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In-vitro-Studien zum Einfluss von Topinamburmehl und Saccharomyces boulardii auf den mikrobiellen Vormagenstoffwechsel

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Academic year: 2022

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In-vitro-Studien zum Einfluss von Topinamburmehl und Saccharomyces boulardii auf den mikrobiellen Vormagenstoffwechsel

INAUGURAL-DISSERTATION Zur Erlangung des Grades eines

Doktors der Veterinärmedizin (Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Hakan Öztürk aus Ankara/Türkei

Hannover 2003

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.–Prof. Dr. G. Breves

1. Gutachter: Univ.–Prof. Dr. G. Breves

2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. H.-P. Sallmann

Tag der mündlichen Prüfung: 26. 11. 2003

Die Anfertigung dieser Arbeit wurde durch ein Stipendium des Türkischen Hochschul- Gremiums gefördert.

(3)

Gewidmet meinen Eltern

Deste und Mehmet Öztürk

(4)
(5)

INHALTSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS... 8

1. EINLEITUNG... 10

2. LITERATURÜBERSICHT... 12

2.1. Präbiotika... 12

2.2. Probiotika... 15

2.2.1. Hefen als Probiotika bei Wiederkäuern... 23

2.3. Hefen ... 32

2.3.1. Systematik von Saccharomyces cerevisiae... 33

2.3.2. Zellwand von Saccharomyces cerevisiae ... 33

2.3.3. Chemische Zusammensetzung der Hefen... 36

2.3.4. Saccharomyces boulardii... 40

3. EIGENE UNTERSUCHUNGEN ... 42

3.1. Material und Methoden ... 42

3.1.1. Aufbau und technische Daten... 42

3.1.2. Bedienung und Funktionsweise des RUSITEC-Systems ... 44

3.1.3. Tierhaltung und Tierfütterung ... 47

3.1.4. Entnahme des Panseninhaltes... 47

3.1.5. Vorbereitung der Versuchsfuttermischung... 48

3.2. Versuchsdurchführung und Versuchsansätze... 49

3.2.1. Untersuchungen mit Topinamburmehl... 49

3.2.2. Untersuchungen mit Saccharomyces boulardii ... 51

3.2.3. Inaktivierung der Hefen... 53

3.3. Analytik ... 54

(6)

3.3.1. pH-Wert ... 55

3.3.2. Redoxpotential... 55

3.3.3. Bestimmung der kurzkettigen Fettsäuren (SCFA) ... 55

3.3.4. Bestimmung der NH3-N-Konzentration ... 56

3.3.5. Bestimmung der mikrobiellen Proteinsynthese... 56

3.3.5.1. Bestimmung der Gesamt-Stickstoff-Konzentration in den Überläufen und in der Pufferlösung ... 57

3.3.5.2. Probenaufbereitung zur Messung der 15N-Anreicherung in den Überläufen und in der Pufferlösung ... 57

3.3.5.3. Isolierung der Referenzmikroben ... 58

3.3.5.4. Aufbereitung der Referenzbakterien zur Bestimmung der 15N-Anreicherung in der Referenzmikrobenfraktion... 58

3.3.5.5. Bestimmung der 15N-Anreicherung... 59

3.3.6. Bestimmung der Verdaulichkeit der organischen Substanz ... 60

3.4. Statistische Auswertung ... 61

4. ERGEBNISSE... 62

4.1. Einflüsse von Topinamburmehl auf die Pansenparameter ... 62

4.1.1. Einfluss der Zugabe von Topinamburmehl auf den pH-Wert in den Versuchsreihen I und II ... 62

4.1.2. Einfluss der Zugabe von Topinamburmehl auf das Redoxpotential in den Versuchsreihen I und II... 63

4.1.3. Einfluss der Zugabe von Topinamburmehl auf die SCFA-Produktion in den Versuchsreihen I und II ... 64

4.1.4. Einfluss der Zugabe von Topinamburmehl auf die NH3-N-Konzentration in den Versuchsreihen I und II... 66

4.1.5. Einfluss der Zugabe von Topinamburmehl auf die Verdaulichkeit der organischen Substanz in den Versuchsreihen I und II... 67

4.2. Einflüsse des Hefestammes Saccharomyces boulardii auf die Pansenparameter... 69

4.2.1. Einfluss von Saccharomyces boulardii auf den pH-Wert... 69

4.2.2. Einfluss von Saccharomyces boulardii auf das Redoxpotential... 70

(7)

4.2.3. Einfluss von Saccharomyces boulardii auf die SCFA-Produktion... 71

4.2.3.1. Einfluss von Saccharomyces boulardii auf die Gesamt-SCFA-Produktion ... 71

4.2.3.2. Einfluss von Saccharomyces boulardii auf die Acetat-Produktion ... 73

4.2.3.3. Einfluss von Saccharomyces boulardii auf die Propionat-Produktion ... 74

4.2.3.4. Einfluss von Saccharomyces boulardii auf die Butyrat-Produktion... 76

4.2.3.5. Einfluss von Saccharomyces boulardii auf die Iso-Valerat-Produktion... 77

4.2.3.6. Einfluss von Saccharomyces boulardii auf die Valerat-Produktion... 79

4.2.4. Einfluss von Saccharomyces boulardii auf die NH3-N-Konzentration ... 80

4.2.5. Einfluss von Saccharomyces boulardii auf die mikrobielle Proteinsynthese ... 82

4.2.6. Einfluss von Saccharomyces boulardii auf die Verdaulichkeit der organischen Substanz... 84

5. DISKUSSION... 85

5.1. Beurteilung der Versuchsmethode... 85

5.2. Intention des Einsatzes von Topinamburmehl... 88

5.2.1. Beeinflussung des mikrobiellen Pansenstoffwechsels durch das Topinamburmehl ... 89

5.3. Intention des Einsatzes von Saccharomyces boulardii ... 90

5.3.1. Beeinflussung des mikrobiellen Pansenstoffwechsels durch Saccharomyces boulardii... 90

6. ZUSAMMENFASSUNG... 98

7. SUMMARY... 101

8. LITERATURVERZEICHNIS ... 104

9. ANHANG ... 127

DANKSAGUNG ... 143

(8)

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abb. Abbildung Aqua dest. destilliertes Wasser ANOVA Analysis of variance atm Atmosphärendruck

14C Radiokohlenstoff d Tag

DNA Desoxyribonukleinsäure Fer. Fermenter

g Zentrifugalbeschleunigung h Stunden

IFN Interferon IL Interleukin kPa Kilopascal µmol Mikromol mmol Millimol

MOS Mannanoligosaccharide mosm Milliosmol

MPS mikrobielle Proteinsynthese mV Millivolt

N Äquivalentkonzentration („Normalität“) N Stickstoff

N2 Stickstoffmolekül

15N Stabiles Stickstoffisotop mit der Atommasse 15 u NAD Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid

NH3-N Ammoniak-Stickstoff

nm Nanometer

n.s. nicht signifikant

p Irrtumswahrscheinlichkeit PCR Polymerasekettenreaktion

pH negativer dekatischer Logarithmus der Wasserstoffionenkonzentration

(9)

pKa negativer Logarithmus der Säurekonstante psi pound-force per square inch

rpm Umdrehung pro Minute RUSITEC Rumen simulation technique SAS Statistical Analysis System S.b. Saccharomyces boulardii S.c. Saccharomyces cerevisiae SCFA Short chain fatty acids SD Standardabweichung

SHIME Simulation of the human intestinal microbial ecosystem µl Mikroliter

Tab. Tabelle

TCA-cyclus Tricarbonsäure-Zyklus TNF Tumor Nekrose Faktor TS Trockensubstanz

VOS verdaute organische Substanz

VQ Verdaulichkeit der organischen Substanz W/V Gewicht pro Volumen

YPD yeast peptone dextrose

Χ arithmetischer Mittelwert

XA Rohasche

XF Rohfaser

XfE Stickstoff-freie-Extraktstoffe

XL Rohfett

XP Rohprotein

(10)

1. Einleitung

Mehr als die Hälfte der gesamten Biomasse der Erde besteht aus Cellulose (KUENZLE und JENNY, 1979). Jedoch kann diese unerschöpfliche organische Nahrungsquelle aufgrund des Fehlens körpereigener cellulolytischer Enzyme bei Mensch und Säugetier von diesen nicht genutzt werden. Bei Wiederkäuern ist im Verlauf der Evolution ein Vormagensystem im Gastrointestinaltrakt entstanden. Die Vormägen sind von einer riesigen Zahl von Bakterien, Protozoen und Pilzen besiedelt, die unter anaeroben Verhältnissen aus Cellulose und anderen Futterbestandteilen die für den Wiederkäuer energetisch nutzbaren Endprodukte, wie flüchtige Fettsäuren (SCFA), herstellen.

Wiederkäuer decken bis zu 75 % ihres Energiebedarfs über flüchtige Fettsäuren aus der Fermentation (FAVERDIN, 1999). Gleichzeitig bauen Mikroorganismen aus zum Teil anorganischen Stickstoffverbindungen hochwertiges mikrobielles Eiweiß auf, das dem Wiederkäuer als Eiweißquelle dient. Daneben hat diese mikrobielle Verdauung auch Nachteile. Während der Fermentation treten Energieverluste auf. Zum Beispiel werden 2-12

% der aufgenommenen Bruttoenergie bzw. 5-20 % der umsetzbaren Energie als Methan abgegeben (MOSIER et al., 1998). Darüber hinaus werden auch Reservekohlenhydrate, wie Stärke und Zucker, sowie Futterproteine unter Verlust von Wärmeenergie und Methan fermentiert, die durch endogene Enzyme intestinal verdaut werden könnten. Nur 10-35 % der aufgenommenen Energie wird als Nettoenergie umgesetzt, da 20-70 % der Cellulose von den Tieren nicht verdaut werden können (VARGA und KOLVER, 1997).

Um die Fermentation in den Vormägen von Wiederkäuern zu verbessern, wurden bisher hauptsächlich Ionophore, antibiotische Leistungsförderer und mikrobielle Futterzusätze eingesetzt. Viele Antibiotika können in der Tierernährung jedoch wegen gesetzlicher Bestimmungen nicht mehr eingesetzt werden. Da Pro- und Präbiotika seit langem in der Humanmedizin eingesetzt werden, um die mikrobielle Verdauung im Darm zu verbessern, ist es von Interesse, ihre Eignung als nicht-antibiotische Leistungsförderer zu untersuchen.

