3.4.8 Bestimmung des Natrium- und Kaliumgehalts 56

3.5 Statistische Berechnung 56

(6)

4.1 pH-Wert 60

4.2 Gasproduktion 62

4.3 Methananteil an der Gasproduktion 64

4.4 Kohlendioxidanteil an der Gasproduktion 66

4.5 Essigsäure 68

4.6 Propionsäure 70

4.7 i-Buttersäure 72

4.8 n-Buttersäure 74

4.9 i-Valeriansäure 76

4.10 n-Valeriansäure 80

4.11 Hexansäure 82

4.12 Summe der flüchtigen Fettsäuren 84

4.13 Natriumgehalte 86

4.14 Kaliumgehalte 88

4.15 Magnesiumgehalte 90

4.16 Calciumgehalte 92

4.17 Chloridkonzentrationen 94

4.18 Überstandsvolumina 96

4.19 Zusammenfassung der Ergebnisse 98

5. Diskussion 100

5.1 Intention der Arbeit 100

5.2 Statistik 100

5.3 Auswirkungen auf den pH-Wert (Milieuparameter) 100

5.4 Auswirkungen von Ammoniumchlorid und Magnesiumsulfat bzw. Calciumchlorid, Calciumsulfat und Magnesiumsulfat auf die Fermentationsvorgänge im RUSITEC (insbesondere den

Kohlenhydratstoffwechsel)

101

5.4.1 Auswirkungen auf den Kohlenhydratstoffwechsel 104

5.4.1.1 Auswirkungen auf die mikrobielle Produktion flüchtiger Fettsäuren

104

5.4.1.2 Auswirkungen auf den Hexansäuregehalt 106

5.4.1.3 Auswirkungen auf die mikrobielle Kohlendioxid- und Methanproduktion

107 5.5 Auswirkungen auf den Calcium- und Magnesiumgehalt im

Überstand und auf die Chloridkonzentration im Fermenter

110

5.6 Kritische Betrachtung der Versuchsanstellung 112

5.6.1 Das RUSITEC-System 112

5.6.2 Vorraussetzungen für die Vergleichbarkeit des RUSITEC-

Versuchs mit in-vivo-Verhältnissen und kritische Betrachtung des Fermentationsguts

112

5.6.3 Verwendete Parameter und kritische Betrachtung 113

5.6.4 Mögliche Ursachen für ausbleibende Wirkungen der DCAB-Salze in-vitro

113

6. Zusammenfassung 115

(7)

8. Schrifttumsverzeichnis 117

9. Anhang 144

9.1 Statistische Daten zu den genannten Parametern 144

(8)

Abb. Abbildung

ADP Adenosindiphosphat

Aqua bidest. zweifach destilliertes Wasser

ATP Adenosintriphosphat

CF 1 Fermenter mit – 100 meq/kg TS während der Zulagephase, Zulage von Calciumchlorid, Calciumsulfat und Magnesiumsulfat

CF 2 Fermenter mit – 200 meq/kg TS während der Zulagephase, Zulage von Calciumchlorid, Calciumsulfat und Magnesiumsulfat

CF 3 Fermenter mit – 300 meq/kg TS während der Zulagephase, Zulage von Calciumchlorid, Calciumsulfat und Magnesiumsulfat

CoA Coenzym A

coulombmetr. coulombmetrisch

D. Dasytricha

DCAB dietary cation-anion balance

DNA Desoxyribonukleinsäure

e Elektron

Fa. Firma

FlFS flüchtige Fettsäure(n)

gaschromat. gaschromatographisch

gemess. gemessen

GSH Gluthation (reduziert)

H+ Wasserstoffion

K Dissoziationskonstante

Kap. Kapitel

KF Kontrollfermenter

Km Halbsättigungskonstante

Konz. Konzentration

meq Milliequivalent

MJ Megajoule

Mn+ Metallion

n Anzahl der einberechneten Versuchsläufe

NA keine Angabe (not available)

NEL Nettoenergie-Laktation

NF 1 Fermenter mit – 100 meq/kg TS während der Zulagephase, Zulage von Ammoniumchlorid und Magnesiumsulfat

NF 2 Fermenter mit – 200 meq/kg TS während der Zulagephase, Zulage von Ammoniumchlorid und Magnesiumsulfat

NF 3 Fermenter mit – 300 meq/kg TS während der Zulagephase, Zulage von Ammoniumchlorid und Magnesiumsulfat

1O2 Singulett-Sauerstoff

O.2- Superoxidanion

OH. Hydroxylradikal

ox. oxidiert

p Irrtumswahrscheinlichkeit

p CF2-1 Differenzsignifikanz zwischen CF 1- und CF 2-Mittelwerten p CF3-NF3 Differenzsignifikanz zwischen CF 3- und NF 3-Mittelwerten p KF-CF1 Differenzsignifikanz zwischen KF- und CF 1-Mittelwerten p KF-CF2 Differenzsignifikanz zwischen KF- und CF 2-Mittelwerten p KF-CF3 Differenzsignifikanz zwischen KF- und CF 3-Mittelwerten

(9)

p KF-NF3 Differenzsignifikanz zwischen KF- und NF 3-Mittelwerten p NF2-1 Differenzsignifikanz zwischen NF 1- und NF 2-Mittelwerten

R Rest

R. Ruminococcus

red. reduziert

RUSITEC RUmen SImulation TEChnique

s Standardabweichung

S Schwefel

s. siehe

Seradest entionisiertes Wasser

SOD Superoxiddismutase

sp./spp. Subspezies

Tab. Tabelle

Tabb. Tabellen

TS Trockensubstanz

U Unit (Enzymaktivität, Stoffumsatz von 1 Mikromol pro Minute)

Übers. Übersicht

US ursprüngliche Substanz

VK Variationskoeffizient

Vol% Volumenprozent

x arithmetischer Mittelwert

xg Erdbeschleunigung

zugeg. zugegeben

(10)
(11)

1. Einleitung

Die hypocalcämische Gebärparese („Milchfieber“) gehört immer noch zu den häufigsten Erkrankungen der Milchkühe (FÜRLL et al. 1996). Sie ist eine Regulationsstörung des Calciumhaushalts und tritt nach der Abkalbung im Zusammenhang mit der beginnenden Laktation auf. Die Inzidenz dieser Erkrankung variiert erheblich, bis zu 20 % aller Kühe eines Bestandes, abhängig von Alter, Leistung und Fütterung, können betroffen sein. Durch die Erkrankung steigt das Risiko weiterer Gesundheitsstörungen, wie Nachgeburtsverhaltung, Uterusinfektionen und Fruchtbarkeitsstörungen, im betroffenen Bestand (KAMPHUES 1996).

Hieraus wird die hohe wirtschaftliche Bedeutung für Milchviehbetriebe deutlich.

Eine effektive Prophylaxe der Gebärparese ist somit angezeigt. Neben einer Calcium-armen Fütterung trockenstehender Kühe (< 20 – 40 g/Tag), die aber aufgrund des häufig höheren Calciumgehalts der Futtermittel nur schwer durchzuführen ist (WOLFFRAM 2001), wurde Anfang der 70er Jahre erstmals von norwegischen Wissenschaftlern das DCAB (dietary cation-anion balance)-Konzept beschrieben (ENDER et al. 1971). Die Wirksamkeit der Fütterung von DCAB-Diäten („anionenreicher Rationen“) konnte in zahlreichen Untersuchungen belegt werden. Hingegen liegen über die genauen Wirkungsmechanismen bisher nur wenige gesicherte Erkenntnisse vor.

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, mit Hilfe des Langzeitinkubationssystems RUSITEC die Auswirkungen von DCAB-Diäten (Ammoniumchlorid und Magnesiumsulfat bzw.

Calciumchlorid, Calciumsulfat und Magnesiumsulfat, - 100 bis - 300 meq/kg TS) auf die Pansenfermentation und damit auf die Nährstoffbereitstellung für das Tier in vitro zu untersuchen. Der Kohlenhydratstoffwechsel ist hierbei von besonderem Interesse, weil er für das Rind der entscheidende Energielieferant ist. Nach der DCAB-Diät folgt für den Wiederkäuer die Hochlaktation mit extremen Energieabflüssen (Milchproduktion). Es erhebt sich somit die Frage, ob sich unter der Einwirkung von anionischen Diäten Veränderungen in der ruminalen Vergärung ergeben, die eine optimale Bereitstellung von flüchtigen Fettsäuren in der Zeit höchster Ansprüche (Laktation) in Frage stellen.

Die möglichen Auswirkungen auf den Proteinstoffwechsel werden von CHAWANIT (2002) behandelt.

(12)

2. Schrifttum

Aus dem Pansenlabor der Rinderklinik der Tierärztlichen Hochschule Hannover wurde in den letzten Jahren eine Reihe von Dissertationen unter Nutzung des RUSITEC-Systems (künstlicher Pansen) erarbeitet (SCHIRMER 1990; KRAKOW 1992; BECKER 1994;

MAIWORM 1994; PLITT 1995; BRÖCKER 1996; MAURUSCHAT 1996; ELIAS 1999;

MITTROWANN 1999; RATHJENS 1999; HÖHLING 2000; JASPER 2000; TIADEN 2000;

WENDELKEN 2000; HÜBNER 2001; JANSON 2001; WULFF 2001 und KRAUSE 2002).

Die Autoren griffen in der Ausarbeitung des Schrifttums zu diesen Arbeiten jeweils spezielle Aspekte des ruminalen Stoffwechsels auf, um am Ende der Versuchsreihe die Kenntnisse über metabolische Abläufe im Pansen zu vervollständigen und umfassend auf den neuesten wissenschaftlichen Stand zu bringen. Die Literaturschwerpunkte der unterschiedlichen Arbeiten sind in der nachfolgenden Tabelle (Tab. 2.1) aufgeführt.

