S T A T U S
nalchef war über mein gesamtes Pri- vatleben bestens informiert. Ich be- schwerte mich bei der Krankenhaus- leitung über diese Eingriffe in meine Privatsphäre. Das hielt jedoch nie- manden davon ab, mir weiterhin Einladungen zu dubiosen Partys zu schicken. Die Folge war, dass ich nur noch in Begleitung meines Mannes in die Klinik ging und er mich nach Dienstschluss auch immer abholte.
Damit wollten wir allen Missver- ständnissen ein Ende setzen.
In der Folge wurde meine Arbeits- situation immer seltsamer: Patienten erschienen nicht zu ihrem Termin;
sie erwiesen sich als Scheinpatien- ten. Patientenanfragen wurden abge- blockt, weil ich angeblich keine Ter- mine mehr frei hatte. Die Organisato- rin meiner Sprechstunde war die rechte Hand des stellvertretenden Verwaltungsleiters, der mir gleich am Empfangsabend einen Heiratsan- trag gemacht hatte. Als ich wegen dieser Schwierigkeiten die Kliniklei- tung aufsuchte, traf ich auf genau diesen stellvertretenden Verwal- tungsleiter. Er betonte auf anzügliche Weise, wie einfach ich es hätte haben können, wenn ich auf sein Angebot
und die diversen Einladungen einge- gangen wäre. Erst da verstand ich die Situation und die Zusammenhänge.
Da es in Saudi-Arabien für einen ausländischen Arbeitnehmer schwie- rig ist zu kündigen, versuchte ich zunächst mit Hilfe meines Mannes die Situation irgendwie zu ertragen.
Ich hoffte auf gute Menschen in der Krankenhausleitung, die mir helfen würden. Doch die Situation nahm ei- ne absurde Wende.
Als ich dem Besitzer des Kran- kenhauses die Lage schildern wollte, rief er mich an einem Abend nach Dienstschluss zu sich. Doch sobald er meinen Mann bemerkte, sagte er:
„Oh, dein Mann wartet. Geh doch zu ihm!“ – ungeachtet meiner Be- schwerdebriefe, die ihm vorlagen.
Dabei darf man nicht vergessen, dass in Saudi-Arabien keine Frau je einen Schritt tun darf, ohne vom Ehemann, Vater oder Bruder begleitet zu wer- den. Am nächsten Tag teilte mir die Klinikleitung mit, dass es meinem Mann nicht mehr erlaubt sei, mich in der Klinik abzuholen. Als mein Mann nach Terminvereinbarung dann doch zu einem Gespräch mit der Leitung ins Krankenhaus kam, fing der stellvertretende Verwal- tungsleiter ihn am Eingang ab. Nach einem kurzen Wortwechsel rief er die Polizei und warf meinem Mann Gotteslästerung vor. Darauf steht in Saudi-Arabien die Todesstrafe. Der
Vorwurf war also alles andere als harmlos. Mein Mann verbrachte zwei Tage im Gefängnis.
Was sollte ich – schwanger, ohne Pass, ohne Ehemann – mit einem sol- chen Sponsor in einem solchen Land machen?! Die deutsche Botschaft war ausgesprochen hilfsbereit, wur- de jedoch im Krankenhaus nicht wei- ter ernst genommen. Wenigstens konnten wir bei der Polizei errei- chen, dass mein Mann unter Bürg- schaft freikam.
Wir zeigten den Fall bei der Poli- zei und bei den Gesundheits- und Ar- beitsministern persönlich an. Auch der Bürgermeister von Riad und Kö- nig Abdullah erhielten Kenntnis. Al- le versprachen zu helfen. Dabei blieb es. Die Krankenhausleitung und der Besitzer wurden mehrmals vorgela- den. Erschienen sind sie nie. Nach vier Monaten Stress konnte mir am Ende nur die saudische Menschen- rechtsorganisation helfen. Sie er- reichte, dass man mir meinen Pass einschließlich Ausreiseerlaubnis und ein Minimum an Geld für die Reise- kosten aushändigte. Im Gegenzug musste ich unterschreiben, dass ich auf weitere Ansprüche verzichte.
Versuche, nach unserer Rückkehr deutsche Politiker dazu zu bewegen, gegen solche Missstände in Saudi- Arabien vorzugehen, scheiterten. I Dr. med. Shahrzad Amier E-Mail: Miramar100@hotmail.com
A1868 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 365. September 2008
Der Personalchef war über mein gesamtes Privatleben bestens informiert.
RECHTSREPORT
Standard- und Basistarif:
Beschwerde unzulässig
Vertragsärzte und -zahnärzte sind durch die Regelungen zur Versorgung von Standard- und Basistarifversicherten gemäß Artikel 75 Absatz 3 a Satz 1 SGB V nicht unmittelbar in ihren Grundrechten betroffen. Das Bundesverfas- sungsgericht (BVG) hat deshalb die Beschwer- den eines Internisten und eines Zahnarztes nicht zur Entscheidung angenommen.
Ein Vertragsarzt für Innere Medizin hatte die Verletzung seiner durch Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz geschützten Berufsfreiheit gerügt.
Mit den neuen Vorgaben werde Vertragsärzten im Rahmen ihrer privatärztlichen Tätigkeit eine Behandlungspflicht von Standard- und Basista-
rifversicherten auferlegt. Der Eingriff sei auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Norm mangels Gesetzgebungskompetenz des Bun- desgesetzgebers formell verfassungswidrig sei.
Das BVG hat darauf verwiesen, dass im Fall einer Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz Voraussetzung sei, dass der Beschwerdeführer durch die angegriffene Norm unmittelbar in sei- nen Grundrechten betroffen sein müsse. Dies sei der Fall, wenn die angegriffene Bestimmung, ohne eines weiteren Vollzugsakts zu bedürfen, die Rechtstellung des Beschwerdeführers verän- dere. In diesem Sinn sind Ärzte nach Auffassung des BVG nicht unmittelbar betroffen.
Adressaten der Norm sind nämlich die Kas- senärztlichen Vereinigungen (KVen) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Sie
haben die ärztliche Versorgung der Standard- und Basistarifversicherten zu gewährleisten.
Die Rechtstellung eines niedergelassenen Arztes wird hierdurch nicht verändert. Insbeson- dere führt diese Übertragung eines weiteren Si- cherstellungsauftrags nicht zu einer Ausweitung der Pflichten des einzelnen Vertragsarztes.
Denn die Versorgung der Standard- und Ba- sistarifversicherten vollzieht sich außerhalb des Systems der vertragsärztlichen Versorgung.
Deshalb erstreckt sich die Behandlungspflicht nicht auf diese Patientengruppe. Zudem bedarf die Norm noch der Umsetzung. Das Gesetz lässt KVen und KBV einen Gestaltungsspielraum, der die Annahme einer unmittelbaren Betroffenheit ausschließt. (Beschluss vom 5. Mai 2008, Az.: 1
BvR 807/08) RA Barbara Berner