(11)

Ein Probiotikum ist ein lebender mikrobieller Futterzusatz, der eine vorteilhafte Wirkung auf das Wirtstier hat, indem er das intestinale mikrobielle Gleichgewicht verbessert (FULLER, 1989).

Präbiotika sind durch körpereigene Enzyme nichtverdauliche Nahrungsmittelbestandteile, die den Wirt durch selektive Stimulation von Wachstum und/oder Aktivität einzelner oder einer begrenzten Zahl von Bakterienspezies der residenten Flora im Dickdarm günstig beeinflussen und die Gesundheit des Wirtes verbessern können (GIBSON und ROBERFROID, 1995).

Um die ruminale Fermentation zu verbessern, werden beim Wiederkäuer hauptsächlich Hefekulturen eingesetzt. Jedoch sind die hierbei erzielten Ergebnisse sehr variabel und zum Teil widersprüchlich.

In der vorliegenden Arbeit wurden die Wirkungen des Präbiotikums Topinambur und der apathogenen Hefe Saccharomyces boulardii (S.b.), die seit Jahren erfolgreich beim Menschen sowohl zur Prophylaxe als auch zur Therapie von intestinalen Erkrankungen unterschiedlicher Genese eingesetzt wird, auf die Fermentations- und Syntheseleistungen von Pansenmikroorganismen in vitro untersucht. Da S.b. sowohl probiotische als auch präbiotische Eigenschaften besitzt, wurden für die Studien sowohl die lebende als auch die autoklavierte Hefe eingesetzt. Ihre Wirkungen wurden an Wiederkäuern bisher nicht dokumentiert.

Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, die Auswirkungen des Präbiotikums und des Probiotikums auf Fermentationsprozesse im Pansensimulationsmodell zu untersuchen.

(12)

2. Literaturübersicht

2.1. Präbiotika

Mit dem Begriff „Präbiotika“ bezeichnet man verschiedene Oligo- bzw. Polysaccharide (Inulin, Frukto-, Galakto-, Gentio-, Isomalto-, Sojabohnen- und Xylo-Oligosaccharide, Laktulose). Diese können nur im hinteren Dünndarm bzw. im Dickdarm durch die Darmflora abgebaut werden, da Säugetiere nicht über körpereigene Enzyme zur Spaltung dieser Verbindungen verfügen. Präbiotika sind laut Definition von GIBSON und ROBERFROID (1995) „nichtverdauliche Nahrungsmittelbestandteile, die den Wirt durch selektive Stimulation von Wachstum und/oder Aktivität einzelner oder einer begrenzten Zahl von Bakterienspezies der residenten Flora im Dickdarm günstig beeinflussen und die Gesundheit des Wirtes verbessern“. Nach obengenannten Autoren müssen Präbiotika:

• weder in den oberen Gastrointestinaltraktabschnitten hydrolysiert noch absorbiert werden,

• selektives Substrat für eine bestimmte Bakterienart oder für eine beschränkte Zahl erwünschter Bakterien im Dickdarm sein oder diese Spezies hinsichtlich des Wachstums oder der Aktivierung stimulieren,

• in der Lage sein, die Zusammensetzung der Dickdarmflora auf günstige Weise zu ändern und

• luminale oder systemische Effekte induzieren, welche für die Gesundheit des Wirtes vorteilhaft sind.

Das durch Zusatz von Präbiotika angestrebte Ziel ist dem der Probiotika grundsätzlich ähnlich. Ihr spezifisches Merkmal ist jedoch, dass diese Kohlenhydrate ein spezifisches Nährsubstrat für die erwünschte Mikroflora des Darmes darstellen und somit deren Wachstum und Vermehrung fördern, während unerwünschte Keime unterdrückt werden (BLANK und WOLFFRAM, 2000).

In der vorliegenden Arbeit wurde als Präbiotikum Topinamburmehl (LOHMANN ANIMAL

(13)

Sonnenblumenart, die zur Familie der Korbblütler (Compositae) gehört. Die Herkunft der Topinambur ist nicht exakt festzustellen; sowohl Nordamerika (BECKER, 1928) als auch Südamerika (ZADE, 1933) bzw. Zentralamerika (KÜPPERS-SONNENBERG, 1947) werden als Heimat angenommen. Sie hat ca. 50 Trivialnamen (Erdapfel, Erdartischocke, Erdbirne, Knollensonnenblume, Roßbirne, Topine, Wildkartoffel usw.). Je nach Sorte, Klima und Kulturbedingungen entwickelt sich die bis zu 4 m hohe Topinamburpflanze verschieden kräftig. Die Pflanze bildet an Ausläufern in der Erde genießbare Sproßknollen aus (PÄTZOLD, 1957). Topinamburknollen bestehen aus 1,8 % Rohprotein, 0,1 % Rohfett, 1,0 % Rohfaser, 18 % NFE und 1,1 % Asche bei einem Trockensubstanzgehalt von ca. 22 %. Die Zusammensetzung ist eine ähnliche wie die der Kartoffel, mit dem Unterschied, dass die N- freien Extraktstoffe in der Hauptsache nicht aus Stärke, sondern aus Inulin, einem Fructosan, bestehen (NEHRING, 1949). Der Inulingehalt der Topinamburknollen beträgt 11,2 % in der Frischware und 52,9 % in der Trockensubstanz (LATZA und LEHMANN, 1998). Es handelt sich bei Inulin um ein Linear-Fructosepolymer, wobei die Fructosemoleküle durch β-(1,2)- Bindungen verknüpft sind. Eine einzige Glucose-Einheit befindet sich am freien C2-Ende der Kette, die mit dem letzten Fructosemolekül wie im Disaccharid Saccharose verknüpft ist (TEEUWEN et al., 1992). Nach klassischer Definition ist Inulin aus etwa 30 Monosaccharidbausteinen aufgebaut; die Hydrolyse ergibt ca. 3 % Glukose und 97 % Fruktose. Inulin ist kettenförmig und unverzweigt (LATZA und LEHMANN, 1998). In der Abbildung 1 ist die Strukturformel von Inulin dargestellt.

Die Wirkungen der Präbiotika wurden ausführlich bei Menschen und bei monogastrischen Tieren untersucht. Manche postulierten gesundheitsfördernden Wirkungen von Präbiotika sind experimentell noch nicht nachgewiesen worden. Insbesondere konnte ein vorteilhafter Effekt der Präbiotika auf den Mineralstoff- und Fettstoffwechsel noch nicht in seinen Mechanismen aufgeklärt werden (PEDERSEN et al., 1997; WILLIAMS, 1999).

Experimentelle Beweise für andere präbiotische Effekte, wie z.B. die Wirkung der nichtverdaulichen Oligosaccharide auf die Karzinogenese, sind unzulänglich. Im Gegensatz dazu zeigen Untersuchungen über die Wirkung der Präbiotika auf die Dickdarmflora übereinstimmende Ergebnisse (GIBSON et al., 1995; FULLER und GIBSON, 1997;

ROBERFROID, 1997; BOUHNIK et al., 1999; RAO, 1999). Präbiotisch wirksame Oligosaccharide als Diätzusatz bewirken die Etablierung der Bifidobakterien als prädominante

(14)

menschliche Darmflora und unterdrücken gleichzeitig pathogene Keime (GIBSON et al., 1995; KLEESSEN et al., 1997).

Abb. 1: Struktur des Inulins (nach GOODWIN und MERCER, 1983)

Untersuchungen zum Abbau und Stoffwechsel des Inulins durch ein gemischtes Inokulum von Pansenmikroorganismen und ihren Fraktionen (Protozoen, Bakterien und zellfreier Extrakt) haben ergeben, dass Inulin durch das gemischte Inokulum am schnellsten metabolisiert wurde. Von den einzelnen Fraktionen zeigte die Protozoen-Fraktion die höchste Aktivität und der zellfreie Extrakt die niedrigste Metabolisierungsrate. Der Extrakt, der aus holotrichen Protozoen gewonnen wurde, beginnt, das Inulin vom Fruktose-terminalen Ende her abzubauen (PUNJ et al., 1970). BIGGS und HANCOCK (1998) zeigten, dass Pansenmikroorganismen das Inulin in-vitro im Pansensaft vom Schaf und von der Kuh

OH OH H H

O

CH2OH H

HOH2C

O OH OH H H

O

H HOH2C

O

CH2 OH OH H H

O

H HOH2C

O

CH2 O H CH2OH HOH

H HO

H

~

30

Saccharose-Rest

(15)

metabolisieren, so dass durch ein dadurch gesteigertes mikrobielles Wachstum die Ammoniak-Akkumulierung im Pansensaft reduziert wird. LEE et al. (2003) haben den Effekt der Zugabe verschiedener Dosierungen von Inulin und Saccharose im Verhältnis 80:20 auf die mikrobielle Fermentation von deutschem Weidelgras (Lolium perenne) im RUSITEC- System untersucht. Sie konnten hierbei zeigen, dass sich der pH-Wert und die NH3-N- Konzentration signifikant verringerten. Bei der Gesamt-SCFA-Konzentration gab es einen geringfügigen Anstieg, jedoch stellten sie fest, dass das Acetat-Propionat-Verhältnis durch die steigende Menge an Inulin und Saccharose abnahm. Die Verdaulichkeit der organischen Substanz wurde durch die steigende Zugabe an Inulin und Saccharose reduziert, während die Effizienz der mikrobiellen Proteinsynthese anstieg. Die Inulin-Fermentation ist der Stärke- Fermentation ähnlich. Inulin wird bei einem pH-Wert von ca. 6 schneller fermentiert als im pH-neutralen Bereich, folglich ist das Acetat/Propionat-Verhältnis bei niedrigem pH-Wert kleiner. An pflanzlichen Fasern anhaftende Mikroorganismen spielen offensichtlich keine bedeutende Rolle bei der Inulinaufspaltung, da es beim Inulinabbau keinen Unterschied zwischen gesamtem Panseninhalt und Pansensaft gibt (MAROUNEK et al., 1988).

CZERKAWSKI und BRECKENDRIDGE (1969) haben die Fermentationsart von 26 verschiedenen Kohlenhydraten durch gemischte Pansenmikroorganismen im künstlichen Pansen untersucht. Während Inulin schneller als D(-)-Arabinose, Ribose, Sorbose, Mannitol, Sorbitol, Glucuron- und Galacturonsäure, Trehalose, Stärke und Fucose fermentiert wurde, war die Fermentationsrate von Inulin langsamer als die von Glucose, Fructose und Saccharose. Fructosane werden extrazellulär durch Invertase, die von holotrichen Protozoen und Pansenbakterien gebildet wird, umgesetzt. Dieses Enzym ist eine unspezifische β- Fructosidase und baut die einzelnen Fructoseeinheiten offenbar vom Kettenende her ab. Bis zu 30 % der abgebauten Fructosane können als Reservepolysaccharide in den Zellen der Mikroorganismen eingelagert werden. Die höhere Invertase-Aktivität bei Fütterung des fructosanreichen Trockengrases gegenüber Heu weist auf eine Adaptation der Mikroorganismen hin (THOMAS, 1960).

