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Archiv "Arteriosklerotische Veränderungen am Augenhintergrund" (20.04.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Medizin

Zur Fortbildung

ARTERIOSKLEROSE-SERIE

Arteriosklerotische Veränderungen am Augenhintergrund

Manifestationsarten arteriosklerotischer Fundusveränderungen, ihre Beziehungen zur allgemeinen

Gefäßsklerose und therapeutische Gesichtspunkte

Hans Sautter und Dieter Utermann

Aus der Universitäts-Augenklinik Hamburg-Eppendorf

(ehem. Direktor: Professor Dr. med. Dr. med. h. c. Hans Sautter) und der Augenabteilung des

Allgemeinen Krankenhauses St. Georg, Hamburg (Chefarzt: Professor Dr. med. Dieter Utermann)

D

er Augenhintergrund ist praktisch der einzige Ort, der intra vitam und ohne besondere Maßnahmen die direk- te Beobachtung einer Gefäßpro- vinz und der von ihr abhängigen Gewebspartien erlaubt. Deshalb wird schon seit langem der Fun- dusbefund zur Beurteilung eini- ger Kreislaufkrankheiten heran- gezogen; seit einiger Zeit trifft das auch für die Arteriosklerose zu.

Bei den Netzhautgefäßen zählen nur die Zentralarterie und ihre er- sten Hauptäste zu den Arterien.

Daher wird von der Athero- sklerose nur die Zentralarterie be- fallen. An den kleineren Gefäßen treten arteriolosklerotische Um- bauvorgänge auf, im Bereich der Kapillaren handelt es sich um die von Zollinger (24)*) beschriebene Perisklerose. Charakteristische Veränderungen im Rahmen einer Gefäßsklerose sind im Optikusbe-

Die Arteriosklerose des Au- genhintergrundes läßt sich in vier Stadien einteilen. Das Sehvermögen ist nur bei der trockenen und feuchten Ma- kuladegeneration herabge- setzt. Die Augenhinter- grundarteriosklerose zeigt eine hohe gegenseitige Kor- relation mit analogen Verän- derungen am allgemeinen Arteriensystem. Der Fundus eignet sich daher beson- ders gut zur Früherkennung der Arteriosklerose. The- rapeutisch muß man sich auf die sogenannten Risiko- faktoren beschränken. Zu ih- nen gehören vor allem sämt- liche sklerogenen Faktoren und außerdem Minderdurch- blutungen im Bereich der hinteren Augenabschnitte.

reich eine „senile" Abblassung und Exkavation der Papille. In der Netzhaut führen degenerative Ge- fäßveränderungen zu Arterien- bzw. Venenverschlüssen. Peri- pher stellt sich eine Obliteration kleiner Arteriolen ophthalmosko- pisch als weißes Netzwerk („Git- terlinien") dar (Abbildung 1). Die- se sind wiederum das Substrat äquatorialer Degenerationen und deren Folgen, der Netzhauteinris- se. Eine sehr häufige und für den Patienten folgenschwere arterio- sklerotische Fundusveränderung ist die senile Makuladegenera- tion. Ihre nosologische Einord- nung war lange Zeit sehr unein- heitlich und umstritten. Es spie- geln sich hierbei vor allen Dingen die in den einzelnen Perioden vor- herrschenden Forschungsrich- tungen wider.

*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 16 vom 20. April 1984 (49) 1259

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So stand in den zwanziger und dreißiger Jahren die Erbfor- schung im Vordergrund. Dement- sprechend wurden die verschie- denen Makuladegenerationen als keimplasmatisch determiniert an- gesehen. ln Übereinstimmung hiermit betrachtete sie Scheerer (19) als konstitutionsgebundenes Leiden. Schließlich sind die Ver- änderungen auch in den Rahmen einer Entzündung eingeordnet worden. Heute ist jedoch bekannt, daß die verschiedenen Arten der Makuladegeneration - außer eini- gen wenigen, genetisch beding- ten juvenilen Formen - in den Rahmen arteriosklerotischer Um- bauprozesse einzuordnen sind, denen natürlich irgendwie eine erbliche Determinierung zugrun- de liegen mag.

Die verschiedenen Manifestations- arten der Arteriosklerose lassen sich am Augenhintergrund in 4 Ka- tegorien einteilen (Sautter, 1955 (15)): Den Fundus scleroticus A, B, C und 0.

