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Archiv "Medical Apps: Mobile Helfer am Krankenbett" (04.06.2012)

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93/42/EWG in Form der MDD 2007/47/EG (5) wird Software selbst (also auch eine App) als Me- dizinprodukt definiert, wenn der Hersteller der Software eine medi- zinische Zweckbestimmung zu- weist. Der deutsche Gesetzgeber hat die Richtlinienänderung im März 2010 mit dem 4. MPG-Ände- rungsgesetz umgesetzt. Da bisher die Definition „Software als Medi- zinprodukt“ nicht weiter präzisiert wurde, ist von der Einstufung nach

§ 3 MPG auszugehen. Maßgeblich ist demnach die Zweckbestimmung durch den Hersteller.

App als Medizinprodukt Will der Hersteller seiner App eine medizinische Zweckbestimmung zuweisen, wird er sie nur als Medi- zinprodukt auf den Markt bringen können. Das heißt für ihn, dass er vor der Vermarktung ein Konformi-

tätsbewertungsverfahren durchfüh- ren muss, welches dokumentiert, dass die Software die Schutz- und Sicherheitsziele der Medizinpro- dukterichtlinie einhält. Wie dies im Detail auszusehen hat, richtet sich nach der Risikoklasse, in die das Medizinprodukt eingestuft wird. Es gibt die Klassen I, IIa, IIb und III sowie zusätzlich Im für Medizin- produkte mit Messfunktion und Is für Produkte mit sterilen Teilen (6).

Die Einstufung richtet sich nach der potenziellen Gefährlichkeit und den Risiken des Medizinprodukts für den Menschen (7). Klasse I ist mit den geringsten, Klasse III mit den stärksten Risiken verbunden.

Soll beispielsweise ein Klasse-III- Medizinprodukt in den Verkehr ge- bracht werden, ist zwingend eine klinische Prüfung notwendig. Bei Klasse I genügt der Nachweis aus vorhandener Literatur in Form einer klinischen Bewertung (6).

CE-Kennzeichnung notwendig Nachdem der Hersteller die gefor- derte Dokumentation als Nachweis generiert hat, gibt er die Konformi- tätserklärung ab und darf die CE- Kennzeichnung aufbringen. Damit versichert er, dass alle maßgebli- chen Anforderungen eingehalten worden sind. Für Produkte der Risi- koklasse I erklärt der Hersteller al- leinig die Konformität mit der Me- dizinprodukterichtlinie, bei Produk- ten höherer Risikoklasse muss er eine Benannte Stelle beteiligen, die unter anderem den Entwurf und die Fertigung eines Produkts überprüft (8). Anschließend wird das Medi- zinprodukt beim Institut für Medizi- nische Dokumentation und Infor- mation registriert (9), das die Daten an die zuständigen Behörden wei- terleitet.

Software und damit auch die Apps, die nach MPG und der MDD- Richtlinie in den Verkehr gebracht wurden, erfüllen die Anforderungen unter anderem nach Dokumentation, Softwareentwicklung, Tests, Validie- rung, Gebrauchstauglichkeit, Risiko- management und Versionsmanage- ment. Solche spezifischen Anforde- rungen der Richtlinie und des MPG werden bei Applikationen außerhalb des medizinischen Fokus nicht einge-

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atienten wie Ärzte sind im privaten Umfeld gleicherma- ßen begeisterte Nutzer von Smart- phones, Tablet-PCs und Apps. Die mobilen Geräte sind wegen ihrer Vielseitigkeit beliebt, die vor allem durch maßgeschneiderte Software zur Geltung kommt. Medical Apps (medizinische Applikationen) bie- ten Lösungen auch zu einer großen und permanent steigenden Anzahl medizinischer Themen: vom Pro- tokollieren der Blutzucker- und Blutdruckwerte mit oder ohne an- geschlossenem Messgerät für den Patienten bis hin zur aufwendigen Darstellung medizinischer Bilder wie Röntgenaufnahmen für das ärztliche Personal (1, 2).