2.2. Probiotika

Bereits im Altertum waren die Vorteile und die gesundheitsfördernde Wirkung von Lebensmitteln, die lebende Bakterien enthielten, bekannt und fermentierte Lebensmittel

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waren weit verbreitet. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts schlug Mechnikoff eine wissenschaftliche, rationale Erklärung für die günstigen Auswirkungen von Bakterien im Joghurt vor und führte das lange Leben der Bulgarier auf ihren Joghurtkonsum und somit auf die Aufnahme von Lactobacillus spp., zurück (FULLER, 1992). Das Wort „Probiotikum“

stammt aus dem Griechischen „pro bios“ und bedeutet „für das Leben“ (GISMONDO et al., 1999). Die Bezeichnung Probiotika wurde erstmals von LILLEY und STILWELL (1965) verwendet. Diese bezeichneten damit eine Substanz des Ciliaten Colpidium campylum, die das Wachstum des Protozoons Tetrahymena pyriformis stimulierte. Heute hat sich die Bedeutung grundlegend geändert. Die zurzeit gebräuchlichste Definition stammt von FULLER (1989), der unter Probiotika „lebende mikrobielle Futterzusätze, die eine vorteilhafte Wirkung auf das Wirtstier haben, indem sie das intestinale mikrobielle Gleichgewicht verbessern“, versteht. Die Voraussetzung für die Entfaltung einer entsprechenden Wirksamkeit ist die Verabreichung im lebenden Zustand, so dass sie in dieser Form dem Futter zugesetzt werden müssen (GEDEK, 1994). Probiotische Präparate können sowohl lebende als auch tote Bakterien enthalten sowie deren Sporen oder auch Stoffwechselprodukte (WOLTER und HENRY, 1982). Als Probiotika finden Mikroorganismen unterschiedlichster Art Verwendung. Das Spektrum reicht von grampositiven (z.B. Lactobacillus spp.) und gramnegativen (z.B. E. coli-Stamm Nissle 1917) Bakterien über Sporenbildner (z.B. Bacillus sp.) bis zu Hefen (z.B. S. b.) und Schimmelpilzen (GÖRKE und LIEBLER-TENORIO, 2001). Damit ein Probiotikum die gewünschten Effekte erzielt, muss es den folgenden Anforderungen entsprechen (FULLER, 1989; VANBELLE et al., 1990; MONTES und PUGH, 1993; COLLINS und GIBSON, 1999; DUNNE et al., 1999;

GIBSON und FULLER, 2000):

• es darf weder pathogen noch toxisch sein

• es muss einem niedrigen pH-Wert im Magen über mehrere Stunden widerstehen können und resistent gegen die Einwirkung von Verdauungsenzymen und Gallensäuren sein

• es sollte den pH-Wert im Darmtrakt senken, um das Wachstum pathogener Keime zu verhindern und die Produktion von Toxinen und schädlichen Substanzen zu reduzieren

(17)

• eine zusätzliche Produktion antibiotischer Substanzen wie Bacterizin, Nisin, Acidophylin, Lactalin oder das Killertoxin bei der Hefezelle wird gewünscht, gleichzeitig muss eine Resistenz gegenüber Fütterungsantibiotika vorhanden sein.

• fimbrienvermittelte Adhäsion an den Bürstensaum der Enterozyten oder Besiedlung von Mukus und Glykokalix sind erwünscht

• es muss eine große Anzahl lebensfähiger Zellen enthalten

• es muss das Immunsystem aktivieren

• es muss widerstandfähig gegen technologische Prozesse (z.B. Pelletieren, Sprühtrocknung) sein

• es muss einen positiven Effekt auf den Wirtsorganismus, wie eine Wachstumssteigerung des Tieres oder eine Erhöhung der Widerstandfähigkeit gegen Krankheiten, haben

• Probiotika müssen prinzipiell sicher sein (GRAS: Generally Recognized As Safe), und sollten nicht zur Übertragung antibiotischer Resistenzen führen

• bei Zusatz zum Futter darf es die Futterqualität nicht verringern

• es sollte die Fähigkeit haben, Stoffwechselaktivitäten zu beeinflussen (z.B.

Cholesterol-Assimilation, Laktase-Aktivität, Vitamin-Produktion, Inaktivierung von Prokarzinogenen)

In den letzten Jahren hat der Einsatz von Probiotika zur Verbesserung der Human- und Tiergesundheit bzw. der tierischen Leistung zunehmend an Bedeutung gewonnen, da die Verwendung von antibiotischen Leistungsförderern in der letzten Zeit in die öffentliche Kritik geraten ist. Ursache hierfür ist die Erkenntnis, dass die beim Menschen vermehrt beobachteten Resistenzen gegen therapeutisch eingesetzte Antibiotika offensichtlich auf ihren Einsatz in der Erzeugung tierischerLebensmittel zurückzuführen sind.

Es gibt daher einen Trend zum alternativen Einsatz von Probiotika an Stelle der Antibiotika.

Jedoch ist über ihre genaue Wirkungsweise nur wenig bekannt. Probiotika können ein breites Spektrum verschiedener Wirkungsmechanismen besitzen. Im Folgenden wird die mögliche multifaktorielle Wirkungsweise näher erläutert.

(18)

Die Darmflora, welche die Gesundheit eines Wirtes entscheidend beeinflussen kann, ist ein sehr komplexes Ökosystem, das sich aus ca. 400 bis 500 verschiedenen Bakterienarten mit einer Gesamtzahl von 1014 Keimen zusammensetzt. Es gibt eine prädominante Flora (zu mehr als 90 % strikte Anaerobier, überwiegend bestehend aus Laktobazillen, Bifidobakterien und Arten der Gattung Bacteroides) im Gastrointestinaltrakt, die den Wirt gegen pathogene Keime schützt (VANBELLE et al., 1990). Dieses Phänomen wurde von vielen Autoren erforscht und verschiedene Begriffe wurden benutzt, um diesen Effekt und/oder die zugrunde liegenden Mechanismen zu beschreiben, wie zum Beispiel „Bakterieller Antagonismus“, „Bakterielle Interferenz“, „Barriereeffekt“, „competitive exclusion“ und „Kolonisationsresistenz“

(FRETER, 1992). Eine keimfrei aufgezogene Maus kann beispielsweise mit nur 10 Zellen von Salmonella enteritidis getötet werden, während die letale Dosis für eine konventionell gehaltene Maus 106 Zellen beträgt (COLLINS und CARTER, 1978). DAVIDSON und HIRSH (1976) konnten mit einem enterotoxischen Stamm von Escherichia coli (K 88+, Ent +) bei Ferkeln gestörtes Algemeinbefinden und starke Durchfälle, teilweise mit Todesfolge, auslösen. Geringe bis gar keine Krankheitsanzeichen waren hingegen bei Tieren festzustellen, die zuvor mit einem nicht-enterotoxischen Stamm von Escherichia coli (K 88) infiziert worden waren. DUCLUZEAU et al. (1970) haben gezeigt, dass viele Bakterienstämme nach per os-Verabreichung an konventionell gehaltene Mäuse ebenso schnell oder gar schneller eliminiert wurden wie als Transitmarker verwendete Sporen von Bacillus subtilis. Nur wenige Stämme blieben in der subdominanten Flora im Gastrointestinaltrakt erhalten. Die Entfaltung einer krankmachenden Wirkung hängt sowohl bei Viren als auch bei Bakterien vom Eindringen, der Anheftung und der Vermehrung in den Enterozyten der Darmepithelien ab.

Durch die oral zugeführten probiotischen Mikroorganismen werden entweder die Bindungsstellen für pathogene Keime besetzt oder die probiotischen Keime sind in einer Schleimschicht, der Glykokalix, rein physikalisch bedingt, gefangen. Hier wird durch sie ein Biofilm gebildet, der die Enterozyten der Darmepithelien vor einer Infektion bzw. einer Anheftung schützt (GEDEK, 1986).

Neben der Konkurrenz um Anheftungsstellen besteht möglicherweise auch eine Konkurrenz um Nährstoffe. IANDOLO et al. (1965) zeigten, dass die Hauptursache für die Inhibition von Staphylococcus aureus MF 31 die Verringerung des Nicotinamids im Kulturmedium durch das Milchsäurebakterium Streptococcus diacetilactis ist. WILSON und PERINI (1988) haben

(19)

festgestellt, dass sich Clostridium difficile in einem continuous-flow-System aus muriner Caecumflora ohne zusätzliche leicht metabolisierbare Kohlenhydrate (Glucose, N-Acetyl- glucosamin oder N-Acetyl-neuraminsäure) langsamer vermehrt als die Verdünnungsrate der countinuous-flow-Kulturen. Dies ist ein Hinweis darauf, dass für die Unterdrückung von Clostridium difficile der Entzug der Nährstoffe durch die Mikroflora des Kolons mitverantwortlich ist. NURMI und RANTALA (1973) demonstrierten, dass die orale Gabe einer 1:10 verdünnten Ingesta von gesunden, erwachsenen Hähnen bei 1-2 Tage alten Küken die Infektion mit Salmonella infantis bei 77 % der Küken verhindern konnte. Bei 100 % der Kontrolltiere konnte hingegen eine Infektion mit Salmonella infantis nachgewiesen werden.

NURMI et al. (1992) haben diesen Schutzmechanismus gegen pathogene Keime durch die Konkurrenz der schützenden Darmflora um Bindungsstellen, Nährstoffe und die Produktion von antibakteriellen Substanzen erklärt. Sie führten erstmals den Begriff „competitive exclusion“ ein und fassten die obengenannten drei Mechanismen unter diesem Begriff zusammen.