Fundus scleroticus A

Das Bild des einfachen Fundus ar- terioscleroticus oder des Fundus scleroticus A ist gekennzeichnet durch das Verhalten der Netzhaut- gefäße. Das Sehvermögen ist in diesem Stadium noch nicht behin- dert. Normalerweise sind am Au- genhintergrund bei Betrachtung mit dem Augenspiegel die Gefäß- wände nicht sichtbar. Der Gefäß- reflex rührt von dem konvexen Spiegelreflex der Blutsäule her . ..,.. Die sklerotisch verdickte Arte- rienwand gibt sich jedoch oph- thalmoskopisch an der Verstär- kung der Reflexstreifen zu erken- nen.

lnfolge der Wandveränderungen weisen die Gefäße auch Kaliber- unregelmäßigkeiten auf, an den Kreuzungsstellen mit den Veno- len sieht man Kompressionszei- chen. Ferner kann man an den Arteriolengabelungen manchmal helle Einlagerungen, sogenannte

Schildchen, erkennen, denen wahrscheinlich eine Lumenein- engung zugrunde liegt (Abbil- dung 2). Wegen der allgemeinen arteriellen Minderdurchblutung sind außerdem die kleinen Gefäße enggestellt und tragen auffallend wenig Seitenäste. Zum einfachen Fundus arterioscleroticus werden schließlich punktförmige gelblich- weiße, sogenannte dyshorische Aufheilungsherde gerechnet, so- lange dieselben noch zu keiner 1260 (50) Heft 16 vom 20. April1984 81. Jahrgang Ausgabe A

Abbildung 1:

Obliterierte Arteriolen ("Gitter") mit

Netzhautforamina

Abbildung 2:

Einfacher Fundus arterioscleroticus mit einzelnen punktförmigen Aufheilungsherden am hinteren Augenpol

Abbildung 3:

Trockene senile Makuladegenera- tion mit ausgepräg- ten Dyshorien und Pigmentverschie- bungen

Sahherabsetzung geführt haben.

"Dyshorie" bedeutet nach Schür- mann und MacMahon (20) be- kanntlich eine Permeabilitätsstö- rung an der Gefäß-Gewebe- Schranke.

Fundus scleroticus B

Bei den trockenen Formen der ar- teriosklerotischen Chorioretino- pathie bzw. dem Fundus scleroti-

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cus B ist zusätzlich die Netzhaut betroffen. Dies führt, da die Ver- änderungen hierbei die Netzhaut- mitte bevorzugen, im Beginn sub- jektiv gewöhnlich zu einer Beein- trächtigung der Lesefähigkeit

~ Mit dem Augenspiegel sind dann am zentralen Augenhinter- grund grobfleckige Aufheilungs- herde zu sehen (Abbildung 3).

Analoge Veränderungen sind nicht selten auch in der Äquator- zone und in der äußersten Peri- pherie zu finden.

Schon 1959 wurde darauf hinge- wiesen (14), daß bei diesen Ver- änderungen dem Stofftransport durch die Bruch'sche Membran eine ursächliche Bedeutung zu- kommen muß. Histologisch-klini- sche Vergleichsuntersuchungen von Sarks (13) sowie elektronen- mikroskopische Befunde von Ler- che (11) sprechen ebenfalls dafür, daß das morphologische Substrat der ophthalmoskopisch erkenn- baren Makulaveränderungen Um- bauvorgänge im Bereich der Bruch'schen Membran und des Pigmentepithels der Netzhaut sind. Die Bruch'sche Membran weist eine ungeordnete und ver- dickte Struktur auf.

Es kommt zu einer ödematösen Durchtränkung und durch Kon- densation von Ödemherden und Eiweißfällung zur Bildung von so- genannten Drusen. Die Folgen dieses Umwandlungsprozesses sind Permeabilitäts- und reaktive Stoffwechselstörungen. Auffal- lend analoge Krankheitsvorgänge (14) finden sich bei der Sklerage- nese der Arterienwand (Abbil- dung 4).

