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Archiv "Gesundheitsökonomie: Der Arzt unter zunehmendem Kostendruck" (06.09.2002)

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stehen, dass wir uns mit dieser Seuche nicht befassen können“, lautete sein Fa- zit. Es war nicht einfach, den Weg zu den Leprakranken zu finden. Eine Anfrage an die WHO über das Vorkommen der Erkrankung in der ehemaligen Sowjet- union lieferte nur dürftige Antworten.

Nur persönliche Kontakte und der zufäl- lige Fund einer Liste aller Leprosorien aus der Zeit der Sowjetunion mit den da- zugehörigen Leprologen ermöglichten es, zwischen 1990 und 1999 alle 13 Le- prosorien zu besuchen, die Patienten mit Medikamenten zu versorgen und die Le- prologen mit den aktuellen therapeuti- schen Methoden bekannt zu machen.

Fortbildung der Leprologen

Seit 1994 hat sich eine Zusammenarbeit mit dem Deutschen Aussätzigen-Hilfs- werk entwickelt, das in der Folge die kon- tinuierliche Fortbildung der Leprologen übernommen hat. Im Herbst 1999 orga- nisierte das Hilfswerk in Almaty, Kasach- stan, eine Lepra-Konferenz. Mit den be- troffenen Staaten wurde eine zunächst auf fünf Jahre befristete Zusammenar- beit vereinbart, um die Lepra strategisch zu bekämpfen. Im Vordergrund steht da- bei die medikamentöse Versorgung der Kranken, deren Rehabilitation, die Prävention fortschreitender Deformie- rungen und die Untersuchung der Kon- taktpersonen. Damit konnte die Elimi- nation der Lepra in diesen bisher unzu- gänglichen Ländern eingeleitet werden.

Aufgrund verbesserter Therapiesche- mata geht die Zahl der Leprakranken weltweit zurück. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Krankheit längst nicht ausgerottet ist.

Jährlich werden mehr als 500 000 neue Leprafälle diagnostiziert. Die Gründe:

Lepra ist eine Krankheit der Armut.

Mangelnde Hygiene, Unterernährung, schlechte körperliche Verfassung, Im- munschwäche begünstigen ihren Aus- bruch. Der Kampf gegen die Lepra darf sich außerdem nicht auf medizinische Hilfe beschränken. Den Geheilten sollte durch soziale Hilfen die Rückkehr in die Gesellschaft geebnet werden.

Dr. med. Romana Drabik Augustastraße 48 46537 Dinslaken

T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 366. September 2002 AA2317

U

m die Wirtschaftlichkeit und Effi- zienz medizinischer Maßnahmen bewerten zu können, wurden ver- schiedene Berechnungsmodelle ent- wickelt. Teilweise wurden sie aus den Wirtschaftswissenschaften übernom- men. Gemeinsam ist diesen Modellen, dass neben den Kosten der medizini- schen Behandlung, die sich – von gewis- sen Schwierigkeiten und Einschränkun- gen abgesehen – noch relativ genau er- fassen lassen, auch das medizinische Er- gebnis bewertet wird. Je nach Modell- ansatz wird dabei unterschiedlich stark abstrahiert, im Extremfall der Kosten- Nutzen-Analyse bis hin zu einer aus- schließlich monetären Bewertung von Krankheit, Behinderung und Tod. Mitt- lerweile gibt es zahlreiche Modifikatio- nen und eine nur noch schwer zu über- schauende Zahl an praktischen Anwen- dungen.

Medizinökonomische Analysen unverzichtbar

Zunehmend bewerben auch Pharma- hersteller ihre Medikamente mithilfe von solchen Kostenanalysen. Aber auch der Gesetzgeber und die Lei- stungsträger konfrontieren die Ärzte immer öfter mit Ergebnissen medizin- ökonomischer Untersuchungen. Ange- sichts dieser Entwicklungen ist es mehr denn je erforderlich, dass auch sie sich in die Grundbegriffe der Medizinöko- nomie einarbeiten. Ein besonderes Problem bei der kritischen Analyse dieser Arbeiten besteht darin, dass man einerseits Fachkompetenz auf dem me- dizinischen Sektor aufweisen muss, an-