Auch die Produktion antimikrobieller Substanzen wie organische Säuren, Hydrogenperoxid oder Bakteriozine und die daraus resultierende Veränderung des Milieus im Gastrointestinaltrakt ist eine wichtige Eigenschaft der Probiotika. MAIER et al. (1972) haben in ihrem Versuch eine Gruppe von konventionell gehaltenen Mäusen mit einer keimfrei aufgezogenen Mäuse-Gruppe verglichen. Nach der oralen Gabe von 107 Bakterien von Shigella flexneri je konventionell gehaltener Maus hatten sich die pathogenen Keime nicht erfolgreich vermehrt und persistierten im Caecuminhalt mit ca. 103 Keimen pro Gramm. Bei den keimfrei gehaltenen Mäusen konnten sich die Shigellen, die in der gleichen Konzentration verabreicht wurden, hingegen schnell vermehren und im Caecuminhalt fanden sich über 1010 Keime. Eine Analyse des Caecuminhalts zeigte, dass in konventionell gehaltenen Mäusen das Redoxpotential und der pH-Wert niedriger und die SCFA- Konzentrationen höher waren als im Caecuminhalt keimfrei aufgezogener Mäuse. Die Bedingungen im Caecum von keimfrei aufgezogenen Mäusen für obige Parameter wurden den Bedingungen im Caecum von konventionell gehaltenen Mäusen angepasst und es wurde festgestellt, dass der antibakterielle Effekt gegenüber Shigella flexneri beinahe identisch mit dem Effekt im caecalen Inhalt von konventionell gehaltenen Mäusen war. Lactobacillus acidophilus produziert Acidophilin, Lactolin und Acidolin. Diese Substanzen zeichnen sich

(20)

durch eine sehr hohe antimikrobielle Aktivität gegenüber gewissen Stämmen von E. coli, Salmonella typhimurium, Staphylococcus aureus, Clostridium perfringens und anderen sporenbildenden Mikroorganismen aus (MONTES und PUGH, 1993). OH et al. (2002) beobachteten eine Hemmung des Wachstums von Helicobacter pylori durch den traditionellen tibetischen Joghurt. Es zeigte sich dabei, dass ein zellfreier Joghurtüberstand ebenso wirksam war, wie die lebenden Joghurtmikroorganismen. Sie schlossen daraus, dass Joghurtmikroorganismen gegen Helicobacter pylori gerichtete Substanzen wie organische Säuren und Bakteriozine produzieren. Auch für die Bier- oder Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae, S. c.), von der viele Stämme als Probiotikum eingesetzt werden, wurden die Bildung eines Antibiotikums mit Namen Malucidin, welches sich durch ein im gramnegativen Bereich liegendes antibakterielles Wirkungsspektrum auszeichnet, und eines Glykoproteins (Killertoxin), das gegenüber Enterobacteriaceae sowie Candida albicans wirksam ist, beschrieben (GEDEK, 1991). BACH et al. (2003) demonstrierten, dass von S. b.

produzierte Substanzen den enterohämorrhagischen Stamm von E. coli (O157:H7) in der Batch-Kultur und im spot-agar-assay inhibieren. Jedoch konnten sie diesen inhibitorischen Effekt nicht im Rusitec-System feststellen. Für diesen Effekt stellten sie drei mögliche Hypothesen auf. Zum einen könnte dieser Effekt durch die ruminale Mikroflora erklärt werden, die die von S. b. produzierten Substanzen zerstört oder inaktiviert. Zum anderen könnte die Beobachtung auf den für das Rusitec-System typischen Verdünnungseffekt zurückzuführen sein, durch den die Konzentration der gegen E. coli gerichteten Substanzen unter den Schwellenwert gesenkt wird. Drittens wäre es möglich, dass die ruminale Mikroflora die Produktion oder Sekretion dieser Substanzen durch die Hefezellen verhindert.

Ein weiteres Wirkungsprinzip der Probiotika liegt in der Bindung pathogener Keime, der Neutralisierung von Toxinen und der Bildung, Hemmung bzw. Aktivierung bestimmter Enzyme. An der Oberfläche der Hefezellen des S. c.-Stammes Hansen CBS 5926 (S. b.) befindet sich Mannose, an der die enteropathogen E. coli Keime und Salmonellen mit Pili vom Mannose-sensitiven Typ 1 anhaften. Dadurch werden diese pathogenen Bakterien im Gastrointestinaltrakt abgefangen und aus dem Darm ausgeschieden, bevor sie sich an Enterozyten anlagern können (GEDEK, 1991, 1999). Bei Untersuchungen an Lactobacillus bulgaricus wurde festgestellt, dass diese probiotischen Bakterien die Wirkung von Enterotoxinen, die bei Schweinen durch coliforme Keime freigesetzt werden, neutralisiert

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(MITCHELL und KENWORTHY, 1976). PELTONEN et al. (2000) haben in einem In-vitro- Versuch die Bindungskapazität von Lactobacillus- und Bifidobacterien-Stämmen für Aflatoxin B1, ein ubiquitär verbreitetes Lebensmittelkarzinogen, untersucht. Je nach Probiotika-Stamm wurden 5,8 bis 31,3 % des sich im Medium befindlichen Aflatoxins gebunden. BRANDAO et al. (1998) demonstrierten, dass eine spezifische Bindungsstelle an der Oberfläche der Hefezellen für die Untereinheit B des Choleratoxins existiert. S. b.

synthetisiert eine 54-kDa große Serinprotease, die sowohl das Toxin A bzw. seinen intestinalen Rezeptor als auch das Toxin B von Clostridium difficile inaktiviert (POTHOULAKIS et al., 1993; CASTAGLIUOLO et al., 1996; CASTAGLIUOLO et al., 1999). Wie durch In-vitro-Untersuchungen nachgewiesen, produzieren Lactobacillus spp.

Verdauungsenzyme, welche die Konzentration der intestinal vorhandenen Enzyme anreichern können (JIN et al., 1997; GHADBAN, 2002). COLLINGTON et al. (1990) berichteten, dass die mikrobielle Population im Gastrointestinaltrakt die Enterozytenaktivität und die Gewebefunktion stark beeinflusst. Weiterhin haben sie bei Ferkeln vor dem Absetzen durch Probiotikazugabe (Lactobacillus plantarum, Lactobacillus acidophilus, Lactobacillus casei und Streptococcus faecium) signifikant erhöhte Aktivitäten kohlenhydratspaltender Enzyme und der Peptidase festgestellt. Die Verdaulichkeit der Stärke ist bei Ferkeln aufgrund der mangelnden Produktion der pankreatischen a-Amylase limitiert. LEE et al. (2001) haben demonstriert, dass die Supplementierung des Futters mit Lactobacillus acidophilus die Stärkeverdaulichkeit unterstützt und das Wachstum und die Futtereffizienz verbessert. BUTS et al. (1986) berichteten, dass S. b. die Aktivität der Bürstensaumenzyme beeinflusst. Sie behandelten sieben gesunde Erwachsene mit 250 mg S. b. viermal täglich über 2 Wochen.

Nach der Behandlung stellten sie fest, dass die spezifische Aktivität von Saccharase, Laktase und Maltase um 82 %, 77 % und 75 % höher war als die basale Aktivität.

Die Laktoseintoleranz des Menschen ist auf eine ungenügende bzw. fehlende Laktaseaktivität in der Dünndarmschleimhaut zurückzuführen. Trotzdem werden fermentierte oder nicht fermentierte Milchprodukte mit Milchsäurebakterien von laktoseintoleranten Personen gut vertragen. Diese bessere Verträglichkeit wird auf eine verlängerte Magen-Darm-Passagezeit und auf die in den Milchprodukten enthaltenen probiotischen Keime, welche β-Galaktosidase, eine Laktase, produzieren, zurückgeführt (HEYMAN, 2000; LABAYEN et al., 2001).

GMEINER et al. (2000) stellten fest, dass die Zugabe von Lactobacillus acidophilus und

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Fructooligosacchariden (zusammen als Synbiotika bezeichnet) in einen SHIME-Reactor die intestinale mikrobielle Flora des Menschen und ihre Stoffwechselaktivitäten in-vitro stark beeinflusst. Sie demonstrierten durch die Zugabe eine Zunahme der Bifidobakterien, eine hohe Konzentration an Butyrat und Propionat, eine Steigerung der β-Galaktosidase- Konzentration und einen Abfall der β-Glukuronidase. Probiotika führen zur Inaktivierung oder zur Inhibierung der Karzinogene im Gastrointestinaltrakt, zur Stimulation des Immunsystems und zur Reduktion der Aktivität fäkaler bakterieller Enzyme (β- Glukuronidase, Azoreduktase und Nitroreduktase), welche Prokarzinogene in Karzinogene umwandeln können (GOLDIN und GORBACH, 1977; RYHÄNEN, 1996). Ebenso hemmen diätetische Probiotika die Ureaseaktivität im Dünndarm von Küken und reduzieren die Produktion des Zellgiftes Ammoniak im Gastrointestinaltrakt. Dadurch verbessern sie die Gesundheit und das Wachstum der Tiere, besonders während der frühen Lebensphase (YEO und KIM, 1997).

Probiotische Keime können sowohl das unspezifische als auch das spezifische Immunsystem stimulieren. TEJADA-SIMON et al. (1999) immunisierten in ihrem Versuch Mäuse oral mit Choleratoxin. Die Mäuse, die gleichzeitig bestimmte Milchsäurebakterien erhalten hatten, bildeten mehr spezifisches IgA in Serum und Kot als die Kontrollgruppe. RODRIGUES et al.

(2000) verglichen bei einem Versuch keimfreie Mäuse mit S. b.-monoassoziierten Mäusen.

Sie stellten im intestinalen Inhalt der monoassoziierten Mäuse signifikant mehr IgA (sowohl Gesamt- IgA als auch gegen S. b. gerichtet) als im intestinalen Inhalt der keimfreien Mäuse fest. Auch die Anzahl der Kupfferschen Sternzellen in der Leber war bei monoassozierten Tieren signifikant höher. Nach der Infektion mit E. coli B41 stellten sie bei den monoassozierten Mäusen fest, dass die Beseitigung von E. coli schneller war und die Serumkonzentrationen von TNF-α, IFN-γ und IL-12 höher als bei keimfreien Mäusen waren.

Die orale Verabreichung von Bifidobacterium lactis eine Woche vor dem Absetzen führte bei Ferkeln zu einer verminderten Diarrhöe und zu einer erhöhten Futterverwertung während des Absetzens. Der schützende Effekt der Probiotika wurde auf eine niedrigere Konzentration von Rotavirus und E. coli im Kot, auf eine erhöhte Anzahl der Blutleukozyten, Phagozyten und T- Lymphozyten und auf einen erhöhten spezifischen Antikörper-Titer gegen Pathogene zurückgeführt (SHU et al., 2001).