Fundus scleroticus C

Symptome veränderter Permeabi- lität und gesteigerter Brüchigkeit der Gefäße sind seröse Ergüsse und Blutungen. Diese breiten sich unter dem Pigmentepithel und dem Sinnesepithel der Netzhaut aus. Sehr früh entwickeln sich auch chorioidale Gefäßprolifera-

Augenhintergrund

Störung des "Molekularsiebeffekts"

"Transitstöru ng"

l

Arterienwand Pigmentepithel Bruch'sche Membran

+ J f_

Intimaödem Drusen Dyshorien

L-. +

Hyalinose Lipidose

I ~~

I Fibrose I

J

Abhebung des PE bzw. der sensorischen Netzhaut

J

Lipidose Hämorrhagien

Proliferation Pseudotumor

Abbildung 4: Histopathogenetische Parallelen zwischen allgemeiner Arteriosklerose und seniler Makuladegeneration

tionen, die den Ablauf der trans- sudativen senilen Makulopathie entscheidend beeinflussen. Die neugebildeten Gefäße sprossen zwischen Bruch'scher Membran und abgehobenem Pigmentepi- thel ein und führen hier zu Rhexis- blutungen. Das Ende der fibrovas- kulären Invasion ist die völlige Vernarbung.

Dieses dritte Stadium wurde mit Fundus scleroticus C oder feuchte Maku Iadegeneration (15) bezeich- net (Abbildung 5).

~ Ophthalmoskopisch sind am zentralen Fundus Ödeme und Blu- tungen zu erkennen, ein Bild, das der altbekannten sogenannten scheibenförmigen Makuladege- neration nach Junius-Kuhnt (8) entspricht.

Zusätzlich können dann noch fet- tige Degenerationen der tieferen Netzhautschichten in Gestalt der Retinopathia circinata auftreten

oder auch Einlagerungen von Cholesterinkristallen vorhanden sein. Durch Übergang dieser chronisch-degenerativen Abläufe in bindegewebige Organisation und Vernarbung kommt es schließlich zur Bildung eines so- genannten Pseudotumors der Ma- kula (Abbildung 6).

~ Diese Erscheinungsbilder und Verläufe sind für den Patienten besonders folgenschwer: Sein Sehvermögen ist schlecht, das Le- sen unmöglich geworden. Ledig- lich die peripher gelegenen intak- ten Anteile der Netzhaut gestatten noch eine grobe Orientierung im Raum.

ln diesem Zusammenhang soll noch auf charakteristische Bezie- hungen der sogenannten Retino- pathia centralis serosa zum Früh- stadium der feuchten arterioskle- rotischen Maku Iadegeneration hingewiesen werden. Bei Perso- nen zwischen dem 40. und 50. Le- Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 16 vom 20. April1984 (53) 1261

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bensjahr mit einer ausgesproche- nen Vaselabilität kann es zu einer flachen Abhebu ng des zentralen Pigmentepithels kommen. Diese sogenannte Makulainsudation, die sich auch fluoreszenzangio- graphisch gut nachweisen läßt (Abbildung 7), neigt entsprechend dem noch jugendlichen Gefäßsy- stem zur spontanen Resorption mit voller Wiederherstellung der Funktion.

Tritt jenes lnsudat aber im 5. Le- bensjahrzehnt auf, so ist es fast regelmäßig das Frühstadium einer Makulopathie mit entsprechend schlechterer Prognose. Über- haupt scheinen nach unseren Be- obachtungen Patienten mit einer Retinopathia centralis serosa auf- fallend häufig in späteren Jahren Rezidive zu bekommen mit Über- gang in eine feuchte Makuladege- neration (17).

Fundus scleroticus D

Beim Fundus scleroticus D stehen entweder isoliert oder zusätzlich zu den anderen Veränderungen Degenerationen an den Aderhaut- gefäßen im Vordergrund. Diese Gefäßalterationen sind wegen der Pigmentepithelschicht erst dann zu erfassen, wenn sie einen ge- wissen Grad erreicht haben.

~ Die Aderhautgefäße erschei- nen jetzt als weiße Stränge, wo- durch die intervaskulären Räume im Sinne des senilen Fundus ta- bulatus hervortreten (Abbildung 8). Bei dieser sogenannten Ader- hautsklerose ist die Netzhaut pri- mär nicht befallen, das Sehvermö- gen daher kaum einmal beein- trächtigt.

Beziehungen zur

allgemeinen Gefäßsklerose Bei der Untersuchung der Frage, ob und inwieweit sich die be- schriebenen degenerativen Fun- dusveränderungen in den Rah- men einer allgemeinen Arterio- sklerose einordnen lassen, zeigte

sich, daß sie im Kollektiv in ihrem blutchemischen Erscheinungs- bild nicht von der anderer Gefäß- provinzen zu unterscheiden wa- ren (23).

