NUTZTIERE
Yves Arrigo
62 92013 · UFA-REVUE
Der Energiegehalt (Nettoenergie Laktation NEL oder Nettoenergie Mast NEV) von Maissilage lässt sich auf zwei verschiedene Arten erhö- hen. Die erste ist eher landwirtschaftli- chen Lohnunternehmen vorbehalten.
Hier werden spezielle Maschinen benö- tigt, mit denen sich in bestimmten Rei- hen nur die Kolben ernten lassen und die Pflanzenreste mehr oder weniger stark gehäckselt zur Humusbildung auf dem Feld verbleiben. Die zweite Tech- nik besteht darin, die Schnitthöhe he- raufzusetzen und die wenig verdauliche Stängelbasis der Maispflanzen auf dem Feld zu lassen. Worauf wird effektiv ver- zichtet, wenn die den Tieren vorgelegte Silage energiereicher ist, weil ein Teil der Ernte auf dem Feld verbleibt? Diese Frage wurde von Agroscope Liebefeld- Posieux untersucht.
Zusammensetzung variiert Die Bestimmung der Stängel-, Blätter- und Kolbenanteile des Silomais erfolgte an- hand von Proben aus je 20 Pflanzen, die 20 cm über dem Boden geerntet und in vier Teile zerschnitten wurden (20 bis 70 cm, 70 bis 120 cm, 120 bis 220 cm und über 220 cm). Die Pflanzenteile wurden pro Zone quantitativ erfasst und anschliessend analysiert. Zum Zeitpunkt der Ernte berechnete man die Nährwer- te der Silagen aus den Gehalten der Frischpflanze.
Verglichen wurden 70cm über dem Boden geschnittene Maisganzpflanzen (GP-70), 2 Reihen Ganzpflanzen und 1 Reihe Kolben (2GP + 1 Kolben) sowie 2 Reihen Ganzpflanzen und 2 Reihen Kol- ben (2 GP + 2 Kolben). Bei der Interpre- tation ist zu beachten, dass die Entwick- lung der Pflanzen von der Temperatur,
Wasserversorgung und vom Boden ab- hängt und die Inhaltsstoffe von Jahr zu Jahr deutlich variieren können.
Energiesteigerung Nun zu den Er- gebnissen der Untersuchung: Mit der selektiven Methode 2 GP + 2 Kolben lässt sich der höchste Energiegehalt (+8.2 % NEL und +10.6 % NEV) erzielen.
Mit der Technik 2 GP + 1 Kolben kann der NEL-Gehalt um 5.1 % und der NEV- Gehalt um 6.7 % erhöht werden.
Schneidet man 70 cm hoch (GP-70), steigen der NEL-Gehalt der Silage um 3.1 % und der NEV-Gehalt um 3.9 % (Ta- belle 1).
Bis 4 t/ha bleiben auf Feld Die Anreicherungstechniken gehen damit einher, einen Teil des Pflanzenmaterials auf dem Feld zurückzulassen. Bei dem am höchsten konzentrierten Futter
2 GP + 2 Kolben bleibt mit mehr als 4 t pro Hektare auch die höchste Menge an Trockensubstanz (TS) auf dem Feld. Bei einer Energieanreicherung des Futters über die Schnitthöhe (GP-70) bleiben 2.3 t TS zurück. Wie viel Milch oder Fleisch aus den Pflanzenresten produ- ziert werden könnte, zeigt die Schät- zung in Tabelle 2.
Kraftfutterersparnis Bei den drei beschriebenen Anreicherungstechniken ist das Milch- und Fleischpotenzial im Vergleich zur Pflanzenvollernte vermin- dert. Eine Anreicherung bei der Ernte ist dann gerechtfertigt, wenn das Potenzial der auf dem Feld zurückgelassenen Bio- masse durch Einsparungen an Kraftfut- ter, Transportkosten oder Infrastruktur- kosten für die Lagerung kompensiert werden kann. Damit sich die Kraftfut- tereinsparungen bewerten lassen, wur-
Am besten wird die ganze Maispflanze
geerntet.
SILOMAIS Indem bei der Ernte nicht alle Pflanzen komplett geerntet werden, kann bei der Silomaisernte ein höherer Energiegehalt des Futters erreicht werden.
Lohnt sich dieser Energiegewinn auf Kosten von Trockensubstanz und Nährstoffen?
Die Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux hat hierzu eine Untersuchung durchgeführt.
Trockensubstanz oder Energie?