Im Lebenszyklus einer jeden Me- dical App steht am Anfang die Ent- scheidung des Herstellers, für wel- che Zweckbestimmung er die An- wendung entwickelt und in den Ver- kehr bringen will. Werden Apps vom Hersteller mit einer medizini- schen Zweckbestimmung versehen, wie etwa dem professionellen Ein- satz durch den Arzt zur Diagnose- findung und Therapie, können regu- latorische Vorgaben nach dem Me- dizinproduktegesetz (MPG) greifen (3). Die App kann damit den Status eines Medizinprodukts erhalten und darf nur unter dem besonderen Re- gime des MPG in den Verkehr ge- bracht werden (4). Wird eine solche App ohne Einhaltung der regulatori- schen Vorschriften abgegeben und zum Download angeboten, kann dies zu haftungsrechtlichen Proble- men für Hersteller und Anwender führen. Sie durfte weder in Verkehr gebracht werden noch ist ihre Nut- zung im klinischen Kontext, am Pa- tienten, gestattet, auch wenn dies in der Praxis immer wieder vorkommt.

Seit der Novellierung der Richt- linie Medical Devices Directive MEDICAL APPS

Mobile Helfer am Krankenbett

Das wachsende Angebot mobiler medizinischer Applikationen stellt die Endnutzer vor neue Fragen: Kann ich mein Smartphone oder Tablet samt neuesten Apps auch sicher bei der Arbeit anwenden?

Foto: Fotolia/Miner va Studio

Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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fordert. Der Anwender kann daher nur bei Apps, die als Medizinproduk- te in den Verkehr gebracht wurden, sicher sein, dass diese ein Verfahren durchlaufen haben, das Zuverlässig- keit und Sicherheit dokumentiert.

Wendet der Arzt Apps zu einem medizinischen Zweck (Diagnose, Therapie) an, der vom Hersteller so nicht vorgesehen ist, und kommt es deswegen zu einem Schaden, kann dies zu einem Haftungsfall für den Arzt werden. Der Arzt sollte deshalb genau auf die Beschreibung des Her- stellers achten. Apps, die die be- schriebenen Verfahren nicht durch- laufen haben, bieten keinen doku- mentierten Nachweis der Sicherheit für den vorgegebenen Anwendungs- zweck. Werden sie dennoch medizi- nisch angewendet, kann dies unter Umständen zu Fehlern führen, für die der behandelnde Arzt verantwortlich

sein kann (zum Beispiel Medikamen- tenschaden durch fehlerhafte Um- rechnung in einer Dosierungs-App).

Damit das Fehlerrisiko bei der Anwendung von medizinischen Apps minimiert wird, ist der Anwender auf-

gefordert, auf die Zweckbestimmung des Herstellers zu achten, sie bildet die Grundlage zur Beantwortung der Frage: „Ist die App für den von mir vorgesehenen Zweck bestimmt?“

Fazit und Ausblick

Die US-amerikanische Zulassungs- behörde FDA (Food and Drug Administration) hat erstmals im Februar 2011 eine radiologische Applikation für Mobilgeräte (10, 11) zugelassen und ihren Anwendungs- rahmen festgelegt. Hiermit wurde Handlungssicherheit für den Ein- satz der Applikationen am Patienten erreicht. Aber auch in Deutschland

gelangen Medical Apps mittlerwei- le als Medizinprodukt auf den Markt (12). Diese Apps erfüllen die Anforderungen des MPG und der Richtlinie MDD an ein Medizinpro- dukt. Der Hersteller hat also eine entsprechende Konformitätsbewer- tung durchgeführt und damit die Sicherheit des Medizinprodukts für den medizinischen Einsatzbereich dokumentiert.

Angesichts der Nachfrage und der weiteren Verbreitung von Smart - phones und Tablets ist davon aus - zugehen, dass das Angebot steigt.