dererseits zugleich fundierte Kenntnis- se im wirtschaftswissenschaftlichen Be- reich benötigt. Entsprechend schwierig gestaltet sich das Planen, Durchführen und Abfassen einer medizinökonomi- schen Arbeit sowie die Interpretation und Umsetzung auf die praktischen Gegebenheiten. Dass dabei stets eine kritische Betrachtungsweise der vor- liegenden Untersuchungen erforder- lich ist, machen zwei Übersichtsarbei- ten deutlich, die im Abstand von acht Jahren speziell die Methodik und die statistische Auswertung medizinöko- nomischer Analysen untersucht hatten (3, 6). Diese Überprüfung kam zu ei- nem ernüchternden Ergebnis: Nur die wenigsten Arbeiten waren methodisch einwandfrei. Am häufigsten wurde bemängelt, dass die Studien zu wenig statistische Aussagekraft aufwiesen und vorwiegend Ersatzendpunkte un- tersucht wurden. Bei einer Studie, die zum Beispiel den Einfluss eines Medi- kaments auf die Miktionsbeschwerden bei benigner Prostatahyperplasie un- tersucht, sollten weniger die Urin- Flusskurven Hauptzielgröße der Un- tersuchung sein als vielmehr die Le- bensqualität der betroffenen Männer oder die Rate der chirurgischen Inter- ventionen in der Folgezeit. Publikatio- nen in den Journalen operativer Fächer schnitten deutlich schlechter ab als all- gemeinmedizinisch-internistische Ver- öffentlichungen. In diesem Zusammen- hang sei auf die Empfehlungen einer deutschen Konsensuskonferenz hinge- wiesen, die methodische Mindeststan- dards für die Planung und Auswertung von medizinökonomischen Studien auf-

gestellt hat (2).

Gesundheitsökonomie

Der Arzt unter

zunehmendem Kostendruck

Die Reform-Gesetzgebung im Gesundheitswesen und Effizienzanalysen begrenzen den Einsatzradius der Medizin.

Leopold Eberhart, Michael Schmude, Götz Geldner

(2)

Die häufig anzutreffenden methodi- schen Probleme bei Ökonomie-Analy- sen dürfen aber nicht darüber hinweg- täuschen, dass diese Studien in Zukunft zunehmend die tägliche Arbeit des Arz- tes beeinflussen werden. Schon jetzt de- finiert die „Gesetzliche Regelung zur Krankenhausfinanzierung“ die medizi- nische Versorgung im Krankenhaus wie folgt: „die Heilung und Linderung von Krankheiten in Form einer qualitativ optimalen Versorgung der Bevölkerung (. . .) und die Einhaltung betriebswirt- schaftlicher Vorgaben“. Aufgrund des zunehmenden Kostendrucks, hoher Altersdichte und potenziell noch gerin- ger werdender Einnahmen wird die Gewichtung zunehmend auf die Seite der „betriebswirtschaftlichen Vorgaben“

verschoben und die Versorgung einem

„gesundheitsökonomischen Imperativ“

untergeordnet. Das in § 12 SGB V ange- ordnete Wirtschaftlichkeitsgebot stützt sich auf drei rechtlich wie inhaltlich un- bestimmte Begriffe für die erbrachte Leistung. Diese muss „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“ sein.

„Ausreichend“ definiert die Minimal- grenze der medizinischen Versorgung,

„zweckmäßig“ meint indikationsge- rechte, zielgerichtete Therapie, und

„wirtschaftlich“ wird interpretiert als kostengünstigste Variante mehrerer zur Verfügung stehenden Verfahren. Vom Gesetzgeber wird so ökonomisches Handeln vorgeschrieben, ohne jedoch konkrete Definitionen und Vorgaben für den Wirtschaftlichkeitsbegriff zu ge- ben. So sind es dann die Ärzte selbst, die sich zum „Buhmann der Nation“ ma- chen lassen müssen, wenn sie die Er- gebnisse medizinökonomischer Analy- sen so, wie politisch gewollt, in die Praxis umsetzen.

Auffällig ist, dass die Aufstellung mehr oder weniger radikaler Kosten- Nutzen-Modelle im Zuge des wachsen- den Kostendrucks überwiegend im englischsprachigen Raum, meist direkt in Großbritannien stattfand. Insbeson- dere die Gewichtung des medizini- schen Resultats, also die Umrechnung von Gesundheit und Wohlbefinden in

„monetäre“ Einheiten, wurde dort von den großen Versicherungsgesellschaf- ten durchgeführt, bevor diese Modelle in den „kontinentalen“ Ländern über- haupt diskutiert wurden. Auch der Na-

tional Health Service (NHS) ist feder- führend bei der Etablierung von Thera- pieverfahren unter dem Vorzeichen solcher gesundheitsökonomischer Vor- gaben.