Tab. 2.1: Literaturschwerpunkte der in den letzten Jahren angefertigten Dissertationen des Pansenlabors der Rinderklinik der Tierärztlichen Hochschule Hannover

Literaturschwerpunkt Autor und Jahr

Kohlenhydratstoffwechsel Kohlenhydratstoffwechsel Celluloseabbau

Enzyme des Kohlenhydratstoffwechsels

ZIPORI 1989 DIRKSEN 1990 a KRAKOW 1992 ODENKIRCHEN 1992

Stickstoffstoffwechsel HÖLTERSHINKEN 1990

Der Pansen als Ökosystem SCHIRMER1990

Purinstoffwechsel FELDMANN 1992

Antibiotikawirkungen auf Pansenfermentationsvorgänge

KRAMER 1993 Fremdbakterien im Pansen

Bedeutung der Pansenbakterien

Interaktionen zwischen Pansenbakterien

RAAZ 1993

MAURUSCHAT 1996 FRANK 1998

Wirkungen von Pansenstimulantien auf die Pansenfermentation

BECKER 1994 Mykotoxinwirkungen auf die

Pansenfermentation

MAIWORM 1994 Einfluß von Saccharomyces cerevisiae auf die

Pansenfermentation

DE FIGUEIREDO 1994

Thiaminstoffwechsel PLITT 1995

WITTE 1998

Aminosäurestoffwechsel BRÖCKER 1996

Kompartimente des Pansens ELIAS 1999

Einfluß von Schwefel auf die Fermentationsvorgänge des Pansens

MITTROWANN 1999 Chronische Pansenazidose, Amylase RATHJENS 1999 Bedeutung der Pansenprotozoen HÖHLING 2000 Der ruminale intermediäre Wasserstoff TIADEN 2000 Vitaminstoffwechsel im Pansen WENDELKEN 2000 Lipidstoffwechsel mittel- und langkettiger

Fettsäuren im Pansen

JASPER 2000 Vergeich aller weltweit durchgeführten

RUSITEC-Versuche

HÜBNER 2001

(13)

Tab. 2.1: Fortsetzung

Literaturschwerpunkt Autor und Jahr

Wachstums- und Förderstoffe für Pansen-

bakterien JANSON 2001

Bedeutung von Pansenpilzen WULFF 2001

Bedeutung der Rohfaser im Pansen KRAUSE 2002

Die DCAB-Literatur ist in den neueren Arbeiten von BEENING (1998) und PRAECHTER (2001) ausführlich dargestellt und soll daher in dieser Arbeit nicht wiederholt werden.

In der vorliegenden Literaturübersicht sollen die bereits erfolgten Literaturrecherchen des Pansenlabors durch die Darstellung des Einflusses von Sauerstoff auf die Pansenfermentation ergänzt werden. Nur wenige Autoren beschäftigten sich mit Auswirkungen und Verbleib des Sauerstoffs im allgemein als anaerob betrachteten Pansen und die unter Umständen toxische Konsequenzen für dessen Mikroflora.

Deshalb muß vielerorts auf grundsätzliche Literatur zur Wirksamkeit von O2 auf Mikroorganismen zurückgegriffen werden.

2.1 Sauerstofftransport in den Pansen

Auch wenn früher angenommen wurde, daß der Pansen strikt anaerob ist, werden gewöhnlich geringe Mengen Sauerstoff (0,5 - 1,0 %) im Pansengas gefunden (MC ARTHUR u.

MILTIMORE 1961; CZERKAWSKI u. CLAPPERTON 1968). SCOTT et al. (1983) haben in situ bis zu 1600 nmol/l gelösten Sauerstoff in der Pansenflüssigkeit gemessen.

Der Sauerstoff gelangt mit Futter, Wasser, Speichel und durch Diffusion aus den Blutkapillaren der Pansenwand in den Pansen (CZERKAWSKI u. BRECKENRIDGE 1969).

Von besonderer Bedeutung ist die gute Versorgung der Pansenwand mit Blutkapillaren. Viele von ihnen liegen in einem Abstand < 0,05 mm zum Pansenlumen (DOBSON et al. 1956).

Nach Berechnungen von CZERKAWSKI (1969) können 10 bis 20 Liter Sauerstoff pro Tag aus den Kapillaren durch die Mukosa in den Pansen gelangen.

KÖLLING (1975 a) bestimmte die während der Eruktation in die Lungen gelangenden Pansengase quantitativ beim Schaf im Verlauf von 24 Stunden (s. Tab. 2.2).

Tab. 2.2: Die Zusammensetzung der in die Lungen gelangten Pansengase in 24 Stunden (KÖLLING 1975 a)

Mittelwert (Vol%) Schwankungsbereich/Std.

(Vol%) Mittelwert (in l/24 h) Kohlendioxid

Methan Stickstoff Sauerstoff

74,5 20,0 4,80 0,70

57,9 – 86,5 11,7 – 33,0 1,58 – 12,1 0,18 – 1,93

131 35,1 8,50 1,20

Beim Schaf gelangen im Verlauf von 24 Stunden 0,05 Mol Sauerstoff durch den Eruktationsmechanismus aus dem Pansen in die Lungen (KÖLLING 1975 a) .

Der Sauerstoffgehalt der Pansengase unterliegt starken Schwankungen. Er steigt während der Nahrungsaufnahme und der Wiederkauperioden. Besonders deutlich wird dies bei rauhfutterreichen Rationen mit längerer Ruminationszeit. Diese Schwankungen entstehen nach KÖLLING (1975 b) eindeutig durch das Eindringen atmosphärischer Luft bei der Nahrungsaufnahme bzw. beim Abschlucken des rejizierten Bolus. Bereits WASHBURN und

(14)

BRODY (1937) wiesen beim Rind eine Aufnahme atmosphärischer Gase (Sauerstoff) in den Panseninhalt während der Kautätigkeit nach.

SCOTT et al. (1983) konnten diese Beobachtungen für Pansengas und Panseninhalt (s. Tab.

2.3) bestätigen.

Tab. 2.3: In-situ-Messungen von O2-Konzentrationen im Panseninhalt verschiedener Spezies (nach SCOTT et al. 1983)

Tierart Fütterung O2-Konzentration (nmol/l Panseninhalt) Ziege

Kuh Schaf

Heu / Konzentrat Heu

Heu

Gerste / Heu Heu

Zuckerrübenschnitzel / Heu Heu / Konzentrat

Silage

410 300

4510 – 6750 (Pansengas) 510 – 720

410 – 1020

820 – 1630 (8 h nach Fütterung) 720 – 1630

610 – 1530

Die gemessenen O2-Konzentrationen waren nicht konstant. Es konnten in Abhängigkeit von der Pansenaktivität Schwankungen des gelösten O2-Gehaltes (ca. von 0,5 bis 1,3 µmol O2/ l Panseninhalt) beobachtet werden mit einer Periodizität von etwa 3 min, was nach SCOTT et al. (1983) O2-Diffusion durch das Pansenepithel verursachte, weil die peristaltischen Pansenkontraktionen ganz ähnlich ablaufen.

Auch andere Autoren untersuchten den Sauerstoff- und die Gehalte anderer Gase im Pansen mit folgenden Ergebnissen (s. Tab. 2.4):

Tab. 2.4: Zusammensetzung der Pansengase (durchschnittliche Anteile in Vol%)

Gas O2 H2 H2S N2 CH4 CO2 Autor / Jahr (Tierart)

4,0 0,05 - 0,3 -- 18,0 15 - 18 60 OLSON 1940

(tympanische Kuh) 0,4-1,0 --* 0,1 – 0,2 6 - 10 22 - 27 65 –

70

KLEIBER et al. 1943 (Kuh)

0 --* -- 1 29 70 BRODY 1945 (Kuh)

2 --* -- 17 48 34 PILGRIM 1948

(Kuh vor Fütterung)

0,56 0,18 0,01 7 26,8 65,4 MC ARTHUR u.

MILTIMORE 1961 (Kuh)

0,6 0,2 0,01 7 30 - 40 60 –

70 HOBSON 1976

(Schaf)

1 – 3 BARRY et al. 1977

(Schaf) -- = nicht meßbar

* Die Meßempfindlichkeit der Geräte reichte für den Nachweis von H2 nicht aus

Bei Messungen von Pansengasen an Schafen mit Pansenfisteln durch BARRY et al. (1977) ergaben sich permanente O2-Gehalte im Bereich von 1 bis 3 Vol% zwischen den Fütterungen.

(15)

Die O2-Werte stiegen deutlich auf 7 bis 10 Vol% während der Fütterung an. BARRY et al.

(1977) werteten diesen Umstand als Hinweis auf einen oralen Zugang von Sauerstoff in den Pansen während der Nahrungsaufnahme. Die permanente Sauerstoffanreicherung im Pansen zwischen den Fütterungen erklärten sie mit abgeschlucktem Sauerstoff während des Wiederkauens oder durch Diffusion über die Trachea in den Ösophagus während der Eruktation von Pansengas bzw. durch die Pansenwand. DOUGHERTY (1961) zeigte, daß die Glottis bei der Eruktation etwas geöffnet ist. Es gelangen also nicht unerhebliche Mengen Sauerstoffs in den Pansen.

2.2 Einfluß des Sauerstoffs auf die Pansenfermentation

Wie sich die Gabe von molekularem Sauerstoff auf die Pansenfermentation auswirkt, untersuchten CZERKAWSKI u. BRECKENRIDGE (1969) am künstlichen Pansen. Die Pansenflüssigkeit entnahmen sie Schafen.