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Der genaue Mechanismus der Stimulierung des Immunsystems durch Probiotika ist noch nicht bekannt. HOLZAPFEL et al. (1998) und ROLFE (2000) weisen aber auf die Möglichkeit hin, dass Zellwandbestandteile als Adjuvans wirken und so die humorale Immunität steigern.

KLEIN und SCHMIDTS (1997) zeigten, dass bei Ferkeln eine vierwöchige Applikation von Bacillus cereus var. toyoi zu einer signifikanten Vergrößerung der Schleimhautoberfläche und zu einem Anstieg der Zottenlänge im Jejunum führt. BAUM et al. (2002) beobachteten nach Gabe von S. b. oder Bacillus cereus var. toyoi bei Absetzferkeln einen Anstieg der Zottenlänge im Dünndarm. Jedoch war der Anstieg nur im proximalen Jejunum bei mit S. b.

behandelten Tieren signifikant. BREVES et al. (2000) untersuchten den Einfluss von S. b. und Bacillus cereus var. toyoi auf den Nährstofftransport im Jejunum bei Schweinen in-vitro. Ihre Resultate zeigten, dass die orale Gabe von beiden Probiotika die Na-abhängige Absorption von Glukose stimuliert.

Probiotika könnten somit über eine Vergrößerung der resorptiven Oberfläche sowie über eine verbesserte Nährstoffabsorption im Gastrointestinaltrakt die Leistungsparameter von Nutztieren steigern.

2.2.1. Hefen als Probiotika bei Wiederkäuern

Abgetötete Hefen werden unter der Bezeichnung Futterhefe als Einzelfuttermittel seit langem in der Tierernährung eingesetzt. In einer Publikation aus dem Jahre 1925 berichteten ECKLES und über die Verwendung von Trockenhefe als Futterzusatz für Milchkühe. Durch den Gehalt an hochwertigem Protein und den hohen Gehalt an Vitaminen des B-Komplexes handelt es sich hierbei um ein Einzelfuttermittel mit hoher ernährungsphysiologischer Wertigkeit. Derartige Futterhefen wirken als Nährstoffquelle, fermentative Funktionen können sie nicht übernehmen. Lebende Hefekulturen sind dagegen Regulatoren und Stimulatoren des mikrobiellen Stoffwechsels im Vormagensystem in einem für das Wirtstier positiven Sinne (GÜNTHER, 1990; JEROCH et al., 1999). Die Lebensfähigkeit der Hefen alleine ist aber nicht für die heutige probiotische Anwendung entscheidend. Bei Wiederkäuern werden hauptsächlich Hefekulturen von S. c. (Bäcker- oder Bierhefe) als Probiotika

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eingesetzt. S. c. besteht aus über 1000 Stämmen, jedoch sind nicht alle in der Lage, die Fermentation im Pansen zu stimulieren (NEWBOLD und WALLACE, 1992; NEWBOLD et al., 1995; AGARWAL et al., 2000). Nur bestimmte Stämme von S. c. kommen deshalb zum Einsatz. Allerdings sind die in der Literatur beschriebenen Resultate über diese probiotischen Stämme nicht einheitlich.

Die Wirkungsweise von Hefen bei Wiederkäuern ist gegenwärtig noch nicht vollständig geklärt. In der letzten Zeit werden verschiedene Möglichkeiten hinsichtlich des Wirkungsmechanismus’ der Hefen diskutiert (Abb. 2). Zahlreiche Studien zeigen, dass die zentrale Wirkung der Hefen auf der Stimulation des Wachstums und der Aktivitäten insbesondere der cellulolytischen und der laktolytischen Pansenmikroorganismen beruht.

Abb. 2: Wirkungsweise von Hefen im Pansen (DAWSON, 1990)

Stimulation von

Pansenbakterien

Gesteigerte Laktat-Verwertung

Stabilisierung des pH-Wertes

Hefekultur

Anstieg der Mikroben-Population (Erhöhung der Mikrobenmasse)

Erhöhte Ammoniak-Verwertung

Steigerung der Proteinsynthese

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HARRISON et al. (1988) berichteten, dass eine Hefesupplementierung von 114 g/d bei Milchkühen (40 % Maissilage und 60 % Konzentrat in der TS) zu einer Zunahme von Gesamt-Anaerobiern (60 %) und cellulolytischen Bakterien (82 %) führte. DAWSON et al.

(1990) konnten sowohl im In-vitro-Rusitec-System als auch bei Ochsen in-vivo zeigen, dass die Zugabe einer Hefekultur von S. c. die Konzentration cellulolytischer Bakterien um das 40- fache steigerte. Jedoch haben die Autoren keine derartige Stimulation bei den Gesamt- Anaerobiern und cellulolytischen Bakterien durch Zugabe von autoklavierten Hefen festgestellt. Sie führten die stimulierende Wirkung der lebenden Hefekultur auf eine hitzelabile Substanz in den lebenden Hefezellen zurück. ERASMUS et al. (1992) zeigten, dass Hefekulturergänzungen (10 g/d) bei Milchkühen den mikrobiellen Proteinfluss aus den Vormägen ins Duodenum vergrößern und das Aminosäurenprofil im Mikrobenprotein, das den Pansen verlässt, verändern. Die Autoren konnten somit zeigen, dass die Hefeergänzung das Wachstum von gewissen Bakterienspezies selektiv stimuliert. KUMAR et al. (1994) berichteten, dass eine Hefesupplementierung von 5 g/d bei konzentratreich gefütterten Büffeln zu einer signifikant höheren Anzahl aller Bakterien sowie einer höheren Gesamtanzahl an lebensfähigen und cellulolytischen Bakterien führte. KUMAR et al. (1997) konnten in einem Versuch auch bei rohfaserreich gefütterten Büffeln demonstrieren, dass die gleiche Hefezulage die Konzentration der Gesamtbakterienzahl (41 %), der gesamt-lebensfähigen Bakterien (33,5 %) und der cellulolytischen Bakterien (57,4 %) steigerte. EL HASSAN et al.

(1996) fanden heraus, dass eine Hefekulturergänzung bei Bullen zu einer Steigerung der Bakterienzahl und des Proteingehalts bzw. zu einer Verminderung der Ammoniak- Konzentration im Pansen führte. YOON und STERN (1996) beobachteten bei Milchkühen, die eine Hefekultur (57 g/d) mit dem Futter erhielten, eine Zunahme von proteolytischen Bakterien. Jedoch wurde die Anzahl von cellulolytischen und amylolytischen Bakterien bzw.

von Protozoen durch die Supplementierung nicht beeinflusst. Bei Zugabe von 500 mg Hefekultur ins Rusitec-System konnte eine 38 %ige Erhöhung der Gesamtzahl an lebensfähigen Bakterien und eine 49 %ige Steigerung der cellulolytischen Bakterienzahl nachgewiesen werden (NEWBOLD et al., 1998). Hierbei konnte auch eine Zunahme der Anzahl von Selenomonas ruminantium sowie eine signifikante Abnahme der Protozoenanzahl festgestellt werden. Die Autoren machten die abnehmende Menge an Protozoen mitverantwortlich für die stimulierende Wirkung der Hefen auf die Bakterienanzahl. KOUL et al. (1998) haben ebenfalls über eine Steigerung der Bakterienanzahl im Pansen von

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Büffelkälbern durch die Zugabe einer Hefekultur berichtet. Die lebenden Zellen von S. c.

stimulieren den Pansenpilz Neocallimastix frontalis, der mit Hilfe seiner wurzelartigen Struktur in das schwer abbaubare lignin-haltige Gewebe der Futterpflanzenteile eindringt und für eine Art Andauung der für Bakterien zunächst nicht angreifbaren Kohlenhydrate sorgt.

Darüber hinaus kommt es zu einer Stimulation des Celluloseabbaus durch den Pilz sowie der Keimung seiner Sporen über die Versorgung mit Vitaminen wie Thiamin, das essentiell für das Wachstum und die Aktivitäten von Pilzen ist (TRAN, 1990; CHAUCHEYRAS et al., 1995a).

Eine große Anzahl von Autoren führt die stimulierende Wirkung von Hefen bezüglich der Pansenbakterien auf die Versorgung mit speziellen Nährstoffen wie Vitaminen, Dicarbonsäuren, verzweigtkettigen SCFA, kurzkettigen Peptiden, Aminosäuren und unbekannten Wachstumsfaktoren zurück (WIEDMEIER et al., 1987; DAWSON et al., 1990;

NISBET und MARTIN, 1991; MARTIN und NISBET, 1992; CHAUCHEYRAS et al., 1995a; ROSSI et al., 1995; CALLAWAY und MARTIN, 1997; CHAUCHEYRAS et al., 1996; KOUL et al., 1998).

GIRARD und DAWSON (1995a) demonstrierten, dass der Stamm 1026 von S. c. das Wachstum von Ruminococcus albus in-vitro im Kulturmedium stimuliert. Sie isolierten einen hitzestabilen und einen hitzelabilen Wachstumsfaktor (Molekulargewicht jeweils < 10000 Dalton) aus diesem Stamm. Diese Faktoren verkürzten die lag-time (Zeit zur Initiierung des Wachstums) von Ruminococcus albus um 28 % bzw. 45 %.

EL HASSAN et al. (1993) und KOUL et al. (1998) konnten sowohl bei lebenden als auch bei durch γ-Strahlung inaktivierten Hefezellen eine stimulierende Wirkung auf die Pansenbakterien nachweisen, während durch Autoklavierung (15 psi ≈ 103 kPa, 120 °C, 15 min) inaktivierte Hefezellen ihre stimulierende Wirkung verloren. Die Autoren schlossen daraus, dass der stimulierende Effekt auf lebende Zellen oder eine hitzelabile Substanz zurückzuführen sein muss.

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Die zunehmende Anzahl und Aktivität anaerober Pansenbakterien könnte ebenso eine Folge der sauerstoffverzehrenden Eigenschaften von Hefen oder des durch die Hefen gestiegenen bzw. stabilisierten pH-Wertes sein.

Trotz des anaeroben Milieus im Pansen enthalten die Pansengase sogar bei nicht fistulierten Tieren zwischen 0,5 und 1,0 % Sauerstoff (McARTHUR und MULTIMORE, 1962).

CZERKAWSKI (1969) berichtete, dass beim Schaf täglich 38 l Sauerstoff über Futter, Wasser, Speichel und durch Diffusion aus dem Blut über die Pansenwand in den Pansen gelangen. Sauerstoff ist toxisch für anaerobe Bakterien und inhibiert das Wachstum von Pansenbakterien in Reinkultur (MAROUNEK und WALLACE, 1984) sowie die Adhäsion von cellulolytischen Bakterien an Cellulose (ROGER et al., 1990).