Eigene klinisch-angiologische kor- relationsstatistische Untersuchun- gen (21) haben ergeben, daß bei sklerotisch bedingten Augenhin- tergrundveränderungen in insge- samt 73 Prozent der Fälle gleich- zeitig degenerative Wandschäden an den Arterien des übrigen Kör- pers nachzuweisen waren.

~ Der Fundus scleroticus A war sogar in 80 Prozent, die feuchte Makuladegeneration in 88 Pro- zent und die Aderhautsklerose im- mer mit anderweitigen degenera- tiven Arteriopathien kombiniert.

Umgekehrt waren bei Kranken, die wegen angiologischer Be-

Abbildung 6: Fibrotische Umwandlung der zentralen Netzhaut mit beginnender Pseudotumorbildung

schwerden den Internisten auf- suchten, in 72 Prozent gleichzei- tig als arteriosklerotisch einzuord- nende Veränderungen am Augen- hintergrund zu erkennen.

Mithin ergibt sich hinsichtlich atherosklerotischer Veränderun- gen sowohl bei dem ophthalmolo- gischen als auch bei dem interni- stischen Krankengut eine hohe gegenseitige Korrelationsquote. Naturgemäß bezieht sich diese Übereinstimmung auf verschiede- ne extraokulare Gefäßprovinzen, da die Arteriosklerose bekanntlich nach Doerr (1) mannigfache

"Gangarten" aufweist und nicht

stets sämtliche Organe in gleicher Weise befallen sind.

ln diesem Zusammenhang ver- steht sich, daß zur Früherfassung der Arteriosklerose der Augenhin- tergrund mit herangezogen wer- den sollte, weil hier schon feinste Veränderungen erkannt werden können, die sich außerdem, wenn sie im Makulabereich liegen, auch subjektiv sofort bemerkbar ma- chen. Analoge Frühveränderun- gen lassen sich am allgemeinen Arteriensystem aus methodischen Gründen nirgends erfassen. Diese Tatsache besitzt um so mehr Ge- wicht, als es weitere eindeutige Kriterien für das Initialstadium ei- ner Arteriosklerose, beispielswei- se auf serologischem Gebiet, bis- her noch nicht gibt.

Eine typische Kombination de- generativer Augenveränderungen liegt bei dem von uns erstma- lig beschriebenen "arterioskleroti- schen Frühsyndrom"(16) vor. Das Krankheitsbild ist gekennzeichnet durch einen präsenilen subkapsu- lären hinteren Rindenstar, unge- wöhnlich frühe und hochgradige involutive Glaskörperdestruktio- nen sowie durch ausgeprägte pe- riphere Netzhautdegenerationen. Der Zeitpunkt der Kataraktextrak- tion liegt bei diesen Patienten durchschnittlich im 57. Lebens- jahr, bei der gewöhnlichen seni- len Kern- und hinteren Schalenka- . tarakt demgegenüber erst im 74.

Lebensjahr. [>

1262 (54) Heft 16 vom 20. April1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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Dies bedeutet eine statistisch si- gnifikante Antizipation von fast zwei Jahrzehnten. Die peripheren Fundusveränderungen prädispo- nieren zur Rißbildung in der Netz- haut mit konsekutiver Ablösung, die bei insgesamt 15 Prozent der Patienten im Anschluß an die Ka- taraktoperation auftrat. Im Gegen- satz dazu liegt der Prozentsatz der Aphakie-Amotio generell nur bei etwa 1,16 Prozent. Ihre Fre- quenz ist damit beim sogenann- ten arteriosklerotischen Frühsyn- drom etwa 15mal häufiger. 80 Pro- zent der Patienten hatten gleich- zeitig deutliche arterioskleroti- sche Veränderungen am allge- meinen .Gefäßsystem, auffallend oft eine zum Teil schwere Zere- bralsklerose.

Häufigkeit seniler Makulopathien Degenerative Makulaveränderun- gen treten naturgemäß vorwie- gend bei älteren Menschen auf.

Kornzweig u. Mitarb. (1 0) fanden sie bei unter 80jährigen in 24,1 Prozent und bei über 80jährigen in 38,6 Prozent. ln der Framing- ham Eye Study (2) zeigte sich eine Makulopathie in der Gruppe der 65- bis 75jährigen in 6,4 Prozent, bei über 75jährigen in 13,7 Pro- zent. Mehr als die Hälfte der un- tersuchten Personen hatte bei der Diagnosestellung einseitige Fun- dusveränderungen.