Die Bildung flüchtiger, kurzkettiger Fettsäuren und organischer Stoffe wurde durch den zugeführten Sauerstoff (bis zu 9 % der Gasphase) nicht beeinflußt. Die molaren Anteile von Acetat (durchschnittlich 64 Mol), Propionat (22 Mol), Butyrat (12 Mol) und die prozentualen Beträge an Isovalerinsäure (1 - 2 %), Valerinsäure (0,5 - 1,0 %) sowie die noch kleinere Mengen an Isobutyrat zeigten keine signifikanten Veränderungen. Das Verhältnis von Essigsäure zu Propionsäure schien während der Versuchszeit abzunehmen - allerdings nicht signifikant. HILLMAN et al. (1991) konnten in der Pansenflüssigkeit von Schafen in vitro keine Unterschiede im Verteilungsmuster der einzelnen flüchtigen Fettsäuren nach O2-Zufuhr im Vergleich zur N2-Begasung feststellen, allerdings war ihre Summe reduziert. Der Rückgang der metabolischen Aktivität wird durch die Toxizität des Sauerstoffs auf die anaeroben Mikroorganismen begründet.

Laktat war geringgradig höher nach Sauerstoffzufuhr (CZERKAWSKI u. BRECKENRIDGE 1969). Es verhielt sich wie ein Intermediärprodukt. Während der Inkubationszeit stieg die Konzentration und sank gegen Ende wieder.

Die Verstoffwechselung von Zucker und die Produktion von CO2 zeigten dagegen keine Veränderungen nach O2-Zufuhr.

CZERKAWSKI u. BRECKENRIDGE (1969) stellten keine signifikante Abweichung in der Gesamtgasproduktion fest. Allerdings war die Methanproduktion proportional zur zugefügten Sauerstoffmenge verringert, die gebildete Wasserstoffmenge gesteigert. Dieses weist nach CARROLL u. HUNGATE (1955) auf die Richtigkeit der Gleichung CO2 + 4H2 → CH4 + H2O hin. DEMEYER et al. (1972) gehen bei Anwesenheit von O2 von folgender Formel aus:

2 H2 + O2 → 2 H2O. Die Methanogenese (wie in der ersten Formel beschrieben) findet nicht mehr statt.

Am geringsten wurde die Methanproduktion gehemmt und die Wasserstoffproduktion gesteigert, wenn kontinuierlich O2 zugefügt wurde (CZERKAWSKI u. BRECKENRIDGE 1969). Bei Annahme, daß der Sauerstoff aus den Blutkapillaren der Pansenwand in den Pansen gelangt, entspricht dieses mehr den natürlichen Verhältnissen.

O2 in kontrollierten Mengen bewirkte bei BALDWIN und EMERY (1959) keine Veränderungen des ruminalen Redoxpotentials, der Gaszusammensetzung, der flüchtigen Fettsäureproduktion noch des Ammoniakgehalts in vitro.

SCOTT et al. (1983) beobachteten in situ nach einer O2-Exposition von 2,5 kPa O2 einen reversiblen Rückgang der Methanogenese, nach 5 kPa O2 einen irreversibelen Stillstand der Methanogenese. Die H2-Produktion war resistenter gegen O2. LLOYD et al. (1989)

(16)

beobachteten keine Methanogenese mehr bei 0,9 µM gelöstem Sauerstoff in vitro. In Anwesenheit verschiedener holotricher Pansenprotozoen wurden höhere Sauerstoff- partialdrücke (5 kPa O2) benötigt, um zu meßbaren Konzentrationen zu gelangen. Holotriche Protozoen können die O2-Empfindlichkeit der Methanogenese senken. Hiernach spielen diese Einzeller eine wichtige Rolle für die sauerstoffempfindlichen Methanbildner, indem sie O2

verwerten (näheres über die Bedeutung der Protozoen s. Kap. 2.5.2.1).

Auch CZERKAWSKI u. BRECKENRIDGE (1969) stellten fest, daß der Sauerstoff (niedrige Konzentration) nach der Zufuhr aufgenommen wurde. Die Aufnahmerate stieg bei höheren Sauerstoffgaben bis zu einer limitierenden Grenze von 5 ml O2 pro Stunde, wenn 1,5 g Zucker mit 100 ml Panseninhalt inkubiert wurden. Für ein Schaf mit 7 l Panseninhalt und 105 g Zuckerfütterung (entspricht 400 g Zuckerrübenschnitzel) errechneten sie eine Sauerstoffverwertung von 8,4 l pro Tag durch die Mikroorganismen.

BARNETT und REID (1961) postulierten eine wesentlich größeren Sauerstofftoleranz des Pansenmilieus als bisher vermutet, da verschiedene Versuche mit O2-Begasung von Panseninhalt weder das normalerweise sehr niedrige Redoxpotential von ca. - 350 bis - 400 mV (BARNETT u. REID 1961; LLOYD et al. 1989) noch die Produktion von flüchtigen Fettsäuren, Gasen oder Ammoniak beeinflußte. Der Sauerstoff kann ihrer Meinung nach allerdings durchaus eine bedeutsame Rolle im Stoffwechselgeschehen des Pansens spielen.

Die Untersuchungen des Sauerstoffeinflusses auf die ruminale Fermentation sind alle älterer Natur und wurden mit molekularem Sauerstoff durchgeführt. Heute weiß man jedoch, daß die Sauerstofftoxizität (s. Kap. 2.4) auf anaerobe Mikroorganismen, wie wir sie im Pansen finden, vor allem durch die Bildung von Sauerstoffradikalen verursacht wird. Um die Bildung und Wirkung dieser Radikale zu verstehen, ist ein Rückblick auf die Chemie des Sauerstoffs notwendig.

2.3 Sauerstoff

Wenn von Sauerstoff die Rede ist, geht man meist von molekularem Sauerstoff (O2) aus. Es lassen sich jedoch neben dem molekularen Sauerstoff verschiedene andere Sauerstoffspezies unterscheiden (s. Tab. 2.5), die sehr reaktiv sind (ELSTNER 1990). Um die Auswirkungen des Sauerstoffs auf die anaeroben Pansenmikroorganismen verstehen zu können, müssen auch die möglichen Nebenprodukte des Sauerstoffmetabolismus bekannt sein (MORRIS 1975).

Tab. 2.5: Im Pansen vorkommende O2-Spezies

Molekularer Sauerstoff O2

Superoxidanion O.2-

Wasserstoffperoxid H2O2

OH-Radikal OH. Singulett-Sauerstoff 1O2

(17)

2.3.1 Sauerstoffaktivierung

Molekularer Sauerstoff ist reaktionsträge, da im Grundzustand zwei ungepaarte Elektronen im π* (Pistern) Niveau vorliegen (Atomorbitalmodell). Reaktive Sauerstoffspezies enthalten ungepaarte oder gepaarte Elektronen mit antiparallelem Spin, wie z. B. Singulett-Sauerstoff, das Superoxidanion und das Peroxidion. Um Sauerstoff im Grundzustand zu „aktivieren“, muß die Situation in der 2p Schale geändert werden. Ein Wechsel in der Elektronenkonfiguration oder der Elektronenzahl ist abhängig vom Energieverbrauch, von Katalyse und/oder von korrespondierenden Reaktionspartnern (Elektronendonatoren) (MORRIS 1975; ELSTNER 1990).

Die Sauerstoffaktivierung kann auf physikalischem oder chemischem Weg erfolgen. Zur physikalischen Sauerstoffaktivierung gehört die lichtabhängige, farbstoffkatalysierte Produktion von Singulett-Sauerstoff (s. Kapitel 2.3.2.4). Licht kommt zwar im Pansen nicht vor, jedoch werden in-vitro-Versuche mit künstlichen Pansen, z.B. RUSITEC, unter Lichteinfluß durchgeführt. Bei der chemischen Sauerstoffaktivierung (im Pansen) erhält man nach einer Ein-Elektronen-Reduktion das Superoxidradikal-Anion (O.2- ; PRIVALLE u.

GREGORY 1979; JENNEY et al. 1999; s. Kap. 2.3.2.1). Die Xanthinoxidase katalysiert diese Reaktion, wobei Xanthin, Hypoxanthin oder Acetaldehyd als Elektronendonator verwandt wird. Unter sauren Bedingungen, wie im Pansen, liegt Superoxid überwiegend als sehr reaktives Hydroperoxyl-Radikal, HO.2, vor (ELSTNER 1990).

Durch verschiedene Oxidasen, z. B. NADH-Oxidase (s. Kap. 2.5.3.2), wird die Zwei- Elektronenübertragung auf Sauerstoff zum Wasserstoffperoxid (H2O2) katalysiert (SHIMAMURA et al. 1992; NIIMURA et al. 1993, 1995; BROWN et al. 1995, 1998;

HIGUCHI et al. 1999). Wasserstoffperoxid kann Elektronen von Metallionen oder Semichinonen übernehmen, wodurch das extrem reaktive OH-Radikal gebildet wird (s. Abb.

2.1).

Durch Dismutation* von Superoxid entsteht spontan H2O2 und O2 (PRIVALLE u.

GREGORY 1979; DI GUISEPPI u. FRIDOVICH 1982; VON STEIN et al. 1982; s. Abb.

2.1). Durch Enzymkatalyse läuft diese Reaktion jedoch sehr viel schneller ab (ELSTNER 1990).