UFA-REVUE ·92013 63 NUTZTIERE
1500 500 0 – 500 – 1500 – 2500 – 3500
4000 3000 2000 1000 0 – 1000 – 2000 – 3000
Fazit Wird die Energiedichte des ge- ernteten Futters erhöht, ist die verfüt- terte Ration gleichzeitig auch ärmer an Fasern, die für gutes Wiederkäuen un- verzichtbar sind. Der für die Erhöhung der Energiedichte auf dem Feld verblei- bende Teil der Pflanzen wird durch die Kraftfuttereinsparung nicht kompen- siert. Zu einer solchen Negativbilanz kommt es sowohl in der Milch- als auch in der Fleischproduktion. Eine Energie- anreicherung von Maissilage rechtfertigt sich nur bei einer Überproduktion, die keinen Absatz findet oder bei Kraftfut- terknappheit, welche untragbar hohe Preise zur Folge hat. 䡵
Kraftfuttereinsparung 䡵 nicht erzeugte Milch 䡵 Bilanz 䡵
2 Reihen Ganzpflanzen, 2 Reihen Kolben Ganzpflanzen,
Schnitthöhe 70 cm
in CHF/ha
Grafik 1: Resultate in der Milchproduktion
Kraftfuttereinsparung 䡵 nicht erzeugtes Fleisch 䡵 Bilanz 䡵
2 Reihen Ganzpflanzen, 2 Reihen Kolben
Autor Yves Arrigo, Agroscope Liebefeld- Posieux ALP-Haras, 1725 Posieux, www.agroscope.ch
www.ufarevue.ch 9 · 13
Tabelle 2: Auf Feld zurückgelassene Biomasse
Anfang Ganzpflanzen 2 Reihen Ganz- 2 Reihen Ganz-
Teigreife 70 cm, hoch pflanzen und pflanzen und
geschnitten 1 Reihe Kolben 2 Reihen Kolben
Trockensubstanz (TS in kg/ha) 2320 2890 4336
NEL (MJ/ha) auf Feld verbleibend 11 166 12 620 18 930
NEV (MJ/ha) auf Feld verbleibend 10 545 11 046 16 569
Milch (kg/ha) bei 3.14 MJ NEL/kg 3556 4019 6029
Fleisch (kg/ha) bei 20.6 MJ NEV/kg Zuwachs* 513 537 806
*NEV/kg Zuwachs ist der geschätzte Anteil der Mais-Ganzpflanzensilage bei der Mast eines Munis von 150 auf 550 kg.
den je drei Milchkuh- und Mastmunira- tionen verglichen. Dabei wurden fol- gende Annahmen getroffen:
• 90 000 Maispflanzen/ha
• Milchpreis 0.50 Fr./l
• Preis des Proteinkraftfutters 4 t lose à 77.95 Fr./dt
• Preis des Energiekraftfutters 4 t lose à 57.15 Fr./dt
• Fleischpreis 4.30 Fr./kg Lebendgewicht
• Gerste zu 43.50 Fr./dt
• Sojaschrot zu 65.90 Fr./dt
• Fütterungsplan gemäss der Software Fuplan Agridea
Milchproduktion Die Kraftfutter- ersparnis bei Milchkühen basiert auf dem jährlichen Bedarf einer Kuh von 650 kg Lebendgewicht (LG) mit einer Milchleistung von 8630 kg. Die Ratio- nen wurden mit 40 % Maissilage, 46 % Grassilage und 14 % Heu berechnet.
Die Ration mit GP Silage erforderte 1281 kg Kraftfutter, jene mit GP-70 Si- lage 1178 kg und jene mit 2 GP + 2Kol- ben Silage 969 kg. Dies entspricht einer Kraftfuttereinsparung von 8 und 24 %.
Umgerechnet auf ein Potenzial von acht beziehungsweise sieben Kühen pro Hektare auf der Basis des TS-Angebotes pro Hektare beläuft sich die Ersparnis auf 427 und 1185 Fr., während die auf dem Feld zurückgelassene Biomasse ei- nem Milchäquivalent von 1778 und 3015 Fr. entspricht (Grafik 1).
Munimast Für die Munimast von 150 bis 550 kg LG wurden drei Rationen berechnet, die auf Maissilage (GP, GP- 70 oder 2 GP + 2Kolben) basieren und bei Bedarf durch Energie- und Eiweiss- futter ergänzt wurden.
Die Resultate in Grafik 2zeigen ein ähnliches Bild wie in der Milchproduk- tion. Der Vergleich bezieht weder mög- liche Risiken wie das der Pansenazidose mit ein, welche bei Strukturmangel der Ration auftreten können, noch mögli- cherweise auftretende Unterschiede hinsichtlich der Fleischqualität.
Tabelle 1: Futterwerte
Anfang Ganzpflanzen Ganzpflanzen 2 Reihen Ganz- 2 Reihen Ganz-
Teigreife 70 cm, hoch pflanzen und pflanzen und
geschnitten 1 Reihe Kolben 2 Reihen Kolben
NEL (MJ/kg TS) 6.3 6.5 6.6 6.9
NEV (MJ/kg TS) 6.5 6.7 6.9 7.2
APD (g/kg TS) 64 65 69 72
APDN (g/kg TS) 44 47 46 48
Ganzpflanzen, Schnitthöhe 70 cm
in CHF/ha
Grafik 2: Resultate in der Munimast