S. c. ist ein fakultativer Anaerobier, wobei 1 g in der Lage ist, pro Minute 200-300 µmol Sauerstoff zu verbrauchen (BARFORD und HALL, 1979). NEWBOLD et al. (1996) führten die Pansenbakterien stimulierende Wirkung bei drei Stämmen der Art S. c. auf ihren sauerstoffverbrauchenden Effekt zurück, da respirationsdefiziente Mutanten dieser Stämme keine stimulierende Wirkung hatten. ROSE (1987) berichtete, dass Hefen Sauerstoff aus dem Pansen entfernen und damit auch für die anaeroben Bakterien günstigere Lebensbedingungen schaffen. CHAUCHEYRAS-DURAND und FONTY (2001) demonstrierten an Lämmern, dass nach einem Sauerstoffeintrag in den Pansen durch eine Fisteloperation die Menge an cellulolytischen Bakterien bei der Kontrollgruppe abnahm, während sie bei mit Hefekultur behandelten Tieren stabil blieb. Die Autoren führten dies auf die sauerstoffverzehrenden Eigenschaften von S. c. zurück. Im selben Versuch konnte gezeigt werden, dass cellulolytische Bakterien sich in Gegenwart einer Hefekultur schneller etablierten.

Eine Steigerung bzw. eine Stabilisierung des Pansen-pH-Wertes nach Hefesupplementierung könnte eine weitere Erklärung für die Stimulation von anaeroben Pansenbakterien sein.

STEWART (1977) stellte fest, dass ein niedriger pH-Wert auf den ruminalen Cellulose- Abbau nachteilig wirkt. Ebenfalls reduziert ein niedriger pH-Wert das Wachstum von Pansenbakterien in Reinkultur (RUSSEL et al., 1979). Eine Reduktion des pH-Wertes von 6,7 auf 6,0 führte zu einer Abnahme der mikrobiellen Proteinsynthese um bis zu 69 % (STROBEL und RUSSEL, 1986).

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ROSE (1987) und WILLIAMS (1988) berichteten über einen möglichen Einfluss von Hefen auf die Pufferkapazität im Pansen. In einer neueren Publikation konnte RYAN (1990) jedoch demonstrieren, dass Hefen hierbei keine Pufferfunktion übernehmen.

Nach Untersuchungen einiger Autoren spiegelt die pH-Wert-Steigerung die abnehmende Laktat-Konzentration im Pansen wider. Da Laktat einen niedrigeren pKa-Wert (ca. 4,0) als SCFA (ca. 4,8) hat, spielt es eine wichtige Rolle für den Pansen-pH-Wert. WILLIAMS et al.

(1991) stellten fest, dass eine Supplementierung der Ration mit einer Hefekultur bei Ochsen zu einer Abnahme der Laktatkonzentration und einer Zunahme des pH-Wertes im Pansen führte. Laktat selbst wird von S. c. nicht als Substrat verwendet (PANCHAL et al., 1984). Die Stimulation des Wachstums und der Laktat-Aufnahme durch laktatverwertende Pansenbakterien wie Selenomonas ruminantium (NISBET und MARTIN, 1991) und Megasphaera elsdenii (ROSSI et al., 1995) in Anwesenheit von Hefen könnte für die abnehmende Laktatkonzentration im Pansensaft verantwortlich sein. GIRARD und DAWSON (1995b) berichteten über eine zunehmende Anzahl an laktatverwertenden Bakterien durch die Zugabe einer Hefekultur unter kraftfutterreichen Bedingungen in einem Pansensimulationsversuch. Das beobachtete Wachstum könnte auf den Malatgehalt (NISBET und MARTIN, 1991; ROSSI et al., 1995) oder auf andere, natürlich vorkommende Metabolite aus Hefekulturen wie Aminosäuren, Vitamine und organische Säuren, beruhen (CHAUCHEYRAS et al., 1996; CALLAWAY und MARTIN, 1997), da diese Substanzen die Vermehrung und die Aktivitäten von laktatverwertenden Bakterien stimulieren. Auch trägt die Fähigkeit der Hefen, schnell Zucker zu verwerten und somit Substrat für die Milchsäuregärung zu entziehen, zu einer Stabilisierung des pH-Wertes bei. CHAUCHEYRAS et al. (1996) haben in ihrem In-vitro-Versuch gezeigt, dass S. c. und Streptococcus bovis in einer Co-Kultur um Glukose konkurrieren, die Hefezellen Glukose dem bakteriellen Abbau entziehen und so zu einer Reduktion der Laktat-Konzentration führen. Dabei konnten die Autoren demonstrieren, dass in Anwesenheit von Hefen Laktat-Aufnahme und Vermehrung von Megasphaera elsdenii stimuliert wurden.

Die zunehmende Produktion an SCFA und die Verschiebung des Fettsäuremusters durch Hefekulturen hängen mit der Steigerung bzw. Veränderung der Bakterienpopulation zusammen (WALLACE und NEWBOLD, 1992; KUMAR et al., 1994; 1997; KOUL et al.,

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1998). MARTIN et al. (1989) zeigten in einem In-vitro-Versuch, dass die Zugabe einer Hefekultur (1 g/d) die Fermentation stimulierte, die Produktion an SCFA steigerte und das Verhältnis von Acetat zu Propionat verkleinerte. GRAY und RYAN (1990) beobachteten einen Anstieg des pH-Wertes um 0,1 Einheiten und eine deutliche Erhöhung der SCFA- Produktion bei Schafen, die täglich 2,5 g Hefekultur mit dem Futter erhielten. HARRISON et al. (1988) demonstrierten, dass die Supplementierung einer Hefekultur in der Ration (40 % Maissilage und 60 % Konzentrat in der TS) bei Milchkühen das Acetat-Propionat-Verhältnis verringerte und den molaren Anteil an Isosäuren erhöhte, während die Gesamt-SCFA- Konzentration gleich blieb. ENJALBERT et al. (1999) fanden heraus, dass eine Hefezulage bei nicht laktierenden Milchkühen zu einer signifikant höheren SCFA-Produktion und Propionat-Produktion führte und dadurch das Acetat-Propionat-Verhältnis verringerte.

MUTSVANGWA et al. (1992) beobachteten, dass eine Hefekulturergänzung (ca. 10 g/d) bei Bullen, die ein auf Gerste basierendes Futter erhielten, die SCFA-Produktion signifikant erhöhte, das Verhältnis von Acetat zu Propionat jedoch nicht beeinflusste. MILLER- WEBSTER et al. (2002) untersuchten die Auswirkungen von zwei verschiedenen Hefekulturen von S. c. auf den mikrobiellen Pansenstoffwechsel bei einer kontinuierlichen Kultur in-vitro. Sie fanden heraus, dass unter gleichen Bedingungen jede Hefekultur unterschiedliche Effekte auf den mikrobiellen Metabolismus hatte. Jedoch erhöhten beide Hefekulturen die Verdaulichkeit der Trockensubstanz und des Proteins sowie die Propionat- Produktion. Dadurch verkleinerten sie das Acetat-Propionat-Verhältnis. WILLIAMS et al.

(1991) demonstrierten an Ochsen, die mit einer aus 50 % Heu und 50 % gequetschten Gersten bestehenden Ration verfüttert wurden, dass die Supplementierung einer Hefekultur (7,5 g/d) zu einer Reduktion des Verhältnisses von Acetat zu Propionat und zu einer erhöhten Verdaulichkeit der Trockensubstanz nach 12 h, jedoch nicht nach 24 h, während sie die SCFA-Konzentration nicht beeinflusste. Die Autoren beobachteten auch bei 32 Milchkühen, die eine Ration (Konzentrat-Rohfutter-Verhältnis 50:50 bzw. 60:40 %) erhielten, dass eine Hefekulturergänzung im Futter (10 g/d) die Trockensubstanzaufnahme (1,2 kg/d) und die Milchproduktion (1,4 l/d) steigerte. Diese Effekte der Hefekultur waren deutlicher in der konzentratreichen Ration. CARRO et al. (1992) untersuchten die Auswirkungen einer Hefekultur von S. c. (150 mg/d) auf die ruminale Fermentation im Rusitec-System bei niedrigen (30 %), mittleren (50 %) und hohen (70 %) Kraftfutteranteilen. Der Effekt der Hefekultur auf die Pansenparameter war abhängig von der Fütterungsweise. Die Autoren

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beobachteten keinen nennenswerten Effekt bei niedrigem Kraftfutteranteil. Jedoch führte die Hefezulage beim mittleren Kraftfutteranteil zu einer Abnahme der Methan-Produktion, der Protozoenzahl und zur Änderung der molaren Anteile an SCFA. Die Ammoniak- Konzentration, die mikrobielle Proteinsynthese bzw. die Verdaulichkeit blieben unbeeinflusst.

Beim hohen Kraftfutteranteil führte die Hefezulage zu einer Erhöhung der Protozoenanzahl, der Verdaulichkeit sowie der SCFA- und Methan-Produktion. Jedoch blieben der pH-Wert und die mikrobielle Proteinsynthese unbeeinflusst, während die Ammoniak-Konzentration abnahm. Ebenso berichteten FIEMS et al. (1993) über einen vom Futter abhängigen Effekt von Hefekulturen. Sie fanden heraus, dass durch tägliche Ergänzung des Futters mit 5 g einer Hefekultur bei Hammeln der pH-Wert, die Butyrat-, Isosäuren- und Ammoniak- Konzentrationen bzw. das Acetat-Propionat-Verhältnis erhöht wurde, während die Gesamt- SCFA-Konzentration, die Verdaulichkeit und die N-Bilanz unbeeinflusst blieben. Diese Effekte der Hefekultur waren deutlicher bei der auf Maissilage und Getreide als bei der auf Heu und Zuckerrübenschnitzeln basierenden Ration. EL HASSAN et al. (1996) fanden heraus, dass eine Hefekulturergänzung bei Bullen die Propionat-Produktion auf Kosten von Acetat steigerte, während die SCFA-Produktion unbeeinflusst blieb.

Die Untersuchungen von DRENNAN (1990) zeigten eine um 6,8 % höhere Lebendmassezunahme und eine 5,1 % verbesserte Futterverwertung in der Bullenmast, wenn täglich 10 g Hefekultur über Grassilage verabreicht wurde. ERASMUS et al. (1992) beobachteten bei Milchkühen, die täglich 10 g Hefekultur mit der Ration erhielten, eine verbesserte Futteraufnahme und Milchleistung. KUMAR et al. (1992) berichteten, dass eine Hefekulturergänzung (10 g/d) bei Büffeln zu einer signifikanten Steigerung der Milchleistung und einer Veränderung der Milchzusammensetzung führte.