* (Unter Dismutation versteht man die Disproportionierung einer Reaktion, bei der Moleküle einer Verbindung mittlerer Oxidationszahl in solche jeweils höherer und niedrigerer Oxidationszahl übergehen; RÖMPP 1995)

Abb. 2.1: Beispiele verschiedener Mechanismen der Sauerstoffaktivierung (nach ELSTNER 1990)

Oxidasen

O2 + 2 e + 2 H+ —→ H2O2 (Wasserstoffperoxid) Fe2+

H2O2 + e —→ OH- + OH . (Hydroxylradikal) Semichinone

Dismutation

O.2- + O.2- + 2 H+ —→ H2O2 + O2

(18)

2.3.2 Wichtige Sauerstoffspezies im Pansen (s. Tab. 2.5) 2.3.2.1 Das Superoxidanion

Das Superoxidanion, O.2-, entsteht durch Ein-Elektronen-Reduktion des Sauerstoffmoleküls im Grundzustand (MORRIS 1975; TALLY et al. 1977; PRIVALLE u. GREGORY 1979;

ELSTNER 1990; ROCHA et al. 1996; JENNEY et al. 1999):

O2 + 1e → O.2- (Superoxidanion)

Es kann auf verschiedene Weisen entstehen, z. B. im Pansen während der Interaktion molekularen Sauerstoffs mit verschiedenen zellulären Komponenten einschließlich reduzierten Flavinen, Flavoproteinen, Quinonen, Thiolgruppen, Eisenschwefelproteinen und Tetrahydropteridinen. Durch Enzyme, wie Aldehydoxygenase, Xanthinoxidase und zahlreichen Flavindehydrogenasen kann ebenfalls O.2- entstehen. Auch die Reduktion durch Eisenionen in Anwesenheit von Phosphat führt zu O.2- (MORRIS 1975).

Außerhalb des Pansens kann O.2- z. B. durch Ultraschallbestrahlung, Pulsradiolyse und Belichtung geeigneter Farbstoffe gebildet werden (ELSTNER 1990).

Extern gebildete Superoxidanionen sind fähig die bakterielle Zellwand zu durchdringen (GREGORY et al. 1974).

Das Superoxidanion stellt ein sehr reaktives freies Radikal dar (GREGORY u. FRIDOVICH 1973; MORRIS 1975; TALLY et al. 1977; DI GUISEPPI u. FRIDOVICH 1982;

SCHIAVONE u. HASSAN 1988; LISDAT et al. 1999). Es kann sowohl ein wirksames Reduktionsmittel wie auch ein Oxidationsmittel darstellen und Kettenreaktionen mit Bildung weiterer freier Radikale einleiten. In aeroben Bakterien kann O.2- durch kontrolliert ablaufende Hydroxylation verwertet werden. In unkontrolliert ablaufenden Reaktionen können jedoch Schäden an zahlreichen lebenswichtigen Zellkomponenten der anaeroben Pansenmikroorganismen entstehen (TALLY et al. 1977; ROLFE et al. 1978; DI GUISEPPI u.

FRIDOVICH 1982; SCHIAVONE u. HASSAN 1988). In wässrigem Milieu sind Superoxidanionen in der Lage untereinander zu Wasserstoffperoxid und Sauerstoff zu reagieren. Sie werden auf diese Weise durch die Dismutation beseitigt (MORRIS 1976). Bei Anwesenheit von Ascorbinsäure oder Mn2+-Ionen (im Futter) können die Superoxidanionen zu Wasserstoffperoxid reduziert werden ohne Bildung von Sauerstoff (EPEL u. NEUMANN 1973).

Die Reaktivitäten des Superoxids sind nach ELSTNER (1990) durch folgende Eigenschaften geprägt:

a) Lebensdauer b) Basizität c) Nukleophilie

d) Charakter eines freien Radikals e) O.2- als Ein-Elektronen-Reduktans f) O.2- als Ein-Elektronen-Oxidans

Lebensdauer und „steady state“-Konzentrationen

Die Lebensdauer des Superoxidanions ist von der Dismutationsrate abhängig. Die spontane Dismutationsrate beträgt bei einem pH von 7,8 ca. 8x 104 M-1 sec-1. Weil diese Dismutation einem Reaktionstyp zweiter Ordnung folgt, ist seine anfängliche Halbwertszeit umgekehrt proportional zu seiner Anfangskonzentration. So wäre die erste Halbwertszeit bei einer

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Anfangskonzentration von 10-4 M O.2- ca. 0,05 s, bei einer Anfangskonzentration von 10-10 M O.2- jedoch 14 Stunden (ELSTNER 1990).

In der Säugerleber z. B. ergäbe sich bei einer Bildungsrate von ca. 24 nmol O.2- min-1g-1 eine intramitochondrale steady state-Konzentration von ca. 10-11 M O.2- (CHANCE et al.1979).

Ein anderes Bild zeigt sich jedoch, wenn das Enzym Superoxiddismutase (s. Kap. 2.5.3.1) die Dismutation katalysiert. Dann läuft die enzymkatalysierte Reaktion als Reaktion „pseudo“- erster Ordnung ab und die Halbwertszeit von O.2- ist unabhängig von seiner Konzentration.

Eine durchschnittliche SOD-Konzentration von 10-5 M wird in Zellen aerober Gewebe angenommen. Die enzymkatalysierte Dismutation ist unter diesen Bedingungen 106 mal schneller als die Spontandismutation. Hieraus läßt sich die enorme Bedeutung dieses Enzyms erklären (ELSTNER 1990). Es befindet sich auch in einigen Pansenmikroorganismen (ROLFE et al. 1978; FULGHUM u. WORTHINGTON 1984; SHIMAMURA et al. 1992; s.

Kap. 2.5.3.1).

O2.- und Basizität

Superoxidanionen verhalten sich in aprotischen Medien, wie z. B. den Membranen der Pansenmikroorganismen, wie eine starke Base, denn der thermodynamisch bevorzugte Dismutationsprozeß verbraucht Protonen:

O.2- + H+ HO2.

HO2. + O.2- + H+ H2O2 + O2

Es können durch Protonenabstraktion Karbanionen gebildet werden, die schnell mit Sauerstoff reagieren:

HB + O2.- → HO2. + B- HO2. + O2.- → HO2- + O2

B- + HO2- + O2 HB + 2 O2.-

Nukleophilie von O2.-

In wässrigen („protischen“) Medien, wie der Pansenflüssigkeit, ist Superoxid ein schwaches Nukleophil (Elektronenpaar-Donor) und interagiert mit den Wasserstoffbindungen im Lösungsmittel. Darüber hinaus muß jeder nukleophile Angriff mit der Spontandismutation konkurrieren. In aprotischen Medien (z. B. Membranen) fehlen diese Störfaktoren. Dort ist O2.- eines der potentesten Nukleophile die man kennt.

O2.- als freies Radikal

Gewöhnlich reagieren Radikale auf zweierlei Art, nämlich durch a) Addition an Doppelbindungen und

b) Abstraktion labiler Wasserstoffatome.

Bemerkenswerterweise zeigt O2.- diese Reaktionen nicht, denn aus thermodynamischen Überlegungen ergibt sich, daß die Bindungsenergien der angegriffenen Moleküle stärker sind als die durch O2.- verursachten Elektronenverschiebungen in C═C- oder C—H-Bindungen.

Dort beobachtete Reaktionen gehen vermutlich auf ionische Reaktionen (Reaktion mit Radikal-Kationen) oder auf Protonenkatalyse zurück. Die hierbei entstehende Spezies HO.2 ist weit reaktiver als O2.- (ELSTNER 1990).

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O2.- als Reduktionsmittel

Das Grundprinzip der Dismutationsreaktion ist Elektronentransfer von O2.- zu O2.- . Daher ist verständlich, daß O2.- sowohl als Reduktions- als auch als Oxidationsmittel reagieren kann, abhängig vom Reaktionspartner und vom umgebenden Medium. In aprotischen Medien ist das Ein-Elektronen-Reduktionspotential bei - 0,57 V, in wässrigen Medien bei - 0,33 V angesiedelt. Bedeutsam ist die Reduktion von Peroxiden und Chinonen (ELSTNER 1990).

Metallionen wie Eisen fördern die Produktion der Radikale durch ihre katalytische Wirkung (TOUATI et al. 1995; JENNEY et al. 1999; GRAMZOW 2001).

Mn+

O2.- + H2O2 —→ OH- + OH . + O2

O2.- + Fe ( III ) —→ Fe ( II ) + O2

Cytochrom c Cytochrom c

Anzumerken ist, daß auch in strikt anaeroben Pansenbakerien, wie Selenomonas ruminantium, Anarovibrio lipolytica und Veillonella alcalescens, Cytochrome gefunden wurden (DE VRIES et al. 1974).

O2.- als Oxidationsmittel

Superoxidionen können SH-Gruppen oxidieren (JOCELYN 1970), wodurch wichtige Enzyme im Pansenstoffwechsel unwirksam werden.

Ascorbinsäure schützt davor (MATILLA 1985; SIES 1985; ELSTNER 1990). Sie reagiert sehr schnell mit Superoxid zu Dehydroascorbat. Es wird angenommen, daß diese Reaktion eine zentrale Rolle in der Detoxifizierung von reaktiven Sauerstoffradikalen spielt. Grüne Pflanzen und Früchte enthalten große Mengen Vitamin C. Es ist daher ein nicht zu vernachlässigender Bestandteil der Wiederkäuernahrung. FÜRLL et al. (1999) empfehlen z.B.

eine intravenöse Gabe (5 g) vor Labmagenrepositionen zur Verbesserung des antioxidativen Status.

Reaktionen von O2.- mit Peroxiden

Die stärksten in der Biologie bekannten Oxidantien (HO., RO.) entstehen durch die monovalente Reduktion von Peroxiden (HOOH, ROOH). Jedoch läuft unter physiologischen Bedingungen die Dismutation von O2.- so viel schneller ab, daß eine Elektronenübertragung auf die Peroxidbindung praktisch nicht auftritt (ELSTNER 1990).