Die häufigste Form ist sowohl bei den einseitig als auch bei den doppelseitig Erkrankten mit rund 80 Prozent die trockene Makula- degeneration, in etwa 10 Prozent tritt die feuchte Form auf. Da es sich um einen generalisierten Krankheitsprozeß handelt, wird bei einseitig Erkrankten nach mehr oder weniger langer Zeit im- mer auch das andere Auge befal- len. Die Erkrankungsrate des Part- nerauges beträgt bei der feuchten Form etwa 12 Prozent pro Jahr (4).

Besonders gefährdet sind Augen mit großen konfluierenden Dru- sen und ausgedehnten Fluores- zeinleckagen. Die Prognose der

Abbildung 8: Aderhautsklerose: Die ver- änderten Aderhautgefäße erscheinen als helle Streifen

trockenen Form ist wesentlich günstiger, bei den feuchten Pro- zessen verfällt der Visus sehr viel rascher (7).

Therapeutische Gesichtspunkte Das Sehvermögen ist lediglich bei der trockenen und feuchten Ma- kuladegeneration herabgesetzt.

Deshalb suchen auch nur diese Patienten aus eigenem Antrieb den Augenarzt auf.

Da sich die eigentliche makulare

I

Stoffwechselstörung, die sich of-

Augenhintergrund

Abbildung 7: Se- rienfluoreszenzan- giogramm bei Ma- kulainsudation: Von einem umschriebe- nen paramakularen Quellpunkt dringt das Fluoreszein in den subretinalen Raum

fensichtlich im Bereich der Bruch'- schen Membran manifestiert, nicht direkt beeinflussen läßt, werden bei der Behandlung hauptsächlich zwei Wege be- schritten: der eine berücksichtigt in erster Linie das allgemeine ar- teriosklerotische Geschehen, der andere richtet sich vorwiegend gegen den lokalen Krankheitspro- zeß (18).

~ Grundlage der allgemeinen antisklerotischen Maßnahmen sind diejenigen Faktoren, die ein gesteigertes Erkrankungsrisiko für die Arteriosklerose bedeuten.

Hierzu gehören bestimmte Stoff- wechselerkrankungen (Diabetes), hormonale Störungen, Adipositas, Nikotinabusus sowie außerdem die primären und sekundären Hy- perlipidämien.

Zum Ausschluß einer Dyslipid- ämie ist bei Patienten mit einer senilen Makuladegeneration eine genaue Serumanalyse mit elektro- phoretischer Trennung der Plas- malipoproteine zu fordern. Erst danach kann eine diätetische und medikamentöse Behandlung sinnvoll sein. Den eigentlichen Fundusveränderungen sollte mit einer Verbesserung der Zirkula- Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 16 vom 20. April1984 (57) 1263

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tion am hinteren Bulbusabschnitt begegnet werden. Wahrschein- lich spielt eine lokale Mangel- durchblutung in der Pathogenese der senilen Makuladegeneration eine wesentliche Rolle. Hierfür sprechen u. a. ophthalmodyna- mographische Befunde:

~ Patienten mit einer Makulade- generation haben im Vergleich zum Brachialisdruck einen er- niedrigten Ophthalmikadruck als Symptom einer zerebralen Hypo- tonie (6).

Diese Ergebnisse decken sich wiederum mit Beobachtungen von Gottstein (3), wonach das ze- rebrale Minutenvolumen bei Per- sonen zwischen dem 50. und 70.

Lebensjahr im Durchschnitt um 30 Prozent vermindert ist. Weiterhin sind bei Patienten mit seniler Ma- kulopathie auffallend oft Herz- rhythmusstörungen anzutreffen, die wiederum zu erheblichen Schwankungen des arteriellen Mitteldrucks führen.

Besonders häufig liegen bei Kran~

ken mit einer senilen Makulade- generation auch orthostatische Dysregulationen mit Absinken des Ophthalmikadruckes vor (12).

Auch wenn der Hypotonie mei- stens keine pathognomonische Bedeutung zugemessen wird (9), sind wir doch der Ansicht, daß es sich hierbei eindeutig um einen Risikoindikator für eine okuläre Minderdurchblutung handelt.