Jedoch sind die Ergebnisse extrem variabel. ADAMS et al. (1981) zeigten eine Abnahme der SCFA-Konzentration im Pansen von Ochsen, welche 1,85 % Hefekultur mit dem Futter (50 % Konzentrat und 50 % Rohfutter in der TS) erhielten. WIEDMEIER et al. (1987) haben bei Kühen, die mit einer Hefekultur (90 g/d) behandelt wurden, weder einen Anstieg der SCFA- Konzentration noch eine Änderung im Verhältnis von Acetat zu Propinat beobachtet.

CHADEMANA und OFFER (1990) demonstrierten, dass eine Hefekulturergänzung bei Schafen (4 g/d) mit niedrigem, mittlerem und hohem Kraftfutteranteil in der Ration den pH-

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Wert, die Abflussrate des Pansensaftes, die NH3-N-Konzentration, die Gesamt-SCFA- Konzentration und die molaren Anteile einzelner Fettsäuren nicht beeinflusst. DAWSON et al. (1990) konnten ebenso keinen Effekt der Hefekultur auf die SCFA-Konzentration bzw. auf das Verhältnis von Acetat zu Propionat, sowohl in-vivo bei Ochsen als auch bei In-vitro- Pansensimulationsversuchen, finden.

ARAMBEL und KENT (1990) berichteten, dass eine Hefeergänzung im Futter (90 g/d) bei Milchkühen, die am Anfang der Laktation waren, zu keiner signifikant erhöhten Futteraufnahme, Verdaulichkeit, Gewichtzunahme bzw. zu keiner Änderung in der Milchproduktion und in der Milchzusammensetzung führte. KAMALAMMA et al. (1996) konnten bei Milchkühen, die täglich 10 g Hefekultur mit dem Futter bekamen, keine verbesserte Futteraufnahme, Gewichtzunahme, Milchproduktion und keine Änderung der Milchzusammensetzung beobachten. Ebenso konnten WAGNER et al. (1990), QUIGLEY et al. (1992), ROUZBEHAN et al. (1994), FIEMS et al. (1995), SODER und HOLDEN (1999), ARCOS-GARCIA et al. (2000), CABRERA et al. (2000) und GARCIA et al. (2000) keine Verbesserung von Leistungsparametern des Wirtes (Futteraufnahme, Futterverwertung, Verdaulichkeit, Milchleistung, Gewichtzunahme und Gesundheitsstatus) nachweisen.

FLACHOWSKY et al. (1992) demonstrierten, dass die Supplementierung von Hefekulturen (1 g, 2 g oder 4 g) bei Schafen, die eine grobfutterreiche bzw. konzentratreiche Ration erhielten, den pH-Wert, die Gesamt-SCFA-Konzentration und die molare Konzentration an SCFA nicht signifikant beeinflusste. In der hohen Dosierung von 4 g/d war die Verdaulichkeit der Trockensubstanz sogar negativ beeinflusst und zwar stärker in der konzentratreichen Ration.

Hefekulturen senken die Methanproduktion im Verdauungstrakt und könnten dadurch eine zusätzliche Energieversorgung für das Wirtstier schaffen. MUTSVANGWA et al. (1992) berichteten über eine geringere Methanproduktion in-vitro im Pansensaft von mit Hefekultur behandelten Bullen. CHAUCHEYRAS et al. (1995b) demonstrierten in einer In-vitro-Co- Kultur aus einem acetogenen und einem methanogenen Stamm, dass die Zugabe von Hefezellen zu einer bis zu 5-fachen Erhöhung des hydrogenotrophen Stoffwechsels des acetogenen Stamms und seiner Acetat-Produktion führte. In Abwesenheit von Hefen wurde Wasserstoff hauptsächlich durch den methanogenen Stamm für die Methansynthese

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verwendet. Aus diesem Versuch schlossen die Autoren, dass der Einsatz von Hefekulturen bei Wiederkäuern die Methanemission reduzieren und dadurch den ruminalen Stoffwechsel optimieren könnte. ROKDE und TOMER (2001) fanden heraus, dass die Supplementierung einer Hefekultur bei Kälbern zu einer signifikant niedrigeren Methanproduktion führte. Im Gegensatz dazu wiesen die Ergebnisse anderer Versuche auf einen Anstieg der Methanproduktion in Gegenwart von Hefekulturen hin (MARTIN et al., 1989; CARRO et al., 1992).

Die Wirksamkeit von Hefekulturen wird nicht nur durch verschiedene Hefezubereitungen, wie verschiedene Stämme und auch durch die Ernährungsweise bzw. Nährstoffanforderungen des Wirts beeinflusst. Die Effektivität von Hefeergänzungen bei Milchkühen ist größer zu Anfang der Laktation als in der Mittel- bzw. in der Spätphase der Laktation. Ferner ist die Antwort des Wirts zu Hefekulturen in der kraftfutterreichen Fütterung größer als in der rohfutterreichen Fütterung (NEWBOLD, 1996). ADAMS et al. (1995) zeigten, dass die Effektivität einer Hefekultur bei Milchkühen größer war bei auf Maissilage und Luzerne basierenden Rationen als auf Maissilage und Bermudagras bzw. nur auf Maissilage basierenden Rationen.

2.3. Hefen

Hefen sind als Pilze definiert, in deren Lebenszyklus die einzellige Form dominiert (WEBER, 1982). Da die Hefen als chlorophyllfreie Organismen sich nicht photosynthetisch betätigen können, müssen sie organische Substanzen heterotroph verstoffwechseln (BERGANDER, 1967).

Die Menschen benutzen Hefen seit Tausenden von Jahren zum Brotbacken und zur Herstellung alkoholhaltiger Getränke. Die bekannteste Hefe ist S. c., die auch als Bäckerhefe oder Bierhefe bezeichnet wird. Da dieser Mikroorganismus leicht kultiviert und manipuliert werden kann, wird er seit über 100 Jahren als eukaryontischer Modellorganismus verwendet.

S. c. kommt aufgrund des Gehalts an Proteinen, B-Vitaminen, Mineralstoffen und Enzymen in vielfältiger Weise bei Mensch und Tier zum Einsatz. Die Literaturübersicht wird sich auf diese Spezies beschränken.

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2.3.1. Systematik von Saccharomyces cerevisiae

Die Taxonomie der Hefen ist nicht abgeschlossen, da immer wieder neue Stämme isoliert werden und bekannte Stämme infolge der sich erweiternden Kriterien und neuerer Daten reklassifiziert werden müssen (WEBER, 1982).

Von den etwa 50000 bekannten Pilzarten sind 500 als Hefen klassifiziert. Saccharomyces ist eine der etwa 40 ascosporogenen Hefegattungen. Gegenwärtig sind zehn Spezies von Saccharomyces beschrieben (KREGER VAN RIJ, 1987; BARNETT, 1992). In Tabelle 1 ist die Systematik von S. c. dargestellt.

Mehr als 1000 Stämme von S. c. wurden bereits beschrieben (JONG und EDWARDS, 1990;

MOORE, 1993). Eine Zelle von S. c. hat einen rundlich-ovalen Zellkörper und einen Durchmesser von etwa 3 bis 5 µm und ist etwa 5 bis 7 µm lang (MÜLLER, 1961).

Tab. 1: Systematik von S. c. (nach BARNETT 1992 und BARNETT et al., 2000)

Reich Fungi Abteilung Eumycota Unterabteilung Ascomycotina

Klasse Hemiascomycetes Ordnung Endomycetales

Familie Saccharomycetoideae Gattung Saccharomyces Spezies Saccharomyces cerevisiae

2.3.2. Zellwand von Saccharomyces cerevisiae

Die Hefezelle ist, im Gegensatz zur tierischen Zelle, von einer festen Zellwand umgeben, welche für das Überleben der Hefezelle essentiell ist. Die Hefezelle hat einen hohen Turgor, so dass ein kleiner Riss der Zellwand zur Lyse und zum Tod der Zelle führen kann (CABIB et al., 1989). EAMUS und JENNIGS (1986) zeigten, dass die Zellwand einem Innendruck von

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über 15 bar standzuhalten vermag. Diese 100-200 nm dicke Schicht verleiht der Zelle Schutz, Form und Festigkeit. Die Zellwand hat eine komplexe und dynamische Struktur, deren Anordnung sich während des Zellwachstums verändert und deren Zusammensetzung sich unterschiedlichen Umgebungsbedingungen und unterschiedlichen Phasen des Zellzyklus anpasst (KLIS, 1994; GOODAY, 1993; DICKINSON, 1999). Die Hefezellwand macht 15- 30 % des Zelltrockengewichts aus und setzt sich aus 85-90 % Polysacchariden und 10-15 % Proteinen zusammen. Die einzelnen Zellwandbestandteile sind Mannoproteine (30-60 %), β- 1,3 Glucan (50-60 %), β-1,6 Glucan (5-10 %) und Chitin (1-2 %) (FLEET und MANNERS, 1976; FLEET, 1991; KLIS, 1994; STRATFORD, 1994; ORLEAN, 1997; NGUYEN et. al., 1998).

Die Hefezellwand besteht aus einer äußeren und einer inneren Schicht. Die äußere Schicht setzt sich aus Mannoproteinen zusammen und die innere Schicht enthält außerdem auch β-1,3 Glucan, β-1,6 Glucan und geringe Mengen Chitin (FLEET, 1991; KLIS, 1994). Während die innere Schicht für die Form und Festigkeit der Zelle verantwortlich ist, bestimmen die Mannoproteine der äußeren Schicht die Oberflächeneigenschaften der Zelle, wie Hydrophobizität, elektrische Ladung, Flockulation und sexuelle Agglutinationsfähigkeit, und limitieren die Permeabilität der Hefezellwand (ZLOTNIK et al., 1984; DE NOBEL et al., 1989; DE NOBEL et al., 1990; DE NOBEL et al., 1991). Chitin kommt in geringen Mengen (1-2 %) in der Zellwand vor, welche wesentlich am Ring der Knospe und in lateralen Wänden in der Nähe der Plasmamembran lokalisiert ist (BULAWA, 1993; BALLOU, 1982; CABIB et. al., 1982).