Man kann nach FRIMER (1983) und BORS et al. (1979) formulieren:

K1

O2.- + ROOH —→ O2 + RO. + OH- K2

2 O2.- + 2 H+ —→ O2 + H2O2

K2 » K1

(K= Dissoziationskonstante)

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Superoxid und Lipidperoxidation

Lipidperoxide werden durch O2.- nicht reduktiv gespalten. TYLER (1975) stellte fest, daß eine meßbare Peroxidation von Membranlipiden nur unter Eisenkatalyse meßbar ist. Eine Erklärung wäre, daß durch Superoxid ein FeIII+-Komplex zu einem FeII+-Komplex reduziert wird, welcher schließlich das durch Dismutation entstandene H2O2 zum OH.-Radikal reduziert (PRIVALLE u. GREGORY 1979; ROCHA et al. 1996). Ein FeIII+-Komplex- O2.-- Addukt („Perferryl“) kann aber auch selbst das Oxidans darstellen (ELSTNER 1990).

2.3.2.2 Wasserstoffperoxid

Wasserstoffperoxid ist das erste stabile Produkt der monovalenten und divalenten Sauerstoffreduktion. Vermutlich reichert es sich unter bestimmten Bedingungen in Geweben und Zellkulturen an. Externes H2O2 kann in lebende Zellen eindringen und stellt dort ein starkes Zellgift dar (MORRIS 1975; ROLFE et al. 1978; MATILLA 1985; SCHIAVONE u.

HASSAN; ELSTNER 1990; ROCHA et al. 1996).

MEHLER (1951) demonstrierte, daß Wasserstoffperoxid das Produkt des photosynthetischen Elektronentransports ist.

Durch Dismutation von O2.- entsteht ebenfalls H2O2 (BEAUCHAMP u. FRIDOVICH 1971;

GREGORY u. FRIDOVICH 1973; MORRIS 1976; TALLY et al. 1977; PRIVALLE u.

GREGORY 1978; DI GUISEPPI u. FRIDOVICH 1982; VON STEIN et al. 1982;

SCHIAVONE u. HASSAN 1988; ROCHA et al. 1996).

Die H2O2-Entgiftung erfolgt enzymatisch mit Katalase, aber auch einige Peroxidasen sind in der Lage, Wasserstoffperoxid aus dem biologischem Gleichgewicht zu entfernen. Diese Enzyme schützen zahlreiche aerobe Mikroorganismen vor dem toxischen Wasserstoffperoxid.

Aber auch einige anaerobe Pansenmikroorganismen (s. Kap. 2.5.3.3) besitzen Katalase (ROLFE et al. 1978; PRIVALLE u. GREGORY 1979; YARLETT et al. 1983; ROCHA et al.

1996).

Durch die Katalasen werden folgende Reaktionen katalysiert:

2 H2O2 —→ 2 H2O + O2

Peroxidasen katalysieren diese Reaktion:

SH2 + H2O2 —→ S + 2 H2O

Das Substrat SH2 wird oxidiert. Der entstandene Sauerstoff liegt im Grundzustand ( 3O2 ) vor, Singulett-Sauerstoff ist nicht nachweisbar (MORRIS 1975; ELSTNER 1990).

Es kann unter bestimmten Umständen durch Katalase in einer der Peroxidase ähnlichen Reaktion nicht zur Freisetzung von Sauerstoff aus Wasserstoffperoxid kommen, und zwar immer, wenn die Peroxid-Produktion eine äquimolare Schwelle der Katalasenkonzentration nicht überschreitet. Bei Anwesenheit von Wasserstoffperoxid, bildet Katalase ein „aktives“

Oxidans, welches entweder mit einem anderen H2O2-Molekül unter Freisetzung von Sauerstoff im Grundzustand reagiert, oder zum inaktiven „Compound II“ zerfällt. Ebenfalls kann das „aktive“ Oxidans bei Anwesenheit eines geeigneten Substrats als „Compound I“

Peroxidasereaktionen simulieren. Das Compound I ist ein stärkeres Oxidationsmittel als Wasserstoffperoxid. So kann also über Compound I aus Wasserstoffperoxid neben der

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Inaktivierung zu Wasser ein stärkeres Oxidationsmittel gebildet werden. ELSTNER (1990) bezeichnet dies als „Disproportionierung“ einer potentiellen Toxizität.

Eine weitere monovalente H2O2-Reduktion ist der Ein-Elektronen-Transfer, der die Peroxidbindung spaltet. Es werden OH- - und OH.-Moleküle gebildet. Diese Reaktion ist nach ELSTNER (1990) eine Schlüsselreaktion für die Sauerstofftoxizität.

2.3.2.3 Das Hydroxylradikal

Aus Wasserstoffperoxid kann durch Transfer eines Elektrons das stark oxidierende OH- Radikal entstehen (ROLFE et al. 1978; PRIVALLE u. GREGORY 1979; DI GUISEPPI u.

FRIDOVICH 1982; ROCHA et al. 1996; JENNEY et al. 1999), welches eine nur sehr kurze Lebenszeit aufgrund seines Redox-Potentials von + 2 V hat und mit fast jeder Art von Molekülen reagiert. Die Halbwertszeit beträgt Mikrosekunden. Die Reaktionskonstanten mit organischen Reaktionspartnern (k-Werte) liegen im Bereich von 108 bis 1010 (M-1 x s-1; ELSTNER 1990).

Nach MORRIS (1976) wird das Hydroxylradikal in der als Haber-Weiss-Reaktion bekannten Reaktion gebildet:

O2.- + H2O2 + H+ —→ O2 + H2O + HO.

ELSTNER (1990), ROCHA et al. (1996) und JENNEY et al. (1999) beschreiben jedoch, daß in den letzten Jahren eine Katalyse dieser Reaktion durch Metallionen wie Fe2+ / Fe3+ als Chelat-Komplex nachgewiesen wurde. Es existieren neben der Katalyse durch Übergangsmetalle, Fe und Cu, noch zahlreiche andere Reaktionen der H2O2-Aktivierung, z. B. können Semichinone als Elektronendonatoren fungieren. Das Hydroxylradikal kann jedoch nicht nur aus Wasserstoffperoxid entstehen, sondern auch über ein Ozonid-Ion, O3-, bei niedrigen pH-Werten, z. B. in der Nähe von Membranen.

Das OH-Radikal reagiert mit sehr vielen verschiedenen Verbindungen, z.B. mit Lipiden, Aromaten, Kationen, Anionen, Nukleophilen, Aliphaten, α-Aminogruppen oder α- Hydroxygruppen. Bei der Zerstörung von DNA spielt das OH.-Radikal ebenfalls eine Rolle (ROCHA et al. 1996).

Daher sind für aerobe Zellen OH. -Fänger als Schutzsubstanzen wichtig, zu denen ELSTNER (1990) Mannit, Natriumformiat, Thioharnstoff und Harnstoff zählt. Als allgemeines Prinzip der OH. -Konkurrenz formuliert er:

a) OH. + Zielmolekül → Produkte → SCHADEN b) OH. + Fänger → Produkte → SCHUTZ

Die OH.-Produktion läuft in Abhängigkeit von dem Elektronendonator für H2O2

unterschiedlich schnell ab. Sobald die Affinität des Donors gegenüber H2O2 im Vergleich zu dessen Autoxidation sehr gering ist, wird viel Superoxid und Wasserstoffperoxid produziert, die OH.-Erzeugung bleibt aber gering. Wenn der Sauerstoffpartialdruck sinkt, ist die Autoxidation des Donors begrenzt und der Elektronentransfer zum H2O2 wird begünstigt. Es kann folglich bei strikt anaeroben Bedingungen im Pansen in Abwesenheit von H2O2 kein OH. entstehen. Allerdings ist der Pansen nicht gänzlich sauerstoffrei (s. Kap. 2.1).

ELSTNER (1990) beschreibt die Methioninoxidation zu Ethylen als Nachweisverfahren für in einem Experiment gebildete OH.-Radikale (s. Tab. 2.6).

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Tab. 2.6: Abhängigkeit der OH.-Radikalbildung vom Sauerstoffpartialdruck (ELSTNER 1990)

Ethylen gebildet (pmol/h)

Kontrolle + SOD + Katalase (50 U) (100 U) Anaerobiose

„Semi-Anaerobiose“ ( 1 µmol O2 ) Aerobiose ( 100 µmol O2 )

3 2 4 420 414 16 7 8 5 SOD = Superoxiddismutase (s. Kap. 2.5.3.1)

Reaktionen unter Semi-Anaerobiose (1 % O2), den Verhältnissen im Pansen entsprechend, und unter Aerobiose mit Fe3+ werden nicht durch SOD gehemmt.

Es läßt sich nur ein Effekt durch die Superoxxiddismutase in vitro zeigen, wenn der Sauerstoffpartialdruck nicht auf 1 %, sondern auf nur ca. 5 bis 10 % reduziert wird.

2.3.2.4 Singulett-Sauerstoff ( 1g )

Singulett-Sauerstoff, 1O2, ( 1g ), ist die biologisch relevante, angeregte Form des Sauerstoffmoleküls. 1O2 hat im Gegensatz zu Sauerstoff im Grundzustand π*-Elektronen mit antiparallelem Spin (MORRIS 1975), daher sind seine Reaktionen mit anderen Molekülen im Grundzustand nicht „spin-verboten“ und laufen mit annehmbaren oder schnellen Raten ab.

Seine Halbwertszeit beträgt 10-6 s (GRAMZOW 2001). Der erste Singulett-Zustand des Sauerstoffs benötigt ca. 22 kcal/mol an Aktivierungsenergie, um aus dem Grundzustand

„angehoben“ zu werden. Diese Energie kann aus Lichtquanten bezogen werden. Aber auch bei bestimmten Zerfallsprozessen von organischen Hydroperoxiden soll Singulett-Sauerstoff entstehen (ELSTNER 1990). FOOTE wies 1979 darauf hin, daß Singulett-Sauerstoff von einer Vielzahl biochemisch möglicher Reaktionen gebildet werden kann, wobei eine eindeutige Identifizierung schwierig ist. 1O2 entsteht folglich auch im Pansen.