Kosten-Nutzwert-Analyse

Eine kürzlich unter dem Dach des NHS gegründete Institution, das „National In- stitute for Clinical Excellence“ (NICE), hat für England und Wales die Aufgabe, anhand publizierter Daten eine Kosten- Nutzwert-Analyse für bestehende, be- sonders aber auch für neue Therapie- konzepte zu erstellen und darauf auf- bauend der NHS die Finanzierung die- ser Behandlungen zu empfehlen oder sie abzulehnen.

In einer Publikation wird die Arbeit dieser Institution zusammengefasst (4).

Demnach wurden von 22 evaluierten Behandlungsverfahren 19 akzeptiert und drei zurückgewiesen. Dazu ge- hören das Entfernen von Weisheitszäh- nen ohne Pathologien, laparoskopische Operationstechniken bei der Chirurgie kolorektaler Karzinome und die auto- loge Knorpeltransplantation ins Knie- gelenk. Innerhalb der letzten beiden Jahre wurde eine Entscheidung auf- grund neuer Daten revidiert. Dabei handelt es sich um das Medikament Zanamivir zur Behandlung der Influ- enza, dessen Einsatz ursprünglich ab- gelehnt worden war, später unter be- stimmten Auflagen allerdings akzep- tiert wurde. Diese sind zurzeit dann ge- geben, wenn es sich um „Erwachsene mit hohem Risiko handelt“ und gleich- zeitig „die Zahl der Konsultationen wegen Influenza 50 pro Woche und 100 000 Einwohner überschreitet“.

Bürokratische „Leitlinien“ dieser Art sowie die gesamte Arbeit von NICE werden seit der Gründung der Organi- sation lebhaft kritisiert.

Medizintourismus

Während sich die konsequente Anwen- dung restriktiver Gesundheitsmodelle in Großbritannien (lange Wartezeiten für elektive Eingriffe oder Altersbe- schränkungen für Transplantationen) ökonomisch positiv auswirkt, wird die

Kehrseite dieses Vorgehens durch aus- gedehnten „Medizintourismus“ nach Deutschland oder in die Niederlande ausgedrückt. In Deutschland fördert die staatliche Steuerung mit „gedeckel- ten“ Jahresetats, Fallpauschalen und Sonderentgelten eher eine Entwick- lung hin zu Kosten-Wirksamkeits-Ana- lysen, in denen „gerade noch vertretba- re Qualitätsverluste bei einem kosten- günstigen Verfahren gesucht werden.

Mit der baldigen Einführung der Diag- nosis Related Groups (DRGs) wird dieses Verfahren durch ein direktes

„Kosten-Nutzen“-Modell abgelöst, bei dem eine direkte monetäre Beziehung zwischen Krankheitsbild und Kosten hergestellt wird (1). Dies ist zwar „ein- facher“ zu berechnen, ethisch aber be- denklicher, weil in diesem „starren“ Sy- stem Abweichungen häufig nur durch qualitative Einschränkungen möglich sind. Zusätzliche Kontrollen im Sinne eines „Qualitäts-Managements“ auf- seiten der Leistungserbringer wie auch bei den Leistungszahlern sind notwen- dig und schmälern den „Einsparungs- effekt“. Es bleibt abzuwarten, ob sich das Gesundheitssystem nach erfolgter Umstrukturierung dem „englischen Patienten“ annähert.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2002; 99: A 2317–2318 [Heft 36]

Literatur

1. Bauer M, Bach A: Gesetzliche Regelungen zur Kranken- hausfinanzierung. Anaesthesist 1999; 48: 417–427.

2. Hannoveraner Konsens Gruppe: Deutsche Empfehlun- gen zur gesundheitsökonomischen Evaluation. DMW 1999; 124: 1509–1506.

3. Hill SR, Mitchell AS, Henry DA: Problems with the in- terpretation of pharmacoeconomic analyses. A review of submissions to the Australian Pharmaceutical Be- nefits Scheme. JAMA 2000; 283: 2115–2121.

4. Raftery J: NICE: faster access to modern treatments?

Analysis of guidance on health technologies. Br Med J 2001; 323: 1300–1303.

5. Smith R: The failings of NICE. Br Med J 2000; 321:

1363–1364.

6. Udvarhelyi IS, Colditz GA, Rai A, Epstein AM: Cost-ef- fectiveness and cost-benefit analyses in the medical literature. Are the methods being used correctly? Ann Intern Med 1992; 116: 238–244.

Anschrift für die Verfasser:

Priv.-Doz. Dr. med. Götz Geldner Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin Philipps-Universität Marburg

Baldingerstraße 1 35033 Marburg

E-Mail: geldner@mailer.uni-marburg.de T H E M E N D E R Z E I T

A

A2318 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 366. September 2002

Referenzen

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