Hersteller und Anwender werden daher in Zukunft stärker gefordert sein, im Sinne des Patientenschut- zes und der Haftungsprävention auf die regulatorischen Anforderungen

zu achten.

RA Dr. jur. Oliver Pramann, Armin Gärtner, Dr. med. Urs-Vito Albrecht, PLRI MedAppLab, Peter-L.-Reichertz-Institut für Medizinische Informatik, Medizinische Hochschule Hannover

Gesundheitsschaden durch Unfall

Eine Gesundheitsstörung ist dann Folge eines Versicherungsfalls im Sinne des Sozialgesetz- buchs (SGB) VII, wenn sie spezifisch durch den Gesundheitsschaden des Arbeitsunfalls verur- sacht oder die Heilbehandlung durch die Un- fallversicherung veranlasst worden ist. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden.

Geklagt hatte ein Tauchlehrer, der während der Vorbereitungen eines Tauchgangs im Wasser auf einen Stein getreten und dabei umgeknickt war. Vom Durchgangsarzt ist eine Distorsion des Knies diagnostiziert worden. Zudem be- stand der Verdacht auf Innenmeniskusläsion.

Wegen der Indikation zur Arthroskopie wurde operiert. In der Folgezeit trat beim Kläger im rechten Bein eine Teilthrombosierung der Vena saphena bei Stammvarikosis mit Insuffizienz der mittleren Cockett’schen Vena perforans auf. Im Bescheid der Unfallversicherung wurde als Folge des Arbeitsunfalls des Klägers eine folgenlos ausgeheilte Kniedistorsion rechts mit Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftig- keit festgestellt. Ein Anspruch auf Rente sowie die Anerkennung weiterer Unfallfolgen wurde abgelehnt. Der Kläger begehrt die Verpflich-

tung der beklagten Unfallversicherung zur Feststellung des Zustands nach Innenmenis- kushinterhornresektion als Unfallfolge. Die Feststellung, ob und welche Gesundheitsstö- rung Folge eines Versicherungsfalls ist, kommt eine über den Einzelleistungsanspruch hinaus- gehende rechtliche Bedeutung für den Versi- cherungsträger und den Versicherten zu. Ob ein Gesundheitsschaden, hier Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion rechts, dem Gesundheitsschaden des Arbeitsunfalls, hier der Kniegelenksdistorsion rechts, als Unfallfol- ge im engeren Sinn zuzurechnen ist, beurteilt sich nach Zurechnungslehre der Theorie der wesentlichen Bedingungen. Nach Meinung des Gerichts fehlt es an einem Kausalzusammen- hang im naturwissenschaftlich-philosophi- schen Sinne zwischen dem anerkannten Erst- schaden des Klägers und dem Innenmeniskus- schaden. Das Unfallereignis, ein Umknicken ohne Rotation- und Streckbewegung mit Ein- klemmmechanismus des Meniskus, war keine Ursache für den Meniskusschaden im natur- wissenschaftlich-philosophischen Sinne. Der Zustand nach Innenmeniskushinterhornresek- tion ist auch nicht aufgrund der besonderen Hinzurechnung des § 11 SGB VII dem aner-

kannten Arbeitsunfall als („mittelbare“) Unfall- folge im weiteren Sinne zuzurechnen. § 11 SGB VII stellt eine spezielle Zurechnungsnorm dar, die Gesundheitsschäden auch dann einem anerkannten Versicherungsfall zurechnet, wenn sie etwa durch die Durchführung einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung oder durch eine Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts wesentlich verursacht wurde.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Allerdings kann der Zurechnungstat - bestand nach § 11 SGB VII dann erfüllt sein, wenn der Leistungsträger oder der ihm recht- lich zuzuordnende Durchgangsarzt bei seinem Handeln den objektivierbaren Anschein oder auch nur den Rechtsschein gesetzt hat, dass die Behandlung zur berufsgenossenschaftli- chen Heilbehandlung angeordnet wird. Daher wird das Landessozialgericht noch einmal eine genaue Ermittlung der Umstände und Anord- nung anlässlich der Untersuchung des Klägers durch den Durchgangsarzt vorzunehmen ha- ben, weil dieser subjektiv der Überzeugung ge- wesen ist, die Operation finde im Rahmen ei- ner berufsgenossenschaftlichen Heilbehand- lung statt. (BSG, Urteil vom 5. Juli 2011, Az.:

