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2. LITERATURÜBERSICHT

2.1. Präbiotika

Mit dem Begriff „Präbiotika“ bezeichnet man verschiedene Oligo- bzw. Polysaccharide (Inulin, Frukto-, Galakto-, Gentio-, Isomalto-, Sojabohnen- und Xylo-Oligosaccharide, Laktulose). Diese können nur im hinteren Dünndarm bzw. im Dickdarm durch die Darmflora abgebaut werden, da Säugetiere nicht über körpereigene Enzyme zur Spaltung dieser Verbindungen verfügen. Präbiotika sind laut Definition von GIBSON und ROBERFROID (1995) „nichtverdauliche Nahrungsmittelbestandteile, die den Wirt durch selektive Stimulation von Wachstum und/oder Aktivität einzelner oder einer begrenzten Zahl von Bakterienspezies der residenten Flora im Dickdarm günstig beeinflussen und die Gesundheit des Wirtes verbessern“. Nach obengenannten Autoren müssen Präbiotika:

• weder in den oberen Gastrointestinaltraktabschnitten hydrolysiert noch absorbiert werden,

• selektives Substrat für eine bestimmte Bakterienart oder für eine beschränkte Zahl erwünschter Bakterien im Dickdarm sein oder diese Spezies hinsichtlich des Wachstums oder der Aktivierung stimulieren,

• in der Lage sein, die Zusammensetzung der Dickdarmflora auf günstige Weise zu ändern und

• luminale oder systemische Effekte induzieren, welche für die Gesundheit des Wirtes vorteilhaft sind.

Das durch Zusatz von Präbiotika angestrebte Ziel ist dem der Probiotika grundsätzlich ähnlich. Ihr spezifisches Merkmal ist jedoch, dass diese Kohlenhydrate ein spezifisches Nährsubstrat für die erwünschte Mikroflora des Darmes darstellen und somit deren Wachstum und Vermehrung fördern, während unerwünschte Keime unterdrückt werden (BLANK und WOLFFRAM, 2000).

In der vorliegenden Arbeit wurde als Präbiotikum Topinamburmehl (LOHMANN ANIMAL

Sonnenblumenart, die zur Familie der Korbblütler (Compositae) gehört. Die Herkunft der Topinambur ist nicht exakt festzustellen; sowohl Nordamerika (BECKER, 1928) als auch Südamerika (ZADE, 1933) bzw. Zentralamerika (KÜPPERS-SONNENBERG, 1947) werden als Heimat angenommen. Sie hat ca. 50 Trivialnamen (Erdapfel, Erdartischocke, Erdbirne, Knollensonnenblume, Roßbirne, Topine, Wildkartoffel usw.). Je nach Sorte, Klima und Kulturbedingungen entwickelt sich die bis zu 4 m hohe Topinamburpflanze verschieden kräftig. Die Pflanze bildet an Ausläufern in der Erde genießbare Sproßknollen aus (PÄTZOLD, 1957). Topinamburknollen bestehen aus 1,8 % Rohprotein, 0,1 % Rohfett, 1,0 % Rohfaser, 18 % NFE und 1,1 % Asche bei einem Trockensubstanzgehalt von ca. 22 %. Die Zusammensetzung ist eine ähnliche wie die der Kartoffel, mit dem Unterschied, dass die N-freien Extraktstoffe in der Hauptsache nicht aus Stärke, sondern aus Inulin, einem Fructosan, bestehen (NEHRING, 1949). Der Inulingehalt der Topinamburknollen beträgt 11,2 % in der Frischware und 52,9 % in der Trockensubstanz (LATZA und LEHMANN, 1998). Es handelt sich bei Inulin um ein Linear-Fructosepolymer, wobei die Fructosemoleküle durch β-(1,2)- Bindungen verknüpft sind. Eine einzige Glucose-Einheit befindet sich am freien C2-Ende der Kette, die mit dem letzten Fructosemolekül wie im Disaccharid Saccharose verknüpft ist (TEEUWEN et al., 1992). Nach klassischer Definition ist Inulin aus etwa 30 Monosaccharidbausteinen aufgebaut; die Hydrolyse ergibt ca. 3 % Glukose und 97 % Fruktose. Inulin ist kettenförmig und unverzweigt (LATZA und LEHMANN, 1998). In der Abbildung 1 ist die Strukturformel von Inulin dargestellt.

Die Wirkungen der Präbiotika wurden ausführlich bei Menschen und bei monogastrischen Tieren untersucht. Manche postulierten gesundheitsfördernden Wirkungen von Präbiotika sind experimentell noch nicht nachgewiesen worden. Insbesondere konnte ein vorteilhafter Effekt der Präbiotika auf den Mineralstoff- und Fettstoffwechsel noch nicht in seinen Mechanismen aufgeklärt werden (PEDERSEN et al., 1997; WILLIAMS, 1999).