Da die Gefäße im Bereich des hin- teren Bulbusabschnittes in man- cherlei Hinsicht vasedynamisch eine Sonderstellung einnehmen, ist es sehr schwierig, mit gefäßak- tiven Medikamenten die Durch- blutung nachweisbar zu steigern.

Außerdem ist zu bedenken, daß die Gefäßerweiterung allein zu ei- ner StrömungsverlangsamunQ in der Peripherie führen kann. Damit wird unter Umständen die Durch- blutungssituation weiter ver- schlechtert, wenn nicht gleichzei- tig eine Steigerung der vis a tergo - über eine kardiale Therapie - stattfindet.

Abbildung 9: Serienlluoreszenzangiogramm bei Ieuchter Makuladegeneration mit Abhebung des retinalen Pigmentepithels und diffusem Fluoreszeinaustritt in das ge- samte Makulagebiet

Das Verhalten des Sehvermögens zum Zeitpunkt der Nachunter- suchung in Abhängigkeit von der Behandlungsart

Digi- Anz.

tali- der sierung Augen

Trockene ja 37

Makula-

degeneration nein 52

Feuchte ja 44

Makula-

degeneration nein 27 ja 81 Gesamt

nein 79 Tabelle 1

Eine Behandlung mit Herzglykosi- den scheint indessen auch prinzi- piell bei Patienten mit seniler Ma- kulopathie angezeigt zu sein. Denn degenerative Veränderun- gen an den Koronararterien sowie erhöhte Widerstände im großen und kleinen Kreislauf bedingen ei- ne, mit dem Alter zunehmende Einschränkung der kardialen Lei- stungsreserve und damit unter Umständen eine "altersbedingte Belastu ngsinsuffizienz".

Nach unseren Erfahrungen ist es für den Internisten manchmal

Sehvermögen

besser gleich schlechter 5 (13,5%) 22 (59,5%) 10 (27,0%) - - 29 (55,8%) 23 (44,2%) 9 (20,5%) 32 (72,7%) 3 ( 6,8%)

-

- 15 (55,5%) 12 (44,5%) 14 (16,9%) 54 (66,7%) 13 (16,4%)

-

- 44 (55,7%) 35 (44,3%)

sehr schwierig, eine latente Herz- insuffizienz sicher auszuschlie- ßen. Auch wenn der Patient über keine Leistungsminderung bei Belastung klagt, keine Ödeme hat und ein normales Elektrokardio- gramm aufweist, schließt dies ei- ne Insuffizienz in gewissen Situa- tionen und zu bestimmten Zeiten nicht aus. Aus diesen und anderen Gründen sollte man bei Kranken mit degenerativen zentralen Fun- dusveränderungen auch ohne das Vorliegen einer beweisbaren Herzinsuffizienz an eine Digitali- sierung denken. Die Frühdigitali- 1264 (58) Heft 16 vom 20. April1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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Augenhintergrund

sierung darf jedoch, gerade bei äl- teren Menschen mit häufig ein- geschränkter Koronarreserve, selbstredend nur unter internisti- scher Kontrolle erfolgen. Bei ei- ner Hypotonie empfehlen sich je nach Ursache, Sympathikomime- tika (z. B. Novadral® und ähnliche) oder Ergotaminpräparate (z. B.

DHE-Tropfen/Tbl.). Bei Herzrhyth- musstörungen sind natürlich Anti- arrhythmika angebracht. Die Er- gebnisse, die wir (22) mit der Digi- talisierung während eines durch- schnittlichen Beobachtungszeit- raumes von 24,5 T8,0 Monaten er- zielt haben, sind in Tabelle 1 zu- sammengestellt. Bei fortschrei- tenden feuchten Prozessen ist zu- sätzlich unter Tiefentherapiebe- dingungen eine Röntgenbestrah- lung des hinteren Bulbuspols mit 6 x 25 R Oberflächendosis zu er- wägen.

In den letzten Jahren hat schließ- lich die Fluoreszenzangiographie

die Behandlung der feuchten Ma- ku ladegeneration bereichert.

Hierbei werden 10 ccm einer 10prozentigen Natrium-Fluores- zeinlösung in die Blutbahn inji- ziert, die Farbstoffpassage wird am Augenhintergrund fortlaufend kontrolliert und photographiert.

Da bei der feuchten Form Per- meabi I itätsstöru ngen vorliegen, dringt das Fluoreszein von einem Quellgebiet in den ödematösen zentralen Netzhautbereich ein.