Die meisten organischen Verbindungen reagieren mit 1O2 (MORRIS 1975; ROLFE et al.

1978; MATILLA 1985). ELSTNER (1990) unterscheidet zwei grundsätzliche Verbindungs- typen. Und zwar solche, die den physikalischen Anregungszustand löschen („Quencher“) und solche, die mit 1O2 chemisch reagieren, also Produkte bilden („Traps“). Der bekannteste 1O2 - Reaktionspartner ist α-Tocopherol. Neben den Photosensibilisatoren existiert eine große Anzahl von Quenchern angeregter Zustände, zu denen Carotin und α-Tocopherol gehören.

Ihre zusätzliche Verabreichung wird heute zum Schutz der Tiere vor „oxidativem Streß“

empfohlen (SIES 1985; FÜRLL et al. 1999; GRAMZOW 2001). Mit organischen Verbindungen, die eine oder mehr Doppelbindungen enthalten, bildet Singulett-Sauerstoff Endoperoxide, Hydroperoxide oder Dioxetane (FRIMER 1983).

ELSTNER (1990) weist darauf hin, daß Reaktivität und Toxizität des Singulett-Sauerstoffs auch für Bakterien -(Einzeller-) Kulturen, Zellgewebe und intakte Mehrzeller gilt. In einem Experiment mit Salmonella typhimurium- und Escherichia coli-Stämmen zeigte sich, daß 1O2

um Größenordnungen toxischer ist als H2O2. Eine Überproduktion der 1O2-Quencher Histidin und Carnosin (β-Alanyl-L-Histidin) erhöhten die Überlebenschancen. Dagegen erniedrigte eine inkomplette Zellwand-Lipopolysaccharidsynthese die Überlebenschancen.

Singulett-Sauerstoff hat folglich eine entscheidene Rolle in der Sauerstofftoxizität auf anaerobe Pansenmikroorganismen (MORRIS 1975; WIMPENNY u. SAMAH 1978; FOOTE 1979; ELSTNER 1990; GRAMZOW 2001).

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2.4 Toxizität von Sauerstoff

Während früher angenommen wurde, das Sauerstoffmolekül an sich wäre toxisch für die anaeroben Pansenmikroorganismen, kann heute dank verbesserter Meßtechniken viel genauer differenziert werden.

a) Molekularer Sauerstoff ist toxisch

PASTEUR (1861) fand als erster mit Hilfe von anaeroben Buttersäurebakterien heraus, daß Luft ihrer Motilität und Fermentation schadet. Er postulierte molekularen Sauerstoff als Ursache. Allerdings können Nebenprodukte der Oxidation, wie Wasserstoffperoxid, oder ein erhöhtes Redoxpotential als eigentliche Ursache nicht ausgeschlossen werden. Innerhalb der anaeroben Pansenmikroorganismen gibt es große Unterschiede in der Sauerstoff- empfindlichkeit. Z.B. besitzt das fakultativ anaerobe Lactobacillus plantarum weder Katalase, Peroxidase noch Superoxiddismutase (s. Kap. 2.5.2), ist aber resistent gegenüber Sauerstoff (ARCHIBALD u. FRIDOVICH 1981). MORRIS (1975) führt die Sauerstofftoleranz auf sein Unvermögen der Sauerstoffverwertung zurück und nimmt an, daß erst die Sauerstoffnebenprodukte zur Toxizität führen. Die These, daß molekularer Sauerstoff allein toxisch wirkt, ist demnach nicht haltbar.

b) Änderung des Redoxpotentials durch Sauerstoff

Die Anwesenheit von freiem Sauerstoff ist unvereinbar mit dem Erreichen und Aufrechterhalten des für das Bakterienwachstum notwendigen niedrigen Eh–Werts im Pansen.

Zudem raubt die bevorzugte Reduktion des exogenen Sauerstoffs den Mikroorganismen Reduktionskraft, die sie für die Biosynthese benötigen (MORRIS 1976). Auch ONDERDONK et al. (1976) vermuten, daß die Sauerstofftoxizität auf eine Änderung des Redoxpotentials zurückzuführen ist.

MAROUNEK u. WALLACE (1984) wiesen nach (Untersuchungen von Einflüssen des Redoxpotentials und des Sauerstoffpartialdrucks auf anaeroben Pansenbakterien), daß nicht das Redoxpotential, sondern die Anwesenheit von Sauerstoff der entscheidende toxische Faktor ist. Zu den selben Ergebnissen kamen auch WALDEN u. HENTGES (1975) bei strikten Anaerobiern der menschlichen Intestinalflora. Clostridium acetobutylicum verhält sich in gleicher Weise (O´BRIEN u. MORRIS 1971). Molekularer Sauerstoff oder seine Derivate, und nicht ein hohes Redoxpotential, wirken also toxisch (MORRIS 1979). In Untersuchungen von BARRY et al. (1977) hatte O2 nur geringen Einfluß auf das Redoxpotential.

c) Sauerstoff konkurriert um Elektronen als terminaler Akzeptor

ELLIS et al. (1991 b) untersuchten den Einfluß von O2 auf den Hydrogenosomen besitzenden Ciliaten des Pansens Polyplastron multivesiculatum. Der Ciliat ist empfindlich gegenüber niedrigen Werten von Sauerstoff. O2 konkurriert mit Protonen in den Hydrogenosomen und fungiert als alternativer terminaler Akzeptor für Elektronen, die in der Pyruvatoxidation freigesetzt werden. Auch andere Eukaryonten, die Hydrogenosomen besitzen, sind sauerstoffempfindlich. Durch den alternativen Elektronenakzeptor werden Stoffe, die für biochemische Reaktionen benötigt werden, nicht reduziert (MORRIS 1975).

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d) Sauerstoff oxidiert essentielle Thiolgruppen und Enzyme

Die anaeroben Mikroorganismen des Pansens sind sauerstoffempfindlich, da ihr Metabolismus und Wachstum von Schlüsselenzymen abhängig sind, die zur Autoxidation neigen. Dazu gehören z. B. SH-Komponenten, Eisen-Schwefel-Proteine, Tetrahydropteridine und Flavoproteine. Auch kann das Wachstum durch die Oxidation des metabolischen Schlüsselenzyms verhindert werden, vermutlich entweder durch direkte Reaktion mit Sauerstoff oder um im Gleichgewicht mit einem anderen autoxidierbaren Redoxpaar zu sein (MORRIS 1976).

Enzyme, die essentielle Sulfhydrylgruppen enthalten, werden besonders leicht durch Sauerstoff inaktiviert (BARRON 1955; HAUGAARD 1968). Viele Flavoproteine enthalten freie Sulfhydrylgruppen. Hierzu gehören Lipoyl-Dehydrogenase, Succinat-Dehydrogenase, Xanthin-Oxidase, D-Aminosäure-Oxidase, Laktat-Dehydrogenase und Cytochrom c-Reduktase. Viele intrazelluläre Substanzen, wie Metaboliten, Coenzyme oder Metallionen, beeinflussen die Inhibition der Enzyme durch Sauerstoff. Die Zellvermehrung wird stärker als der Energiemetabolismus beeinflußt (z. B. wird das Wachstum von Escherichia coli bei 2 bis 3 atm Sauerstoff gestoppt). WOLIN et al. (1956) zeigten bei Staphylococcus aureus eine Inhibition der Pyruvatoxidation durch Methylenblau oder 1 atm Sauerstoff. Die Zugabe von Mg2+ und Thiamin zum Nährmedium verhütete die toxischen Sauerstoffeffekte.

Die Oxidation von Sulfhydrylgruppen kann nach HAUGAARD (1968) im Zusammenhang mit etlichen toxischen Effekten des Sauerstoffs stehen.

Sauerstoff kann ebenso Ferredoxin, oder inaktive spezifische Enzyme, wie Nitrogenase in nitrogenfixierenden Bakterien, oxidieren (MORRIS 1975). Die Inhibition der bakteriellen Hydrogenase-Aktivität ist wahrscheinlich auf Autoxidation von Ferredoxin zurückzuführen (HAUGAARD 1968). Ferredoxin ist in vielen Bakterien, einschließlich Clostridien, vorhanden (FREDERICKS u. STADTMAN 1965). Die Oxidation von Ferredoxin kann eine Rolle bei der Sauerstofftoxizität bei vielen Organismen spielen (HAUGAARD 1968).

Eine Inhibition hydrolytischer Enzyme zeigten ROSENBAUM et al. (1966) in vivo. Sie setzten Protozoen der Art Paramecium caudatum einem erhöhten Sauerstoffpartialdruck aus.

Innerhalb von zwei Stunden war die enzymatische Aktivität um 90 % verringert.

Obwohl Sauerstoff das Oxidationsmittel mit dem höchsten Oxidationspotential ist, ist es gleichzeitig das langsamste Oxidans. Die Bindung zwischen den Sauerstoffatomen ist so stark, daß die Oxidation durch Sauerstoff mit der Bildung von freien Radikalen eingeleitet werden muß. Dieses kann z. B. durch hohe Temperatur, Licht (in vitro), Schwermetallen (aus dem Futter) oder ionisierende Strahlung geschehen (HAUGAARD 1968). Die Oxidation von Enzymen kann daher nur langsam ablaufen (Thiolgruppen-Oxidation: 0,2 % min-1; STEES u.

BROWN 1973; MORRIS 1975). Dieses spricht gegen die Oxidation von Enzymen als Hauptursache der Sauerstofftoxizität. Aber sie spielt ohne Zweifel eine Rolle, denn die Inaktivierung von SH-haltigen Enzymen und auch anderen Enzymen wurde oft dokumentiert.

e) Produkte des Sauerstoffs sind toxisch, besonders freie Radikale

Die Toxizität des Sauerstoffs ist den Produkten seiner Interaktion mit dem Organismus und/oder Komponenten dessen Kulturmediums zuzuschreiben. Im Gegensatz zu den aeroben Bakterien fehlen den Pansenanaerobiern Mittel, um diese Substanzen zu detoxifizieren.

