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Archiv "Hie Abtreibung, hie künstliche Befruchtung" (12.06.1985)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KONGRESS-BERICHT

Hauptthemen der Fortbildungsta- gung waren die ungewollte Schwangerschaft und die künst- liche Befruchtung. In der Bundes- republik wurden im vergangenen Jahr 193 Millionen DM für 87 000 Schwangerschaftsabbrüche aus- gegeben. Bisher wurden zur ex- trakorporalen Befruchtung 9000 Zyklen therapiert. 7733mal wurde ein Embryotransfer (Einbringen eines außerhalb des Körpers be- fruchteten Embryos in die Gebär- mutter) durchgeführt. 1209 (=

15,5 Prozent) klinische Schwan- gerschaften wurden registriert.

Bei 517 Geburten wurden 562 Kin- der geboren.

„Haben wir die Natur nun voll im Griff?" fragt Frau Dr. Fervers- Schorre, Köln, und weist auf unse- re ungezügelte Größenphantasie hin. Auf der einen Seite steht der leichtfertige Abbruch von unge- wollten Schwangerschaften, auf der anderen der große Aufwand um die künstliche Befruchtung.

Es ist keine Utopie mehr, das sind Visionen aus dem Kabinett eines Doktor Mabuse: Der Beginn des Lebens in der Petri-Schale ist möglich geworden. Viele sind be- seelt von einem kritiklosen Fort- schrittsglauben. Ja, wir haben die Natur voll im Griff.

Diese widersprüchliche Wahrheit führt zur Verleugnung und zur Weigerung, die Realität wahrzu- nehmen. Der Frauenarzt kann zum Leben helfen, aber auch den Tod bringen. Dadurch können er und die Patientin in schwere Kon- flikte geraten.

Th. v. Uexküll spiegelt diese trau- matisierende Wirklichkeit auf dem Hintergrund menschlicher Kultur- geschichte. Er bietet zwei Mög-

lichkeiten zur Problemlösung an.

Einmal durch die direkte, äußere, mechanische Einwirkung, durch unseren „Handgriff". Zum ande- ren durch die — wie Plato sagte

— „Überredungsursache", durch Sprache, Zeichen, Reize, Signale.

Kenntnisse über Struktur und Funktion des Körpers führten zur Medizin. Aber die Seele wohnt nicht im Körper wie der Kapitän in seinem Schiff, Seele und Körper bilden eine Einheit. Seit wir wis- sen, daß Krankheit mehr ist als ei- ne Betriebsstörung, ein Maschi- nenschaden, gibt es die psycho- somatische Medizin. Schon der Internist Gustav von Bergmann wies darauf hin, daß Krankheit nicht mit einer Strukturstörung, sondern mit einem Funktions- schaden beginnt.

Affekte, Ängste, Befürchtungen, das Gefühl von Bedrohung wirken sich auf das Verhalten und auf die körperlichen Funktionen aus. Bei Frauen ist die Diskrepanz zwi- schen innerer und äußerer Rea- lität viel größer als beim Mann. Ein seelisches Problem wird in eine körperlich-funktionelle Störung umgewandelt — konvertiert. Emo- tionale Wärme, Aufmerksamkeit, Zuhörenkönnen sind oft wichtiger als Operationen, Hormone und Antibiotika.

Im Jahrhundert des Kindes erwar- tet unsere Wohlstandsgesell- schaft wenige, aber dafür gesun- de, starke, schöne Kinder; sie er- wartet Qualität und verwirft den Ausschuß. Das Bessermachen be- ginnt bereits bei der Zeugung. Der Anspruch an das Kind erhält eine neue Dimension. Die Erwartung ist geweckt, kranke und beschä- digte Embryonen frühzeitig aus-

zusondern. Die Hoffnung auf den besseren Menschen! Glück ohne Leid! Nicht fortpflanzen sondern hinauf (Nietzsche). Die Ausmer- zung der Minusvariante begann bereits am Ende des 19. Jahrhun- derts und erreichte ihren Höhe- punkt in den 30er Jahren.

Bringt uns nun das 21. Jahrhun- dert endgültig den Superman und weniger Leid? Gentransfer und Kommerzialisierung der heterolo- gen Fertilisation lassen Schlim- mes befürchten. Wissenschaft und Sozialmoral sind gefordert.

Ist der Weg einer freiwilligen Selbstverpflichtung, ab einer ge- wissen Stelle nicht mehr weiterzu- forschen, beschreitbar? Noch gibt es ernsthafte Auseinandersetzun- gen um Eispende, Samenspende, Leihmutter, Embryo-Adoption, Surrogatmutter (Einnisten eines menschlichen Embryos in einen Affen oder ein Schwein). Die Er- fahrung hat gezeigt, daß die Wis- senschaft sehr schnell eine Eigen- dynamik erreicht und dann nicht mehr zu bremsen ist. Schon spricht man — das ist leider kein Witz! — vom vierarmigen Men- schen für den Weltraum und Mischwesen zwischen Mensch und Tier.

Da es nicht die Aufgabe des Arz- tes ist, den Menschen zu verbes- sern, gewinnt die Forderung Pro- fessor Staubers, Berlin, in unserer derzeitigen Situation an Bedeu- tung: Künstliche Befruchtung nur innerhalb der Familienstruktur, ohne verändernde Manipulation am Embryo, eine nur maßvolle Sti- mulation, nur bei strenger Indika- tion. Da zur In-vitro-Fertilisation (Befruchtung außerhalb des Mut- terleibs) immer ein Team notwen- dig ist, besteht die Möglichkeit der Kontrolle und der Dokumenta- tion. Die ärztliche Verantwortung muß sich mit allen Mitteln dem Machtmißbrauch entgegenstellen.

Dr. med. Reiner Gödtel Chefarzt der Frauenklinik Evangelisches Krankenhaus 6798 Kusel

Hie Abtreibung,

hie künstliche Befruchtung

Kurzbericht über die

14. Fortbildungstagung für psychosomatische Geburtshilfe und Gynäkologie in Köln, 1985

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 24 vom 12. Juni 1985 (53) 1849

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