Liegt der sogenannte Quellpunkt bzw. die Gefäßproliferation in ei- nem genügenden Mindestab- stand von der Foveola (200 mIx), so können diese durch eine Laserko- agulation zur Vernarbung ge- bracht werden. Dadurch resor- biert sich das Ödem, der Krank- heitsprozeß wird zumindest auf- gehalten. Diese Behandlung kommt aber nur für einen gerin- gen Anteil der Patienten (etwa 20 Prozent) in Frage (5). Bei den mei-

sten liegt ein diffuser Fluores- zeinaustritt in das gesamte Maku- lagebiet vor (Abbildung 9). Um so wichtiger ist es bei einseitig Er- krankten, das Partnerauge genau zu kontrollieren und bei kleinsten Veränderungen, die sich dem Pa- tienten subjektiv gewöhnlich in ei- ner Sehverschlechterung bezie- hungsweise in einem Verzerrtse- hen bemerkbar machen, an eine Laserkoagulation zu denken.

Literatur im Sonderdruck, zu be- ziehen über die Verfasser.

Anschriften der Verfasser:

Professor Dr. med. Dr. h. c.

Hans Sautter Veia Soras 38 A CH-7451 Savognin Professor Dr. med.

Dieter Utermann Lohmühlenstraße 5 2000 Hamburg 1

FÜR SIE GELESEN

Diagnostik

der peripheren arteriellen Verschlußkrankheit

Der typische Claudicatio-intermit- tens-Patient (Stadium II nach Fo- antaine) ist männlich, Raucher und zwischen 50 bis 70 Jahre alt.

Für die Objektivierung seiner peri- pheren Gefäßkrankheit ist in der Praxis die Palpation der Bein- und Fußpulse sowie die Dopplerdruck- messung ausreichend. Liegen da- gegen Ruheschmerzen und/oder arterielle Ulzerationen (Stadium 111/IV nach Fontaine) vor, ist eine Beinangiographie unumgänglich.

Sie gibt Aufschlüsse über Lokali- sation und Schweregrad der Ge- fäßveränderungen und damit Hin- weise über Operationsindikation und -technik bzw. den eventuellen Einsatz der transluminalen An- gioplastie (Dottertechnik). Nicht- invasive Methoden wie Venenver- schluß-Plethysmograph ie, elek-

tronische und mechanische Oszil- lographie, Isotopen-Clearance und Gefäßsonographie haben sich in der Verlaufsbeurteilung der arteriellen Verschlußkrankheit bewährt. Ihr Einsatz ist aber nur in angiologischen Zentren sinn- voll. müb

Mannick, J. A.: Evaluation of Chronic Lower- Extremity Ischemia, New Engl. J. Med. 309 (1983) 841-843, Dept. Surg., Brigham and Wo- men's Hospital, 75 Francis St., Boston, MA 02115, USA

Familiäre

Adenomatosis coli:

Rektumkarzinome nach Ileoproktostomie

Die familiäre Adenomatosis coli gehört zu den obligaten Präkan- zerosen des Dickdarms, bei der sich in praktisch 100 Prozent ein Kolonkarzinom entwickelt. Da es sich meist um junge Menschen

handelt, bei denen aufgrund klini- scher Symptome die Diagnose ei- ner familiären Polypose gestellt wird, hat man vielerorts der konti- nenzerhaltenden Ileoproktosto- mie den Vorzug gegenüber der totalen Kolektomie gegeben und die im Rektum verbliebenen Ade- nome endoskopisch entfernt. Daß dieses Vorgehen durchaus pro- blematisch ist, zeigen die Zahlen der Autoren aus West-Virginia.

Von 32 Patienten, bei denen pri- mär eine Ileoproktostomie ange- legt worden war, entwickelten 7 (22 Prozent) während einer durch- schnittlichen Beobachtungszeit von 14 Jahren ein Rektumkarzi- nom, obwohl endoskopisch regel- mäßig Polypenabtragungen vor- genommen worden waren.

Watne, A. L.; Carrier, J. M.; Durham, J. P.; Hra- bovsky, E. E.; Chang, W.: The occurrence of carcinoma of the rectum following ileo- proctostomy for familial polyposis, Ann. Surg.

197 (1983) 550-554 — West Virginia University Medical Center, Morgantown, West Virginia 26 506, USA

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 16 vom 20. April 1984 (61) 1265

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