Toxische Produkte sammeln sich unter Sauerstoffeinfluß im Nährmedium an, z. B. organische Peroxide, Aldehyde, freie Radikale. Ständig werden toxische Produkte, oder entstehende

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Nebenprodukte bei Reaktionen des Sauerstoffs mit reduzierten Zellbestandteilen, wie Eisen- Schwefel-Proteinen, Tetrahydropteridinen oder Flavoproteinen, gebildet. Ebenfalls entstehen toxische Produkte bei der Aktivität bestimmter Oxidasen und Flavindehydrogenasen.

Wasserstoffperoxid, Superoxidanion, Hydroxylradikal und Singulettsauerstoff sind die wichtigsten toxischen Produkte (MORRIS 1976).

In Selenomonas ruminantium wird Sauerstoff durch NADH-Oxidase zu Wasser oder Hydrogenperoxid reduziert, wobei als toxisches Nebenprodukt das Superoxidanion entsteht (MORRIS 1975).

Produkte der Sauerstoffreduktion, wie Superoxidanionen und Hydrogenperoxide, können akkumulieren und Zellschäden verursachen (SAMAH u. WIMPENNY 1982).

Ebenso können die Metaboliten des Sauerstoffs toxisch sein. Dieses sind Singulett-Sauerstoff, Superoxidanion, Wasserstoff und das freie Hydroxylradikal. Die Abwesenheit von Katalase bei Anaerobiern ließ MC LEOD und GORDON (1923) vermuten, daß Wasserstoffperoxid das toxische Reagenz ist. Dieses wird aber 1975 von MORRIS angezweifelt.

GILBERT et al. (1957, 1958) untersuchten den Effekt des Sauerstoffs auf die DNA und Natriumalginat und beobachteten die Bildung von Wasserstoffperoxid unter Sauerstoffeinwirkung. Es wurden Experimente mit reduziertem Glutathion unter verschiedenen Sauerstoffpartialdrücken durchgeführt. Die Wasserstoffperoxidmenge nimmt mit steigendem Sauerstoffdruck zu. GILBERT et al. (1957) postulierten, daß H2O2 bei der Autoxidation des reduzierten Gluthations (GSH) unter Bildung freier Radikale entsteht, wie im folgenden Schema:

GSH + O2 → GS. + HO2.

GSH + HO2. → GS. + H2O2

2 GS. → GSSG

_____________________________________________________

Summe: 2 GSH + O2 → GSSG + H2O2

2 GSH + H2O2 → GSSG + 2 H2O _____________________________________________________

Summe: 4 GSH + O2 → 2 GSSG + 2 H2O

Das Peroxidradikal (HO.) oder H2O2 sind verantwortlich für die Depolymerisation der DNA bzw. des Natriumalginats. GILBERT (1963, 1964) wies darauf hin, daß Glutathion als Pro- Oxidant oder als Antioxidant wirken kann. Es kann die Bildung freier Radikale und Perhydroxyl, welche verschiedene reaktive Gruppen oxidieren können, veranlassen. Genauso kann es freie Radikale abfangen.

BROWN et al. (1998) wiesen allerdings daraufhin, daß das einst als ubiquitär vorkommend angesehene Glutathion in vielen Eubakterien und Archebakterien (dazu gehören die Methanbildner) fehlt.

Aus diesen Experimenten entwickelte sich die Theorie, daß die Toxizität des Sauerstoffs auf eine Zunahme freier Radikale im Zellinneren zurückzuführen ist. Die Zerstörung von Enzymen und Zellfunktionen wird demnach durch freie Radikale verursacht.

Der Mechanismus, wie die Freisetzung des Superoxidanionradikals zur Schädigung der Bakterien führt, ist noch nicht ganz geklärt, aber es wird angenommen, daß die Entwicklung weiterer reaktiver Radikale, wie OH., Singulett-Sauerstoff und Hypochlorid oder Hypothiocyanat entscheidend ist (DEL MAESTRO 1980).

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FRIDOVICH (1978) und FEE (1980) weisen auf die Bedeutung von O2.- und dessen Stoffwechselprodukten im Rahmen der Sauerstofftoxizität hin. Sie führen unter anderem zur DNA-Depolymerisation, Peroxidation von Lipiden, Depolymerisation von Polysacchariden und Abtötung von Bakterien, Viren und Mycoplasmen. Dieses wird ebenfalls von GREGORY et al. (1973), MICHELSON u. BUCKINGHAM (1974), BABIOR et al. (1975), KELLOG u. FRIDOVICH (1975) und VAN HEMMEN und MEULING (1975) beschrieben.

TALLY et al. (1977) weisen auf die Gefährlichkeit von Superoxidradikalen (O2.-) hin. Sie sind extrem reaktiv und können Zellschäden verursachen.

SIES (1984) faßt die Schäden, die durch O2.-, OH. und 1O2 verursacht werden, folgendermaßen zusammen:

Die DNA wird geschädigt durch eine Steigerung der Mutationsrate und einen Anstieg der Strangbrüche. Es kommt zu einer Enzyminhibition. Lipide werden oxidiert, insbesondere ungesättigte Fettsäuren, verbunden mit Membranzerstörungen.

Außerdem können lebende Zellen durch die Produktion von O2.- geschädigt bzw. abgetötet werden (MICHELSON u. BUCKINGHAM 1974; GOLDBERG u. STERN 1976; KELLOG u. FRIDOVICH 1977).

Mit H2O2 kann O2.- in der sogenannten „Haber-Weiss-Reaktion“, in Anwesenheit von Fe2+- Ionen als Katalysator, reaktive OH-Radikale bilden (HABER u. WEISS 1934).

Fe2+

O2.- + H2O2 + H+ —→ O2 + H2O + HO.

Mehrere Autoren nehmen an, daß auch in lebenden Zellen diese „Haber-Weiss-Reaktion“

ablaufen kann. Der enzymatische Abbau von O2.- und H2O2 schützt vor OH-Radikalbildung (FRIDOVICH 1972; BORS et al. 1980; HALLIWELL et al. 1980; HASSAN 1983; SIES 1984).

Hingegen zeigt FEE (1980), daß Fe2+ in der Zelle nicht verfügbar ist, sondern als Ferritin, Hämoglobin und Myoglobin im Komplex vorliegt und daher nicht die „Haber-Weiss- Reaktion“ katalysieren kann. Außerdem ist die intrazelluläre H2O2-Konzentration sehr niedrig, während der Gehalt an reduzierbaren Zellstrukturen, die mit O2.- eher reagieren als Fe3+, hoch ist. Daher lehnt er die O2.-Toxizität-Theorie ab und erwähnt in diesem Zusammenhang Versuche, in denen O2.- mit folgenden Komponenten nicht reagiert hat:

Nukleinsäuren, Poliovirus, Cholesterin, H2O2 und Hyaluronsäure.

DI GUISEPPE und FRIDOVICH (1982) führten Versuche mit dem fakultativ anaeroben Keim Streptococcus sanguis (gehört zu den oralen Streptokokken des Menschen, PSCHYREMBEL 1994) durch, um festzustellen, ob die Sauerstofftoxizität auf Superoxidradikale oder Hydroxylradikalbildung zurückzuführen ist. Streptococcus sanguis besitzt eine Magnesium-enthaltende Superoxiddismutase (s. Kap. 2.5.3.1), aber keine Katalase oder Peroxidase. Höhere Werte an Superoxiddismutasen-Aktivität, entstanden durch Sauerstoffeinfluß, schützten vor Schäden durch Sauerstoff, hingegen hatte das Hinzufügen von Katalase keinen schützenden Effekt. Dieses zeigt, daß H2O2 bei Streptococcus sanguis nicht der Faktor in der Sauerstofftoxizität sein kann, und folglich auch nicht das hieraus entstehende Produkt OH. . Daher ist das Superoxidradikal, gegen das die Superoxiddismutase ein Schutzmechanismus darstellt, das toxische Agens der Sauerstofftoxizität bei Streptococcus sanguis. Zu den gleichen Ergebnissen führten Versuche mit Escherichia coli (HASSAN u. FRIDOVICH 1977 a, b, 1979 a, b).

Da Streptococcus sanguis kein Eisen enthält, kann die in vitro demonstrierte Haber-Weiss- Reaktion bei Streptococcus sanguis nicht katalysiert werden, und OH-Radikale können nicht entstehen (DI GUISEPPE u. FRIDOVICH 1982).

(28)

MATTILA (1985) stellte bei Untersuchungen mit Staphylococcus aureus und Streptococcus agalactiae hingegen fest, daß Katalase gut vor Sauerstofftoxizität schützte, während Superoxiddismutase einen geringeren Schutzeffekt ausübte.

Für den microaerophilen Campylobacter jejuni wiesen JUVEN und ROSENTHAL (1985) unter Sauerstoffeinfluß höhere Überlebensraten und ein besseres Wachstum nach, wenn dem Nährmedium mehr Katalase hinzugefügt wurde. Hingegen vermochte Superoxiddismutase nicht vor toxischen Effekten des Sauerstoffs zu schützen. Diese Versuchsergebnisse zeigen, daß für Campylobacter jejuni Wasserstoffperoxid ein wichtiger Faktor in der Sauerstofftoxizität ist. Hingegen scheinen Superoxidradikale und das starke Oxidationsmittel OH. aufgrund des fehlenden Schutzes durch Superoxiddismutase hier keine Rolle zu spielen.

Auch die Zugabe des Hydroxylradikal-Fängers Cysteamin zum Nährmedium erhöhte die Erhohlungsrate geschädigter Zellen nicht.

