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eit dem 1. Januar dürfen deutsche Anleger Hedge- Dach-Fonds erwerben.Das erlaubt das Investmentmo- dernisierungsgesetz. Zu einer großen Welle von Fondsneu- gründungen ist es aber bislang nicht gekommen. Das liegt vor allem daran, dass die Mustervertragsbedingungen, die zwischen dem Dachver- band der deutschen Kapital- anlagegesellschaften, dem Bundesverband Investment und Asset Management und der Bundesanstalt für Finanz- dienstleistungsaufsicht (Ba- Fin) ausgehandelt wurden, erst seit März vorliegen. Vor- her durften keine Anträge auf Zulassung der Hedge Fonds eingereicht werden.Nur Dachfonds im Vertrieb Einige Anbieter haben aber wieder einmal den Umweg über Luxemburg zur Aufle- gung der Fonds gewählt. Nach wie vor ist eine Fondszulas- sung in Luxemburg schneller zu erreichen als in Deutsch- land. Doch besondere Eile war eigentlich nicht nötig.
Denn die Kurse können nicht davoneilen, wie das bei der Auflegung von Aktienfonds der Fall sein kann.
Erlaubt sind Hedge Fonds deutschen Anlegern im Allge- meinen nur als Dachfonds.Das sind Fonds, die ihrerseits in mehrere Single-Hedge-Fonds investieren, die unterschiedli- chen Strategien folgen. Nur im Rahmen von Private Place- ments dürfen auch Single- Hedge-Fonds angeboten wer- den.Aber diese sind nicht zum öffentlichen Vertrieb zugelas- sen. Für sie darf also nicht ge- worben werden. Wenn ein An- leger sie aber haben will, kann er sie bekommen.
Man unterscheidet fünf Hauptstrategien und 13 Sub- strategien. Die klassische Hedge-Fonds-Strategie be- steht darin, unterbewertete Aktien zu kaufen und über- bewertete „leer“ zu verkau- fen. Auch Managed Futures ist eine weit verbreitete Stra- tegie. Hier werden Termin- kontrakte auf Aktien, Anlei- hen, Rohstoffe, Indizes und
Währungen ge- und verkauft.
Das Besondere dieser Strate- gien: Sie können unabhängig vom Trend an den Aktien- märkten verfolgt werden, also auch bei stagnierenden oder fallenden Notierungen.
Mit einem Run auf Hedge Fonds rechnen die Experten nicht. Denn Hedge Fonds soll- ten nur als Depotbeimischung betrachtet werden (fünf bis zehn Prozent). Die Beimi- schung von Hedge Fonds zu ei- nem gemischten Aktien/An- leihen-Portfolio erhöht die Er- tragschancen eines solchen Portfolios und senkt gleichzei- tig die Risiken. Aber mehr als 15 Prozent sollte der Anteil der Hedge Fonds an einem Portfo- lio nicht betragen. Keinesfalls eignen sich Hedge Fonds wie Aktien- oder Rentenfonds oder auch offene Immobilien- fonds als Basisinvestment.
Die Hedge Fonds stellen also keine Alternative zu Ak- tien- oder Rentenfonds dar.
Der Vorteil der Hedge Fonds liegt darin, dass sie unabhän- gig vom Trend an den Aktien- märkten Erträge bringen können. Die Hedge Fonds in ihrer Gesamtheit haben in der Vergangenheit sehr stabi-
le Wertzuwächse erzielt, die aber nie so hoch ausgefallen sind wie in den ausgesproche- nen Haussephasen an den Aktienmärkten. Aber Hedge Fonds müssen nicht beson- ders riskant sein, wie die steti- ge Wertentwicklung in der Vergangenheit gezeigt hat.
Relativ kurze Kurshistorie Hedge Fonds können nicht auf eine so lange Kurshistorie zurückblicken wie Aktien- oder Rentenfonds. Einer der am weitesten zurückreichen- den Indizes ist der CSFB/Tre- mont Hedge Funds Index. Er wird seit Januar 1994 berech- net. Seither (bis Ende Februar 2004) ist dieser Index, der alle Strategien umfasst, um 11,26 Prozent pro Jahr gestiegen. Im Hype der Aktienmärkte gegen Ende der 90er-Jahre blieb der Hedge-Fonds-Index deutlich hinter dem MSCI-Welt-Akti- enindex zurück. Aber nach den Kursrückgängen am Akti- enmarkt liegt der CSFB/Tre- mont Hedge Funds Index wie- der vor dem Welt-Aktienin- dex. Die Long-Short-Strategie brachte in dieser Zeit eine überdurchschnittliche jährli-
che Rendite von 12,35 Pro- zent, die Managed-Futures- Strategie aber nur eine unter- durchschnittliche Rendite von 7,7 Prozent.Allerdings können diese Indexzahlen keine Rück- schlüsse auf das Ertragspoten- zial von Hedge-Dach-Fonds liefern. Denn es wird darauf ankommen, ob die Dach- fondsmanager auf die richti- gen Singlefonds setzen und die richtigen Strategien, also die richtige Mischung, finden.
Aufgrund der strengen Transparenzbestimmungen fürchten Experten, dass die besten ausländischen Fonds den in Deutschland zugelasse- nen Dachfonds gar nicht zur Verfügung stehen.Aus steuer- lichen Gründen müssen die Einzelfonds dem BaFin exakt die Quellen ihrer Erträge nachweisen, sonst greift eine hohe Strafbesteuerung. Zahl- reiche gute Hedge-Fonds-Ma- nager arbeiten aber von
„Offshore-Finanzplätzen“ aus, die sie deshalb gewählt ha- ben, weil sie nicht alle Daten über ihre Fonds offen legen wollen und sich so der Fi- nanzaufsicht entziehen. Diese Manager werden also kaum die Transparenzbestimmun- gen erfüllen. Sie sind weltweit aber so stark gefragt, dass sie dies auch kaum nötig haben.
So sieht es jedenfalls im Au- genblick aus. Es bleibt abzu- warten, ob man es sich auf Dauer leisten will, den lukrati- ven deutschen Markt links lie- gen zu lassen. Zunächst wer- den aber die besten Single- Hedge-Fonds aus dem Aus- land dem deutschen Anleger nicht zur Verfügung stehen.
Über das künftige Markt- volumen gibt es nur vage Schätzungen. Goldman Sachs, einer der weltgrößten Ver- walter von Hedge Fonds, glaubt an einen Absatz von rund 100 Milliarden Euro in den ersten fünf Jahren bei den deutschen Anlegern. Andere Schätzungen gehen sogar bis 500 Milliarden Euro. Axel Benkner, der Chef der DWS, der größten deutschen Fonds- gesellschaft, erwartet für sein Unternehmen im ersten Jahr einen Absatz von einer Milli- arde Euro. Armin Löwe V A R I A
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A1034 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 159. April 2004