Das Zellwandprotein enthält alle häufigen Aminosäuren, besitzt jedoch einen größeren Anteil an Glutaminsäure und Asparaginsäure. Im Gegensatz zur Aminosäurenzusammensetzung der ganzen Hefezelle weist das Zellwandprotein einen hohen Gehalt an schwefelhaltigen Aminosäuren, besonders in der Zellwand der jungen Hefezellen, auf (HALASZ und LASZTITY, 1991). Die folgende Tabelle zeigt die chemische Zusammensetzung der Hefezellwand:

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Tab. 2: Chemische Zusammensetzung der Hefezellwand (HALASZ und LASZTITY, 1991)

Bestandteil Gehalt in der Trockenmasse (%) Kohlenhydrate 76-84

Hexosamine 1-2 Proteine 7

Lipide 2

Die Mannanoligosaccharide (MOS) der Hefezellwand können von pathogenen Keimen (E.

coli, Salmonella typhimurium, Clostridium botulinum, Clostridium sporogenes) nicht verdaut werden. Damit werden diese Keime in ihrem Wachstum gehemmt, wenn nur MOS als Nährstoffquelle im Medium vorliegen. Im Gegensatz dazu verfügen erwünschte Darmbakterien wie Laktobazillen und Bifidobakterien über einen Enzymkomplex zur Spaltung von MOS. Das heißt, MOS hemmen das Wachstum pathogener Keime und fördern im Darm das Wachstum erwünschter Darmbakterien. (LYONS, 1994; MARTIN, 1994).

Polysaccharide der Hefezellwand werden durch körpereigene Enzyme in den oberen Darmabschnitten nur in einem geringen Ausmaß hydrolysiert bzw. absorbiert. Sie gelangen in den Dickdarm und werden dort von der bakteriellen Flora abgebaut (GAILLARD und WEERDEN, 1976). MOS der Hefezellwand erfüllen die für Präbiotika definierten Anforderungen, da sie weder im Magen noch im Dünndarm durch die körpereigenen Enzyme metabolisiert werden können, folglich also der Dickdarmflora als Nährsubstrat zur Verfügung stehen. BREVES et al. (2001) haben bei ihren Versuchen inaktivierte Hefen als Präbiotikum erwähnt.

Bakterien können über das Protein bzw. Glykoprotein Lektin, welches sich in der Oberfläche von Bakterienzellen befindet, spezifische Zucker in der Oberfläche von Zielzellen binden.

Unerwünschte gramnegative Bakterien, wie E. coli, Salmonella und Vibrio cholera besitzen Mannose-spezifische Typ I-Fimbrien. Im Darmtrakt können diese durch Bindung pathogene Erreger kolonisieren und so zur Krankheitsprophylaxe beitragen. Wenn diätetische MOS die potentiellen Bindungsstellen für Pathogene im Darmtrakt bedecken bzw. unmittelbar an der Bakterienoberfläche haften, wird die Bakterienkolonisation gehemmt und die

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Krankheitserreger können ohne Schädigung des Wirtes ausgeschieden werden (LYONS, 1994; NEWMAN, 1994). PARKS et al. (2001) empfehlen aufgrund der obengenannten Wirkungsmechanismen MOS als eine Alternative zu antibiotischen Leistungsförderern bei Puten. Tabelle 3 erläutert die Zusammensetzung der Zellwand und ihre Funktion.

2.3.3. Chemische Zusammensetzung der Hefen

Hefen bestehen hauptsächlich aus Proteinen und Kohlenhydraten, liefern aber auch Ballaststoffe, Vitamine (besonders B-Komplexe) und essentielle Mineralstoffe (PACHECO et al., 1997). In Tabelle 4 ist die Zusammensetzung der Hefebiomasse dargestellt.

Obwohl die chemische Komposition der Hefen durch Medien und Kulturbedingungen stark beeinflußt wird, kann man den Hauptcharakter der Hefebiomasse in der folgenden Weise zusammenfassen (HALASZ und LASZTITY, 1991):

• hoher Proteingehalt

• hoher Nucleinsäurengehalt

• hoher Aschegehalt

• hoher Vitamingehalt

• mittlerer Kohlenhydratgehalt

• niedriger Lipidgehalt

Im Wassergehalt von Hefen besteht ein großer Unterschied zwischen Presshefen und Trockenhefen. Gepresste Bierhefe enthält ungefähr 25 % Trockensubstanz, während Trockenhefe einen Trockensubstanzanteil von 90-95 % hat (KACHOVÁ- KRATOCHVÍLOVÁ, 1990).

89 bis 95 % der Trockensubstanz der Hefe bestehen aus organischer Substanz (BERGANDER, 1967). Wesentlicher Inhaltsstoff in Hefen ist das Rohprotein, dessen Anteil zwischen 40-60 % der Trockensubstanz ausmachen kann (KACHOVÁ-KRATOCHVÍLOVÁ, 1990). Das Gesamtprotein besteht zu etwa 64-70 % aus Reinprotein, 20-26 % aus

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Nukleinsäuren und Nucleotiden und zu etwa 10 % aus Peptonen und Aminosäuren (BAUMGÄRTEL, 1936; ROTH-MAIER, 1979).

Tab. 3: Zusammensetzung der Hefezellwand und ihre Funktionen

Bestandteil und

Polymerisationsgrad

Anteil an der Zellwand

( % TS)

Lokalisation und Funktion Referenz

β-1,3 Glucan (1500) β-1,6 Glucan (150)

50-60 5-10

• innere Schicht

• strukturelle Hauptkomponente

• Verleihung von Form, Stärke und Festigkeit

KLIS, 1994;

BROWN et al., 1993;

KOLLAR et al., 1993

Mannoproteine 30-60

• äußere und innere Schicht

• Komponenten der Zellwand mit antigenen Eigenschaften

• bestimmen

die Oberflächeneigenschaften der Zelle

• spezifische

Rezeptorbindungsstellen für Killertoxine, Aggregation während der Paarung, Adhäsion und Flockulation

LIPKE und KURJAN, 1992;

STRATFORD, 1992;

SMART et al., 1995

Chitin (120) 1-2

• am Ring der Knospe und in der lateralen Wand

• Ausbildung des primären Septums

• Rolle bei der Schmoo- Formation

SHAW et al., 1991;

BULAWA, 1993;

GOODAY, 1993

Für die Qualität des Proteins ist die Aminosäurenzusammensetzung entscheidend. Das Aminosäurenmuster der verschiedenen Hefen zeichnet sich durch einen hohen Lysinanteil aus, der den des Sojaproteins übertrifft und annähernd die Werte hochwertiger tierischer Proteine erreicht. Demgegenüber fällt der Gehalt an S-haltigen Aminosäuren relativ niedrig aus (JEROCH et al., 1999). Das Hefeprotein besitzt alle essentiellen Aminosäuren (PACHECO et al., 1997). Tabelle 5 stellt die Aminosäurenzusammensetzung der Hefebiomasse dar.

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Tab. 4: Zusammensetzung der Hefebiomasse (PACHECO et al. ,1997)

Bestandteile Hefebiomasse (%) Proteine 48,51

RNA 7,52 Gesamtlipide 3,44

Asche 8,33 Gesamtkohlenhydrate 32,86

Gesamtfasern 12,19 Lösliche Fasern 9,56

Unlösliche Fasern 2,60

Die Kohlenhydrate sind nach den Eiweißstoffen der zweitgrößte Bestandteil der Hefetrockensubstanz. Für „Gebrauchshefen“ dürfen Gesamtkohlenhydrate von 25 % bis 35 % als normale Grenzwerte gelten (BERGANDER, 1967). Kohlenhydrate der Hefezelle lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Intrazelluläre Kohlenhydrate (Reservekohlenhydrate) und Zellwandkohlenhydrate. Die Reservekohlenhydrate bestehen nahezu vollständig aus Glykogen und Trehalose. Bäckerhefe enthält meistens 16-20 % Glykogen und 6-10 % Trehalose (HALASZ und LASZTITY, 1991). Die Zellwandkohlenhydrate bestehen aus einer großen Menge Mannan und Glucan und aus einer kleinen Menge Chitin, wobei die Zellwandkohlenhydrate bei monogastrischen Nutztieren erst im Dickdarm durch mikrobielle Enzyme abgebaut werden können (BUI und GALZY, 1990; JEROCH et al., 1999).

Die meisten Hefen enthalten ca. 7-15 % Lipide (HALASZ und LASZTITY, 1991).

Gesamtlipide der Hefezelle ändern sich durch die Spezies, den Stamm, die Wachstumsbedingungen und die Medien (BUI und GALZY, 1990). An der Fettbildung sind hauptsächlich Palmitin- und Stearinsäure beteiligt (BERGANDER, 1967).

Die Trockensubstanz der Hefe enthält 5-11 % anorganische Bestandteile (BERGANDER, 1967). Phosphor, Kalium, Magnesium, Calcium und Sulfat sind die Hauptbestandteile (HALASZ und LASZTITY, 1991). Tabelle 6 zeigt die Zusammensetzung der Asche (KACHOVÁ-KRATOCHVÍLOVÁ, 1990).

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Tab. 5: Aminosäurenzusammensetzung der Hefebiomasse der Spezies Saccharomyces (PACHECO et al. ,1997)

Aminosäure Anteil

(g/100 g Protein) Aminosäure Anteil (g/100 g Protein)

Lysin 7,13 Methionin 2,50

Leucin 8,84 Phenylalanin 5,30

Isoleucin 5,64 Glutaminsäure 13,15

Threonin 6,16 Asparaginsäure 11,98

Tryptophan 1,10 Serin 6,13

Valin 6,20 Prolin 4,45

Methionin+Cystein 2,84 Alanin 7,07

Phenylalanin+Tyrosin 9,98 Glycin 4,93

Histidin 2,06 Arginin 4,11

Hefen sind eine gute Vitaminquelle, besonders die Vitamine des B-Komplexes mit Ausnahme des Vitamins B12 sind in ihnen enthalten. Dagegen sind die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K in Bierhefe kaum vorhanden, lediglich die Vorstufe des Vitamin D2, das Ergosterin, kommt reichlich vor (ROTH-MAIER, 1979).

Tab. 6: Zusammensetzung der Asche (KACHOVÁ-KRATOCHVÍLOVÁ, 1990).

Bestandteile (%)

P2O5 35-65

K2O 26-48

MgO 3-8 CaO 0-11,3

Na2O 0,3-2,5

SiO2 0,0-1,8

SO4 0,09-7,2

Fe2O3 0,02-15,6

Cl 0,03-1,0

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