In ihren Versuchen stellten JUVEN und ROSENTHAL (1985) außerdem fest, daß Licht einen großen Einfluß auf die Toxizität hat. Besonders große Effekte der Sauerstofftoxizität zeigten sich bei der Kultivierung der Campylobacter jejuni-Stämme in Licht und aerob. Es konnten um 2 bis 3 log10erniedrigte Auszählungswerte ermittelt werden im Vergleich zu im Dunkeln und unter anaeroben Bedingungen gewachsenen Kulturen (s. Tab. 2.7). Der Pansen ist zwar dunkel, doch die meisten in-vitro Versuche, wie mit dem RUSITEC, werden unter Lichteinfluß durchgeführt.

Tab. 2.7: Wachstum von Campylobacter jejuni auf Nährböden, die unter verschiedenen Lichtbedingungen und Gasatmosphären vor der Beimpfung gelagert wurden (JUVEN u. ROSENTHAL 1985)

Wachstum in Prozent *

Umgebung** Stamm Nr. 2 Stamm Nr. 200 Stamm Nr. 16

Kontrolle Dunkel / Luft Dunkel / H2***

Licht / Luft Licht / H2

56 100 96 0,8 98

4,8 100 117 0,7 119

28 100 117 3,2 88

* Beimpfung der Nährböden nach der Lagerungsperiode und Auszählung derer mit 20 – 200 Kolonien und Verrechnung der Ergebnisse als Prozent von den theoretisch

erwarteten bei vorheriger Lagerung von 0,1 ml der korrespondierenden Bakterienverdünnung im Dunkeln unter Lufteinfluß

** 48 h bei 30°C

*** 90 % H2 und 10 % CO2

Insgesamt wird heute die Toxizität des Sauerstoffs auf aktivierte Sauerstoffspezies (s. auch Kap. 2.3) zurückgeführt. Dazu gehören Superoxidanionen, Wasserstoffperoxid, Singulett- Sauerstoff und Hydroxylradikale (CRAPO u. TIERNEY 1974; GREGORY et al. 1974;

FRANK et al. 1978; SHOESMITH u. WORSLEY 1984; TURRENS et al. 1984;

HALLIWELL u. GUTTERIDGE 1985; SOUTHORN u. POWIS 1988; BROWN et al. 1998).

Eine Übersicht der verschiedenen Ursachen und Mechanismen der Sauerstofftoxizität geben Tabb. 2.8 und 2.9.

(29)

Tab. 2.8: Zusammenstellung der Literatur zur antimikrobiellen Wirkung von unterschiedlichen O2-Spezies

Verursacher der Toxizität Autor / Jahr

Molekularer Sauerstoff O`BRIEN u. MORRIS 1971

WALDEN u. HENTGES 1975 MORRIS 1975, 1976, 1979

MAROUNEK u. WALLACE 1984 ELLIS et al. 1991 a, b

Bildung reaktiver Sauerstoffspezies, wie Superoxidanion, Wasserstoffperoxid Hydroxylradikal und Singulett-Sauerstoff

CRAPO u. TIERNEY 1974 GREGORY et al. 1974 MORRIS 1976

CARLSSON et al. 1978 FRANK et al. 1978 ROLFE et al. 1978 DEL MAESTRO 1980

SAMAH u. WIMPENNY 1982 SHOESMITH u. WORSLEY 1984 SIES 1984

TURRENS et al. 1984

HALLIWELL u. GUTTERIDGE 1985 SOUTHORN u. POWIS 1988

JACOBSON u. EMERY 1991 BROWN et al. 1998

Wasserstoffperoxid als toxisches Agens MC LEOD u. GORDON 1923 GILBERT et al. 1957, 1958 JUVEN u. ROSENTHAL 1985 MATTILA 1985

Superoxidanionradikale wirken als toxisches Agens

MICHELSON u. BUCKINGHAM 1974 GOLDBERG u. STERN 1976

KELLOG u. FRIDOVICH 1977 TALLY et al. 1977

FRIDOVICH 1978

HASSAN u. FRIDOVICH 1977 a, b, 1979 a, b

DEL MAESTRO 1980 FEE 1980

DI GUISEPPE u. FRIDOVICH 1982 OH-Radikalbildung durch die HABER-

WEISS-REAKTION aus Superoxidanionen und Wasserstoffperoxid in Anwesenheit von Eisen

HABER u. WEISS 1934 FRIDOVICH 1972 BORS et al. 1980

HALLIWELL et al. 1980 HASSAN 1983

SIES 1984

(30)

Tab. 2.9: Mechanismen der Sauerstofftoxizität

Mechanismus der Toxizität Autor / Jahr O2 wirkt als Oxidant, Eh-Wert ändert sich,

Autoxidation von Schlüsselenzymen

MORRIS 1976

ONDERDONK et al. 1976 O2 ist toxisch, aber nicht die Änderung des

Redoxpotentials

O`BRIEN u. MORRIS 1971 WALDEN u. HENTGES 1975 MORRIS 1979

MAROUNEK u. WALLACE 1984 Sauerstoff als alternativer

Elektronenaktzeptor

MORRIS 1975

ELLIS et al. 1991 a, b Inaktivierung wichtiger intrazellulärer

Komponenten durch O2

MORRIS 1975, 1976 Inaktivierung vieler Enzyme, besonders derer,

die Sulfhydrylgruppen enthalten

BARRON 1955 WOLIN et al. 1956

ROSENBAUM et al. 1966 HAUGAARD 1968 MORRIS 1975 Oxidation von Ferredoxin, das in vielen

Bakterien enthalten ist

FREDERICKS u. STADTMAN 1965 HAUGAARD 1968

MORRIS 1975 Schädigung der DNA

Peroxidation von Lipiden

Depolymerisation von Polysacchariden

GILBERT et al. 1957, 1958 GREGORY et al. 1974

MICHELSON u. BUCKINGHAM 1974 BABIOR et al. 1975

KELLOG u. FRIDOVICH 1975 VAN HEMMEN u. MEULING 1975 FRIDOVICH 1978

FEE 1980 SIES 1984

Membranzerstörung SIES 1984

Zellschäden MICHELSON u. BUCKINGHAM 1974

GOLDBERG u. STERN 1976 KELLOG u. FRIDOVICH 1977 TALLY et al. 1977

(31)

2.5 Mechanismen gegen die Sauerstofftoxizität

Gegen die Toxizität der im Pansen entstehenden Sauerstoffspezies (s. Kap. 2.3 und 2.4) existieren verschiedene Abwehrmechanismen.

2.5.1 Sauerstoffaufnahme durch das Pansenepithel

Ein Teil des oral und durch Diffusion aus den Blutkapillaren der Pansenwand in den Pansen gelangenden Sauerstoffs (CZERKAWSKI u. BRECKENRIDGE 1969; s. Kap. 2.1) wird durch das Pansenepithel aufgenommen. Hieran ist zu 21,7 bis 24,6 % eine Na+-K+-ATPase beteiligt (KELLY et al. 1993). Der übrige aufgenommene Sauerstoff wird bei Proteinsynthese und –abbau im Epithel verbraucht oder durch andere Mechanismen, wie die Ca2+-ATPase und den Na+-H+-Antiport abtransportiert (KELLY u. BRIDGE 1990; GÄBEL u. MARTENS 1991). 7,76 Mikroliter Sauerstoff pro Milligramm Trockensubstanz (Futter) und Stunde werden im Gastrointestinaltrakt verbraucht (MC BRIDE u. MILLIGAN 1984), das sind etwa 25 % der gesamten O2-Aufnahme des Tieres (KELLY et al. 1993). Den Hauptanteil daran besitzen die Vormägen.

Jedoch verbleibt immer noch eine nicht zu vernachlässigende Menge Sauerstoff im Pansen.

SCOTT et al. (1983) konnten z. B. 1600 nmol/l gelösten Sauerstoff in der Pansenflüssigkeit messen (s. Kap. 2.1).

2.5.2 Mikroorganismen des Pansens

Einige anaerobe Mikroorganismen des Pansens sind extrem sauerstoffempfindlich. Es stellt sich die Frage, wie ihr Überleben trotz des ständig in den Pansen gelangenden Sauerstoffs (s. Kap. 2.1) ermöglicht wird.

2.5.2.1 Sauerstoffabwehr durch Protozoen

Protozoen spielen eine wichtige Rolle in der Sauerstoffverwertung im Pansen (WILLIAMS 1986) und ermöglichen dadurch das Überleben strikt anaerober Bakterien. Die Protozoen wurden früher als obligat anaerob angesehen, jedoch werden sie besser als aerotolerant oder oxydur bezeichnet (WILLIAMS u. COLEMAN 1992, 1997). Holotricha sind sauerstoff- toleranter als andere Pansenziliaten (HUNGATE 1966), jedoch können sie nicht längere Zeit unter aeroben Bedingungen überleben.

Die Protozoen halten sich in den Phasen zwischen den Fütterungen in der Nähe der Pansenwände auf. Auf diese Weise kommt es unter in-vivo-Bedingungen zum Kontakt der Protozoen mit Sauerstoff (ABE et al. 1981), der durch das Epithel aus den Blutkapillaren (s.

Kap. 2.1) in den Panseninhalt übertritt (CZERKAWSKI 1986).

Die Protozoen nehmen aktiv gelösten Sauerstoff auf (SCOTT et al. 1983; HILLMAN et al.

1985 b; ELLIS et al. 1989 a, b) und schützen durch die Entfernung des Sauerstoffs empfindlichere Organismen, z. B. methanbildene Bakterien (HILLMAN et al. 1988; ELLIS et al. 1990 a, b). Die extrem sauerstoffempfindlichen Methanbildner haften an den Protozoen und können auf diese Weise auch größere Sauerstoffmengen im Pansen nach der Futteraufnahme überleben. Daher bilden faunierte Tiere mehr Methan als defaunierte

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