B 2 U 17/10 R) RAin Barbara Berner

RECHTSREPORT

Apps, die die Verfahren nicht durchlaufen haben, bieten keinen Nachweis der Sicherheit für den Anwendungszweck.

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Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit2212

A 1202 Deutsches Ärzteblatt

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Heft 22–23

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4. Juni 2012

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LITERATURVERZEICHNIS HEFT 22–23/2012, ZU:

MEDICAL APPS

Mobile Helfer am Krankenbett

Das wachsende Angebot mobiler medizinischer Applikationen stellt die Endnutzer vor neue Fragen: Kann ich mein Smartphone oder Tablet samt neuesten Apps auch sicher bei der Arbeit anwenden?

LITERATUR

1. Krüger-Brand HE: Smartphones und Tab- let-PCs im Gesundheitswesen: Strategien- für mobile Anwendungen. Dtsch Arztebl 2011; 108(45): A 8.

2. Praman O, Graf K, Albrecht UV: Tablet-PCs im Krankenhaus. Hygienische Aspekte be- achten. Dtsch Arztebl 2012; 109(14):

A 706–7.

3. Bundesministerium für Justiz: Gesetz über Medizinprodukte. www.gesetze-im-inter net.de/mpg/index.html (letzter Besuch 2. 5. 2012).

4. Gärtner A: Mobilgeräte und Apps in der Medizin aus regulatorischer Sicht. www.

e-health-com.eu/fileadmin/user_upload/

dateien/Downloads/Gaertner_Mobilgerae te_und_Apps_aus_regulatorischer_

Sicht.pdf (letzter Besuch: 2. 5. 2012).

5. EUR-LEX. Richtlinie 2007/47/EG zur Än- derung der Richtlinien 93/42/EWG, 90/385/EWG und 98/8/EG. http://eur-lex.

europa.eu/LexUriServ/site/de/oj/2007/

l_247/l_24720070921de00210055.pdf (letzter Besuch: 2. 5. 2012).

6. Deutsch E, Spickhoff A: Medizinrecht, 6.

Aufl. 2008, Rn. 1636, 1639.

7. Lippert HD, in: Deutsch E, Lipppert HD, Ratzel R, Tag B: Kommentar zum Medizin- produktegesetz (MPG), 2. Aufl. 2010, § 6 Rn. 2.

8. siehe ausführlich zu der benannten Stelle:

Deutsch E, in: Deutsch E, Lipppert HD, Ratzel R, Tag B: Kommentar zum Medizin- produktegesetz (MPG), § 15 Rn. 1ff.; Lü- cker V, in: Spickhoff A (Hrsg.): Medizin- recht, 2011, 1078.

9. Deutsches Institut für Medizinische Doku- mentation und Information, www.dimdi.

de/static/de/mpg/recht/index.htm (letzter Besuch: 2. 5. 2012.)

10. Jefferson E: FDA clears first diagnostic ra- diology application for mobile devices.

FDA NEWS RELEASE, Feb. 4, 2011. www.

fda.gov/NewsEvents/Newsroom/Press Announcements/ucm242295.htm (letzter Besuch: 2. 5. 2012).

11. MIM Software Inc., Cleveland, US, Mobile MIM. http://itunes.apple.com/us/app/mo bile-mim/id281922769?mt=8 (letzter Be- such: 2. 5. 2012).

12. Aycan Digitalsysteme GmbH, aycan-mobi le: www.aycan.de/produkte/aycan-mobile.

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Referenzen

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