Experimentelle Beweise für andere präbiotische Effekte, wie z.B. die Wirkung der nichtverdaulichen Oligosaccharide auf die Karzinogenese, sind unzulänglich. Im Gegensatz dazu zeigen Untersuchungen über die Wirkung der Präbiotika auf die Dickdarmflora übereinstimmende Ergebnisse (GIBSON et al., 1995; FULLER und GIBSON, 1997;

ROBERFROID, 1997; BOUHNIK et al., 1999; RAO, 1999). Präbiotisch wirksame Oligosaccharide als Diätzusatz bewirken die Etablierung der Bifidobakterien als prädominante

menschliche Darmflora und unterdrücken gleichzeitig pathogene Keime (GIBSON et al., 1995; KLEESSEN et al., 1997).

Abb. 1: Struktur des Inulins (nach GOODWIN und MERCER, 1983)

Untersuchungen zum Abbau und Stoffwechsel des Inulins durch ein gemischtes Inokulum von Pansenmikroorganismen und ihren Fraktionen (Protozoen, Bakterien und zellfreier Extrakt) haben ergeben, dass Inulin durch das gemischte Inokulum am schnellsten metabolisiert wurde. Von den einzelnen Fraktionen zeigte die Protozoen-Fraktion die höchste Aktivität und der zellfreie Extrakt die niedrigste Metabolisierungsrate. Der Extrakt, der aus holotrichen Protozoen gewonnen wurde, beginnt, das Inulin vom Fruktose-terminalen Ende her abzubauen (PUNJ et al., 1970). BIGGS und HANCOCK (1998) zeigten, dass Pansenmikroorganismen das Inulin in-vitro im Pansensaft vom Schaf und von der Kuh

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metabolisieren, so dass durch ein dadurch gesteigertes mikrobielles Wachstum die Ammoniak-Akkumulierung im Pansensaft reduziert wird. LEE et al. (2003) haben den Effekt der Zugabe verschiedener Dosierungen von Inulin und Saccharose im Verhältnis 80:20 auf die mikrobielle Fermentation von deutschem Weidelgras (Lolium perenne) im RUSITEC-System untersucht. Sie konnten hierbei zeigen, dass sich der pH-Wert und die NH3 -N-Konzentration signifikant verringerten. Bei der Gesamt-SCFA--N-Konzentration gab es einen geringfügigen Anstieg, jedoch stellten sie fest, dass das Acetat-Propionat-Verhältnis durch die steigende Menge an Inulin und Saccharose abnahm. Die Verdaulichkeit der organischen Substanz wurde durch die steigende Zugabe an Inulin und Saccharose reduziert, während die Effizienz der mikrobiellen Proteinsynthese anstieg. Die Inulin-Fermentation ist der Stärke-Fermentation ähnlich. Inulin wird bei einem pH-Wert von ca. 6 schneller fermentiert als im pH-neutralen Bereich, folglich ist das Acetat/Propionat-Verhältnis bei niedrigem pH-Wert kleiner. An pflanzlichen Fasern anhaftende Mikroorganismen spielen offensichtlich keine bedeutende Rolle bei der Inulinaufspaltung, da es beim Inulinabbau keinen Unterschied zwischen gesamtem Panseninhalt und Pansensaft gibt (MAROUNEK et al., 1988).

CZERKAWSKI und BRECKENDRIDGE (1969) haben die Fermentationsart von 26 verschiedenen Kohlenhydraten durch gemischte Pansenmikroorganismen im künstlichen Pansen untersucht. Während Inulin schneller als D(-)-Arabinose, Ribose, Sorbose, Mannitol, Sorbitol, Glucuron- und Galacturonsäure, Trehalose, Stärke und Fucose fermentiert wurde, war die Fermentationsrate von Inulin langsamer als die von Glucose, Fructose und Saccharose. Fructosane werden extrazellulär durch Invertase, die von holotrichen Protozoen und Pansenbakterien gebildet wird, umgesetzt. Dieses Enzym ist eine unspezifische β-Fructosidase und baut die einzelnen Fructoseeinheiten offenbar vom Kettenende her ab. Bis zu 30 % der abgebauten Fructosane können als Reservepolysaccharide in den Zellen der Mikroorganismen eingelagert werden. Die höhere Invertase-Aktivität bei Fütterung des fructosanreichen Trockengrases gegenüber Heu weist auf eine Adaptation der Mikroorganismen hin (THOMAS, 1960).